• Keine Ergebnisse gefunden

1 Ausgangslage und Fragestellungen

2 Konzepte, Definitionen, Methoden und Daten

2.3 Methoden .1 Vorgehen

2.3.2 Beschränkungen

Logistischen Regressionen sind in der Forschung zum Arbeitsmarkt weitverbreitet

(Winkel-mann/Winkelmann 1997, Winkelmann 2003 , Bevelander/Nielsen 2004, Statistik Amt Zürich 2003) Nichtsdestotrotz weist dieses Verfahren gewisse Einschränkungen auf, die zu Verzerrungen und ungenau-en Schätzparametern führungenau-en könnungenau-en. Einerseits beziehungenau-en sich die Einschränkungungenau-en auf die logistische Regressionsmethode an sich, andererseits auf das spezifische Untersuchungsobjekt der Erwerbstätigen mit Migrationshintergrund.

Das Problem der seltenen Ereignisse

Im folgenden beschränken wir uns auf die spezifischen Schwierigkeiten, die bei der Schätzung der Er-werbslosenwahrscheinlichkeit entstehen. Hierbei sind insbesondere jene Schwierigkeiten zu erwähnen, die auf den relativen kleinen Anteil der Erwerbslosen im Verhältnis zur Gesamt-Erwerbsbevölkerung zurückzu-führen sind. Logistische Regressionen eignen sich vor allem für die Analyse von Beobachtungen, die in relativ grosse Gruppen einzuordnen sind. Man spricht von Untersuchungsgruppen, die 20 bis 80 Prozent der Beobachtungen umfassen sollten. Was die Erwerbslosen angeht, beobachten wir jedoch eine sehr schiefe Verteilung: Die Erwerbslosenquote beträgt in der Volkszählung im Jahr 2000 je nach Untergruppe 2.2 Prozent bis 20 Prozent (vgl. Tabelle 23), in der Sake 1992-2002 1.5 Prozent bis 15 Prozent. Dieser Tatbestand wird in der Literatur mit dem Konzept der Logististic Regressions for Rare Events

gekennzeich-BASS

net (King/Zeng 2001, 2002, Lowe 2004). Vereinfacht formuliert besteht das Problem der kleinen Gruppen in der möglichen Verzerrung durch eine geringe Fallzahl. Ist die Fallzahl in der Grundgesamteinheit klein, besteht die Gefahr, dass dieses seltene Ereignisse nicht repräsentativ in der Stichprobengruppe abgebildet ist. Als Konsequenz können die Parameterschätzungen verzerrt sein und die vorausgesagten Zustände (predicted Outcomes) decken sich kaum mit den tatsächlichen beobachteten Zuständen. Dem Problem seltener Ereignisse (rare events) wird in der Literatur durch einen spezifischen Stichprobenaufbau

(sampling design) und einer entsprechenden Korrektur der Parameterschätzungen abgeholfen. In unseren Datensätzen ist jedoch nicht die Fallzahl das Problem, sondern das relative Verhältnis der Erwerbslosen zu den Erwerbstätigen. Die Annahme, dass die Parameter verzerrt sein könnten, kann somit verworfen wer-den. Hingegen ist die Güte der Voraussagen nicht sehr hoch (was wir jedoch gar nicht als Zielsetzung definiert hatten).

Unterschiedliche Migrationsströme

Eine weitere spezifische methodologische Schwierigkeit, die für die Analyse von Erwerbstätigen mit Migra-tionshintergrund von Belang ist (sich jedoch nicht auf die logistischen Regressionen beschränkt, und in der Literatur recht wenig Betrachtung findet), hat mit der Eigenschaft der Migrant/innen zu tun. Eine Ver-gleichbarkeit der ausländischen und der schweizerischen Erwerbsbevölkerung ist auf Grund der Migrati-onsströme mit gewissen Schwierigkeiten verbunden. Dieser Aspekt fällt unter die Problematik der Stich-probenverzerrung (Borjas/Bratsberg 1996). „(...) sample of immigrants is a selected sample of immigrants because return migration might not be a random sample of the population of immigrants. Labour mi-grants may be more likely to return to their home country than refugees, because they would consider leaving when the demand for labour is low in the receiving country and high in hat esource country. Also return migration might be related to observed or unobserved abilities.” (Bevelander/Nielsen 2004 126) Die schweizerische Erwerbspopulation ist relativ stabil. Zu- und Abwanderungen spielen im Vergleich zur ständigen Wohnbevölkerung eine vernachlässigbare Rolle. Die ausländische Bevölkerung hingegen ist naturgemäss wesentlich mobiler. Ein- und Auswanderungsströme können bedeutend sein. Diese Ströme können somit zu einer bedeutenden Veränderung der Zusammensetzung dieser Gruppe führen. Darüber hinaus sind diese Veränderung recht heterogen. Die Zusammensetzung der jeweiligen ausländischen Gruppen wird geprägt durch die Netto- und die Bruttomigrationsströme. Tabelle 2 verdeutlicht diese unterschiedlichen Entwicklungen. So ist z.B. die Gruppe der Italiener/innen der schweizerischen Bevölke-rung auf Grund der NettowandeBevölke-rungen im Jahr 2002 sehr ähnlich, die Gruppe der Spanier/innen hinge-gen ist wehinge-gen der grösseren Abwanderungsquote eher am Abnehmen. Die Gruppe der Deutschen zeich-net sich sowohl durch eine hohe Wanderungssaldoziffer als auch durch eine hohe Migrationsziffer aus:

2002 verliessen viele Deutsche die Schweiz, es kamen aber noch mehr hinzu. Die Gruppe der Nordameri-kaner/innen hingegen weist eine relative geringe Wanderungsziffer aus, hingegen eine sehr hohe Migrati-onsziffer. Dies deutet auf eine Bevölkerungsgruppe mit kurzer Aufenthaltsdauer in der Schweiz hin.

Diese Bild ist aber statisch da es die Veränderungen nur für das Jahr 2002 wiederspiegelt. Berücksichtigt man die Periodenbetrachtung 1992-2002 (letzte Spalte der Tabelle 2), wird das Bild noch komplexer. Über die Periode 1992-2002 zeigt das kumulierte Wanderungssaldo 3 Gruppen, die sich durch eine signifikante zahlenmässige Abnahme kennzeichnen: Diese beiden «alten»Einwanderungsgruppen der Italiener/innen und Spanier/innen sowie die der Schweizer/innen. Dafür hat der kumulierte Wanderungssaldo für neue Migrationsregionen wie Asien, Afrika und Südamerika stark zugenommen. Die Gruppe der Einwanderer aus dem Gebiet von Ex-Jugoslawien weist die grösste Bruttozunahme aus.

BASS

Tabelle 2: Wanderungszahlen der ständigen Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeit 2002

Staatsangehörigkeit Bestand

(1) Wanderungssaldoziffer: Wanderungssaldo bezogen auf 1000 Personen der Bevölkerung in der Jahresmitte

(2) Migrationsziffer: Summer der Einwanderungen und Auswanderungen bezogen auf 1000 Personen der Bevölkerung in der Jah-resmitte

(3) Der Wanderungssaldo 92-02, dass die von uns untersuchte Periode abdeckt, basiert auf die Kumulation der jährlichen Wande-rungssalden gemäss BfS 2003 (für 1995 bis 2002) und das Statistische Jahrbuch der Schweiz 2000.

Quelle: BFS 2003, BfS 1999

Die Problematik der Stichprobenverzerrung ist für die Schätzung der Erwerbslosigkeit insofern ein Prob-lem, als dass die Migrationsströme sehr wohl einen Einfluss auf die Gruppenzusammensetzung und auf die Erwerbslosigkeit haben. Diese Stichprobenverzerrung ist aber vor allem für die Modelle, die auf der Beobachtungsperiode 1992-2002 basieren, von Belang. Für die querschnittsbezogenen Regressionsmodel-le, wie sie für die Daten der Volkszählung berechnet wurden, spielt die Stichprobenverzerrung eine unbe-deutende Rolle. Eine mögliche technische Behandlung der Stichprobenverzerrung für die

SAKE-Regressionen wurde jedoch nicht gemacht, da die Heckman’s Korrektur (Heckmann 1979) einerseits auf Annahmen beruht, die kaum je erfüllt sind (wie die Unabhängigkeit zwischen der Stichprobenselektion (also dem Migrationsverhalten) und der abhängigen Zielvariable (hier der Wahrscheinlichkeit erwerbslos zu sein). Andererseits besitzen Regressionsmodelle, die eine Heckmann Selektion berücksichtigen, einen zu-sätzlichen Parameter, der die Interpretation erschwert. Aus diesem Grund muss die dynamische Zusam-mensetzung der Gruppe der Erwerbstätigen mit Migrationshintergrund bei der Interpretation der Parame-terschätzungen berücksichtigt werden. Das bedeutet, dass die Schätzparameter für die ausländischen Gruppen mit einer grossen Migrationsziffer eine grössere Standardabweichung besitzen als statistisch ausgewiesen wird. Weisen beispielsweise die Deutschen eine höhere Migrationsziffer auf als die Italie-ner/innen, so könnte die Erwerbslosigkeit der ersten Gruppe bei einem ähnlichen Migrationsverhalten der zweiten Gruppe höher liegen als tatsächlich beobachtet, vorausgesetzt, dass die Erwerbslosen weniger mobil sind als die Erwerbstätige Bevölkerung. Die Verwendung von zwei unterschiedlichen Datensätzen gibt uns aber die Möglichkeit, eine möglicherweise verzerrte Parameterschätzung durch einen Vergleich

BASS

beider Parameterschätzungen zu minimieren. Sollte das Migrationsverhalten ausgeprägt sein und einen Einfluss auf die Schätzungen haben, wären grosse Unterschiede zwischen der SAKE und der Volkszählung ersichtlich.