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Einleitung: Ein Versuch, das Land der Heterotopien zu finden

Wir leben nicht in einem leeren, neutralen Raum. Wir leben, wir sterben und wir lieben nicht auf einem rechteckigen Papier. Wir leben, wir sterben und wir lie-ben in einem gegliederten, vielfach unterteilten Raum mit hellen und dunklen Bereichen, mit unterschiedlichen Ebenen, Stufen, Vertiefungen und Vorsprüngen, mit harten und mit weichen, leicht zu durchdringenden, porösen Gebieten. Es gibt Durchgangszonen wie Straßen, Eisenbahnzüge oder Untergrundbahnen. Es gibt offene Ruheplätze wie Cafés, Kinos, Strände oder Hotels. Und es gibt schließlich ungeschlossene Bereiche der Ruhe und das Zuhause. Unter all den verschiedenen Orten gibt es nun solche, die vollkommen anders sind als die übrigen. Orte, die sich allen anderen widersetzen und sie in gewisser Weise sogar auslöschen, ersetzen, neutralisieren oder reinigen sollen. Es sind gleichsam Gegenräume (Foucault 2013, S. 9–10).

Mit den „Gegenräumen“ entwirft Michel Foucault multimodale Zugänge zur Welt. Nicht nur durch Sinneswahrnehmungen und Sinnstiftung, sondern durch Eroberung mit Fantasie, anhand von Rhythmen und Melodien, im Tanzen und in Bezug zu all den Mustern einer Umgebung, die einladen, den Alltag nach einer anderen Ordnung und selbst zu gestalten, erschließen sich Gegenwelten.

Was mich an den Gegenwelten interessiert, ist ihre Eigenheit. Als „Hetero-topien“ und „Heterochronien“ stellen sie einen Bezugspunkt für die Repräsenta-tion von Vielfalt dar. Wie Räume und Zeiten und entsprechend Körper organisiert werden und sich selbst intentional, aktiv und gestaltend organisieren, wird vor

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 C. Maier-Höfer (Hrsg.), Die Vielfalt der Kindheit(en) und die Rechte der Kinder in der Gegenwart, https://doi.org/10.1007/978-3-658-21238-4_5

C. Maier-Höfer () Darmstadt, Deutschland

E-Mail: claudia.maier-hoefer@eh-darmstadt.de

dem Hintergrund eines Konzepts der Heterogenese, wie es Guattari und Deleuze entwickelt haben, erkennbar. Entgegen den Homogenisierungspraktiken, die mit der Welt der Institutionalisierung von Kindheiten einhergehen, entstehen Bezüge zu Raum, Zeit und sich als Subjekt, die nicht gegenhegemonial (vgl. Gramsci [1917]1977) zu den dominierenden Räumen als Protest entstehen. Sie entstehen vielmehr aus dem Leben heraus und bilden existenzielle Dynamiken, die die Menschen mit sich, mit anderen Menschen, mit verschiedenen Zeitdimensionen und mit mehr als nur Räumen, mit dem „Environmentalen“, d. h. mit der Umgebung und der Umwelt, in Bezug zu denen Menschen leben, verbinden.

Diese Bezüge sind grundlegend „heterogen“. Sie entstammen oder enden nicht bei zentrierenden Ausgangspunkten und Outcomes. Sie schließen sich als Gegen-welten an die dominierenden „HauptGegen-welten“ an, wenn sie denn als Fluchtlinien und als Existenzweisen der Menschen ontologisch, epistemologisch und kosmo-logisch überhaupt entdeckt werden.

Der Ausschluss der Gegenwelten aus der Forschungspraxis und aus den Dis-kursen zur Erklärung des Menschlichen, Mitmenschlichen und des Zusammen-lebens in einem umfassenden System von Leben und Lebendigkeit hinterlässt eine Lücke in der Forschung, insbesondere – und darauf möchte ich mich beziehen – in der Forschung, die Kindheiten und die Vielfalt von Kindheiten betrifft und vor allem das Recht der Kinder, an der Vervielfältigung der Arten und Weisen, Welt zu verstehen und zu ordnen, teilzuhaben.

Überwiegend wird die Vielfalt in Bezug auf Differenzlinien markiert, die Körpermerkmale und diese essenzialisierend als Fertigkeiten in Bezug zu Funk-tionen Menschen und Menschengruppen zuschreiben. Menschen werden in ein gesetztes System, z. B. in Rekurs auf die Logik der Kolonialität, wie ich sie hier ausführlich darstellen werde, so eingeordnet, dass eine Hierarchie und eine Machtverteilung, ausgehend von der Sprache und dem Wissen der höher positio-nierten Menschengruppe, gerechtfertigt werden können.

Eine Vielfalt der Seinsweisen und Ausdrucksweisen der Existenz zu postulie-ren, bedeutet dann, entsprechend der De-Essenzialisierung und der Erweiterung der Lebenszusammenhänge, um Menschsein begreifen zu können, sich sowohl in der Forschung als auch in der pädagogischen Praxis der Herausforderung zu stellen, Kinder nicht nach ihrem „Wesen“ spezifizieren zu wollen. Das Kate-gorisieren von Kindheit und ein entsprechendes Management von Raum, Zeit und Körper der Kinder legitimieren zu können, gelingt nur anhand eines Spektrums von Wahrheit und Wirklichkeit unter vielen, wobei die vielen anderen dann aus-geschlossen werden müssen, insbesondere die Wahrheiten, das Wahrgenommene und die Wirklichkeiten, die Kinder erleben.

Wesentlich ist es in dieser Diskussion, so möchte ich es verstehen, nicht eine Relativierung der vielen Ontologien und eine Gleichberechtigung in den Vorder-grund zu stellen. Vielmehr möchte ich die Ontologie in Verbindung mit den Referenzuniversen sehen, in die Menschen involviert sind und in denen sie die Gewissheit ihrer Existenz nicht über die Kategorisierungen und die Ordnungen, in die sie eingeordnet sind, vornehmen, sondern sich in Bezug auf die Selbstver-ständlichkeiten eigene Bezugspunkte, die existenziell für sich bedeutsam sind, sichern. Dies möchte ich mit den Worten und den Konzepten von Félix Guattari als „Zum Sein geben“ bezeichnen. Die Affirmation dieser existenziellen Selbst-vergewisserung, die Referenzuniversen transformiert und stets eine Alterität zu den bereits bestehenden Gewissheiten darstellt, ist das Annehmen eines „Seins“

in seiner eigenen existenziellen Verortung, Verzeitlichung und Verkörperung, das sich außerhalb meines Verstehens und in einer Unvereinbarkeit mit den bestehenden Ontologien, Epistemologien und Kosmologien ereignet. Dennoch bleibe ich da, als Zeugin.

Was es bedeutet, sich affirmierend den „Ritornellen“ der Mädchen und Jun-gen, anhand derer sie im Alltag ihre singuläre Verbundenheit zu sich und mit ihren Mitteln der Präsentation darstellen, wie Deleuze und Guattari (1992;

Guattari 2014) schreiben, zuzuwenden, möchte ich als ontologische Teilhabe, insbesondere als ein Recht auf ontologische Teilhabe der Kinder an der Trans-formation der Referenzuniversen postulieren. Ihre Wahrnehmungen, Mus-ter, anhand derer sie ihre Erfahrungen ordnen und ihre Gedanken, die sie dazu beschreiben, austauschen, stellen andere Wissensspektren dar als die, welche mit der Universalisierung der Gesetzmäßigkeiten einer modernen Welt zu tun haben.

Dennoch stellen sie ein Erleben genau dieser Welt in ihren Expressionen dar.

Ein existenzielles Sich-Verbinden mit dieser Welt, jedoch nicht kollektiv, nicht eingeordnet in ein Raster von Entwicklungsstufen oder didaktischen Arrange-ments, geht viel tiefer, als es von Kindheitspädagog*innen planbar und in Cur-ricula und nationalen und internationalen Megaplänen vereinbar wäre. Was sich davon außerhalb des Plans ereignet und anderen Ordnungen von Raum, Zeit und Subjektivität entspringt, möchte ich als eine politische Agency der Mädchen und Jungen im Alltag beschreiben, die damit zu tun hat, dass die Wissensspektren, über die die Erwachsenen verfügen, hegemonial funktionieren und andere Wissensspektren dadurch übersehen, abgewertet oder aktiv ignoriert werden.

Das Recht auf Lernen und Spielen, wie es in der UN-Kinderrechtskonvention verankert ist, ist daher ein anderes Recht als das auf ontologische Teilhabe. Dies werde ich in diesem Beitrag darstellen. Doch dazu muss ich Umwege gehen oder besser Wege beschreiten, die Anleihen aus anderen Feldern ermöglichen.

Wie können ihre Formen, sich existenzielle Bezüge außerhalb der vor-gegebenen Strukturen, Denk-und Handlungsweisen und der Gefüge ihrer Legi-timierung, auf die die Erwachsenen rekurrieren, zu schaffen, erkannt werden, und was bedeutet diese Erkenntnis für die (methodologischen) Fragestellungen der Childhood Studies bzw. der Angewandten Kindheitswissenschaften (vgl.

Maier-Höfer 2016c, 2017a)?

Zunächst würde für die Wissenschaftler*innen die Herausforderung ent-stehen, sich selbst als Erwachsene und Forschende und die Generation der Kin-der in anKin-deren Zusammenhängen wahrzunehmen, als sie durch Wissenschaften, Schulbildung und Medien allein Sinn zu ergeben scheinen. Andere Wissens-spektren von Sein, von Erkennen und der Erklärung von komplexen Zusammen-hängen des Lebens und Zusammenlebens müssten erarbeitet werden, und das als gemeinsame Gestaltung von Erwachsenen und Kindern.

Gilles Deleuze und Félix Guattari nennen diese Formen der tiefen Verbunden-heit mit der Existenz „Ritornelle“ (vgl. Maier-Höfer 2015a, b, 2016a). Es sind aisthetisch-ästhetische Bezugspunkte der Lebensweisen und Expressionen von Menschen, die im Kontext von nicht-institutionalisierten, homogenisierenden und hegemonialen Ordnungen, Rhythmen und Sinnstrukturen entstehen. Sie geben einer Vielfalt von Expressionen und Rezeptionen Raum und Zeit. Sie erreichen uns auch aus der Welt der Kunst und der Welt der Menschen, deren Lebens- und Seinsweisen in anderen Konzepten des Lebens und der Lebendigkeit verankert sind und die gegenwärtig in De-Kolonialisierungsprojekten zum Erscheinen kom-men.

Insofern möchte ich das Postulat des Rechts auf ontologische Teilhabe der Kinder mit den De-Kolonialisierungsprojekten in Bezug setzen. Als politische Agency im Alltag möchte ich die ontologische Praxis der Sicherung einer (re-) singularisierenden Existenz (als Abgrenzung zu den etablierten kollektivierenden und kategorisierenden Ordnungen) erarbeiten und Anhaltspunkte dieser Agency über die Analyse der Dynamik von De-Kolonialisierungsprojekten erarbeiten.

Welche Bedeutung haben nun die Gegenwelten, die Michel Foucault konzi-piert hat, in dieser Fragestellung?

Die Gegenwelten entstehen und bestehen in einem Kontext des Zusammen-lebens, das die Menschen auf ihre eigene intentionale Art und Weise miteinander verbindet. Sie stellen Ordnungen dar, die anders strukturiert sind als an den offi-ziellen Orten. Dennoch sind sie keine „Protest-Orte“, die sich vom Sinn und der Struktur gegen die Hauptorte formieren würden. Sie sind im Alltag als eine Posi-tion eingefügt, von der aus sie anderen Dynamiken des Lebendigen und des Ver-bundenseins miteinander und der Welt – zeitweise – den Vorzug geben.

Diese Dynamiken, die von den Gegenwelten ausgehen, werde ich nach-folgend genauer untersuchen (vgl. Maier-Höfer 2016d). Sie funktionie-ren in der Anordnung meiner Fragestellung wie eine Brücke zwischen den De-Kolonialisierungsprojekten und helfen mir, diese zu analysieren. Zum ande-ren stellen sie eine Brücke zwischen der Manifestation der De-Kolonialisierungs-bewegung und der Ökosophie von Félix Guattari dar. Diese Bezugspunkte benötige ich, um in den Diskurs der Angewandten Kindheitswissenschaften die Dimension von Bildung als ontologische Teilhabe einbringen zu können.

So wird mein Versuch, das Land der Heterotopien zu finden, mich an den Punkt führen, die Frage, wie man Kindheiten repräsentieren kann und wie sich Mädchen und Jungen selbst in den Forschungen repräsentieren können, dorthin zu verschieben, wo sie im Alltag Räume, Zeiten und ihre Körper immer wieder neu anordnen und sich eine politische Agency ereignet, die weder naturalistisch ist noch machtorientiert. Die Vielfalt der Formen, zu sein, zusammen zu sein und sich mit der Welt zu verbinden und für die es keine fertigen Verstehens- und Erklärungsmuster der Kindheitspädagog*innen und Forscher*innen gibt, laden zu einer Kartografie (vgl. Deleuze und Guattari 1992; Deligny 2008) der Ereig-nisse ein, die neue Strukturen entstehen lässt. In Bezug zu diesen Dynamiken, die z. B. von den Mitarbeiter*innen von Reggio oder den Mitarbeiter*innen von Projekten in Schweden (Lind 2005; Lenz-Taguchi 2010; Olsson 2009, 2012, 2013; Maier-Höfer 2015c, 2016c, 2017b) dokumentiert wurden, möchte ich die Bildungsstrategien, die gegenwärtig national und international thematisiert wer-den, hinterfragen.

Darlegung der Konzepte

Félix Guattari hat für das Zusammenfügen dieser Dimensionen des Mentalen, Sozialen und Environmentalen das Konzept der „Ökosophie“ geprägt (Guattari 20122). Wenn man diese Arbeit in akademische Bewegungen einordnet, müsste man sie postpoststrukturalistisch und postholistisch nennen. Guattari bezieht sich auf die Arbeiten von Gregory Bateson (1983, 19924; Bateson und Bate-son 1993), Ilya Prigogine und Isabelle Stengers (1997, 1999) wie auch auf die Arbeiten von Humberto Maturana und Francisco Varela (1984) und, von der Psychoanalyse ausgehend, auf die strukturalistische Psychoanalyse und den poststrukturalistischen Ansatz – wobei er jeweils darüber hinausgegangen ist, um eine Dimension der Subjektivierung zu erreichen, die die politisch-mar-xistischen Konzepte durchschreitend eine ethisch-ästhetische Dimension der

Re-Singularisierung als Bezugspunkt einer aktiven Subjektivierung in komple-xen, transversalen Strukturen (siehe unten) beschreibt.

Er überwindet die Subjekt-Struktur-Dichotomie und entsprechende diszi-plinäre Grenzziehungen und Identitätsbezüge von Wissenschaftler*innen und verbindet das, was ich hier als politische Agency im Sinne eines Reflexionshinter-grundes der Teilhabe von Mädchen und Jungen an der Vielfalt und als Vielfalt erarbeiten möchte, mit ökonomischen, architektonischen, biopolitischen, päd-agogischen, politischen Diskursen und Praktiken. Die Einordnung eines Men-schen in diese Komplexität geht nicht einseitig von dem Positioniert-Werden und der Stellung in diesem System aus, sondern die Menschen bewegen sich in der Zeit immer anders zu den bereits bestehenden Zielen des Systems im System, sodass sie neue Bezugspunkte gestalten, um sich zu erkennen und die Welt, in der sie mit anderen Menschen, Aspekten von Raum und Zeit, wie Lebensorten, Organisationsprogrammen, der Vegetation, Sitten und Gebräuchen etc. verbunden sind.

Anders als zum bestehenden System kongruent zu bleiben, transformiert sich das ökosophische Geschehen durch die Re-Singularisierung der Menschen als Subjekte. Zum einen sind die Menschen in ihrer Art und Weise, sich und die Welt zu verstehen, mit dem System der Dichotomie bzw. Dichotomisierung von Entitäten verbunden, das durch die Denkweise, die die Aufklärung hervor-brachte, gesetzt ist. Menschen können in Bezug auf dieses System mit den Kate-gorisierungen und Gegenüberstellungen Bereiche des Lebens erfassen und darin handeln und planen. Dabei sind sie auf eine bestimmte Vorstellung von bedeut-samer Realität eingeschränkt, um sie mit dem Bewusstsein zu erschließen. Neue Formen können sie aus diesem Bereich heraus nicht erarbeiten. Dieses Bewusst-sein, das sich an voneinander losgelösten „Objekten“ (Entität und Identität) abarbeitet und komplexe Zusammenhänge nur schwer erfassen und noch weniger aufgrund des Fehlens von Konzepten formulieren kann, zumindest nicht im All-tag, wird von den kosmologischen Wissenschaften und der neueren Physik reprä-sentiert, die von Roger Penrose und Stephen Hawkins populär gemacht wurden.

Diese Dimension erscheint im Alltag und für das Ordnen des Alltags der Men-schen jedoch unerreichbar zu sein. Die „Komplexifizierung“ und „Chaosmoti-sierung“ der Dynamiken im Leben von Menschen, zwischen Menschen und in Bezug zu dem, was als Natur oder besser Lebendigkeit bezeichnet werden kann, sind jedoch notwendig, so meint Guattari (2014), weil sich ansonsten für die anstehenden Herausforderungen, die mit dem Leben aller Menschen auf dem Pla-neten zusammenhängen, keine Antworten ergeben können. Das Wissensspektrum der Moderne reicht nicht einmal aus, um entsprechende Fragen aufzuwerfen.

In Bezug zu diesen komplexen Systemen ist das Denken der Moderne unter-komplex, weil sie mit dem Ausschluss von Wissensspektren funktioniert, die nicht dem wissenschaftlichen Zweifel standhalten. Dazu gehört insbesondere das Wissen der indigenen Völker.

Die De-Kolonialität an dieser Stelle des Hinterfragens von Wissensspektren zu positionieren, stellt nicht nur eine Möglichkeit dar, mehr Wissen zur Ver-fügung zu haben, sondern vor allem, und darauf möchte ich abzielen, die Vielfalt von Wissensspektren ins Bewusstsein zu rufen. Wobei es eben nicht darum geht, die Vielfalt hegemonial zu verwalten, sie wieder und wieder in das verstehende Raster der Moderne einzuordnen und sie im Kontext der für die Moderne selbst-verständlichen Werteuniversen einzuordnen. Die Bedeutung der Vielfalt und die Nicht-Vereinbarkeit und Nicht-Repräsentierbarkeit dieser Wissensspektren, die Unmöglichkeit der Aneignung, wenn nicht um den Preis des Verlust des ori-ginären Inhalts, implizieren eine Konzeptionierung von Alterität, die nicht aus-schließend ist bzw. ausgeschlossen wird, und eine Form der Singularisierung von Existenz, die, nicht universalisierend und in einer Kollektivierung und Identitäts-bildung steckenbleibend, als Ritornelle Dynamiken einer aisthetisch-ästhetischen Ordnung herstellt, die nicht den Verstand anspricht, um ihn zu erweitern, sondern die Ordnungsrahmen, um sie umzugestalten.

Mit der Postulierung einer Vielfalt von Ontologien, Epistemologien und Kosmologien und einer Teilhabe der Generation der Kinder an der Trans-formation der Referenzuniversen ist kein Heilsversprechen verbunden und auch keine Lösung für drängende soziale, ökologische, ökonomische oder politische Probleme der Gegenwart. Vielmehr geht es um eine Loslösung, die De-Kolonialisierungsbewegung nennt diesen Vorgang „de-linking“, von der Vor-herrschaft von Wissen und Wahrheit und den entsprechenden Implikationen der westlichen Moderne. In meinen Referenzen zur De-Kolonialisierungsbewegung bewege ich mich auf einem Drahtseil. Es wird schwierig sein, sich die Dynami-ken und ihre Repräsentation nicht einfach anzueignen und zu behaupten, dass die De-Kolonialisierung auch in den Kindergärten und Klassenzimmern stattfinden soll, sondern vielmehr den existenziellen Subjektivierungen zu folgen, die in den Projekten stattfinden, und von dort aus die Zusammenhänge der sozialen, menta-len und environmentamenta-len Dynamiken zu erkennen, die eine singuläre Verbindung zur Lebendigkeit und zur Existenz herstellen, und das, ohne „esoterisch“ zu wir-ken. Ich denke, dass mir die Bezüge, die ich aufnehme, helfen werden, nicht in der Weise verstanden zu werden, sondern eine Lücke in den Diskussionen, den Epistemologien der Disziplinen und den Handlungspraktiken zu bezeichnen, die sich dort auftut, wo sich Menschen ihr Sein und ihr Handeln nicht nur über Struk-turen oder Sozialisation erklären lassen.

Erkennbar wird werden, dass „Nachhaltigkeit“ als Programm, das im Moment an vielen Orten und auf unterschiedlichen Ebenen ein Referenzuniversum bil-det, keinen fundamentalen Sinn ergibt, wenn es nicht den Kontext der Logik der Moderne und ihrer gesellschaftlichen, politischen, ökologischen, ökonomischen, architektonischen, biopolitischen, bildungspolitischen etc. Dynamiken trans-formierend diskutiert und entsprechend nicht auf hegemoniale Weise. „Nach-haltigkeit“ und ein erweitertes Wissen über die Ordnung der Lebensprozesse auf dem Planeten, auch in anderen Wissensspektren, die bislang abgewertet oder ignoriert wurden, stellen die Gefüge der Gesellschaften und die Sicherung des Lebens in einen anderen Kontext. Es geht nicht nur um die Sicherung der Zukunft der westlichen Lebensweise. Jedoch entstehen diese Transformationen zunächst aus diesen Prozessen des Lebendigen und der Singularität der Projekte, denen zu folgen dann ermöglicht, Gesetze und Strukturen zu erarbeiten. Diesen Weg zu beschreiten, setzt Strukturen und Subjektivierungsgefüge außer Kraft. Die Dyna-miken kommen von anderswo.

Darstellung der Fragestellung der Diskussion

Die Unvereinbarkeit mit den ontologischen Setzungen, Epistemologien und Welterklärungen mit den dominierenden Formen von Wissen – thema-tisch, handlungspraktisch orientierend und erklärend – der Gesellschaften der nord-westlichen Bereiche der Erdkugel wird zu einem wesentlichen Bezugspunkt der De-Kolonialisierungspraktiken, wie ich darstellen möchte, und wirft viele mit den gegenwärtig verfügbaren Denk- und Handwerkszeugen nicht zu lösende Fra-gen an das Miteinander der Gesellschaften wie auch an das Miteinander auf dem Planeten und einer gemeinsamen Zukunft auf.

Nebenbei ergibt sich die Frage, wie die Bildung von Kindern mit ihnen so gestaltet werden kann, dass sie diese Fragen und die gemeinsame Zukunft für ihre Lebensweisen und Lebenswünsche öffnen können.

Anhand der Analyse dreier Projekte möchte ich diese Öffnung auf eine gemeinsame Zukunft der Menschen erfassen, ohne sie nur für eine Gruppe der Menschen zu sichern. Es handelt sich zum einen um ein Projekt, das den Siedler*innen-Kolonialismus in Nordamerika im Kontext der unumgäng-lichen Rückgabe von Land an die ursprüngunumgäng-lichen Bewohnerinnen und der sog.

Land-Education heterotopisch als Bildungskonzept für die Generation der Kin-der erkennbar macht. Hier wird auch deutlich, dass Kin-der Kolonialisierungsbegriff sehr spezifisch zu verwenden ist. In einem zweiten Projekt re-konstruieren zwei KünstlerinnenWissenschaftlerinnen auf ästhetisch forschende Weise die besondere

Verbundenheit der Existenzweise derselben ursprünglichen Bewohner*innen Nordamerikas mit dem Land, der Vegetation und besonderen Wissens- und Hand-lungsspektren, die zeitlich heterochron in einem Parkgebiet in Toronto eingelagert sind. Im dritten Projekt, das ich vorstellen werde, erarbeiten Wissenschaftler*innen Zugänge zu einem eigenen Wissen und einer Reflexion ihres Erlebens in einer sozialistischen und postsozialistischen Gesellschaft. Die „Kolonialisierung“ ihrer Erfahrungen durch westlich geprägte Kategorien von Wissen und Subjektivi-tät und deren Projektion auf eine sozialistische Kindheit, die besprochen werden

Verbundenheit der Existenzweise derselben ursprünglichen Bewohner*innen Nordamerikas mit dem Land, der Vegetation und besonderen Wissens- und Hand-lungsspektren, die zeitlich heterochron in einem Parkgebiet in Toronto eingelagert sind. Im dritten Projekt, das ich vorstellen werde, erarbeiten Wissenschaftler*innen Zugänge zu einem eigenen Wissen und einer Reflexion ihres Erlebens in einer sozialistischen und postsozialistischen Gesellschaft. Die „Kolonialisierung“ ihrer Erfahrungen durch westlich geprägte Kategorien von Wissen und Subjektivi-tät und deren Projektion auf eine sozialistische Kindheit, die besprochen werden