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4 Mögliche Massnahmen inner- und ausserhalb der Arbeitslosenversicherung

4.3 Ebene 2: Bildungspolitik

Die Bildungspolitik umfasst verschiedene Bereiche und wird in der Schweiz von vielen Akteur/innen umge-setzt. Namentlich ist zu unterscheiden zwischen:

■ der von den Kantonen umgesetzten Sekundarstufe 1 (Kindergarten, neun Jahre Grundschule)

■ der von den Kantonen und Betrieben umgesetzten, vom Bund mitbeeinflussten Sekundarstufe 2 (Matu-ritätsschulen, Berufsbildungen) sowie den Brückenangeboten in diesem Bereich

■ der von den Kantonen und dem Bund umgesetzten Tertiärstufe (Fachhochschulen, Universitäten, Eidg.

Technischen Hochschulen)

■ der weitgehend in den Kompetenzbereich der Betriebe, Sozialpartner und Berufsorganisationen (bspw.

FMH) fallenden Bereich der Weiterbildung.

In allen Bereichen gibt es Überschneidungen zwischen der Bildungs- und der Migrationspolitik, aber auch solche mit der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik.

Sekundarstufe 1 (Expert/innen)

Im Bereich der obligatorischen Schule können grosse Integrationsleistungen erbracht werden. Darauf weisen die Expert/innen hin: Sie sind der Meinung, dass gerade der Bildungsbereich sowohl für die soziale als auch die berufliche Integration einen zentralen Stellenwert einnimmt. Für die Expert/innen sollten aus-ländische Jugendliche möglichst früh in unser Schul- und Berufsbildungssystem integriert werden. Es gelte dabei, sowohl bei den Jugendlichen als auch bei den Eltern unsere Werte (Wichtigkeit einer Grundausbil-dung und eines Berufsabschlusses) zu transportieren. Es wird vorgeschlagen, dabei vermehrt auch auf Kanäle wie ausländische Institutionen und Zentren, Kulturnetzwerke, religiöse Vereinigungen usw. zu setzen.

Die Ergebnisse der PISA-Studien weisen darauf hin, dass frühe Selektionen in der Sekundarstufe 1 eher zu Lasten der Schwächeren gehen. Dies trifft überproportional häufig auch ausländische Kinder. Auf der Sekundarstufe 1 sind aber nicht nur angebotsseitige Faktoren wirksam, wenn der Lern- und Integrations-erfolg bei ausländischen Kindern mangelhaft ist. Hochrelevant ist ebenfalls die Unterstützung des Eltern-hauses. Im Rahmen von Projekten zur Förderung der Integration wird daher auch ein besonderes Augen-merk auf Angebote gelegt, die sich an die Eltern ausländischer Kinder richten.

Sekundarstufe 2

Verschiedene Studien belegen, dass der Übergang von der Schule in die Berufbildung und von der Berufs-bildung in das Berufsleben für ausländische Jugendliche besonders heikel ist.27 Verschiedene Elemente spielen in diesem Übergang eine besondere Rolle:

■ Erstens der Umstand, dass Lehrstellen knapp sind. Hierzu gibt es eine eigene wissenschaftliche und politische Diskussion, wie dieses Defizit behoben werden kann.

■ Zweitens spielt der soziale Status der Migrationsfamilien eine wichtige Rolle. Jugendliche mit Migrati-onshintergrund können in drei Gruppen eingeteilt werden:28 Das eine Drittel stammt aus dem nicht-südlichen Europa (bspw. Frankreich, Belgien etc.) und weist einen höheren Status auf als der Durchschnitt der Einheimischen. Nachkommen der ersten Einwanderungsgeneration (Spanien, Italien) stellen ein zwei-tes Drittel dar, die inzwischen nahezu denselben Status erreicht haben wir die Einheimischen. Das letzte

27 Vgl. dazu Meyer (2003).

28 Vgl. Hupka/Stadler (2004).

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Drittel sind Jugendliche, die aus den neuen Einwanderungsländer zugezogen sind (Balkan, Türkei) und einen deutlich tieferen sozialen Status haben. Da in der Schweiz die soziale Herkunft ganz entscheidend für den Bildungserfolg ist, sind die Zweitgenerationen-Jugendlichen aus den neuen Zuwanderungsländer besonders benachteiligt.29

■ Drittens spielen Diskriminierungen eine wichtige Rolle.30 Eine Lehrstelle bekommt man einfacher, wenn man einen schweizerischen Namen hat.

Die Eidg. Ausländerkommission hat Empfehlungen zur Verbesserung der Jugendlichen mit Migrationshin-tergrund erarbeitet:31 Jugendlichen soll der Einstieg in die Berufsbildung durch Mentoring und Coaching sowie durch das Ermöglichen von Nachholbildungen erleichtert werden. Gefordert wird die Unterstützung der berufsorientierten Sprachförderung und die Anerkennung der Mehrsprachigkeit. Bei der Besetzung der Lehrstellen soll ungeachtet der Herkunft und Nationalität Chancengleichheit realisiert werden.

Weiterbildung

Die berufliche Weiterbildung wird heute nur in Ausnahmefällen (bspw. bei den Ärzt/innen) mit Steuergel-dern von Bund und Kantonen unterstützt. Der Zwang zur privaten Finanzierung der Weiterbildung – oft werden die Kosten zwischen Arbeitnehmer/innen und Arbeitgeber/innen aufgeteilt – führt zu grossen Ungleichheiten im Zugang zur Weiterbildung. Wohlhabendere Arbeitnehmer/innen, grössere Firmen bzw.

wertschöpfungsstärkere Branchen können sich mehr Weiterbildung leisten. Für die Integration von Aus-länder/innen ist dies nachteilig, weil gerade ihnen durch die private Finanzierung oft der Zugang zur Wei-terbildung verwehrt bleibt. Für eine Lektion Sprachunterricht sind heute zwischen 12 und 15 Franken zu berechnen. Eine privat finanzierte, nachhaltige Sprachweiterbildung ist daher kaum zu erwarten.

Bezüglich der Weiterbildungsbeteiligung zeigen sich in der Folge erhebliche Unterschiede zwischen der ausländischen und der schweizerischen erwerbstätigen Bevölkerung.32 Während im Jahr 2000 knapp die Hälfte der schweizerischen Erwerbstätigen einen Weiterbildungskurs besuchten (49.2%), war es von den ausländischen Erwerbstätigen nur knapp ein Drittel (32.3%). 17.3 Prozent der ausländischen Erwerbstäti-gen absolvierten 1999 eine Weiterbildung, die ganz oder teilweise während der Arbeitszeit oder auf Kos-ten der Arbeitgebenden besucht oder die vom Betrieb veranstaltet wurde. Von den schweizerischen Er-werbstätigen waren dies 31.1 Prozent.

Im Bereich der Massnahmen zur Verstärkung des Zugangs der Ausländer/innen zur Weiterbildung kann auch der Nachfrage- und der Angebotsseite zugegriffen werden. Mit Stipendien, Steuerentlastungen und Weiterbildungsgutscheinen – wie sie bspw. im Kanton Genf eingesetzt werden – kann die Nachfrage vergrössert werden. Mit (finanziellen) Anreizen könnten die Arbeitgeber/innen zu einem erhöhten Ange-bot bzw. zu einer erhöhten Co-Finanzierung gebracht werden. Grundsätzlich kann darüber hinaus auch eine staatliche Co-Finanzierung diskutiert werden.

Anerkennung von ausländischen Diplomen

Unsere Untersuchungen haben die Relevanz der Anerkennung der ausländischen Diplome etwas relati-viert. Ausländer/innen, die in der Schweiz die Schulen besucht haben und somit über schweizerische

29 Studien zeigen, dass Zweitgenerations-Angehörige nicht nur häufiger eine Tertiärbildung absolvieren, was einer erhöhten Auf-stiegschance verspricht, sondern dass sie gleichzeitig auch häufiger in untersten Bildungsgängen verbleiben als gleichaltrige Schwei-zerinnen und Schweizer (vgl. Mey et al. 2005).

30 Vgl. Fibbi et al. (2003).

31 Vgl. Egger Theres (2003).

32 Quelle: Bundesamt für Statistik, Auswertung der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung 1999/2000.

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Schuldiplome verfügen, haben keine geringere Wahrscheinlichkeit, erwerbslos zu werden. Allerdings be-deutet dies noch nicht, dass dies auch für Berufszertifikate gilt. Die Expert/innen weisen explizit darauf hin, dass sich die Ausländer/innen stärker darum bemühen sollten, dass ihre Diplome anerkannt werden.

Die RAV-Berater/innen sind der Ansicht, dass die Valorisierung von ausländischen Abschlüssen offenbar wenig genutzt wird: woran dies liegt (mangelnde Bekanntheit, ausbleibende Hinweise oder zu hoher Aufwand für die Stellensuchenden) kann aus den Aussagen der RAV-Berater/innen nicht beurteilt werden.

Ausgehend davon, dass die Anerkennung von ausländischen Berufszertifikaten wichtig ist, könnte geprüft werden, ob die RAV – neben dem Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT) bzw. den Arbeit-geber/innen - in diesem Bereich nicht eine aktivere Rolle spielen könnten. Ausgangspunkt müsste sicher eine umfassende Abklärung der Diplomsituation im Erstgespräch sein. Denkbar wäre darüber hinaus, dass die RAV-Berater/innen als Vertreter/innen der ausländischen Erwerbslosen den Anerkennungsprozess durchführen oder dass sie für den Anerkennungsprozess einen Coach einsetzen und finanzieren könnten.

Zur Abgrenzung zwischen der Bildungspolitik und der Arbeitslosenversicherung (RAV-Berater/innen, Expert/innen, statistische Ergebnisse)

Zentral ist die Beantwortung der Frage, wo die Aufgaben der Bildungspolitik von den Aufgaben der Ar-beitslosenversicherung abgegrenzt werden. Die statistischen Ergebnisse, aber auch die Gespräche mit den RAV-Berater/innen zeigen, dass bei vielen erwerbslosen Ausländer/innen Qualifizierungsmassnahmen notwendig wären, die wesentlich weiter gehen als die heute verfügbaren Massnahmen der aktiven Ar-beitsmarktpolitik. Man spricht in diesem Zusammenhang oft auch von notwendigen Nachholbildungen (bspw. Berufslehren). Relativierend muss beigefügt werden, dass höhere Bildungen als die Berufsbildung einen geringeren Schutz gegen Erwerbslosigkeit darstellen als erwartet. Klar sind jedoch die negativen Wirkungen von Ausbildungen, die unter dem Berufsbildungsniveau liegen. Es stellt sich somit die grund-sätzliche Frage, welche Leistungen im Rahmen der Bildungspolitik und welche im Rahmen der Arbeitslo-senversicherung erbracht werden sollen.

Die Arbeitslosenversicherung sieht vor, dass Massnahmen zur Bekämpfung bereits eingetretener Erwerbs-losigkeit ergriffen werden, aber auch zur präventiven Verhinderung einer solchen. Qualifizierungsmass-nahmen können daher mit zwei Zwecken begründet werden: Zum einen dienen sie den Erwerbslosen für den raschen und möglichst nachhaltigen Wiedereintritt in den Arbeitsmarkt. Dies führt dazu, dass die Qualifizierungsmassnahmen nur soweit zu gehen haben, dass ein solcher Wiedereintritt gerade möglich ist. Bei Personen mit grossen Bildungsdefiziten wären aber entsprechend weitgehende Bildungsmassnah-men zu begründen, die heute aber nicht zur Verfügung stehen. Zum anderen könnten sie bei Noch-Erwerbstätigen oder bei von Erwerbslosigkeit Bedrohten zur präventiven Verhinderung von Erwerbslosig-keit eingesetzt werden.

Im AVIG sind gemäss heutiger Auslegung folgende Massnahmen im Bereich Prävention möglich: Ar-beitsmarktliche Massnahmen können auch für Personen, welche von Erwerbslosigkeit unmittelbar bedroht sind, bewilligt werden.33 Als unmittelbar von Erwerbslosigkeit bedroht gilt eine Person, wenn sie die Kün-digung bereits erhalten hat oder das befristete Arbeitsverhältnis demnächst ausläuft und sie trotzt ent-sprechender Bemühungen keine Aussicht auf eine Stelle hat. Davon ausgeschlossen sind allerdings Lehr-abgänger/innen. Die Voraussetzung erfüllen ausserdem Personen, die aufgrund von betrieblichen Restruk-turierungsmassnahmen oder angekündigten Massenentlassungen von Erwerbslosigkeit bedroht sind. In diesen Fällen entscheidet die zuständige Amtsstelle über die Bewilligung der Massnahme, wobei

33 Artikel 59 AVIG; Artikel 98a AVIV.

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geber/innen, die entsprechende arbeitsmarktliche Massnahmen durchführen wollen, die kantonale Amts-stelle bereits bei der Projektierungsphase einbeziehen müssen. Bei einer kollektiven Bedrohung am häu-figsten eingesetzt werden kollektive Kurse zur Standortbestimmung und Bewerbung. Ausserdem können betriebliche Arbeitsmarktzentren eingerichtet werden und im Falle von Restrukturierungen kollektive Ein-arbeitszuschüsse ausbezahlt werden.

In seiner Botschaft zur Revision des AVIG im Jahr 2001 ist der Bundesrat auf die Frage eingegangen, ob weiterreichende präventive Massnahmen im Bildungsbereich über das AVIG finanziert werden sollen. Er kam mit folgenden Begründungen zu einer ablehnenden Haltung:

„Der Bundesrat ist sich bewusst, dass eine wirkungsvolle Prävention das beste Mittel gegen die Arbeitslosigkeit ist. (...) Auf Grund der sich rasch wandelnden Qualifikationsanforderun-gen auf dem Arbeitsmarkt stellt sich zunehmend die Frage, ob Präventionsmassnahmen (d.h.

insbesondere Weiterbildungsmassnahmen) für alle beitragszahlenden Arbeitnehmer oder zumindest für bestimmte Risikogruppen angeboten werden sollen (allgemeine Prävention).

Der Bundesrat hat im Rahmen dieser Revisionsvorlage aus folgenden Gründen von einem Ausbau der Arbeitslosenversicherung in Richtung allgemeine Prävention abgesehen:

Eine wirkungsvolle allgemeine Prävention würde verschiedenste Bereiche der Bildungs- und Ausländerpolitik mit einschliessen. In diesem Sinne ist die allgemeine Prävention eine Quer-schnittsaufgabe, die von unterschiedlichen Behörden auf Bundes- und Kantonsebene wahr-zunehmen ist. In der Botschaft zum Berufsbildungsgesetz vom 6. September 2000 und im

«Bericht des Bundesrates über die Elemente einer Bundespolitik für die Weiterbildung in der Schweiz», der am 18. September 2000 veröffentlicht wurde, ist die bundesrätliche Strategie im Weiterbildungsbereich dargelegt. Der Bundesrat will den in diesen Berichten aufgezeigten Weg weiterverfolgen und die Thematik der Weiterbildung im Rahmen der Revision des Be-rufsbildungsgesetzes behandeln. Bevor weitere Massnahmen in diesem Bereich initiiert wer-den, sollen die in der Botschaft zum Berufsbildungsgesetz vorgeschlagenen Massnahmen ge-setzlich verankert, umgesetzt und ausgewertet werden.

Eine Ausdehnung der verfügbaren Instrumente auf Personen, die verschiedene Risikomerk-male auf sich vereinigen, aber nicht unmittelbar von Arbeitslosigkeit bedroht sind, würde bedeuten, dass die Arbeitslosenversicherung zusätzliche Aufgaben im Bildungsbereich und in der Ausländerpolitik übernehmen müsste. Da dies erhebliche Zusatzaufwendungen mit sich brächte, erachtet der Bundesrat die Verankerung der allgemeinen Prävention in der Arbeits-losenversicherung angesichts des engen Spielraums sowohl auf der Leistungs- wie auf der Finanzierungsseite als nicht angezeigt.“

Der Bundesrat sieht die Priorität bei der Aufgabe der Prävention bei der Bildungspolitik und nicht bei der Arbeitslosenversicherung. Diese klare Grenzziehung zwischen den Zuständigkeiten der Bildungspolitik und der Arbeitslosenversicherung bedingt, dass die Bildungspolitik ihre Aufgaben wahrnimmt. Ist dies nicht der Fall und ist die Arbeitslosenversicherung in der Folge mit erwerbslosen Personen konfrontiert, die grössere Bildungsdefizite aufweisen, müsste die Arbeitslosenversicherung in einer Übergangszeit weiter-gehende qualifizierende Einzelmassnahmen zur Verfügung haben. Diese wäre solange einzusetzen, bis die Bildungspolitik ihre Aufgaben erfüllen würde. Diese weitergehenden Qualifizierungsmassnahmen kämen nicht generell allen betroffenen Ausländer/innen zu Gute. Vielmehr müsste nach Lebensalter (bzw. Rest-arbeitszeit bis zur Pensionierung), Sprachkompetenzen und Motivation der Ausländer/innen differenziert werden. Von besonderer Bedeutung sind dabei zweifelsohne weitergehende Qualifizierungsmassnahmen bei erwerbslosen ausländischen Jugendlichen. Bei der Finanzierung weitergehender

Qualifizierungsmass-BASS

nahmen könnte daran gedacht werden, eine Bundessteuerfinanzierung34 beizuziehen, weil es sich um Kernaufgaben der Bildungspolitik handelt.35

Auch bei den Expert/innen besteht Einigkeit darüber, dass längerfristig an einer nachhaltigen Qualifika-tion der Ausländer/innen gearbeitet werden muss. Ein Teil ist dabei die Sprachförderung, die am wir-kungsvollsten erfolgt, solange die Ausländer/innen im Arbeitsmarkt integriert sind. Die Expert/innen wei-sen auf verschiedene Schwierigkeiten hin:

■ Die Qualifizierung von Arbeitnehmenden ist dann schwierig, wenn kaum eine Grundausbildung vor-handen ist.

■ Bei ausländischen Jugendlichen seien Qualifizierungsmassnahmen, welche nur kleinere Lücken schlies-sen können, nicht der richtige Ansatz. Hier müsste eher mit Motivationssemestern gearbeitet werden, in welchen den Jugendlichen nach der Schulbildung der Stellenwert eines Berufsabschlusses vermittelt wer-den kann und sie so allenfalls zur Aufnahme einer Lehre bewegt werwer-den können.

■ Im Zentrum stehe im schweizerischen Arbeitsmarkt der Abschluss einer Berufslehre. Die Arbeitslosen-versicherung habe heute aber noch keine Möglichkeiten, substanzielle Nachholbildungen durchzuführen.

Wenn die Bildungspolitik der Arbeitslosenversicherung im Bereich der Qualifizierungsmassnahmen vor-geht, dann muss ein Augenmerk auch auf die Stipendien geworfen werden. Stipendien werden heute rund zu zwei Dritteln für Berufsbildungen und rund zu einem Drittel für Hochschulbildungen ausgege-ben.36 Wir vermuten, dass der Zugang von Ausländer/innen zu den Stipendien schlechter ist als bei den Schweizer/innen, weil sie oft über weniger Informationen verfügen dürften. Stipendien könnten für die Integration der Ausländer/innen eine wichtige Rolle spielen. Somit sind Massnahmen zu prüfen, damit der Zugang gleichermassen möglich wird wie bei den Schweizer/innen. Darüber hinaus sind auch Massnah-men zu prüfen, wie das Stipendienwesen aktiver für die Integration der Ausländer/innen eingesetzt wer-den könnte. Dies betrifft vor allem wer-den Bereich der stipendienberechtigten Ausbildungsgänge.

Die Bedeutung der Sozialpartnerschaft und der Arbeitgeber/innen bei der Bildung von niedrigqualifizierten Ausländer/innen (Expert/innen)

Die Expert/innen sind sich einig darüber, dass bei vielen mangelhaft qualifizierten Ausländer/innen bereits kurz nach ihrer Ankunft in der Schweiz mit präventiven Massnahmen dafür gesorgt werden müsste, dass das Erwerbslosigkeitsrisiko gesenkt werden kann. Im Zentrum würden die Arbeitgeber/innen stehen.

Letztlich sei es aber nicht einfach, die Arbeitgebenden, vor allem kleinere und mittlere Betriebe, dazu zu bringen, sich verstärkt für die niedrigqualifizierten Ausländer/innen einzusetzen. Eine wichtige Rolle wird in diesem Zusammenhang der Sozialpartnerschaft und den Gesamtarbeitsverträgen zugewiesen. Es müsse aber auch darüber nachgedacht werden, wie die Arbeitgeber/innen über finanzielle Anreizsys-teme dazu gebracht werden könnten, sich stärker für Qualifizierungen der Ausländer/innen einzusetzen.

Explizit wird auch darauf hingewiesen, dass sich der Staat finanziell stärker beteiligen sollte.

34 Notwendig wäre eine Bundessteuerfinanzierung. Eine kantonale Steuerfinanzierung würde bereits bestehende interkantonale Unterschiede stark vergrössern.

35 Rürup (2005) weist darauf hin, dass alle versicherungsfremden Leistungen, die gesamtgesellschaftliche Aufgaben erfüllen, steu-erfinanziert werden sollten.

36 Vgl. Spycher/Saly (2001).

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