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Für die Zwecke der Evaluation wurde eine umfangreiche projektspezifische Datenbasis aufgebaut, um über ein Monitoring des Maßnahmeneinsatzes und die Beschreibung erwerbsbiografischer Verläufe von Personen im Kontext von Fluchtmigration zu differenzierten Aussagen bezüglich der Effekte arbeitsmarktpolitischer Integrationsmaßnahmen auf die Zielgrößen soziale Teilhabe und Integration am Arbeitsmarkt zu kommen. Den Kern bildet hier eine umfangreiche projektspezifische

Untersuchungsstichprobe, die für die Zwecke der quantitativen Wirkungsdiagnostik ausschließlich aus Sozialdaten zur Maßnahmen- und Erwerbsbiografie gebildet wurde. Als Basis für den Zugang zur Untersuchungsstichprobe für die Zwecke der Wirkungsforschung im Rahmen der Evaluation diente ein Antrag auf Übermittlung von Sozialdaten für ein Forschungsvorhaben von erheblichem

öffentlichem Interesse gemäß § 75 SGB X, der am 26. April 2018 vom BMAS genehmigt wurde.

Kapitel A1.1 (im Anhang) charakterisiert die finale Version der Untersuchungsstichprobe näher.

Zu beachten ist, dass die administrativen Prozessdaten für den Rechtskreis des SGB II grundsätzlich auch die Daten der zugelassenen kommunalen Träger (zkT) beinhalten. Lediglich zwei Variablen, die im Kontext der Evaluation von Interesse sind, werden von den zkT nicht gemeldet: Dies betrifft erstens das Einreisedatum der Geflüchteten nach Deutschland sowie zweitens etwaige

Maßnahmenabbrüche.35 Diese fehlenden Angaben schränken das Analysepotenzial jedoch nur geringfügig ein. Die auf den Prozessdaten basierenden Untersuchungen umfassen somit jeweils das gesamte System der Grundsicherung für Arbeitsuchende.

Allerdings lassen sich auf die Quantifizierung von Ursache-Wirkungs-Beziehungen angelegte statistische Untersuchungen im vorliegenden Kontext aus einer Reihe von Gründen nicht

ausschließlich auf administrative Prozessdaten Geflüchteter stützen. Erstens enthalten diese Daten, da sich die Zielgruppe der Personen mit Fluchthintergrund erst seit kurzem in Deutschland befindet und größtenteils relativ jung ist, nur wenige maßgebliche personenbezogene Merkmale,

insbesondere mit Bezug auf den (erwerbs-)biografischen Hintergrund, die sowohl auf die

Wahrscheinlichkeit eines Maßnahmenzugangs als auch auf die individuellen Integrationsfortschritte wirken können. Zweitens sind Informationen über die soziale Teilhabe, wie etwa die Kontakt-häufigkeit zur einheimischen Bevölkerung, nicht in administrativen Daten enthalten. Diese Variablen sind auch zur Operationalisierung wichtiger Zielgrößen der Evaluation erforderlich. Drittens sind die vielfältigen Hilfen zur Integration, welche außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des BMAS fallen (z.B. Sprachkurse) in den Daten der BA nicht vollständig erfasst. Und schließlich fehlen viertens Informationen zur Charakterisierung des organisatorischen Rahmens und der Handlungsstrategien der Institutionen, welche arbeitslose und arbeitsuchende Geflüchtete in den Rechtskreisen SGB II und SGB III betreuen. Auf diese treffen die Personen mit Fluchthintergrund in der Praxis vor Ort, und sie dürften für Art und Umfang der eingesetzten Maßnahmen und der Integrationschancen

Geflüchteter maßgeblich sein.

Um die skizzierten Lücken in den prozessgenerierten Daten der BA zu schließen, wurden im Verlauf der Evaluation zwei Erhebungen mit Panelcharakter durchgeführt, in denen jeweils dieselben Untersuchungseinheiten zu zwei Messzeitpunkten befragt werden sollten:

35 Darüber hinaus sind in den Daten der Verbleibsnachweise, die ab Januar 2020 für die Zielgrößen der Arbeitsmarktintegration verwendet werden, keine Informationen zur Maßnahmenteilnahme von Personen enthalten, die von zkT betreut werden. Angaben zu den wesentlichen Zielgrößen der Arbeitsmarktintegration, also Beschäftigung und Arbeitslosigkeit, sind jedoch auch für zkT vollständig enthalten, sodass sich dadurch keine Einschränkungen darauf basierender Analysen ergeben.

• eine Wiederholungsbefragung von Verantwortlichen auf der obersten Leitungs- oder Geschäftsführungsebene der Arbeitsagenturen und Jobcenter, die Informationen über die Organisation in ihrem Zuständigkeitsbereich erfasst – im Folgenden bezeichnet als

„Organisationsbefragungen“ (genauer beschrieben in Kapitel 3.3);

• eine Längsschnitt-Befragung von Geflüchteten unter dem Studientitel „Geflüchtete in Deutschland“ (GiD-Studie) – im Folgenden bezeichnet als „Längsschnitt-Befragung“.

Die Bruttostichprobe für die erste Welle der Längsschnitt-Befragung wurde aus der Untersuchungs-stichprobe gebildet. So ist es möglich, für die Personen, die einer Zusammenführung ihrer Daten zugestimmt haben, die Prozess- und die Befragungsdaten miteinander zu verknüpfen.

Die Längsschnitt-Befragung lehnt sich vom Fragenprogramm her zum Teil an die seit dem Jahr 2016 laufende „IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten“ an (Brücker et al. 2016). Sie ist aber im Gegensatz zu dieser nicht als Haushaltsbefragung, sondern als Individualbefragung mit computer-unterstützten persönlichen Interviews (CAPI-Befragung) konzipiert. Zudem basiert sie auf einer Bruttostichprobe aus einer Bevölkerungsgrundgesamtheit von volljährigen, seit dem 1. Januar 2015 nach Deutschland eingereisten Personen im Kontext von Fluchtmigration, die zwischen dem 1. August 2017 und dem 11. September 2018 eine der fünf im Rahmen der Evaluation zu

bewertenden Typen arbeitsmarktpolitischer Integrationsmaßnahmen begonnen haben oder damit hätten beginnen können. Die IAB-BAMF-SOEP-Befragung liefert dagegen ein repräsentatives Abbild der Grundgesamtheit der Schutzsuchenden (unabhängig vom Aufenthaltsstatus), die im Verlauf der Jahre von 2013 bis 2016 nach Deutschland gekommen sind.

Das Design der Längsschnitt-Befragung wurde zudem durch einen hohen Anteil

arabisch-sprechender Interviewerinnen und Interviewer, durch den Einsatz eines bilingualen Fragebogens, der auf deutsch-arabisch, deutsch-englisch und deutsch-farsi vorliegt, durch mehrsprachige

Begleitunterlagen sowie durch weitere Maßnahmen wie etwa einer mehrsprachigen Kontakt-Hotline (in den Sprachen Englisch, Arabisch und Farsi) speziell auf die zu befragende Zielgruppe abgestimmt.

Die erste Welle der Längsschnitt-Befragung erfasste zahlreiche Hintergrundmerkmale der

Geflüchteten, zur Operationalisierung der Zielgrößen sozialer Teilhabe erhobene Items, biografische Verläufe in einem Kalendarium36 sowie ein breites Spektrum daran potenziell anknüpfender Förder-, Orientierungs- und Integrationsangebote (wie etwa berufsvorbereitende oder berufsorientierende Hilfen, ausbildungsvorbereitende oder -begleitende Angebote, Sprach- und Integrationskurse) durch verschiedene Träger (öffentliche Stellen, Ehrenamtliche, Bekannte). Die zweite Welle der

Längsschnitt-Befragung wurde insgesamt etwas kürzer gehalten und legte den Fokus eher auf potenzielle Veränderungen seit der ersten Welle, führte die biografischen Verläufe im Kalendarium fort und enthielt nach einer pandemiebedingten Unterbrechung im Frühjahr 2020 zusätzliche Fragen zur Kurzarbeit. In Kapitel A1.2 (im Anhang) werden Datenbasis, Durchführung und Feldergebnisse von Welle 1 und 2 der Längsschnitt-Befragung sowie die Entwicklung von darin enthaltenen Zielgrößen dokumentiert.

Abb. 8 veranschaulicht, wie sich die für die Zwecke der Evaluation gebildete

Untersuchungs-stichprobe und die daraus gebildete BruttoUntersuchungs-stichprobe für die erste Welle der Längsschnitt-Befragung von Geflüchteten zum Bestand der Gesamtbevölkerung von volljährigen Schutzsuchenden, die seit

36 Ein solches Monatskalendarium der Erwerbs und Bildungshistorie der Geflüchteten seit ihrer Ankunft in Deutschland war in beiden Erhebungswellen der Längsschnitt-Befragung enthalten. Es wird darin erfasst, wann die Befragten gearbeitet, eine Aus- oder Weiterbildung gemacht, eine Schule oder Universität besucht, einen Sprachkurs absolviert oder ein Praktikum durchlaufen haben.

dem 1. Januar 2015 in Deutschland angekommen sind, verhalten. Von dieser Bevölkerung ist

zunächst nur die Teilgruppe von Personen relevant, die als Personen im Kontext von Fluchtmigration in den Datensystemen der Arbeitsagenturen und Jobcenter erfasst sind. Das heißt, betrachtet werden nur Drittstaaten-Angehörige, die sich in Deutschland aufgrund einer Aufenthaltsgestattung als Asylbewerber, aufgrund einer „Aufenthaltserlaubnis Flucht“ als anerkannt Schutzberechtigte oder aufgrund einer Duldung als abgelehnte Asylbewerber aufhalten, und außerdem seit Ankunft in Deutschland als rat- oder arbeitsuchend bei den Arbeitsagenturen oder Jobcentern in Erscheinung getreten sind. Von dieser Teilpopulation der seit Anfang 2015 nach Deutschland gekommen

Geflüchteten werden wiederum nur diejenigen betrachtet, die zwischen dem 1. August 2017 und dem 11. September 2018 in eine der fünf zu evaluierenden Maßnahmen eingetreten sind oder prinzipiell in eine entsprechende Maßnahme hätten eintreten können.

Abb. 8 Stellung der Untersuchungsstichprobe und der Bruttostichprobe für die erste und zweite Welle der Längsschnitt-Befragung von Geflüchteten im Verhältnis zur Grundgesamtheit der volljährigen Bevölkerung von seit dem 1. Januar 2015 nach Deutschland eingereisten Geflüchteten

Quelle: Eigene Darstellung.

Anmerkung: Die Darstellung dient Illustrationszwecken; die Flächen der einzelnen Personengruppen sind also nicht maßstabsgetreu.

Die so abgegrenzte Gruppe von in den BA-Systemen erfassten Personen im Kontext von

Fluchtmigration bildete die Untersuchungsgrundgesamtheit dieser Evaluationsstudie. Alle Personen, die im genannten Zeitraum in Maßnahmen zugegangen sind, wurden in die Untersuchungsstichprobe aufgenommen; diese umfasst außerdem noch Personen ohne Maßnahmenzugang, die jedoch anhand von in den BA-Daten beobachtbaren Merkmalen – insbesondere Alter, Geschlecht, Herkunftsland – den Teilnehmenden in der Untersuchungsstichprobe ähneln. Die Bruttostichprobe für die

Durchführung der ersten Welle der Längsschnitt-Befragung der Geflüchteten war ein kleineres, repräsentatives Abbild der so zusammengesetzten Untersuchungsstichprobe.

Da die Untersuchungsstichprobe und die daraus entnommene Bruttostichprobe für die Befragung von Geflüchteten nach spezifischen Kriterien gebildete Auswahlen aus dem Bestand der seit Anfang

2015 in Deutschland angekommenen Geflüchteten darstellen, ist damit zu rechnen, dass sich die soziodemografische Struktur der darin enthaltenen volljährigen Personen systematisch von

derjenigen der Gesamtbevölkerung der Geflüchteten unterscheidet. Genaue Strukturinformationen zum Bestand aller Personen, die seit 1. Januar 2015 als Schutzsuchende nach Deutschland eingereist sind und – zu gegebenen Stichtagen – weiterhin hier leben, sind nicht ohne weiteres verfügbar.

Anhand von Informationen zu Merkmalen der Asylerstantragstellenden lassen sich jedoch gewisse Strukturaussagen zur Gesamtbevölkerung ableiten, der die im Rahmen der Evaluation fokussierte Untersuchungspopulation entstammt:

• Geschlecht: Unter den volljährigen Asylerstantragstellenden der Jahre 2015 bis 2017 waren rund 30 Prozent Frauen und 70 Prozent Männer.

• Altersstruktur: 36 Prozent der volljährigen Asylerstantragstellenden der Jahre 2015 bis 2017 waren 18 bis 24 Jahre alt, 22 Prozent 25 bis 29 Jahre, 15 Prozent 30 bis 24 Jahre, 10 Prozent 35 bis 39 Jahre und 17 Prozent 40 Jahre und älter.

• Herkunftsländer: Unter den volljährigen Asylerstantragstellenden der Jahre 2015 bis 2017 stammten rund 34 Prozent aus Syrien. Darüberhinausgehende Aussagen zu Herkunftsländern lassen sich nur für die Gesamtzahl der Asylerstantragstellenden – also unter Einschluss der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren – treffen. Unter allen Asylerstantragstellenden der Jahre 2015 bis 2017 kamen wiederum 34 Prozent aus Syrien, 13 Prozent aus Afghanistan, 11 Prozent aus dem Irak, jeweils drei Prozent aus dem Iran und aus Eritrea, sowie 37 Prozent aus sonstigen Ländern.

Die Datengrundlagen für die Evaluation lassen sich weiter anreichern, indem die für die

Durchführung des Forschungsvorhabens zugänglichen Prozessdaten und die im Rahmen des Projekts gewonnenen Befragungsdaten miteinander verknüpft werden. Zum einen lässt sich die

Untersuchungsstichprobe über eine Variable zur Kennzeichnung der Jobcenter- und Arbeitsagentur-Region mit den Ergebnissen der Organisationsbefragung verbinden. Zum anderen dürfen – wie schon erwähnt – die Befragungsdaten mit den entsprechenden Prozessdaten der Untersuchungsstichprobe verknüpft werden, falls die befragten Geflüchteten während des Interviews der

Längsschnitt-Befragung ihre Zustimmung gegeben haben. Die so entstandenen verknüpften Datensätze werden in Kapitel A1.3 (im Anhang) näher charakterisiert.

Der Verlauf der Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt lässt sich im Rahmen der für die Evaluation festgelegten Laufzeit nur über einen recht kurzen Zeitraum beobachten. Auch aus diesem Grund wurden mithilfe der Längsschnitt-Befragung die Zielgrößen der Arbeitsmarktintegration um Indikatoren der sozialen Teilhabe ergänzt. Dieser Vorgehensweise liegt die Erwartung zugrunde, dass Verbesserungen bei der sozialen Teilhabe zu einem späteren Zeitpunkt, der im Rahmen der

Evaluation noch nicht erfasst wird, Verbesserungen bei der Arbeitsmarktintegration nach sich ziehen.

In Kapitel A1.4 (im Anhang) wird auf Basis von Daten der IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten für eine sehr ähnliche Zielgruppe geprüft, welche der in der Längsschnitt-Befragung von Geflüchteten erfassten Indikatoren sozialer Teilhabe eine derartige prädiktive Qualität bezüglich der späteren individuellen Erwerbsintegration aufweisen.