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konzentrationen während vier vollständiger Betäubungsvorgänge an vier verschiedenen Schlachttagen bei einer an der Betäubungs-

5.2. Diskussion Untersuchungsmaterial und Methode

Die Untersuchungen wurden in einem kleineren, EU-zugelassenen Schlachtbetrieb (Tagesschlachtkapazität 500-600 Schweine) durchgeführt, da sich hier die Rahmenbedingungen für die Versuchsdurchführung; wie z. B. die Änderung der Betäubungssollkonzentration von 90 auf 80 Vol. % CO2 leichter variieren ließen. In dem Schlachtbetrieb wurden die Schweine im Dip-Lift-Verfahren mit einem Eingondelsystem betäubt. Dieses CO2 Betäubungsverfahren bietet gegenüber den Mehrgondelsystemen den Vorteil, dass die zu betäubenden Schweine während sämtlicher Phasen der CO2-Betäubung von oben, jederzeit für den Untersucher sichtbar bleiben. Dies wurde auch für die Videoaufnahmen genutzt.

Die verschiedenen CO2/O2-Gaskonzentrationen wurden mit dem Modulären Prozessanalysensystem Advance Optima (Fa. Hartmann & Braun Analysentechnik, Frankfurt a. M.) gemessen. In den Schlachtbetrieben herrschen regelmäßig sehr hohe Luftfeuchten, die durch den Arbeitsprozess verursacht werden. Um den Einfluss der Luftfeuchtigkeit auf die Messwerterhebungen zu minimieren, ist in dem hier verwendeten Analysensystem ein spezielles Kühlaggregat vorgeschaltet, das als Kühlfalle dient und dem Messgas vor der Detektion die Feuchtigkeit entzieht. Durch den Feuchtigkeitsentzug werden die Messkammern vor Kondenswasserbildung geschützt. Mit dem hier verwendeten Analysensystem können in drei voneinander isolierten Messkreissystemen die Konzentrationen an CO2 und O2 sowie die Arbeitsplatzkonzentrationen in ppm CO2 ermittelt werden.

Dies hat gegenüber den z. B. von SCHÜTTE et. al. (1999) verwendeten Meßsystemen den Vorteil, dass die CO2/O2-Konzentationen sowohl in der Betäubungsgrube, als auch am Arbeitsplatz zeitgleich erfasst werden können.

Vor und nach jedem Messtag wurde das Analysensystem mit Hilfe von Eichgasen in den Konzentration von 90 und 100 Vol. % CO2 überprüft und geeicht. Die Anlage zeigte hierbei eine ausgeprägte Messstabilität.

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Die Driftung, d. h. die Abweichung der von dem Analysensystem gemessenen CO2 -Konzentration bei angelegter Eichkonzentration blieb über Wochen unter 2 %. Dies spricht für die Qualität des verwendeten Analysensystems.

Ein weiteren Vorteil der hier gewählten Messanordnung ist, dass neben der CO2 -Konzentration auch der Sauerstoffgehalt parallel und zeitgleich mit erfasst werden konnte. Die Rolle des während der CO2-Betäubung verbleibenden Restsauerstoff-gehaltes wird kontrovers besonders in Bezug auf den Tierschutz diskutiert.

ERHARDT (1989), GRÄTZ (1981) und HOENDERKEN et. al. (1979) vertreten die Ansicht, dass nicht die Eigenschaften des CO2 die Narkose bewirken, sondern das die Narkose durch den Entzug des Sauerstoffs und der damit nachfolgenden Hypoxie im ZNS ausgelöst wird.

HERTRAMPF und v. MICKWITZ (1979) behaupten, dass besonders bei hohen CO2 -Konzentrationen um 80 Vol. % die Tiere vor der Bewusstlosigkeit eine Erstickungs-phase durchlaufen, die -in Analogie zum Empfinden des Menschen- von extremer Todesangst begleitet wird. Die in der Literatur zu findenden Angaben über die Sauerstoffversorgung der Schweine während der CO2-Betäubung sind fast ausschließlich unter standardisierten Laborbedingungen erhoben worden, die nur eingeschränkt mit Feldbedingungen verglichen werden können. Dies trifft nach LOHMHOLT (1983) auch auf die von HOENDERKEN et. al. (1979) durchgeführten Versuche zur Bewertung der CO2-Betäubung zu, die auch nicht unter Schlachthofbedingungen durchgeführt worden sind.

Die O2-Konzentrationen (s. Abbildung 5) fallen in der hier untersuchten Dip-Lift-Anlage innerhalb von einem Meter (Höhenniveau von 3,80 m bis 2,80 m) von ca. 20 Vol. % steil auf Werte um 2-3 Vol. % O2 ab. Unter Berücksichtigung einer Geschwindigkeit der Gondelbewegung (VG) von 0,16 m/sec. bedeutet dies für die zu betäubenden Schweine, dass ihnen innerhalb der ersten 6 Sekunden des Betäubungsvorganges der Sauerstoff nachhaltig entzogen wird. In den nachfolgenden Höhenbereichen sowie am Haltepunkt der Betäubungsgondel am Grubenboden stellt sich eine stabile O2-Atmosphäre, mit einem sehr niedrigen O2-Gehalt von 0,5-1,5 Vol.

% O2, ein (siehe Abbildung 16).

Es ist zu vermuten, dass die Tiere in dieser Zeit durch eine erhebliche Belastungsphase gehen, zumal sie keine Chance zum Ausweichen haben. Neuere Befunde u. a. von Nowak et. al. (2001) deuten auf sehr hohe Katecholaminausschüttungen unter der CO2-Betäubung hin. Dies kann als Hinweis auf den erlittenen Stress gedeutet werden.

Nach AFFELD et. al. (1992) ist bei der CO2-Narkose zunächst das Atemzentrum und dann erst das Bewusstsein betroffen. Für die Autoren ist die Zeit bis die Schweine das Bewusstsein verlieren mit Todes- und Erstickungsangst verbunden.

Anders argumentiert ZELLER (1987). Er führt aus, dass ein totales Unterbinden der Sauerstoffzufuhr mit einer Dauer von 25 Sekunden (bis zum Eintritt der CO2-Narkose) keineswegs zum Ersticken führt.

Zu vergleichbaren Ergebnissen kommen auch LOHMHOLT (1982) und ERHARD et.

al. (1989). Die Autoren bestätigen, dass die Hypoxie nicht ursächlich für die Auslösung der Bewusstlosigkeit verantwortlich gemacht werden kann.

Ähnlich argumentieren auch MULLENAX und DOUGHTERY (1963). Sie geben an, dass die CO2-Betäubung bei Anwesenheit von 6 Vol. % oder 30 Vol. % O2 während der ersten 1 ½ Minuten genau gleich abläuft. Erst nach Ablauf dieser Zeit reagieren die hypoxischen Tiere unterschiedlich und sterben nach 4-5 Minuten. Überträgt man die Aussagen von MULLENAX und DOUGHTERY (1963) auf die von mir beobachteten Reaktionen der Schweine, so kann man feststellen, dass sich diese unter den hier untersuchten Betäubungsbedingungen nach dem Ablauf einer Zeit von 1 ½ Minuten bereits längst in tiefer Anästhesie befinden. Verstärkte hypoxische Erscheinungen dürften demnach bei verringerten O2-Konzentrationen in der Einleitungsphase der CO2-Betäubung nicht auftreten. Wie man den Darstellungen entnehmen kann, werden die Aussagen und Behauptungen zur Sauerstoffversorgung der Schlachtschweine in der Literatur kontrovers diskutiert.

Weiterführende flächendeckende Untersuchungen zur Ermittlung der bei der CO2 -Betäubung vorherrschenden Sauerstoffkonzentrationen an den verschiedensten CO2 -Anlagen sollten in naher Zukunft dringend durchgeführt werden. Die unter standardisierten Laborbedingungen vorgenommenen Betäubungsversuche mit der Erfassung kontrollierter Sauerstoffkonzentrationen sollten unter Praxisbedingungen wiederholt werden.

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Diese flächendeckenden Untersuchungen sollten um die standardisierte Ableitung von EEG’s und die Erfassung der Sauerstoffgehalte im Blut erweitert werden.

Nur so ließen sich Aussagen in Hinblick auf die beiden immer wieder diskutierten Fragestellungen finden, ob die zu betäubenden Schweine die Exzitationsphase bewusst erleben und ob die Betäubung ursächlich mit durch hypoxische Prozesse ausgelöst wird. Weiterhin lässt sich die Frage diskutieren, ob es dann nicht sinnvoll wäre, mit geringem technischen Aufwand die Sauerstoffversorgung der Schlachtschweine durch die Zuleitung von O2/Luftgemischen zu optimieren.