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Die Pathophysiologie des Regelkreises der Basalganglien bei Morbus Parkinson

Im Dokument Das Tiermodell des Morbus Parkinson (Seite 19-0)

2.1 Die Parkinsonsche Erkrankung

2.1.2 Ätiologie und Pathophysiologie

2.1.2.2 Die Pathophysiologie des Regelkreises der Basalganglien bei Morbus Parkinson

Im Falle des M. Parkinson kommt es zu Degeneration der dopaminergen Neurone der Sn Pc. Der Untergang der Zellen tritt zunächst unilateral auf, greift aber im Laufe der Erkrankung auch auf die zweite Seite über. Dennoch bleibt eine Körperseite bei Parkinson Patienten immer stärker betroffen als die andere.

Die Degeneration der Neurone führt zu einem Dopaminmangel im Striatum. So wird die ansonsten doppelte Sicherung der Aktivierung des Thalamus und so des Cortex verhindert: die mangelnde Aktivierung der D1-Rezeptoren führt zu mangelndem inhibitorischem Einfluss von Sn Pr und Gpi, wodurch sich deren hemmende Wirkung voll auf Thalamus und in der Folge den Cortex entfalten kann. Auch D2-Rezeptoren erfahren keine Stimulation durch Dopamin mehr. Hierdurch wird der indirekte Weg zu den Ausgangskernen umgekehrt und der NST wird nicht gehemmt. Die Hyperaktivität des NST führt zu einer verstärkten Hemmung des Thalamus durch die Ausgangsneurone und setzt die Aktivität des Cortex herab. Flüssige Bewegungsinitiation ist somit nicht möglich (Abbildung 2).

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Abbildung 2: Die Pathophysiologie des Regelkreises der Basalganglien bei M.

Parkinson

Transmitter Glutamat, exzitatorisch Transmitter GABA, inhibitorisch Transmitter Dopamin, fällt weg Verminderte hemmende Wirkung Verstärkte hemmende Wirkung Verstärkte erregende Wirkung

Substantia nigra Pars compacta

Globus pallidus externus

motorik- hemmend

D2

Globus pallidus internus / Substantia nigra

Pars reticularis

Nuclues subthalamicus

motorik- fördernd

D1 Striatum

Cortex motorische

Cortexareale

Thalamus

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11 2.1.3 Therapie

2.1.3.1 Medikamentelle Therapie

Die medikamentelle Therapie des M. Parkinson erfolgt zumeist unter Einsatz der Aminosäure L-Dopa (1-3,4 Dihydroxyphenylalanin). Diese kann über einen aktiven Transporter die Blut-Hirn-Schranke passieren und wird dann von noch intakten nigrostriatalen dopaminergen (aber auch anderen) Neuronen aufgenommen, und durch eine Dopa-Decarboxylase in Dopamin umgewandelt. Es wird dadurch der fehlende Transmitter ersetzt, um somit die Symptome zu unterdrücken. Durch die Therapie wird das Fortschreiten der Erkrankung allerdings nicht verhindert, auch wenn OLANOW gewisse Argumente für mögliche neuroprotektive Effekte anführt (OLANOW, 2009). Zudem lässt die Wirksamkeit des L-Dopa im fortgeschrittenen Zustand der Erkrankung nach. Desweiteren treten im Laufe der Behandlung zum Teil starke Nebenwirkungen auf. Hierzu zählen Bewegungsschwankungen, Dyskinesien wie unfreiwillige plötzliche Bewegungen sowie psychische Probleme (WINKLER et al., 2002; OLANOW, et al., 2004, DAMIER, 2009).

Aus diesem Grund werden soweit möglich v. a. in frühen Stadien der Erkrankung andere Dopamin-Agonisten, die die Rezeptoren direkt beeinflussen (also auch ohne die dopaminergen Neurone des Patienten wirken können), sowie Monoaminooxidase-B-Inhibitoren angewendet (Monoaminooxidase (MAO):

Membranproteine der äußeren Mitochondrien-Membran, die für den Abbau von Catecholaminen im zentralen Nervensystem (ZNS) zuständig sind). Als Beispiele sind hier Bromocriptin, Pergolid, Pramipexol und Ropinirol (WINKLER et al., 2002) bzw. Selegilin und Rasigilin zu nennen. Für diese Wirkstoffe werden weniger motorische Nebenwirkungen beschrieben, jedoch treten im Zusammenhang mit Dopamin-Agonisten neuropsychiatrische Probleme wie Halluzinationen, starke Schlaflosigkeit und Suchtverhalten auf und die anti-symptomatischen Effekte sind nicht so effektiv wie die von L-Dopa (HEDLUND und PERLMANN, 2009). Zwar werden auch für diese Wirkstoffe mögliche neuroprotektive Wirkungen diskutiert, jedoch erscheint dies in vivo bis dato sehr unsicher (OLANOW, 2009).

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12 2.1.3.2 Operative Therapie

2.1.3.2.1 Tiefe Hirnstimulation

Die tiefe Hirnstimulation (THS) hat sich seit 1987 zu einer routinemäßig angewendeten Therapie gegen die motorischen Symtome des M. Parkinson etabliert (Benabid et al., 2009). Waren in früheren Zeiten der Nucleus thalamicus und der Gpi Zielstrukturen dieses operativen Eingriffs, wird heute zumeist die Hochfrequenz-Stimulation des NST praktiziert (VOLKMANN, 2007; BENABID et al., 2009). Bei dieser wird durch Implantation einer Elektrode im Zielgebiet (bilateral) dieses mithilfe eines internen Pulsgenerators variabel stimuliert, mit hochfrequenten elektrischen Impulsen von 130 – 185 Hertz (HEDLUND und PERLMANN, 2009). Der abnormale Anstieg neuronaler Aktivität im NST wird somit durch die THS gehemmt, womit der Thalamus und seine corticalen Projektionsgebiete nicht mehr übermäßig gehemmt werden und eine Normalisierung der Bewegungen eintritt.

Die Vorteile dieser Methode sind die unter THS deutlich niedriger dosierbaren Medikamente und die dadurch reduzierten Nebenwirkungen, insgesamt wurde eine Steigerung der Lebensqualität um 25% beschrieben (BERNEY, VINGERHOETS et al., 2002; DEUSCHL, SCHADE-BRITTINGER et al., 2006). Limitierungen stellen jedoch die eingeschränkte Anwendbarkeit für bestimmte Patientengruppen sowie die zum Teil unzureichende Wirksamkeit dar: Für Patienten mit Demenz, akuten Psychosen sowie deutlichen Depressionen eignet sich die THS ebenso wenig wie für Patienten, die auf die Anwendung von L-Dopa nicht ausreichend ansprechen. Die motorischen Symptome, die sich mit L-Dopa nicht unterdrücken lassen, werden auch durch die THS keine Besserung erfahren (VOLKMANN, 2007). Zudem werden psychische Störungen (SAINT-CYR, TREPANIER et al., 2000) sowie Persönlichkeitsveränderungen unter dem Einfluss der THS beschrieben (BERNEY, VINGERHOETS et al., 2002, VOLKMANN, 2007; WITT, DANIELS et al., 2008).

2.1.3.2.2 Transplantation – regenerativer Ansatz

Die Limitierungen der bisher genannten therapeutischen Ansätze haben dazu geführt, dass intensiv an der Entwicklung regenerativer Therapiemöglichkeiten

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gearbeitet wird. Hier stehen Zelltransplantationen in die betroffenen Gehirnregionen im Fokus. Zellen verschiedener Quellen werden als mögliche Spenderzellen untersucht: fetale Zellen, genetisch modifizierte Zelllinien, embryonale oder somatische Stammzellen.

Dopaminerge Neurone, welche aus fetalen Mittelhirn gewonnen werden, wurden im Tierexperiment (BRUNDIN und BJÖRKLUND, 1987, NIKKHAH et al., 1994 (1,2,3), WINKLER et al., 2000, TORRES et al., 2007) und in klinischen Studien (LINDVALL und ODIN, 1994; LINDVALL und HAGELL, 2000; POLGAR et al., 2003) intrastriatal transplantiert. In der Folge konnte eine Reinnervation des Striatums mit Verbindungen von und zu den transplantierten Zellen beobachtet werden. Die transplantierten Zellen gaben gleichmäßig Dopamin ab und führten zu einer funktionellen Verbesserung.

In klinischen Studien wurde die Verbesserung der klinischen Bilder unterstützt durch den Nachweis einer gesteigerten Fluorodopa- Aufnahme in PET-Scans (Positron-Emission-Tomographie). Mit dieser Methode wird anhand der Fluorodopa-Aufnahme im Striatum auf die Menge an Dopamin geschlossen, da sich Fluorodopa genauso verhält wie Dopamin. (ANDRES und MEYER, 2008; BROOKS, 2010).

Es muss jedoch festgehalten werden, dass gerade in der Anwendung von fetalen Spenderzellen eine Reihe von Problemen bis dato nicht gelöst werden konnten, die die routinemäßige Anwendung ermöglichen würden. So ist zum einen die limitierte Verfügbarkeit von geeigneten Spenderzellen sowie deren unzureichende Standardisierung und Reinheit zu nennen, was sich folglich auch in sehr unterschiedlichen Erfolgen widerspiegelt (BJÖRKLUND, 2000). Ebenso stellen die mit der Transplantation von abortiertem fetalen Material verbundenen ethischen Einwände ein gewichtiges Problem bei der Weiterentwicklung dieser Methodik dar.

Desweiteren wurden in klinischen Doppel-Blind-Studien schwere Nebenwirkungen in Form von Dyskinesien beobachtet (FREED et al., 2001; HAGELL et al., 2002), wodurch vorherige Erfolge relativiert wurden. Folglich liegt der Fokus unter anderem auf der Entwicklung alternativer Zellquellen wie immortalisierte neuronale Zelllinien, embryonale und neuronale Stammzellen und genetisch modifizierte Zellen (GOLDMANN und WINDREM, 2006).

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2.1.3.2.2.1 Zellquellen für die Transplantationstherapie

Zellen, die für die Anwendung in der Transplantationstherapie in Betracht gezogen werden, sollten idealerweise folgende Eigenschaften aufweisen: Sie sollten die Transplantation in ausreichender Zahl überleben (LINDVALL und BJÖRKLUND, 2004), die Fähigkeit besitzen, Dopamin zu synthetisieren und in geregelter Art und Weise zu sezernieren, Axone zur Reinnervation auszubilden, Girk2 auszuprägen (G-Protein activated inward rectifier potassium channel-2, typisch vor allem für die dopaminergen Neurone der Sn Pc, s.u.) und motorische Defizite zu beheben (CORREIA et al., 2005).

Stammzellen sind undifferenzierte Zellen, die in der Lage sind zu proliferieren, sich zu reproduzieren und Progenitorzellen zu generieren, die wiederum in verschiedenste Zelltypen differenziert werden können. Im Detail untersucht werden embryonale Stammzellen (ESC), neuronale Stammzellen (NSC), Stammzellen aus adultem Knochenmark (BMSC), sowie Stammzellen aus Nabelschnurblut (MEYER und ANDRES; 2008). Auch Zellen aus der subventrikulären Zone Erwachsener werden auf ihre Eignung hin untersucht (CORREIA et al., 2005).

Humane ESC (hESC), die aus der inneren Masse von Blastozysten gewonnen werden (5-6 Tage nach Befruchtung), sind pluripotent. Sie lassen sich in großer Menge expandieren und gerichtet in jeden gewünschten Zelltyp differenzieren und werden deshalb als vielversprechende Möglichkeit in der Transplantationsforschung angesehen.

NSC (auch neuronale Progenitorzellen genannt) werden in bestimmten Regionen des sich entwickelnden aber auch des adulten zentralen Nervensystems gefunden, wie z.B. in der subventrikulären Zone, im Hippocampus, Cortex und Rückenmark.

Unter bestimmten Konditionen und unter dem Einfluss bestimmter Wachstumsfaktoren entwickeln sich diese multipotenten Zellen gerichtet in die verschiedenen neuronalen und glialen Zelltypen.

Sowohl Stammzellen als auch Progenitorzellen wurden vielfach im Tiermodell transplantiert und führten zu positiven Ergebnissen (BJÖRKLUND et al., 2002, ANDRES und MEYER, 2008; HAHN et al., 2009). Die Nachteile von embryonalen Stammzellen sind jedoch unter anderem die Gefahr der Tumor- bzw.

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Teratombildung. In Kulturen wurden Chomosomenabberationen beobachtet (DRAPER et al., 2004, LI et al. 2008), auch in vivo wurden Neoplasien nachgewiesen (NISHIMURA et al., 2003). Desweiteren stellen immunologische Unterschiede zwischen Spender und Empfänger sowie ethische Aspekte eine Limitierung für den ungehinderten Einsatz embryonaler Stammzellen in der regenerativen Parkinson Therapie dar (TIMMER et al., 2006). Progenitorzellen weisen diese Nachteile nicht auf. Zudem sind sie gut expandierbar (STUDER et al., 1998) sowie erfolgreich genetisch zu verändern (CESNULEVICIUS et al., 2006).

Immortalisierte Linien neuronaler Progenitorzellen stellen eine weitere mögliche Zellquelle für Transplantationen dar. Theoretisch ist hier das Problem des Zellnachschubs gelöst, auch lassen sich diese Zellen anhand von Reporter-Genen im Zielgewebe gut identifizieren. Solche Zelllinien wurden bereits in Tierversuchen untersucht und teilweise konnte eine Differenzierung der Zellen in vivo nachgewiesen werden. Jedoch bleiben auch bei diesem Ansatz Probleme bestehen, vor allem hinsichtlich der Entstehung von Neoplasien (MEYER und ANDRES; 2008)

2.1.3.2.2.2 Limitierungen der bisherigen Ansätze

Es wurden bereits einige ungelöste Probleme angesprochen, namentlich ethische Einwände bei der Verwendung fetaler und embryonaler Stammzellen, unzureichende Standardisierung des nur limitiert vorhandenen zu transplantierenden fetalen Materials sowie die Gefahr von tumorösen Entartungen bei der Verwendung pluripotenter embryonaler Stammzellen.

Im Folgenden wird auf diese und einige weitere Aspekte im Detail eingegangen.

Zunächst sind die schlechten Überlebensraten und die mangelnde funktionelle Integration transplantierter Zellen in vivo zu nennen: 1-5% der transplantierten fetalen Zellen überleben die Transplantation (FREEMAN et al., 1995; ROSENSTEIN, 1995, BARKER et al., 1996; WINKLER et al., 1999, SORTWELL et al., 2000). Es wird jedoch geschätzt, dass mindestens 100.000 Zellen überleben müssen um eine funktionelle Erholung zu induzieren (CORREIA et al., 2005), so dass ein Drittel bis zu der Hälfte des Putamenvolumens reinnerviert ist und eine Fluorodopa-Aufnahme von ca. 50% erfolgt (LINDVALL und BJÖRKLUND, 2004). Die Verbesserung der

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motorischen Funktion steht in Korrelation mit dem Maß der Reinnervation des Striatums. NIKKHAH et al. stellten 1994 bezüglich des Maßes der Reinnervation des Striatums heraus, dass multiple Injektionsstellen die axonale Integration der denervierten Gegend verbessern können (NIKKHAH et al., 1994(1)).

Als mögliche Ursache der geringen Überlebensraten wird unter anderem ein Mangel an neurotrophen Faktoren diskutiert, weshalb die Einbindung diverser neurotropher Faktoren in Transplantationsversuchen vielfach untersucht wird. Hier spielen vor allem die Wachstumsfaktoren Brain Derived Neurotrophic Factor (BDNF), Glial Cell Derived Neurotrophic Factor (GDNF), Fibroblast Growth Factor-2 (FGF-2) und Conserved Dopamine Neurotrophic Factor (CDNF) eine Rolle (s.u.).

Desweiteren sind bis dato mangelnde Kenntnisse über Faktoren, die die Migration, das Wachstum und die Differenzierung der transplantierten Zellen beeinflussen als unzureichend gelöste Probleme zu nennen. Hierzu ist es wichtig, die transplantierten Zellen in vivo eindeutig identifizieren zu können (SØRENSEN et al., 2010).

Als weitere Punkte, deren Einfluss auf die Ergebnisse von Transplantationen vor allem in klinischen Studien noch nicht ausreichend geklärt sind, sind die Auswahl der Patienten, die exakte Transplantat-Platzierung sowie – Zusammensetzung und immunologische Reaktion des Empfängers auf die Spenderzellen (LINDVALL und BJÖRKLUND, 2004).

2.2 Das Tiermodell des M. Parkinson

Für M. Parkinson sind diverse Tiermodelle etabliert, die sich in ihren Qualitäten und Anwendungsgebieten unterscheiden.

Als erstes wurden vornehmlich Stoffe angewendet, die im Tiermodell selektiv das catecholaminerge System angreifen und somit Charakteristika des M. Parkinson hervorrufen. Hier sind z.B. Reserpin, Metamphetamin und auch MPTP (1-methyl 4-Phenyl 1,2,3,6-tetrahydropyridin) zu nennen. Letzteres wird, nachdem es von nicht-dopaminergen Zellen in seinen toxischen Metaboliten MPP(+) (1-Methyl-4-Phenylpyridium) umgewandelt worden ist, von dopaminergen Neuronen per Dopamin-Transporter aufgenommen, zerstört die nigrostriatalen Bahnen und führt vor allem bei Primaten zu motorischen Defiziten wie Bradykinese, Rigidität und Haltungsanomalien (PRZEDBORSKI et al., 2001). Diese Symptome sind denen des

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an M. Parkinson erkrankten Menschen so ähnlich, dass dieses Modell für die Entwicklung neuer symptomatischer Behandlungsstrategien herangezogen werden kann.

Neuere Entwicklungen sind Modelle mit landwirtschaftlichen Chemikalien wie Paraquat und Rotenon. Rotenon inhibiert systemisch den Komplex I der Mitochondrien, führt aber dennoch zu einer selektiven Zerstörung der nigrostriatalen Bahnen, einschließlich der Bildung Lewy-Körperchen-ähnlicher Einschlüsse sowie oxidativer Schäden (BETARBET et al, 2002). Zukünftig werden auch genetische Modelle weiter in den Vordergrund rücken. Sie orientieren sich an bei familiärem Parkinson auftretenden Mutationen. Hier sind z.B. transgene Mauslinien zu nennen, die humanes α-Synuclein überexprimieren bzw. wo dieses in sogenannten Knock-out Linien gar nicht exprimiert wird (Betarbet et al. 2001). Diese Modelle zeigen unterschiedliche Ausprägungen verschiedener Parkinson-Symptome und werden daher auch jeweils für spezielle Fragestellungen eingesetzt.

Bei dem in dieser Arbeit eingesetzten 6-OHDA Modell der Ratte kommt es zur permanenten, selektiven Degeneration der dopaminergen Zellen der nigrostriatalen Bahnen durch 6-Hydroxydopamin (6-OHDA) (UNGERSTEDT, 1968). 6-OHDA wird in einer stereotaktischen Operation in das Rattengehirn injiziert, da es nicht in der Lage ist, die Blut-Hirn-Schranke zu passieren. Die Injektion kann in das Striatum erfolgen, das mediale Vorderhirnbündel (MFB) oder auch in die Sn. Es kann somit eine partielle oder eine komplette Läsion erfolgen. In der vorliegenden Arbeit wurde das Toxin in das MFB injiziert. Das 6-OHDA zerstört die dopaminergen Projektionen durch retrograden axonalen Transport (HUDSON et al., 1993). Die Zellen nehmen es via der eigenen Catecholamin-Transportmechanismen in sich auf. Durch die dort stattfindende Oxidation entstehen freie Radikale und Wasserstoffperoxid, welche Proteine, Membranen und Nucleinsäuren angreifen (FULCERI et al., 2006). Zumeist werden die Tiere in diesem Modell nur unilateral lädiert, weil es sonst zu zu schweren motorischen Schäden kommt (UNGERSTEDT, 1971). Zudem dient die gesunde Seite als interne Kontrolle.

Zur Überprüfung des Modells kommen u. a. zwei sogenannte Rotationstests in Frage: Zum einen wird Amphetamin systemisch angewendet: als präsynaptischer,

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also indirekter Dopamin-Agonist kann es bei einem unilateral lädierten Tier nur auf der gesunden Seite wirken: die Dopaminausschüttung der gesunden Seite wird gesteigert, zusätzlich wird die Wiederaufnahme des Dopamins gehemmt. Das gesteigerte Dopaminaufkommen am postsynaptischen Rezeptor führt somit zu einer Rotation des Tieres ipsilateral zur Läsion. 6.-20 Umdrehungen pro Minute können für zwei Stunden nach der Injektion beobachtet werden (TORRES und DUNNETT, 2006).

Im Gegensatz dazu kommt es nach der systemischen Applikation von Apomorphin zu Rotationsverhalten contralateral zu lädierten Seite. Die Dopamin-Rezeptoren (D1 und D2, s.u.) werden hier durch den Dopamin-Agonisten direkt stimuliert. Durch die Degeneration der dopaminergen Zellen kommt es zu einer Hypersensitivität der postsynaptischen Rezeptoren auf der denervierten Seite und im Falle einer Stimulierung durch Apomorphin zu einer Rotation contralateral zur lädierten Seite, da das Apomorphin hier aufgrund der empfindlicheren Rezeptoren stärker wirken kann als auf der gesunden Seite (SCHWARTING und HUSTON, 1996). Bereits geringe Dosen Apomorphin reichen aus, um bei maximal lädiertem Striatum und Sn Rotationen auszulösen. Damit ist Apomorphin besser geeignet, um maximale Degenerationen sicher anzuzeigen (HUDSON et al., 1993).

2.3 Transfektion als Methode zur genetischen Modifizierung von Säuger-Zellen

Als Transfektion bezeichnet man das Einschleusen fremder Nucleinsäuren in das Genom der Empfängerzelle. Sie hat zum Ziel, die Empfängerzelle genetisch zu modifizieren, zum Beispiel die Überexpression eines Wachstumsfaktors zu bewirken.

Prinzipiell sind zwei methodische Ansätze zu unterscheiden, due virale und die nicht-virale Transfektion. Bei der nicht-viralen Transfektion werden aus Viren gewonnene Vektoren in die Empfängerzelle eingeschleust. Diese Methode bietet den Vorteil hoher Transfektionsraten, ist aber aufgrund verschiedener Limitierungen nicht gut geeignet für den Einsatz in klinischen Studien: Die Produktion der Vektoren ist sehr aufwendig und teuer, die Sicherheitsanforderungen sehr hoch. Zudem ist die Größe der einzuschleusenden Partikel begrenzt und es besteht die Gefahr immunologischer

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19 Reaktionen (GRESCH et al., 2004).

Bei den nicht-viralen unterscheidet man nach physikalischen und chemischen Methoden. Erstere umfassen

1.Elektroporation (WELLS et al., 2004),

2.ballistischer Gentransfer (WELLS et al.,2004), 3.Mikroinjektion (DAVIS et al., 2000).

Bei der Elektroporation wir die Zellmembran (sowohl von prokaryotischen als auch von eukaryotischen Zellen) mittels eines elektrischen Impulses kurzfristig permeabel für die Aufnahme verschiedener biologischer Moleküle gemacht, so auch für DNA (GRESCH et al., 2004). Diese Methoden führte aufgrund niedriger Transfektionsraten und hoher Zellverluste jedoch nicht zu ausreichend zufriedenstellenden Ergebnissen (GRESCH et al., 2004).

Die chemischen Methoden umfassen

1.Liposom-basierten Gentransfer oder Lipofektion ( FELGNER et al., 1987; WU et al., 2000),

2.Calciumphosphat-mediierten Gentransfer (CHEN und OKAYAMA, 1988), 3.DEAE-dextran Transfektionstechnik (PARI und XU, 2004),

4.Polyethyleneeimine (PEI)-mediierten Gentransfer (CORSO et al., 2005), 5.Nukleofektion (GRESCH et al., 2004; CESNULEVICIUS et al., 2006).

Bei der Lipofektion binden kationische Liposome, die einen Komplex mit der einzuschleusenden DNA bilden, an die zu transfizierenden Zellen. Ihre Lipidmembran fusioniert mit der Plasmamembran der Zelle und schleust so die DNA in die Zelle ein. Nachteile dieser Methode sind die recht geringen Transfektionsraten in Zellsuspensionen und die Abhängigkeit von Zellteilung und hoher Endozytoserate (GRESCH et al., 2004). Für die Transfektion von neuronalen Progenitorzellen wurde von CESNULEVICIUS et al. 2006 eine neue, nicht-virale Methode erarbeitet. Die Nukleofektion erwies sich hier im Vergleich mit Lipofektion und Elektroporation als effizienteste Art und Weise, eine Überexpression neurotropher Wachstumsfaktoren zu erreichen (CESNULEVICIUS et al., 2006). Bei der Nukleofektion handelt es sich um eine auf der Elektroporation basierenden Methode, bei der das Plasmid mittels einer speziellen Nukleofektor-Lösung und unter bestimmten Spannungsparametern

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direkt in den Zellkern eingeschleust wird. Hiermit wird es möglich, auch aufgrund ihrer niedrigen Teilungsrate sonst schwer zu transfizierende Zellen effizient genetisch zu modifizieren (5-fache Steigerung der Transfektionseffizienz im Vergleich mit Elektroporation und Lipofektion, bis zu 47% Transfektionsrate). Zudem wird durch diese Methode die Fähigkeit zur Differenzierung in dopaminerge Zellen nicht beeinflußt und die Transfektion ist transient (CESNULEVICIUS et al., 2006).

In einem ersten Versuch wurden derartig genetisch modifizierte Zellen in ein 6-OHDA-Modell des M. Parkinson transplantiert. Die Zellen überlebten die Transplantation, prägten den Marker Tyrosinhydroxylase (TH) für dopaminerge Zellen aus und exprimierten das auf dem Plasmid kodierte Protein. Jedoch war die Anzahl der die Transplantation überlebenden Zellen sehr gering und auch die Reinnervation war nicht sehr deutlich ausgeprägt (CESNULEVICIUS et al., 2006).

2.4 Neurotrophe Faktoren – FGF-2

Wie bereits oben genannt könnte einer der Gründe für das geringe Überleben transplantierter Zellen ein Mangel an neurotrophen Faktoren (NTF) sein.

Es konnten für diverse NTF positive Effekte auf kultivierte dopaminerge Neurone in vitro gezeigt werden (KRIEGLSTEIN, 2004), v. a. vier Faktoren wurden im Hinblick auf ihre physiologische und funktionelle Relevanz in vivo untersucht: BDNF, GDNF, FGF-2 (BEAN et al., 1992; GROTHE und WEWETZER, 1996; GROTHE und TIMMER; 2007) und CDNF (LINDHOLM et al., 2007).

Bei den FGFs handelt es sich um eine Familie von Wachstumsfaktoren mit 23 Mitgliedern, von denen 10 im Gehirn nachgewiesen werden konnten. (REUSS und v.

BOHLEN UND HALBACH, 2003). Es sind vier Rezeptoren bekannt, FGR 1-4.

FGFs spielen wichtige Rollen sowohl im sich entwickelnden als auch im adulten ZNS (DONO, 2003). Für diese Arbeit von besonderem Interesse ist FGF-2. FGF-2 findet sich natürlicherweise in Neuronen und Glia-Zellen in vielen Bereichen des ZNS, unter anderem in Medulla, Pons, Thalamus und Hirnstamm, aber auch in der Sn und im Striatum (REUSS und v. BOHLEN UND HALBACH, 2003).

Als Regulator pränataler ebenso wie postnataler und adulter Neurogenese induziert FGF-2 die Proliferation neuronaler Progenitorzellen im Hippocampus und der

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subventrikulären Zone (REUSS und v. BOHLEN UND HALBACH, 2003). Es ist desweiteren während der Entwicklung des nigrostriatalen Systems wirksam (BEAN et al., 1992) und hat einen Einfluss auf die Anzahl dopaminerger Neurone (TIMMER et al., 2007). Für Hippocampus und Cortex konnte gezeigt werden, dass FGF-2 die axonale Verzweigung von Neuronen begünstigt (REUSS und v. BOHLEN UND HALBACH, 2003).

Bei FGF-2 lassen sich sogenannte hoch-und niedermolekulare Isoformen (high und low weight isoforms, HMW und LMW), also Isoformen mit 18kDa bzw. 21 und 23 kDa Molekulargewicht unterscheiden. Sie alle werden generiert von verschiedenen Regionen einer mRNA und werden sowohl im Striatum als auch in der Sn adulter Ratten exprimiert (GROTHE und TIMMER, 2007). Claus et al. konnten zudem zeigen, dass im Verhältnis eher HMW-FGF-2 im Striatum und in der Sn von intakten Ratten auftritt, LMW-FGF-2 dort ebenso, jedoch in geringerem Umfang nachzuweisen ist. Die Rezeptoren für FGF-2 (FGFR 1-3) sind ebenso in den genannten Strukturen vorhanden und lassen sich auch nach einer Läsion mit 6-OHDA noch nachweisen (CLAUS et al., 2004).

2.4.1 Effekte von FGF-2 Isoformen auf dopaminerge Neurone in vitro

Untersucht man die Effekte von FGF-2 auf dopaminerge Zellen in vitro, können unter anderem folgende Beobachtungen gemacht werden: HMW und LMW FGF-2 fördern die Proliferation und das Überleben von Kulturen mesencephaler dopaminerger

Untersucht man die Effekte von FGF-2 auf dopaminerge Zellen in vitro, können unter anderem folgende Beobachtungen gemacht werden: HMW und LMW FGF-2 fördern die Proliferation und das Überleben von Kulturen mesencephaler dopaminerger

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