7.2 St¨orstellen im Festk¨orper
7.2.2 Einteilchenselbstenergie
q1 q2+ +...+
+qm−1 qm
zu repr¨asentieren. Dabei stellt jede gestrichelte Linie das Streupotential V(−qi) dar und jedes Kreuz liefert einen Faktor NI. Mit der ¨ublichen Definition der Greenschen Funktion f¨ur die Bandelektronen
kσ =Gˆ kσ(z) = 1 z−ǫk
wird f(q1,q2,q3) also durch folgende Diagramme
f(q1,q2,q3) =
+
+
+
+
dargestellt. F¨ur alle Linien, die im selben Kreuz enden, gilt Impulserhaltung.
Die Mittelung f¨uhrt also zu einem
”Zusammenziehen“ der Streuprozesse, wobei zudem noch eine Art Translationsinvarianz wiederhergestellt wird.
7.2.2 Einteilchenselbstenergie Die Gr¨oßeNIδ(P
q) l¨aßt sich jetzt also interpretieren als Streuprozess eines Teil-chens an St¨orstellen. Der Faktorδ(P
q) bedeutet dabei, daß der Impuls des Teil-chens ¨uber den gesamten Streuprozess erhalten bleibt. Diese Impulserhaltung ist
nat¨urlich eine Folge der N¨aherung, ¨uber die (statistisch verteilten) Positionen der St¨orstellen zu mitteln. In einem realen System mit fester St¨orstellenverteilung ist der Kristallimpuls der Elektronen selbstverst¨andlich keine Erhaltungsgr¨oße mehr.
Dennoch ist die hier eingef¨uhrte N¨aherung ausreichend, um die dominierenden Effekte, n¨amlich Erzeugung einer endlichen mittleren freien Wegl¨ange bzw. einer endlichen Lebensdauer, zu beschreiben.
In der St¨orungsreihe f¨ur die Einteilchen-Greensche Funktion erh¨alt man mit den Definitionen des vorigen Abschnitts Diagramme vom Typ
Æ
W¨ahrend in Diagramm 1 & 2 jeweils nur ein Streuprozess auftritt, repr¨asen-tieren die Diagramme 3 & 4 solche mit mehreren. Diese entsprechen z.B. dem Term NI2δ(P
q)δ(P
q), wobei jeweils zwei Impulse pro δ-Funktion auftreten.
Das liefert die Kombinationen q1 +q2 = 0 q3+q4 = 0 bzw. q1 +q3 = 0 und q2 +q4 = 0. Letztere Kombination f¨uhrt zu Diagramm 3 mit sich kreuzenden Potentiallinien, d.h. wir haben eine Interferenz der beiden Streuereignisse vor-liegen. Wie zu Anfang bereits angedeutet, wollen wir davon ausgehen, daß eine – am Gesamtvolumen des Systems gemessen – kleine St¨orstellenkonzentration vorliegt. Sinnvoll ist in diesem Zusammenhang auch die Annahme, daß die Aus-dehnung des St¨orstellenpotentials sehr viel kleiner ist als der mittlere Abstand der St¨orstellen. Unter diesen Bedingungen tritt dann ein Prozess vom Typ 3 nur mit vernachl¨assigbarer Wahrscheinlichkeit auf.
An den vier Diagrammen l¨aßt sich bereits wieder erkennen, daß die Diagram-me in zwei Klassen, n¨amlich reduzible, welche sich durch zerschneiden einer Ban-delektronenlinie in zwei Teile zerschneiden lassen (Diagramm 4), und irreduzible (Diagramm 1-3) zerfallen. Außerdem lassen sich selbstverst¨andlich auch solche vom Typ
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konstruieren, die zu Partitionierungenq1+q3 =0undq2 =0etc. geh¨oren. Offen-sichtlich lassen sich also zwischen jeweils zwei Impulslinien wieder alle m¨oglichen Diagramme unterbringen, so daß man wie ¨ublich eine Skelettgraphenentwicklung aufbauen kann, d.h. alle Bandlinien werden durch voll renormierte Propagatoren ersetzt, G0kσ(z)→Gkσ(z), und Diagramme vom obigen Typ weggelassen.
Die reduziblen Diagramme liefern jeweils Produkte ihrer irreduziblen Bestand-teile, so daß sich analog zur Coulombwechselwirkung eine Dysongleichung
Gkσ(z) =G(0)kσ(z) +G(0)kσ(z)Σkσ(z)Gkσ(z) mit einer irreduziblen Selbstenergie
Σkσ(z) =
aufstellen l¨aßt. In h¨oheren Ordnungen treten nat¨urlich auch Interferenzterme (4.
Diagramm) auf. Solche Diagramme wollen wir, wie bereits angedeutet, als im Limes NI/N ≪1 unwichtig weglassen.
Der erste Term der St¨orungsreihe f¨ur die Selbstenergie lautet ausgeschrieben20 Σ(1)kσ(z) = NI
N X
q
δq=0V(−q) =cIV(0) .
In der niedrigsten Ordnung geht also die St¨orstellenstreuung einfach ¨uber das gemittelte Potential ein, d.h. wir erhalten einfach eine Verschiebung der Energie.
Der Term zweiter Ordung ist schon interessanter:
Σ(2)kσ(z) = NI
Hier kann und wird bereits ein endlicher Imagin¨arteil f¨ur Σkσ(z) auftreten, d.h.
D¨ampfung und endliche Lebensdauer f¨ur die Einteilchenanregungen im System,
20Beachte, daß man f¨ur Σkσ(z) in den VorzeichenregelnG→G−1 zu setzen hat.
denn mit ρq(ω) =−π1ℑmGqσ(ω+iδ) folgt ℑmΣ(2)kσ(ω+iδ) = −πcI
1 N
X
q
|V(k−q)|2ρq(ω)
V(q)→V
≈ −πcI|V|2N(ω)6= 0 .
Bevor man nun anf¨angt, der Reihe nach alle Terme der obigen St¨orungsreihe auszurechnen, ist es lohnend, sich die Terme etwas eingehender zu betrachten.
Offensichtlich l¨aßt sich die Reihe f¨ur Σkσ(z) folgendermaßen abk¨urzen:
Σkσ(z) =
+
mit
Γkk′(z) =
=
+
Setzt man diese Definition in die verk¨urzte Schreibweise der Selbstenergiereihe ein, so werden sukzessive alle Diagramme mit nichtkreuzenden Linien generiert.
Der analytische Ausdruck f¨ur die
”Vertexfunktion“ lautet Γkk′(z) =V(k−k′) + 1
N X
q
V(k−q)Gqσ(z)Γqk′(z) (7.9) und die Selbstenergie
Σkσ(z) =cIV(0) +cI 1 N
X
q
V(k−q)Gqσ(z)Γqk(z) =cIΓkk(z) .
Somit haben wir eine formal exakte Aufsummation der Selbstenergiebeitr¨age li-near in cI erhalten!
Man beachte, daß das System {Σkσ(z),Γkk′(z)}ein nichtlineares Gleichungs-system darstellt, da Γkk′(z) ¨uber die Einteilchen-Greensche Funktion selbst wie-der von Σkσ(z) abh¨angt. Die L¨osung des Problems vereinfacht sich in zwei Grenz-f¨allen. Zun¨achst kann man einmal annehmen, daß das Streupotential streng lokal ist, d.h. V(r) = V0δ(r). In diesem Fall ist V(k) = V0 und (7.9) vereinfacht sich zu
Γkk′(z) =V0+V0
N X
q
Gqσ(z)Γqk′(z) .
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Aus der Struktur dieser Gleichung ist offensichtlich, daß Γkk′(z) gar nicht von k und k′ abh¨angt, d.h.
Man sieht daß die Annahme einer lokalen Potentialstreuung zusammen mit der eingef¨uhrten Mittelung zu einer rein lokalen Einteilchenselbstenergie
Σkσ(z) =cIΓ(z) =cI
V0
1−V0Gσ(z)
und zu einem lokalen Selbstkonsistenzproblem f¨uhrt. Diese N¨aherung f¨ur die Be-handlung von St¨orstellenstreuung wird in der Literatur auch unter dem Namen Coherent Potential Approximation (CPA) h¨aufig benutzt.
Eine zumindest formale L¨osung des Problems mit nichtlokaler Streuung l¨aßt sich erreichen, wenn man auf die Selbstkonsistenz bez¨uglich Σkσ(z) verzichtet, d.h. Gkσ(z)→G(0)kσ(z) setzt und die Dispersion freier Teilchen ǫk =k2/(2m)−µ ansetzt. Die Gleichung f¨ur das so gen¨aherte Γ(0)kk′(z) lautet dann
Γ(0)kk′(z) =V(k−k′) +
Mit Hilfe der Hilfsfunktion
Π(r,k;z) =
l¨aßt sich die Gleichung f¨ur die Vertexfunktion schreiben als Γ(0)kk′(z) =
Z
d3re−ik·rV(r)h
eik′·r+ Π(r,k′;z)i ,
womit der Ausdruck f¨ur die Selbstenergie Σkσ(z) =cI
lautet. F¨ur unsere Hilfsgr¨oße kann man nun folgende Differentialgleichung Nehmen wir nun an, wir kennen die L¨osungen des Eigenwertproblems
Im letzten Schritt wurde das durch den
”Hamiltomian“ H =−2m1 ∇2+V(r)−µ beschrieben System als Streuproblem f¨ur die Elektronen mit der Wellenfunktion φk(r)∝e−ik·r identifiziert und durch Angabe der Streumatrix
Tkλ = Z
d3r φk(r)V(r)Ψλ(r)
gel¨ost. F¨ur die gesuchte Einteilchenselbstenergie findet man dann Σkσ(z) =cI
Mit dieser Darstellung der Selbstenergie ¨uber die Streumatrix des durch V(r) definierten Streuproblems lassen sich nun eine Reihe interessanter Beziehungen ableiten. Unter anderem kann man damit eine wichtige physikalische Interpreta-tion des Imagin¨arteils der Selbstenergie motivieren. Es ist n¨amlich
−ℑmΣkσ(ω+iδ) =πcI
X
λ
|Tkλ|2δ(ω−ξλ) .
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Setzt man nun noch ω =ǫk, so kann man das optische Theorem
−ℑmTkk=πX
λ
|Tkλ|2δ(ǫk−ξλ) ausnutzen und schreiben
−ℑmΣkσ(ǫk+iδ) =−cIℑmTkk .
Andererseits gilt f¨ur den totalen Streuquerschnitt des Potential V(r) die Bezie-hung σk =−v1kℑmTkk, so daß
−ℑmΣkσ(ǫk+iδ) =cIvkσk
gilt. Die Gr¨oße cIvk ist nun aber genau die Zahl der St¨orstellen pro Zeit und Fl¨acheneinheit, die die Elektronen mit Impuls k
”sehen“. Multipliziert mit dem Streuquerschnitt stellt die rechte Seite also die inverse Lebensdauer des durch den Impuls k charakterisierten Zustandes unter Einwirkung der Streupotentiale dar, d.h.
−ℑmΣkσ(ǫk+iδ) = 1 τk
, τk∼ 1
cI → ∞ (cI →0) .
Wir haben hier also ein sehr sch¨ones Beispiel daf¨ur, daß der Imagin¨arteil der Einteilchenselbstenergie direkt mit der Lebensdauer der Einteilchenanregungen im System verkn¨upft ist.