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Bardeen-Cooper-Schrieffer (BCS)-Theorie

Im Dokument UNIVERSIT ¨AT G ¨OTTINGEN (Seite 166-173)

In der BCS-Theorie der Supraleitung verwendet man einen Hamilton-Operator der Form (8.1). Hierbei wird angenommen, daß die effektive Zweiteilchen-Wechsel-wirkung attraktiv ist f¨ur Elektronenzust¨ande in der N¨ahe der Fermikante, und zwar f¨ur Zust¨ande oberhalb und unterhalb der Fermikante. Seit Cooper weiß man, daß die Fermiverteilung bei einer attraktiven Wechselwirkung instabil gegen¨uber der Bildung von Paarzust¨anden (k↑,−k↓) ist. Wir erwarten deshalb, daß Matri-xelemente der Form hN −2, G|ck2σ2ck1σ1|N, Gi im Grundzustand makroskopisch

8.2 Bardeen-Cooper-Schrieffer (BCS)-Theorie 163

groß sind f¨urk2 =−k1, σ2 =−σ1. Die Existenz solcher Matrixelemente l¨asst sich am einfachsten im Rahmen einer Hartree-Fock-¨ahnlichen Molekularfeld-Theorie behandeln. Zweckm¨aßig ist es außerdem, ein großkanonisches Ensemble zu vwenden, weil sich dann diese Matrixelemente, bei der die Teilchenzahl nicht er-halten ist, als Erwartungswerte schreiben lassen. Man ersetztK =H−µN durch den Molekularfeld-Operator

KM F =X

ξkcc +X

k

(∆kc−k↓ck↑+ ∆kck↑c−k↓). (8.16) Die Parameter dieses Molekularfeld-Hamilton-Operators lassen sich selbstkonsi-stent bestimmen, indem man je zwei Operatoren des urspr¨unglichen Hamilton-Operators durch ihren Erwartungswert ersetzt. Ber¨ucksichtigt man nur die an-omalen Erwartungswerte hck↑c−k↓i und hck↑c−k↓i (der Rest ergibt Hartree-Fock-Korrekturen zu den Einteilchen-Energien), dann erh¨alt man die Selbstkonsistenz-Gleichung:

k =X

k

V(k,k)hckc−ki (8.17) mit

V(k,k) =h−k,k|V| −k,ki (8.18) und

ξkk−µ . (8.19)

Die Details der Herleitung wollen wir hier nicht weiter diskutieren, da wir sp¨ater mit der Technik der Greenschen Funktionen einen systematischeren Weg ken-nenlernen werden. Bevor wir den allgemeinen Fall mit der echten Zweiteilchen-Wechselwirkung behandeln, wollen wir die Struktur der Anregungen mit Hilfe des Molekularfeld-Hamiltonians analysieren. Dazu m¨ussen wirKM F diagonalisieren, d.h. in folgende Form bringen:

KM Fdiag =X

Eγ γ. (8.20) Die Operatorenγ sind Linear-Kombinationen der ursp¨unglichen elektronischen Operatorenc und m¨ussen ebenfalls die Fermi-Vertauschungsregeln erf¨ullen. Die eleganteste Weise, diese Diagonalisierung durchzuf¨uhren, besteht in der Analyse der Bewegungsgleichungen der Operatoren. F¨ur KM F in Diagonalform gilt:

[KM Fdiag, γ] = −Eγ. (8.21)

Hier kann E kann als Quasiteilchen-Energie interpretiert werden, γ als Er-zeuger f¨ur ein Quasiteilchen. In der urspr¨unglichen Form von KM F erhalten wir f¨ur den Kommutator mit ck↑:

[KM F, ck↑] =−ξkck↑+ ∆kc−k↓. (8.22) Hier werden Operatoren mit entgegengesetztem Spin und Impuls gemischt. F¨ur den Kommutator mit c−k↓ finden wir analog:

[KM F, c−k↓] = +ξkc−k↓+ ∆kck↑. (8.23) Daher machen wir folgenden Ansatz f¨ur die Quasiteilchen-Operatoren

γ =xck↑+yc−k↓ (8.24)

und fordern

[KM F, γ] =−λγ . (8.25)

Mit dem obigen Ansatz finden wir

[KM F, γ] = x(−ξkck↑+ ∆kc−k↓) +y(ξkc−k↓+ ∆kck↑)

= −λ(xck↑ +yc−k↓). (8.26)

Vergleicht man die Koeffizienten der elektronischen Operatoren, dann erh¨alt man das folgende Gleichungssystem

(λ−ξk)x+ ∆ky = 0 (8.27)

kx+ (λ+ξk)y = 0. (8.28)

Die Eigenwerte sind

λ=±Ek, Ek = + q

ξ2k+|∆k|2; (8.29) die zwei L¨osungen f¨ur die Quasiteilchen-Operatoren sind:

1. λ1 = +Ek : γ1k↑ =ukck↑−vkc−k↓ (8.30) 2. λ2 = −Ek : γ2−k↓ =vkck↑+ukc−k↓ (8.31) mit

|uk|2 = 1 2

1 + ξk

Ek

, |vk|2 = 1 2

1− ξk

Ek

, ukvk = ∆k

2Ek

. (8.32)

8.2 Bardeen-Cooper-Schrieffer (BCS)-Theorie 165

Wegen des Vorzeichens des Eigenwertes ist γ1 ein Vernichter, γ2 ein Erzeuger.

Die Bezeichung ist so gew¨ahlt, daß sie weit oberhalb der Fermikante mit der Bezeichnung der Elektronen-Operatoren ¨ubereinstimmt.

Die Absolutwerte der Koeffizientenuk, vksind durch die Forderung bestimmt, daß die Quasiteilchen-Operatoren Fermi-Vertauschungsregeln gen¨ugen m¨ussen:

γ γkσkσγ = δkkδσσ (8.33) γγkσkσγ = 0. (8.34) Daraus folgt

|uk|2+|vk|2 = 1. (8.35) O.B.d.A. kann uk reell und positiv gew¨ahlt werden. Die Phase von vk ist dann durch die Phase von ∆k=|∆k|exp(iϕk) bestimmt. Beachte: durch die Selbstkon-sistenz-Gleichung sind die Phasenϕkmiteinander gekoppelt. F¨ur s-Wellen-Supra-leiter sind alle Phasen gleich. F¨ur eineneinzelnen Supraleiter (ohne ¨außeres Ma-gnetfeld und Str¨ome) kann diese globale Phase Null gesetzt werden.

Im Allgemeinen kann die Transformation zwischen Elektronen-Operatoren und Quasiteilchen-Operatoren in der kompakten Form geschrieben werden:

γ =ukc −vksign(σ)c−k,−σ (8.36) c =ukγ+vksign(σ)γ−k,−σ . (8.37) Damit schreibt sich der Molekularfeld-Hamilton-Operator

KM F =X

Ek γ−1). (8.38) Die Konstante (−1) wird meist weggelassen, da sie f¨ur das Anregungsspektrum nicht von Bedeutung ist. In diesem Hamilton-Operator (derH−µN entspricht) kommen nur positive Energien Ek vor. Das sind die Energien der Quasiteilchen (Einteilchen-Anregungen). Der Grundzustand ist ein Zustand ohne Anregungen, d.h. ohne Quasiteilchen.

Das Anregungsspektrum ist in Abb. 8.1 f¨ur konstantes ∆ gezeigt. Es hat eine Energiel¨ucke von ∆ an der Fermikante. Abb. 8.1 zeigt auch die sogenann-ten Koh¨arenzfaktoren uk, vk. F¨ur k-Werte weit oberhalb der Fermikante hat die Anregung Teilchen-Charakter, f¨ur k-Werte weit unterhalb der Fermikante Loch-Charakter und in der N¨ahe der Fermikante gemischten Teilchen-Loch-Loch-Charakter

Ek

εk kF k 0

- µ

vk2 uk2 1

kF k

Abbildung 8.1: Anregungsspektrum f¨ur Quasiteilchen und Koh¨arenzfak-toren im supraleitenden Zustand.

(genau so lassen sich auch Anregungen des Fermisees im Normalzustand charak-terisieren, dann sind uk, vk Stufenfunktionen).

Berechnung der Ordnungsparameter-Funktion ∆k

Der Ordnungsparameter ∆k, der in diesem Fall (keine magnetischen Felder, keine magnetischen St¨orstellen) auch die Energiel¨ucke bestimmt, erh¨alt man aus der Selbstkonsistenz-Gleichung (8.17), d.h. ∆k =P

kV(k,k)hckc−ki. Den Er-wartungswert auf der rechten Seite berechnet man mit Hilfe des Molekularfeld-Hamilton-Operators, der diagonal in den Quasiteilchen-Operatoren ist. Dr¨uckt man die Elektron-Operatoren durch die Quasiteilchen-Operatoren aus und ver-wendet deren Fermi-Statistik:

γkσi=δk,kδσσf(Ek), f(Ek) = 1

eβEk+ 1 (8.39) hγγkσi= 0, (8.40) dann findet man (wir beschr¨anken uns im Folgenden auf reelle ∆k, uk, vk):

hck↑c−k↓i=−ukvkk↑γk↑ i+ukvk−k↓ γ−k↓i=−ukvk(1−2f(Ek)) (8.41) oder

hck↑c−k↓i=−∆k

2Ek

tanhβEk

2 . (8.42)

8.2 Bardeen-Cooper-Schrieffer (BCS)-Theorie 167

Die Selbstkonsistenz-Gleichung lautet dann

k=−X

k

V(k,k)∆k

2Ek tanhβEk

2 (8.43)

mit Ek = p

ξk2 +|∆k|2, ξk = ǫk −µ. Da ∆k die Bedeutung einer Energiel¨ucke besitzt, spricht man bei (8.43) auch von einer

”Gap-Gleichung“.

Diese Gleichung hat immer die triviale L¨osung ∆k = 0. Dies entspricht dem Normalzustand. Nichtriviale L¨osungen sind m¨oglich f¨ur tiefe Temperaturen, falls die Wechselwirkung V(k,k)< 0 ist in der N¨ahe der Fermikante. Je nach Form und Symmetrie dieser Wechselwirkung findet man unterschiedliche Paarzust¨ande (s-Wellen, p-Wellen, d-Wellen-Paarung).

Das einfachste Modell erh¨alt man f¨ur eine in einer Umgebung ±~ωc um die Fermikante konstante attraktive Wechselwirkung (oder etwas allgemeiner: f¨ur eine ink,k faktorisierbare Wechselwirkung):

V(k,k) =

(v <0 f¨ur |ǫki−µ|<~ωc

0 sonst. (8.44)

F¨ur eine durch Phononen induzierte Wechselwirkung entspricht der cut-off ~ωc

der Debye-Energy. Dann lautet die Selbstkonsistenz-Gleichung

∆ = −v X

k

2Ek tanhβEk

2 . (8.45)

Hier bedeutet der Strich ein Abschneiden der Summe bei der Cut-off Energie~ωc. Innerhalb diese Energiebereichs ist ∆ unabh¨angig von k, außerhalb Null. Eine nichttriviale L¨osung findet man offenbar nur f¨urv <0.

Wir nehmen an, daß die cut-off Energie klein gegen¨uber der Bandbreite der Elektronenzust¨ande ist und die Zustandsdichte der Elektronen in diesem Bereich durch eine KonstanteN(ǫF) approximiert werden kann, dann erhalten wir:

1 =λ

~ωc

Z

0

1

E(ξ)tanhβE(ξ)

2 dξ (8.46)

mitE(ξ) =p

ξ2+ ∆2 and λ=N(ǫF)|v|. Diese Gleichung bestimmt ∆ als Funk-tion von T (siehe Abb. 8.2).

In den folgenden beiden F¨allen findet man eine analytische L¨osung:

Tc

0

∆(T)

Abbildung 8.2: Temperaturabh¨angigkeit der Energiel¨ucke.

a) T = 0,∆(T = 0) = ∆0. Dann ist

1 =λ

~ωc

Z

0

dξ 1

2+ ∆20 =λln

ξ+ q

ξ2+ ∆20

~ωc

0

. (8.47)

Meist ist die cut-off Energie groß im Vergleich zu ∆0. Dann gilt 1 = λln

2~ωc

0

, (8.48)

woraus man den Gap-Wert bei T = 0 erh¨alt:

0 = 2~ωcexp(−1/λ). (8.49) b) T →Tc,∆→0.

In diesem Grenzfall gilt

1 =λ

~ωc

Z

0

dξ1

ξ tanhβcξ

2 (8.50)

mit βc = 1/(kBTc). Eine grobe N¨aherung f¨ur das Integral erh¨alt man, wenn man die tanh-Funktion durch eine Konstante f¨ur ξ > kBTc approximiert:

1 =λ

~ωc

Z

kBTc

dξ1

ξ =λln ~ωc

kBTc

. (8.51)

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