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5) Beschäftigung schaffende Maßnahmen

2.2 Einsatz der Integrationsmaßnahmen im Zeitverlauf .1 Einleitung

Die Begleitevaluation der arbeitsmarktpolitischen Integrationsmaßnahmen für Geflüchtete fokussiert auf die Förderung von „Personen im Kontext von Fluchtmigration“. Mit diesem Begriff bezeichnet die Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) Drittstaaten-Angehörige, die sich in Deutschland

aufgrund einer Aufenthaltsgestattung als Asylbewerber, aufgrund einer „Aufenthaltserlaubnis Flucht“

als anerkannt Schutzberechtigte (also als anerkannte Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte) oder aufgrund einer Duldung als abgelehnte Asylbewerber aufhalten.8 Diese Klassifikation orientiert sich stark am Stand des Asylverfahrens – unabhängig davon, ob dieses zu einer Anerkennung führt, oder welcher Anerkennungsgrund zum Schutz führt. Einige Gruppen von Geflüchteten, die über eine andere Form von Aufenthaltstitel verfügen, werden damit systematisch nicht erfasst.9

In den Daten der Arbeitsagenturen und Jobcenter lassen sich die Personen im Kontext von Fluchtmigration anhand der Kategorien des Aufenthaltsstatus identifizieren, die in den

Datensystemen von Arbeitsagenturen und Jobcentern für alle Drittstaaten-Angehörigen erfasst werden.10 Daher können für diese Zielgruppe – im weiteren Bericht verkürzend auch als

„Geflüchtete“ bezeichnet – sämtliche an diese Systeme anknüpfenden Daten in der Statistik der BA spezifisch betrachtet werden. Hierzu zählen insbesondere die Informationen zur Teilnahme an Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktförderung nach SGB III sowie zur Teilnahme an Maßnahmen aus dem Rechtskreis SGB II, soweit diese über die IT-Verfahren der BA erfasst werden. Zu beachten ist, dass die Prozessdaten für den Rechtskreis des SGB II grundsätzlich auch die Daten der

zugelassenen kommunalen Träger (zkT) beinhalten – insbesondere zu etwaigen Maßnahmenteilnahmen.

Für die Zwecke der Evaluation hat das IAB den Zugang zu Daten für die Grundgesamtheit der Personen im Kontext von Fluchtmigration erhalten, mit denen sich das Zugangsgeschehen in Maßnahmen für die Berichtsmonate der BA-Statistik von September 2017 bis September 2018 vollständig abbilden lässt.11 Um das weitere Zugangsgeschehen vom September 2018 bis an den

8 Drittstaaten-Angehörige sind alle Ausländerinnen und Ausländer, die weder Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der Europäischen Union, Islands, Liechtensteins, Norwegens und der Schweiz oder Staatenlose sind, und die für ihren Aufenthalt in Deutschland einen Aufenthaltstitel benötigen. Fast alle Geflüchteten sind Drittstaaten-Angehörige in diesem Sinne.

9 So zählen anerkannte Schutzsuchende, die über eine Niederlassungserlaubnis verfügen oder eingebürgert werden, nicht zu den Personen im Kontext von Fluchtmigration. Insbesondere aber werden Angehörige von anerkannten Schutzsuchenden, die über den Familiennachzug Aufenthalt in Deutschland erhalten, nicht berücksichtigt, weil sie über einen anderen Aufenthaltstitel als die Aufenthaltserlaubnis Flucht verfügen.

10 Zu diesen Systemen gehören das Vermittlungs-, Beratungs- und InformationsSystem (VerBIS), ein integriertes Software-System der BA zur Unterstützung der Beratung und Vermittlung, und der Datenstandard XSozial-BA-SGB II, nach dem die zuständigen kommunalen Träger die im Rahmen ihrer Aufgabenerledigung anfallenden Daten erfassen und an die BA-Statistik übermitteln.

11 Die Berichtsmonate bzw. sogenannten Zählmonate der BA-Statistik entsprechen nicht den Kalendermonaten, sondern umfassen immer in etwa zwei Drittel des Vormonats und ein Drittel des aktuellen Monats. Zum Beispiel umfasst der Zählmonat September 2018 den Berichtszeitraum vom 14. August 2018 bis zum Stichtag 11. September 2018. Deshalb ist der Zählmonat August 2017 in den am IAB für das Projekt zugänglichen Auszügen der Maßnahmenteilnahmen aus dem Datawarehouse der BA nur unvollständig erfasst und wird in den folgenden Darstellungen nicht berücksichtigt.

aktuellen Datenrand darstellen zu können, werden im Folgenden Ergebnisse aus einer für die Evaluation durchgeführten Sonderauswertung des Migrations-Monitors der BA genutzt.12 2.2.2 Zugänge in arbeitsmarktpolitische Maßnahmen insgesamt

Insgesamt waren im Beobachtungszeitraum von September 2017 bis Februar 2021 gut 910.000 Zugänge von Personen im Kontext Fluchtmigration in die in der Evaluation untersuchten

arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zu verzeichnen.13 Davon entfielen rund 69 Prozent der Zugänge auf die Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung, jeweils rund 9 Prozent auf die Maßnahmen zur Berufswahl und Berufsausbildung, zur Förderung der beruflichen Weiterbildung und zur Förderung der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, sowie rund 4 Prozent auf Beschäftigung

schaffende Maßnahmen.

Abb. 1 Anzahl der monatlichen Zugänge von Geflüchteten in arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, Zugänge insgesamt und Zugänge im Rechtskreis SGB II (September 2017 bis Februar 2021)

Quelle: Monitoring-Daten der „Begleitevaluation der arbeitsmarktpolitischen Integrationsmaßnahmen für Geflüchtete“, Sonderauswertung des Migrations-Monitors der BA. Eigene Berechnungen und Darstellung.

Abb. 1 zeigt, wie sich seit Beginn der Erfassung in den BA-Daten die Gesamtzahl der monatlichen Zugänge in Maßnahmen von Geflüchteten nach Rechtskreisen entwickelt hat. Es lässt sich eine ausgeprägte Saisonalität im Zugangsgeschehen erkennen. Im Jahresverlauf werden jeweils besonders starke Zugänge in Maßnahmen im September und Oktober verzeichnet. Ein weiteres – kleineres – Hoch besteht in den Monaten Februar und März. Bei Geflüchteten gibt es wie bei anderen

Arbeitsuchenden in den Monaten um den Jahreswechsel und den Ferienmonaten im Sommer regelmäßig eher wenige Zugänge in arbeitsmarktpolitische Maßnahmen.

12 Ein Abgleich der Ergebnisse auf Grundlage der projektspezifischen Monitoring-Daten und der Ergebnisse des Migrations-Monitors der BA für den Monat September 2018 zeigt, dass der Umstieg zwischen beiden Datenquellen keinen relevanten Strukturbruch erzeugt.

13 Die Anzahl der Zugänge in Maßnahmen ist größer als die Anzahl der Geflüchteten, die in Maßnahmen zugegangen sind, da manche Personen während des beobachteten Zeitfensters mehrfach mit Maßnahmen beginnen (siehe Kapitel 6).

Im Jahr 2020 wurde das saisonale Muster stark durch die Corona-Krise überlagert (siehe Infobox

„Fokus Corona“). Infolge der starken Kontaktbeschränkungen am Beginn der ersten Welle der Pandemie in Deutschland – also in den Monaten April bis Mai – gingen die Zugangszahlen um fast 75 Prozent zurück. Danach hat sich das Zugangsgeschehen zwar wieder erholt, aber die monatlichen Zugangszahlen in Maßnahmen lagen im weiteren Pandemieverlauf immer noch etwa 20 bis

40 Prozent unter den Vergleichswerten aus dem Vorjahr. Es bleibt abzuwarten, ob mit dem Abebben der Pandemie die Maßnahmenaktivität wieder zum Vorkrisenniveau zurückkehren wird, das in der Zeit vom September 2017 bis Februar 2020 keinen erkennbaren Zeittrend nach oben oder unten aufwies.

Infobox „Fokus Corona“

Als Teil der Implementationsanalyse wurden im Frühjahr 2021 insgesamt 17 Interviews mit 19 Expertinnen und Experten aus Arbeitsverwaltung, Wissenschaft und Beratung auch dazu geführt, wie sich die Covid-19-Pandemie auf die Beratung und die Arbeitsmarktintegration Geflüchteter ausgewirkt hat. Diese Interviews zeigen unter anderem:

- Die Maßnahmen zur sozialen Distanzierung während der Pandemie haben erhebliche organisatorische Veränderungen mit sich gebracht. Die für Beratungsbeziehungen wichtigen Face-to-face-Kontakte zu den Integrationsfachkräften waren zunächst überhaupt nicht und später nur mit Einschränkungen möglich, wovon vor allem Geflüchtete in beruflichen Umbruchsituationen betroffen waren (vgl. hierzu auch

Falkenhain et al. 2020). Beratungsgespräche mussten phasenweise überwiegend telefonisch geführt werden.

Dies verschlechterte die Betreuung von Personen, die zuvor noch keinen oder nur schlechten Kontakt zu Vermittlungsfachkräften hatten. Bei Personen mit geringen Deutschkenntnissen erhöhte sich die Sprachbarriere erheblich, was nur teilweise durch den Rückgriff auf die Dolmetscherhotline der BA kompensiert werden konnte. Trotz Umstellung der Kommunikationswege konnten geltende Konzepte zur Kontaktdichte aber grundsätzlich aufrechterhalten werden. Die meisten Geflüchteten konnten während der Pandemie weiterhin gut erreicht werden und blieben motiviert, eine Erwerbsarbeit aufzunehmen.

- Auch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen mussten organisatorisch umgestellt werden. Bildungsträger konnten vielfach Gruppenmaßnahmen nicht mehr durchführen. Geplante Maßnahmen wurden auf unbestimmte Zeit verschoben, laufende Gruppenmaßnahmen unter- und teils abgebrochen. Im Gegenzug wurden solche Einzelmaßnahmen mit Zugang primär über Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheine ausgeweitet, bei denen vor allem das Training von Sprachpraxis im Vordergrund stand. Die Bildungsträger waren nach einer ersten Phase der Anpassung zunehmend in der Lage, ihre Maßnahmen komplett digital oder hybrid anzubieten. Formate in Großgruppen wurden in Kleingruppen-Formate überführt. Ein vollständiger Umstieg auf digitale Formate wurde aber vielfach vermieten, da die Arbeit im persönlichen Kontakt mit Geflüchteten, etwa bei Integrationskursen und vor allem bei Alphabetisierungskursen, ein zentraler Erfolgsfaktor ist. Maßnahmen zur Ausbildungsvorbereitung und -begleitung von Geflüchteten konnten dagegen meist vollständig in digitale Formate überführt werden. Weil den Geflüchteten häufig geeignete Endgeräte fehlen, erhalten sie diese zur Erleichterung der Teilnahme an digitalen Maßnahmen inzwischen vielfach leihweise von den Trägern. Wegen mangelhaftem Internetzugang und fehlenden Rückzugsräumen können vor allem die noch in Sammel-Unterkünften untergebrachten Geflüchteten dennoch häufig nur schwer an digitalen Formaten teilnehmen.

- Das Meinungsbild zu den Folgen der Pandemie für die Arbeitsmarktintegration ist noch recht diffus. So gibt es Stimmen, die vor allem auf weiterhin gelingende Integrationsfortschritte vor allem im Handwerk und in kleinen und mittleren Unternehmen mit guter Auftragslage verweisen. Zugleich wird betont, dass Geflüchtete vom Einbruch bei den Neueinstellungen nicht überdurchschnittlich stark betroffen sind.

Andererseits gibt es eine Reihe von Risikofaktoren. Entlassungen wurden häufig in der Zeitarbeit, in der viele Geflüchtete zumindest eine Zeitlang arbeiten, vorgenommen. Das in Frage kommende Branchenspektrum hat sich verengt, weil typische Tätigkeitsfelder der Geflüchteten – etwa das Gastgewerbe – lange

heruntergefahren werden mussten. Mancherorts wird eine gewachsene Arbeitsmarktkonkurrenz zwischen Geflüchteten und anderen Arbeitsuchenden konstatiert. Erwartet werden auch Schwierigkeiten für Auszubildende mit Fluchthintergrund, weil die vor der Pandemie meist gesicherte Übernahme in den Ausbildungsbetrieb in von der Corona-Krise getroffenen Betrieben in Frage stehen könnte. Somit könnte die Covid-19-Pandemie viele Geflüchtete auf dem Weg zur Arbeitsmarktintegration um mehrere Schritte zurückgeworfen haben – für ein abschließendes Urteil, wie die Arbeitsmarktintegration dieser Gruppe spezifisch durch die Corona-Krise betroffen sein wird, ist es aber offenbar noch zu früh.

Gegen eine Rückkehr zum Vorkrisenniveau der Maßnahmenaktivität könnte sprechen, dass die Zahl der Schutzsuchenden, die neu nach Deutschland kommen und zunächst einen hohen Bedarf an Unterstützung durch Maßnahmen zur Integration haben, in den letzten Jahren stark rückläufig war.

Zugleich ist die Arbeitsmarktintegration der Geflüchteten, die während der Hochphase der Zuzüge über die Balkanroute bis zu deren Schließung eingereist sind, weiter fortgeschritten, was sich ebenfalls dämpfend auf den Bedarf an arbeitsmarktpolitischen Integrationsmaßnahmen auswirken dürfte. Im Februar 2021 lag die Gesamtzahl der arbeitsuchenden Geflüchteten, die von Jobcentern oder Arbeitsagenturen betreut wurden, mit 438.000 um elf Prozent unter der Gesamtzahl vom September 2017 (493.000). Auf der anderen Seite könnten die Jobcenter und Arbeitsagenturen ihre Integrationsbemühungen bei den Angehörigen dieser Gruppe, die auch weiterhin besondere

Schwierigkeiten haben am Arbeitsmarkt in Deutschland Fuß zu fassen, intensivieren. Darüber hinaus könnte die Corona-Krise selbst einen zusätzlichen Bedarf an kompensierenden Maßnahmen nach sich ziehen. Weil die Position der Geflüchteten im Arbeitsmarkt vor der Krise noch wenig gefestigt war, könnten diese bei einem rezessionsbedingten Abbau von Arbeitsplätzen besonders gefährdet sein.14

Weiterhin ist in Abb. 1 erkennbar, dass die Zugänge in Maßnahmen größtenteils auf Geflüchtete in der Grundsicherung für Arbeitsuchende entfallen. Im gesamten Beobachtungszeitraum liegt der Anteil der Maßnahmenzugänge, der auf den Rechtskreis SGB II entfällt (81 Prozent) dabei deutlich unter dem Anteil der Geflüchteten in der Grundsicherung für Arbeitsuchende an allen arbeit-suchenden Geflüchteten (89 Prozent). Jedoch ist der auf Geflüchtete in der Grundsicherung für Arbeitsuchende entfallende Anteil der Zugänge in Maßnahmen tendenziell gestiegen, während der Anteil der im SGB II betreuten arbeitsuchenden Geflüchteten an allen arbeitsuchenden Personen im Kontext von Fluchtmigration seit Mitte 2018 in der Tendenz gesunken ist. So lag im Durchschnitt des Jahres 2020 der Anteil der Maßnahmenzugänge im SGB II (83 Prozent) nur noch vier Prozentpunkte unter dem Anteil der arbeitsuchenden Geflüchteten in der Grundsicherung für Arbeitsuchende an allen arbeitsuchenden Geflüchteten.

2.2.3 Zugänge nach Art der Integrationsmaßnahmen

Die Zugänge in die verschiedenen Arten von arbeitsmarktpolitischen Integrationsmaßnahmen verteilen sich unterschiedlich, je nachdem, ob die Geflüchteten im Rechtskreis SGB II oder SGB III betreut werden (Abb. 2). Da eine Zuweisung in Beschäftigung schaffende Maßnahmen im Rechtskreis SGB III nicht möglich ist (weil diese Maßnahmen dort nicht vorhanden sind), entfallen die Zugänge in diesen Maßnahmentyp vollständig auf die im Rechtskreis SGB II betreuten Geflüchteten. Hier bleibt die Bedeutung der Nutzung dieses Instruments im untersuchten Zeitraum nahezu unverändert. Der Anteil der Beschäftigung schaffenden Maßnahmen an allen Zugängen in Maßnahmen liegt

durchgängig bei gut fünf Prozent. Es handelt sich damit weiterhin um die bei Geflüchteten am seltensten eingesetzte arbeitsmarktpolitische Integrationsmaßnahme.

Die am häufigsten eingesetzten Instrumente in beiden Rechtskreisen sind die eher niedrigschwelligen Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung. Bei Geflüchteten, die im Rechtskreis SGB II betreut werden, liegt ihr Anteil im Durchschnitt des beobachteten Zeitraums bei 72 Prozent;

in der Gruppe der Personen außerhalb des Kontexts Fluchtmigration, die im selben Zeitraum in

14 Die empirische Forschung zu den Wirkungen der Pandemie auf die Arbeitsmarktposition von Geflüchteten steht erst am Anfang.

Brücker et al. (2021) zeigen, dass Personen mit Fluchthintergrund während des ersten Lockdowns überdurchschnittlich stark von Arbeitsplatzverlust und Kurzarbeit betroffen waren, und erklären dies mit dem hohen Anteil von Beschäftigung in Zeitarbeit oder mit befristetem Vertrag, kurzer Betriebszugehörigkeit und überwiegend nicht Homeoffice-fähigen Tätigkeiten. Dagegen stellt Knuth (2021) fest, dass sich die Vermutung besonders hoher Verluste an Beschäftigung bei Geflüchteten aufgrund von Einschränkungen der Wirtschaft für den Infektionsschutz bisher nicht bestätigen lässt.

Maßnahmen im Rechtskreis SGB II eingetreten ist, liegt der Anteil mit 61 Prozent dagegen deutlich niedriger. Bei den Geflüchteten ist der Anteil dieses Maßnahmentyps an allen Zugängen eines Monats im Zeitverlauf im Trend leicht rückläufig – von anfänglich um die 74 Prozent auf zuletzt noch um die 70 Prozent. Bei den im Rechtskreis SGB III betreuten Geflüchteten haben die Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung im Vergleich ein deutlich geringeres Gewicht – ihr Anteil liegt, über den gesamten Beobachtungszeitraum gerechnet, nur bei 60 Prozent. In der Gruppe der im Rechtskreis SGB III betreuten Nicht-Geflüchteten mit Maßnahmenzugang liegt der Anteil mit 51 Prozent wiederum deutlich darunter. Zudem nimmt das Gewicht des Instruments über die Zeit hinweg bei den Geflüchteten deutlich stärker ab als im Rechtskreis SGB II. Während sein Anteil an allen Zugängen im Jahreszyklus vom September 2017 bis August 2018 noch bei 74 Prozent lag, erreichte er im zwei Jahre später beginnenden Jahreszyklus ab September 2019 nur noch 48 Prozent.

Abb. 2 Verteilung der monatlichen Zugänge von Geflüchteten in arbeitsmarktpolitische Maßnahmen nach Art der Maßnahme und Rechtskreis (September 2017 bis Februar 2021, in Prozent)

Quelle: Monitoring-Daten der „Begleitevaluation der arbeitsmarktpolitischen Integrationsmaßnahmen für Geflüchtete“, Sonderauswertung des Migrations-Monitors der BA. Eigene Berechnungen und Darstellung.

In den hier und im Folgenden untersuchten Veränderungen des Zugangsgeschehens im Zeitverlauf überlagern sich mehrere Effekte. Erstens verändern sich über den Integrationsverlauf von einzelnen geflüchteten Personen die bevorzugt zum Tragen kommenden Maßnahmen. So stehen die

Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung normalerweise am Anfang einer Abfolge von arbeitsmarktpolitischen Integrationsmaßnahmen – auf individueller Ebene geht daher die Wahrscheinlichkeit des Zugangs in diese Maßnahmen im biografischen Verlauf tendenziell zurück, während spezifischere Maßnahmen an Bedeutung gewinnen. Dieser Faktor dürfte bei der in Abb. 2 deutlich werdenden Entwicklung dieses Maßnahmentyps eine wichtige Rolle spielen. Zweitens verändert sich über die Zeit hinweg die Struktur der Gesamtheit der von den Arbeitsagenturen und Jobcentern betreuten Geflüchteten. Zum einen kommen im Beobachtungszeitraum neue Kundinnen und Kunden hinzu, die tendenziell später nach Deutschland eingereist sind. Dieser Faktor spielt angesichts der eher geringen Zahl an Einreisen von Asylsuchenden seit Schließung der Balkanroute aber nur eine untergeordnete Rolle. Die hier untersuchte Entwicklung des Maßnahmengeschehens wird ganz überwiegend durch die Geflüchteten beherrscht, die schon am Anfang des Beobachtungs-zeitraums im SGB II oder SGB III betreut wurden – und auf die sich die Wirkungsanalysen in dieser Evaluation beziehen.

Weil die Arbeitsmarktintegration dieses anfänglichen Pools von Geflüchteten fortschreitet, verändert sich zum anderen die Grundgesamtheit der potenziellen Teilnehmerinnen und Teilnehmern an Maßnahmen. Die Jobcenter und Arbeitsagenturen sehen sich im Zeitverlauf tendenziell zunehmend mit solchen Personen mit Fluchthintergrund konfrontiert, die besonders schwer in Beschäftigung zu integrieren sind. Für diese Fälle können andere Maßnahmen sinnvoll sein als für die leichter zu integrierenden Fälle. Drittens schließlich können die Arbeitsagenturen und Jobcenter, etwa in Folge der von ihnen gesammelten Erfahrungen über die Wirksamkeit von Maßnahmen bei der Zielgruppe, zu anderen Integrationsstrategien übergehen bzw. die von ihnen generell gewählte Gewichtung der verschiedenen arbeitsmarktpolitischen Instrumente zur Förderung von Geflüchteten anpassen.

Die oben konstatierten Fluktuationen der Zugänge in Maßnahmen im Jahresverlauf (Abb. 1) speisen sich insbesondere aus den Zugängen in Maßnahmen zur Berufsauswahl und Berufsausbildung. Wie Abb. 2 erkennen lässt, erreicht ihr Anteil an den gesamten monatlichen Zugängen in Maßnahmen regelmäßig im Herbst zum üblichen Beginn des Ausbildungsjahrs eine deutliche Spitze und geht danach – verstärkt ab dem folgenden Frühjahr – zurück.

Zugänge in Maßnahmen zur Berufswahl und Berufsausbildung werden größtenteils im Rechtskreis SGB III beobachtet. Im gesamten Beobachtungszeitraum erreicht dieser Maßnahmentyp hier bei den Geflüchteten einen Anteil von 24 Prozent an allen Maßnahmenzugängen, im Rechtskreis SGB II dagegen nur einen Anteil von fünf Prozent. Zum Vergleich: Bei den Nicht-Geflüchteten lag der Anteil an allen Maßnahmenzugängen über den gesamten Betrachtungszeitraum gerechnet im Rechtskreis SGB III bei 15 Prozent, im SGB II sogar nur bei einem Prozent. Bei dieser Differenz kommt der besondere Qualifizierungsbedarf der Geflüchteten zum Tragen, aber auch, dass die zu integrierenden geförderten Nicht-Geflüchteten im Durchschnitt deutlich älter sind. Zum unterschiedlichen Gewicht der Maßnahmen zur Berufswahl und Berufsausbildung im Vergleich der Rechtskreise SGB II und SGB III trägt wesentlich bei, dass BvB nach § 51 SGB III im SGB II keine entsprechende Anwendung finden. Vielmehr können SGB II-Leistungsbezieher durch die Arbeitsagenturen auch in einer BvB gefördert werden; solche Zugänge werden dann in der Statistik als Zugänge im Rechtskreis SGB III erfasst. Insgesamt ist das Gewicht der Maßnahmen zur Berufsauswahl und Berufsausbildung mit der Zeit deutlich gewachsen. Im ab September 2017 beginnenden Jahreszyklus hatten diese einen Anteil von 7 Prozent an allen Zugängen in Maßnahmen in den Rechtskreisen SGB II und SGB III, im ab September 2018 beginnenden Jahreszyklus von 9 Prozent und im ab September 2019 beginnenden Jahreszyklus von 11 Prozent.

Ebenfalls mit der Zeit deutlich gestiegen ist bei den im Rechtskreis SGB III betreuten Geflüchteten der Anteil der Zugänge in Maßnahmen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung – von anfänglich etwa sechs Prozent auf zuletzt rund 16 Prozent. Im Durchschnitt entfielen im Rechtskreis SGB III über den Beobachtungszeitraum 11 Prozent aller Maßnahmenzugänge von Geflüchteten auf diesen Maßnahmentyp; bei den Nicht-Geflüchteten war dieser Anteil mit 24 Prozent im Vergleich deutlich höher. Die Weiterbildungsförderung der im Rechtskreis SGB II betreuten Geflüchteten hat über die Zeit schwächer zugelegt, von anfänglich sieben Prozent auf zuletzt zehn Prozent. Im Durchschnitt entfielen über den Beobachtungszeitraum neun Prozent aller Maßnahmenzugänge auf Maßnahmen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung; bei den Teilnehmenden an Maßnahmen außerhalb der Kontexts Fluchtmigration lag dieser Anteil genauso hoch.

Ebenfalls mit der Zeit deutlich gestiegen ist bei den im Rechtskreis SGB III betreuten Geflüchteten der Anteil der Zugänge in Maßnahmen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung – von anfänglich etwa sechs Prozent auf zuletzt rund 16 Prozent. Im Durchschnitt entfielen im Rechtskreis SGB III über den Beobachtungszeitraum 11 Prozent aller Maßnahmenzugänge von Geflüchteten auf diesen Maßnahmentyp; bei den Nicht-Geflüchteten war dieser Anteil mit 24 Prozent im Vergleich deutlich höher. Die Weiterbildungsförderung der im Rechtskreis SGB II betreuten Geflüchteten hat über die Zeit schwächer zugelegt, von anfänglich sieben Prozent auf zuletzt zehn Prozent. Im Durchschnitt entfielen über den Beobachtungszeitraum neun Prozent aller Maßnahmenzugänge auf Maßnahmen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung; bei den Teilnehmenden an Maßnahmen außerhalb der Kontexts Fluchtmigration lag dieser Anteil genauso hoch.