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Einfluss der Transfektion

Im Dokument Das Tiermodell des Morbus Parkinson (Seite 82-0)

4.2 Verhaltensstudien

5.1.1 Einfluss der Transfektion

Die Nukleofektion stellt eine relativ neue Methode der Transfektion dar, die auf der Elektroporation basiert und bei der mithilfe von Spannung und spezieller Nukleofektor-Lösung die genetische Information in den Kern der Zielzelle eingeschleust wird (GRESCH, 2004). Diese Methode wurde bereits erfolgreich für zum Beispiel Zellen der hämatopoetischen Reihe (TROMPETER et al., 2003; Differenzierung in alle möglichen Zelltypen in vitro erhalten bleibt. Dies lässt sich in den hier durchgeführten Versuchen in vivo prinzipiell bestätigen, denn es können alle zu erwartenden Zelltypen in den Transplantaten nachgewiesen werden und die Differenzierung zu TH-positiven Neuronen ist möglich. Dennoch stellt sich die Frage, ob und inwiefern die Transfektion auf die Mengen und die Verhältnisse der einzelnen Zelltypen in vivo einen Einfluss hat.

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Die Zellzusammensetzung in den Transplantaten mit naiv und transfiziert transplantierten Zellen unterscheidet sich bezüglich der GFAP-positiven Zellen kaum.

Die Transfektion und die damit verbunden Behandlungsschritte scheinen die Astrozytenreaktivität in den Implantaten nicht zu verändern (s. u.).

Bezüglich der Verteilung von Progenitorzellen in und um die Transplantate zeigen sich beim Vergleich der transfiziert und nicht transfiziert transplantierten Zellen allerdings Unterschiede. In den Transplantaten mit naiven transplantierten Zellen sind insgesamt deutlich weniger Nestin-immunreaktive Zellen zu finden, und zum ersten Kontrollzeitpunkt nach einer Woche sind Nestin-positive Zellen innerhalb der Transplantate zu sehen. Dahingegen sind bei den transfizierten transplantierten Zellen in den Transplantaten nach einer Woche so gut wie keine Nestin-positiven Zellen zu finden, lediglich außen herum. Da der Nachweis des flag-tags in vivo nicht gelungen ist, kann nicht differenziert werden, welche der Nestin-positiven Zellen aus dem Transplantat stammen und welche vom Empfänger. Da reaktive Astrozyten ebenfalls Nestin-immunreaktiv sind (CLARKE et al., 1994), ist es möglich, dass einige der angefärbten Zellen also reaktive Astrozyten des Empfängers sind und keine Vorläuferzellen aus dem Transplantat, und auch die genauere Interpretation der Wirkung des vermehrt exprimierten FGF-2 bleibt spekulativ. Um die genauen Verhältnisse der Zellen zueinander und ihre Zugehörigkeit abschließend zu bewerten und somit auch den Einfluß des FGF-2 genauer abschätzen zu können, sind Folgeversuche abzuwarten, in denen die Identifizierung der Spenderzellen in vivo gelingt.

Auch die Morphologie und Verteilung der Neurone sowie die Intensität ihrer Immunreaktivität für Tubulin ist in den verschiedenen Gruppen unterschiedlich: Die Zellen mit der gleichmäßigsten Erscheinung sind in den untransfizierten transplantierten Gruppen zu sehen, wohingegen die Neurone in den Transplantaten der transfizierten transplantierten Zellen vor allem nach einer Woche deutlich weniger gleichmäßig rundlich und groß sind. Somit scheint die Transfektion zumindest in der ersten Woche nach der Transplantation einen negativen Einfluss – sei es auf das Überleben oder auf die Ausdifferenzierung von Neuronen - zu haben.

Nach zwei Wochen allerdings ist das Erscheinungsbild der Neuronen für naiv und mit

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flag23kDa transfiziert transplantierte Zellen sehr ähnlich. Auf den möglichen Einfluss von FGF-2 wird im Folgenden noch eingegangen.

Die intracerebrale Transplantation von Zellen, die mit der Nukleofektion genetisch modifiziert wurden, ist noch nicht oft durchgeführt worden. GEOFFRY et al konnten nach der Transplantation proliferierter und differenzierter neuronaler Progenitorzellen in vivo keine Neurone nachweisen (GEOFFRY et al., 2007). Dieterlen et al haben humane neuronale Progenitorzellen in das intakte Rattenstriatum transplantiert, haben allerdings keine Immunhistochemie für TH durchgeführt. Der Nachweis von Ionen-Kanälen in den eGFP-positiven Zellen ist aber ein Hinweis auf deren Überleben und neuronale Differenzierung (DIETERLEN et al., 2009).

Das in diesem Versuch durchgeführte in vitro Protokoll orientiert sich an den Ergebnissen von TIMMER et al., 2006. Dort wurden mit einem Proliferationszeitraum von sechs Tagen und einer Differenzierungszeit von vier Tagen für E12 Zellen die besten Ergebnisse für das Überleben der dopaminergen Zellen in vivo und bezüglich der funktionellen Verbesserung erzielt. Mit diesem Vorgehen konnten die Zellen eines ventralen Mesencephalon eines Rattenembryos um das 40fache vermehrt werden und die Kulturen enthielten 30% TH-positive Neurone, was 70% der Neurone in Kultur darstellte. Als Zeitpunkt für die Transfektion wurde hier die Mitte der Proliferationszeit festgelegt, und die Zeit in vitro nach der Transfektion wurde um einen Tag Wiederanheftung ergänzt. Der Zeitraum für die Differenzierung wurde auch deshalb gewählt, weil die Reifung der dopaminergen Zellen noch nicht so weit fortgeschritten ist, dass bei der Verarbeitung der Zellen große Schäden an Fortsätzen entstehen würden (TIMMER et al., 2006).

Als weitere Grundlage dienten die Versuche von CESNULEVICIUS, der den prinzipiellen Beweis erbracht hat, dass mit Nucleofektion transfizierte Progenitorzellen eine Transplantation überleben und TH ausprägen können (CESNULEVICIUS et al., 2006). Jedoch waren die Zellen, die in diesem Fall transplantiert wurden nicht differenziert und es wurde ein anderes Konstrukt verwendet, peGFP-N2.

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75 5.1.2 Einfluss von FGF-2

Die vorliegende Arbeit zeigt, dass die mit der Transfektion und der damit verbundenen Überexpression von FGF-2 erbrachten Ergebnisse hinsichtlich des Überlebens und der Integration von Neuronen jedoch trotz des oben erklärten in vitro Protokolls keine Verbesserung gegenüber den Ergebnissen mit naiven transplantierten Zellen erbringen können, da das in vitro Intervall mit der Transfektion einen zu negativen Einfluss auf das Überleben der Zellen hat.

Dennoch ist im Vergleich der mit FGF-2 transfizierten und der mit Kontrollvektor transfizierten Zellen ein Unterschied auszumachen, der auf den Einfluss von FGF-2 zurückzuführen sein kann. Da die Rezeptoren für FGF-2 auch im 6-OHDA Modell ausgeprägt werden (CLAUS et al., 2004), kann es seine Wirkung entfalten.

Das betrifft zum einen die (nicht weiter spezifizierten) Neuronen in den Transplantaten. Die Tubulin-immunreaktiven Zellen erscheinen in den Transplantaten der flag23kDa Gruppe regelmäßiger als in der flagempty Gruppe, ihre Morphologie gleicht mehr der der umgebenden Zellen. Auch sind hier vor allem zum ersten Kontrollzeitpunkt nach einer Woche deutlich mehr Tubulin-positive Zellen zu sehen als in der flagempty Gruppe. Nach 2 Wochen stellen sich die Tubulin-immunreaktiven Zellen in der Gruppe der flag23kDa ähnlich denen der naiv transplantierten Gruppe dar: Die negativen Effekte, die die Transfektion und die damit verbundenen Arbeitsschritte auf die Entwicklung der Neurone haben, scheint also durch die Wirkung des FGF-2 relativiert zu werden.

Zum anderen ist die Anzahl (soweit hier zu beurteilen) und die Morphologie der TH-positiven Zellen in den beiden Gruppen mit transfizierten Zellen unterschiedlich. In der flag23kDa Gruppe sind mehr TH-positive Zellen zu sehen als in der flag empty Gruppe, und auch das Erscheinungsbild der Zellen ist gleichmäßiger, es unterscheidet sich weniger von der üblichen Morphologie TH-positiver Zellen. Auch in dieser Hinsicht scheint also die Überexprimierung des Wachstumsfaktors seinen positiven Einfluss zu bestätigen.

Diese Ergebnisse ergänzen die einer vorangehenden Studie, wo das FGF-2 über co-transplantierte Schwann-Zellen supplementiert wurde und der Nachweis erbracht wurde, dass HMW-FGF-2 einen signifikant positiven Einfluss auf das Überleben

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dopaminerger Zellen, die Reinnervation und auch auf die funktionelle Regeneration nach intrastriataler Transplantation mesencephaler dopaminerger Neurone hat (TIMMER et al. 2004). Bereits vorher wurden die positiven Effekte von FGF-2 für die Zellkultur gezeigt, auch hier konnten u.a. die Neuritenbildung verbessert werden (GROTHE et al., 2000).

Aufgrund der angesprochenen vorangehenden Studien erschien es plausibel, den Ansatz der Co-Transplantation weiterzuentwickeln, um die positiven Wirkungen von FGF-2 noch effektiver nutzen zu können. Eine Co-Transplantation hat die Nachteile, dass aufgrund zweier Kulturen mehr Arbeitsschritte entstehen, und die zweite Zellart einen weiteren sowohl mechanischen als auch immunogenen Reiz setzt. Außerdem lässt sich aus oben genannten Versuchen schlussfolgern, dass enge Zell-Zell Kontakte nötig sind, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen (TIMMER et al., 2004). Also kann angenommen werden, dass die selbständige Produktion des Wachstumsfaktors durch die Spenderzellen von Vorteil ist, da in diesem Fall keine räumliche und zeitliche Trennung der transplantierten Zellen und des Wachstumsfaktors anfällt. Es hat sich jedoch gezeigt, dass bei dem hier angewandten Protokoll die negativen Einflüsse, die die Bearbeitung der Zellen für eine Transfektion hat, die positiven Effekte von FGF-2 überwiegen.

In einer vergleichbaren Studie von O´SULLIVAN et al. (O´SULLIVAN et al., 2010) wurden andere Beobachtungen gemacht. Auch hier konnten zwar nicht signifikant mehr TH-positive Neurone in intrastriatalen Transplantaten nachgewiesen werden, die aus (in diesem Fall mit GDF5 – Growth/Differentiation Factor 5) transfiziert transplantierten Zellen bestanden als bei solchen mit frischen E14 Zellen. Allerdings war die Anzahl TH-positiver Zellen auch bei Sham-transfiziert transplantierten Zellen nicht signifikant anders. Hier hat also die Transfektion zwar keinen negativen Einfluss auf das Geschehen, die Expression des Wachstumsfaktors allerdings auch keinen positiven. Da in dieser Studie lediglich eine in vitro Phase von je einem Tag vor und nach der Transfektion eingeplant wurde, ist zu bedenken, ob das von uns angesetzte in vitro Intervall vielleicht zu lang ist. Da aber zumindest ohne Transfektion dieses in vitro-Intervall in vorangegangenen Studien (TIMMER et al, 2006) für die von uns untersuchten Zellen als sinnvoll erarbeitet wurde und die Studie von O´Sullivan sich

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noch in vielen anderen methodischen Punkten, zum Beispiel auch in der Transfektionsmethode, unterscheidet, ist ein direkter Vergleich nicht möglich.

5.1.3 Astrozytäre Reaktion

Anhand des Markers GFAP kann eine deutliche astrogliale Reaktion im Bereich der Transplantate erkannt werden: GFAP ist ein Marker für Zellen der astroglialen Reihe, es gehört zur Zytoskelett-Protein-Familie und soll mitverantwortlich sein für die Modulierung der Astrozytenbeweglichkeit und deren Form (ENG et al, 2000). Die vermehrte Infiltration von Astrozyten in ein Gewebe ist ein zuverlässiger Marker für ein Trauma und andere stressauslösende Situationen. Als Reaktion auf ein Trauma werden Astrozyten, die als ubiquitäre Glia alle zellulären Komponenten des ZNS umgeben, reaktiv, eine verstärkte Synthese des intermediären Filaments GFAP führt zu einer verstärkten Anfärbbarkeit der Zellen und sie werden hypertroph und hyperplastisch (ENG et al., 2000). Diese Phänomene können um sämtliche Transplantate herum beobachtet werden.

Es wurde beschrieben, dass die demarkierende Funktion der Astrozyten einen negativen Einfluss auf die Regeneration neuronaler Axone hat (SOFRONIEW, 2005), und dass das Maß der glialen Reaktion mit der Anzahl der überlebenden Zellen im Transplantat korreliert (BARTLETT et al., 2004). Jedoch haben BRANDIS et al 1998 gezeigt, dass für dieses Modell und die von uns angewandte Transplantationstechnik der Microtransplantation keine Immunsuppresion nötig ist, da die entstehende immunologische Reaktion eine untergeordnete Rolle für das Überleben der Zellen in den Transplantaten spielt.

Wie schon erwähnt, kommt es in allen experimentellen Gruppen zu einer Astrozytose im Bereich der Transplantate, die je nach einer Woche stärker ist als nach zwei Wochen und sich in ihrer Ausprägung kaum unterscheidet. Die für uns entscheidende Frage, ob der veränderte in vitro Intervall mit der Transfektion eine Verstärkung der astrozytären Reaktion hervorruft kann also mit nein beantwortet werden. Das flag-tag hat eine sehr geringe Größe und weist eine sehr geringe Immunogenität auf (TERPE, 2003).

Interessant ist dies vor dem Hintergrund, dass FGF-2, welches in der flag23kDa

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Gruppe überexprimiert sein sollte, offenbar keinen Einfluss auf die gliale Rektion nimmt. Dies steht im Gegensatz zu anderen Veröffentlichungen, die zeigen, dass FGF-2 eine verstärkende Wirkung auf die GFAP-Immunreaktivität im ZNS bzw. in intrastriatalen Transplantaten hat (ZENG et al., 1996; GODDARD, 2002).

5.1.4 Nachweisbarkeit des flag-tags – Immunhistochemie

Flag ist ein Fusions-Tag, also eine Kennzeichnung für ein Protein, um es nachweisen zu können. Es besteht aus 8 Aminosäuren (AS) und wurde ursprünglich für die Immunaffinitätschomatographie entwickelt, um Proteine aufzureinigen (EINHAUER, 2001; TERPE, 2003). Es ist sehr klein und gilt daher als sehr wenig immunogen und soll die Tertiärstruktur und die biologische Aktivität der angehängten Proteine sehr wenig beeinflussen (EINHAUER, 2001; TERPE, 2003). Es wurden verschiedene monoklonale Antikörper gegen das Protein entwickelt, so M1, M2 und M5. In diesem Versuch wurde 3xflag verwendet, eine Weiterentwicklung des normalen flag-tags: es besteht aus 22 AS und zeichnet sich durch bessere Nachweisbarkeit aus (ZHANG, 2001; TERPE, 2003). Als Antiköper wurde M2 verwendet, er ist für übliche immunologische Methoden geeignet.

Über die Anwendung des flag-tags in vivo ist bisher relativ wenig Information vorhanden (TERPE, 2003, LOBBESTAEL, 2010). SHEVTSOVA et al. haben verschiedene gebräuchliche tags in verschiedenen Gehirnregionen immunhistochemisch nachgewiesen und für das flag-tag in Kombination mit dem M2 Antikörper eine relativ starke Hintergrundfärbung festgestellt, die sich im Verhältnis zum Hauptsignal auch durch Verdünnen des Antikörpers nicht verbessern ließ (SHEVTSOVA et al., 2006). Erst kürzlich haben LOBBESTAEL et al. eine Studie veröffentlicht, in der sie einige kommerziell erhältliche und gebräuchliche tags im Gehirn immunhistochemisch nachgewiesen haben und ihre Sensitivität und Spezifität verglichen haben. Es zeigte sich, dass fast alle untersuchten Antigen-Antikörper-Kombinationen einschließlich derer für das flag und 3xflag für die Anwendung an Gehirnschnitten gut geeignet sind (LOBBESTAEL, 2010). Es wurde aber auch zu bedenken gegeben, dass – vor allem da es eine unendliche Anzahl an Möglichkeiten der tag-Antikörper-Kombinationen gibt – die richtige Kombination für jedes tag und

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jede Anwendung eine andere sein kann. Die in jenem Experiment angewandte Methodik unterscheidet sich in einigen Punkten von dem hier angewandten System, beispielsweise enthalten unsere Puffer immer zu einem gewissen Prozentsatz BSA, bei LOBBESTAEL et al. wird ausschließlich NSG verwendet. Auch die Antikörperkonzentration ist bei uns zehn mal höher (1:500 – 1:5000). Bereits diese Punkte könnten für das Nicht-Gelingen der Färbung verantwortlich zeichnen, immer gesetzt den Fall, das tag wird in vivo überhaupt exprimiert. SHEVTSOVA et al.

verwenden in ihren Puffern ebenfalls NGS, daher sollte die Anwendung dieses Serums im Blocking Puffer zukünftig geprüft werden. Auch die Cryoprotektion des Materials erfolgt bei SHEVTSOVA anders: lediglich 30% Glukose kommen zum Einsatz, im Gegensatz zur hiesigen Anwendung von Glukose und Anti-Freeze Medium. Das darin enthaltene Glycerin und Ethylenglykol könnte eine negative Wirkung auf die Anfärbbarkeit des flag-tags haben.

Auch bezüglich der Divergenzen in den Ausprägungen der Tubulin und TH-Färbungen ist die Methodik kritisch zu hinterleuchten. Insbesondere Fixations- und Verarbeitungsschritte, denen das zu untersuchende Material unterzogen wird, haben Einfluss auf die immunhistochemische Anfärbbarkeit (FRITSHY; 2008), so z.B. Art des Fixationsmittels, Fixationsprozess, Postfixierung, Frostschutz, Einfrieren von Schnitten, Schneiden des Materials u.v.m.. Hier sind vor allem individuelle Variablen zu hinterfragen, wie zum Beispiel der für Fehler sehr anfällige Fixationsprozess: Bei einer vaskulären Perfusion beeinflusst der physiologische Zustand des Versuchstiers den vaskulären Durchfluss und damit die Geschwindigkeit und Stärke der Fixierung, was wiederum die Stärke und Spezifität der Färbung beeinflusst (FRITSCHY, 2008).

So ist bei zukünftigen Versuchen also darauf zu achten, neben allen möglichen Variablen im Prozess vor allem die physiologischen Variablen des Einzeltiers so gut als möglich zu minimieren.

5.1.5 Ausblick

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das hier durchgeführte in vitro-Intervall mit der Transfektion ungeeignet ist. In Zukunft müssen weitere Kombinationen von Proliferations- und Differenzierungsphasen auf ihre Eignung

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untersucht werde. Zur Verbesserung der Widerstandsfähigkeit der Zellen wäre zum Beispiel eine weitere Supplementierung mit Wachstumsfaktoren in vitro denkbar:

eine Kombination aus FGF-2, FGF-8 und Shh (Sonic-hedgehog-factor) hat beispielsweise zu einer verbesserten TH-Expression bei mit Lipofektion transfizierten Progenitorzellen in vitro geführt (PARISH et al., 2008). Auch in vivo konnten TH-positive Zellen nachgewiesen werden. Die Menge an zugesetztem FGF-2 braucht allerdings nicht erhöht zu werden, auch 40 oder 80ng/ml bringen keinen Vorteil gegenüber 20ng/ml (JENSEN et al., 2007). Auch eine Veränderung des Sauerstoffgehalts in der Zellkultur (STUDER et al., 2000; JENSEN et al., 2011) könnte als weitere Möglichkeit in Betracht gezogen werden.

Bereits TIMMER et al. haben festgestellt, dass das Ablösen der Zellen einen sehr kritischen Teil der in vitro Phase darstellt und versucht werden muss, den dadurch entstehenden Schaden geringer zu halten. (TIMMER et al., 2006).

Basierend auf den in der vorliegenden Arbeit erzielten Erkenntnissen wurde am Institut für Neuroanatomie das in vitro Protokoll weiterentwickelt, was zu sehr guten in vivo Befunden nach Transplantation führte (RATZKA et al., 2011).

Desweiteren muss die Darstellbarkeit der transplantierten Zellen in vivo erreicht werden, um den Ursprung und damit die Bedeutung der vorhandenen Zelltypen besser bewerten zu können. Als Alternative zu flag könnte beispielsweise GFP (grünes fluoreszierendes Protein) gewählt werden, welches auch bei CESNULEVICIUS et al zum Einsatz kam.

In der auf dieser Arbeit basierenden Folgestudie konnten die transplantierten Zellen auf Grund ihres fluoreszierenden Transkripts sehr effizient dargestellt werden (RATZKA et al., 2011).

5.2 Verhaltensstudien

Der zweite Fragestellung, die mit dieser Arbeit verfolgt werden sollte, ist die Evaluierung des 6-OHDA Modells hinsichtlich explorativen und Angst-assoziierten Verhaltens: Da neben motorischen auch nicht-motorische Symptome in den Komplex des M. Parkinson fallen, wollten wir darstellen, ob das hier angewandte Modell

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diesbezüglich Informationen bietet und wie diese im Zusammenhang mit regenerativen Therapieansätzen von Nutzen sein können.

Dafür wurden naive, Sham-lädierte und 6-OHDA-lädierte Tiere im Offenfeld und im Elevated Plus-Maze beobachtet und ihr exploratives und Angst-assoziiertes Verhalten untersucht.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Läsion mit 6-OHDA sowohl das explorative als auch das Angst-assoziierte Verhalten beeinflusst und zwar dahingehend, dass das explorative vermindert und das Angst-assoziierte Verhalten aber vermehrt gezeigt wird.

Im OF wird das explorative Verhalten sowie das Angst-assoziierte Verhalten der Versuchstiere, in unserem Fall Ratten, untersucht:

Der alleinige Aufenthalt in der Versuchsanordnung sowie die Agarophobie der Ratte (natürliche Angst vor offenen Arealen) triggern Angst-assoziiertes Verhalten per se (PRUT und BELZUNG, 2003) und es sollte hier untersucht werden, ob die Läsion mit 6-OHDA anxiolytische oder anxiogene Effekte hat.

Zum einen legten die lädierten Tiere eine kürzere Wegstrecke zurück als die naiven und die Sham-lädierten Tiere – die horizontale Aktivität ist also reduziert. Zudem ist das vertikale Verhalten – also das Aufrichtungsverhalten – im Vergleich zu den naiven Tieren im inneren sowie im äußeren Bereich reduziert. Die gesamte Aufenthaltsdauer in den einzelnen Zonen ist jedoch in den verschiedenen Gruppen nicht signifikant unterschiedlich. Hieraus lässt sich ableiten, dass das explorative Verhalten der lädierten Ratten reduziert ist, möglicherweise aufgrund von erhöhter Angst oder aber aufgrund von Apathie.

Im EPM wird vor allem das Angst-assoziierte Verhalten der Ratten untersucht.

Normalerweise meiden Ratten die offenen Arme des EPM: der offene Raum und die nicht vorhandene Möglichkeit zur Thigmotaxis (Orientierung aufgrund von Tastreizen an den Wänden) auf den offenen Armen sind die anxiogenen Stimuli und anxiolytische Medikation führt zu einer längeren Aufenthaltsdauer der Tiere auf den offenen Armen (TREIT et al., 1993). Die Frequenz der Eintritte in die offenen Arme sowie die gesamte dort verbrachte Zeit gilt als Maß für Angst, während die totale Anzahl der Eintritte in die verschiedenen Zonen eher ein Maß für die Aktivität der

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Tiere darstellt. In unseren Experimenten konnte eine Steigerung der Angst vor den offenen Armen bei den lädierten Tieren beobachtet werden, und zwar vor allem anhand der signifikant selteneren und kürzeren Aufenthalte dieser Tiere in den offenen Armen im Vergleich mit den anderen Gruppen. Komfortverhalten – also Putzen – wurde von den lädierten Tieren in den geschlossenen Armen öfter gezeigt, Aufrichtungsverhalten im Zentrum des EPM dagegen seltener. Auch die sogenannten Head-Dips als Zeichen für geringeres Angst-Niveau wurden von den lädierten Tieren signifikant seltener gezeigt. Insgesamt zeigten die lädierten Tiere also auch im EPM ein deutlicheres Angst-assoziiertes Verhalten als nicht oder Sham-lädierte Tiere.

Bei an M. Parkinson erkrankten Menschen ist das Auftreten nicht-motorischer Symptome immer vor dem Einsetzen motorischer Defizite zu beobachten. Die Prodromalphase wird mit bis zu 7 Jahren angenommen, in denen sich bereits Symptome wie Apathie, Depressionen, Angstzustände und Schlafstörungen zeigen können (WOLTERS, 2008, RODRIGUEZ-OROZ et al., 2009). Dies kann auch histopathologisch dargestellt werden durch das Auftreten von Lewy-Körperchen in

Bei an M. Parkinson erkrankten Menschen ist das Auftreten nicht-motorischer Symptome immer vor dem Einsetzen motorischer Defizite zu beobachten. Die Prodromalphase wird mit bis zu 7 Jahren angenommen, in denen sich bereits Symptome wie Apathie, Depressionen, Angstzustände und Schlafstörungen zeigen können (WOLTERS, 2008, RODRIGUEZ-OROZ et al., 2009). Dies kann auch histopathologisch dargestellt werden durch das Auftreten von Lewy-Körperchen in

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