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Im folgenden Abschnitt erfolgen eine kurze Beschreibung des Integrierten PKT-Ansatzes und die thematische Einordnung in dessen Kontext, da das zu entwickelnde methodische Vorge-hen in der vorliegenden Arbeit im Rahmen dieses Ansatzes Anwendung findet. Neben der eigenständigen Durchführung der Methode soll so eine Kombination mit den anderen me-thodischen Bausteinen des Ansatzes gewährleistet werden.

Der am Institut für Produktentwicklung und Konstruktionstechnik (PKT) der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) entwickelte Integrierte PKT-Ansatz zur Entwicklung von modularen Produktfamilien und -programmen stellt verschiedene methodische Baustei-ne zur Entwicklung modularer Produktfamilien zur Verfügung [Kra11], [Kra14]. Das primäre Ziel dabei ist es, eine geforderte externe Vielfalt mit Hilfe einer möglichst geringen internen Vielfalt bereitzustellen (vgl. Bild 3.21). Um dieses Ziel zu erreichen, gibt es verschiedene Möglichkeiten der Produkt- und Prozessgestaltung. Die Methodenbausteine können zum einen unabhängig voneinander angewandt werden und zum anderen, je nach gewählter Zielstellung im Unternehmen, miteinander kombiniert werden [Ble10], [Kra11]. Eine grund-sätzliche Unterscheidung der verschiedenen methodischen Bausteine kann innerhalb der Kategorien Produkt, Prozess, Leichtbau und Querschnittsthemen erfolgen. Alle Bausteine verwenden ein Workshop-basiertes Vorgehen, um bereits innerhalb der Entwicklung die

Aufnahme der Sichten verschiedener nachgelagerter Disziplinen auf das Produkt sicherzu-stellen. In der folgenden Abbildung sind die bereits entwickelnden methodischen Bausteine innerhalb der Kategorien Produkt (oben) und Prozess (vorne) dargestellt und werden im Fol-genden kurz vorgestellt.

Bild 3.21: Integrierter PKT-Ansatz zur Entwicklung modularer Produktfamilien nach [Kra11]

Für die produktseitige Varianzreduzierung stehen vier methodische Bausteine zu Verfügung.

Innerhalb der Produktprogrammplanung werden basierend auf dem aktuellen Produktpro-gramm, auf Marktanalysen sowie auf Unternehmenszielen Szenarien für eine zukünftige Programmstruktur abgeleitet. Zentrale Werkzeuge der Methode sind das Program Struc-turing Model (PSM) zur Ist-Analyse und der Carry-over Assignment Plan (CAP), mit dessen Hilfe die Übernahmekandidaten identifiziert werden. Das Ergebnis ist eine programmweite Konzeption von Übernahmekandidaten und führt somit bereits zu einer Komplexitätsredu-zierung innerhalb der strategischen Planung von Produktprogrammen [Jon14].

Das Vorgehen zur Entwicklung modularer Produktprogramme fokussiert sich auf die Identifi-kation von Standardisierungspotentialen über verschiedene Produktfamilien hinweg. Diese Potentiale können mit zwei grundsätzlichen Übernahmestrategien realisiert werden. Je nach unternehmensspezifischen Randbedingungen bieten sich entweder die verstärkte Nutzung von Übernahmekomponenten innerhalb einer Produktfamilie (plattformorientiert) oder über mehrere Produktfamilien (gleichteileorientiert) an. Dabei ist anzumerken, dass nicht genau eine Gleichstrategie zwangsweise zu verfolgen ist. Eine Kombination im Rahmen eines Modulbaukastens ist ebenfalls möglich. Ähnlich wie der CAP wird zur Identifizierung der Übernahmestrategie ein Carry-over-Chart (CoC) auf Modulebene verwendet (vgl. Bild 3.22) [Eil13b], [Eil16].

Die variantengerechte Produktgestaltung nach KIPP verfolgt das Ziel, variantengerechte Komponenten so zu entwickeln und zu konstruieren, dass diese im Idealfall eine 1:1

Zuord-nung von kundenrelevanten varianten Eigenschaften und varianten Komponenten ermögli-chen. Dieser Methodenbaustein konzentriert sich auf die Ausgestaltung einer Produktfamilie und ist in enger Verbindung mit der Lebensphasen-Modularisierung zu betrachten. Kern der Methode ist das Variety Allocation Model (VAM), mit dessen Hilfe über vier Ebenen (kun-denrelevante Eigenschaften, Funktionen, Wirkprinzipien und Komponenten) die Verbindung zwischen externer und interner Vielfalt visualisiert, analysiert und reduziert wird [Kip12].

Bild 3.22: Beispiel Carry-over-Chart (CoC) nach [Eil13b]

Die Methode der Lebensphasen-Modularisierung entwickelt zunächst auf Basis von Modul-treibern und dem Module Interface Graph (MIG) (vgl. Bild 3.23) für jede beteiligte Lebens-phase ein optimales Modularisierungskonzept. Mit Hilfe der Visualisierung können unter anderem Modulgrenzen und Modulschnittstellen aufgezeigt werden. Aufgrund der unter-schiedlichen Anforderungen jeder Lebensphase an die Modularisierung entstehen allerdings Zielkonflikte. Mit Hilfe des Module Process Charts (MPC) werden diese Zielkonflikte visuali-siert, analysiert und aufgelöst. Ergebnis der Methode ist ein übergreifendes harmonisiertes Modularisierungskonzept über alle Lebensphasen hinweg [Ble11].

Bild 3.23: Module Interface Graph (MIG) am Beispiel eines Sprühgerätes nach [Ble11]

Baureihe A.1 Baureihe A.2 Baureihe B.1 Baureihe B.2

1 Grundrahmen

Innerhalb der Prozesssicht des Integrierten PKT-Ansatzes wurden bereits zwei methodische Bausteine entwickelt. Diese konzentrieren sich auf die frühzeitige Integration der Supply Chain und der montagegerechten Anforderungen in die Entwicklungsphase. Der methodi-sche Ansatz zur Reduzierung der produktvarianteninduzierten Komplexität von BROSCH ver-folgt das Ziel, die produktvarianteninduzierte Komplexität zu erfassen, zu analysieren und zu bewerten. Es werden dazu zwei methodische Schwerpunkte verfolgt. Zum einen die Identifi-kation strategischer Handlungsfelder und zum anderen die operative Unterstützung der Pro-duktentwicklung hinsichtlich der Gestaltung der Supply Chain [Bro14]. Für die Aufnahme und Visualisierung verwendet BROSCH eine auf Swimlanes basierte Darstellung.

Im Rahmen der montagegerechten Produktstrukturierung wird die Lebensphase der Monta-ge und ihre AnforderunMonta-gen detailliert betrachtet. Die Methode unterstützt die Überführung montagerelevanter Aspekte in die Produktentwicklung. Ein zentrales Werkzeug ist die gra-phische Darstellung der integralen Produkt- und Montagestruktur (iPAS) (vgl. Bild 3.24). Mit Hilfe dieser Visualisierung werden die möglichen Montageprozessstrategien Postponement, Kommunalität und Parallelisierung untersucht und deren Auswirkungen dargestellt [Hal12].

Das Ergebnis ist eine optimierte Produktstruktur der Lebensphase Montage und bildet somit einen direkten Input für die Abstimmung der einzelnen Lebensphasen innerhalb der Modula-risierung nach BLEES [Ble11], [Hal12], [Hal15].

Bild 3.24: Visualisierung des iPAS am Beispiel des Montageprozesses einer Computermaus [Hal15]

Der vorgestellte Integrierte PKT-Ansatz stellt mit den verschiedenen methodischen Baustei-nen eine Möglichkeit dar, die bereits eingangs beschriebeBaustei-nen Trends, mit deBaustei-nen sich Unter-nehmen heutzutage konfrontiert sehen, zu begegnen. Neue Produkte oder gar neugestaltete Produktfamilien führen auch zu Änderungsaufwänden in der Produktion, Supply Chain und Organisation der Unternehmen. Eine schnelle und effiziente Umsetzung dieser Änderungen birgt die Gefahr von neuen bisher noch nicht bekannten Risiken. Somit stellt eine Erweite-rung des Ansatzes zur Unterstützung der ÜberfühErweite-rung der Entwicklungsergebnisse hin zur Markteinführung eine logische Konsequenz dar. Eine Erweiterung des Integrierten Ansatzes aus Sicht des Serienanlaufs fokussiert sich somit auf einen prozessbegleitenden methodi-schen Baustein, mit dessen Hilfe es möglich sein soll, zu realisierende Konzepte, z.B. eine neue modulare Produktfamilie, hinsichtlich der gegebenen Randbedingungen frühzeitig

ab-zugleichen und somit bereits anlaufkritische Auswirkungen neuer Konzepte innerhalb der Entwicklungsphase zu analysieren und zu reduzieren. Im Folgenden werden für eine Konkre-tisierung des Forschungsbedarfs im Bereich des Serienanlaufs die identifizierten Defizite hin-sichtlich der vorgestellten existierenden Methoden zusammengefasst.