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konzentrationen während vier vollständiger Betäubungsvorgänge an vier verschiedenen Schlachttagen bei einer an der Betäubungs-

5.4. Diskussion Reflexe und Reaktionen

Zur Überprüfung des Betäubungserfolges wurden 547 Schweine (B90 mit N=314 und B80 mit N=233) auf Reflexe und Reaktionen nach dem Auswerfen aus der Betäubungsanlage und während der Stich- und Entblutungsphase untersucht.

Als Parameter zur Beurteilung des Betäubungserfolges wurden hierzu im einzelnen während der Auswurf- und Anschlingphase die auftretende Schnappatmung, sowie die Eigenbewegungen der betäubten Schweine auf dem Auffangtisch registriert. Am Entblutungsband wurden der Cornealreflex und der Nasenscheidewandreflex überprüft.

Dabei wurde angenommen, dass die Abwesenheit der Reflexe auf das Fehlen des Empfindungs- und Wahrnehmungsvermögens schließen lässt, wie dies auch in der Veterinär- und Humananästhesiologie zur Beurteilung der Narkosetiefe benutzt wird.

MICKWITZ und LEACH (1977) gehen davon aus, dass ein Zustand völliger Bewusstlosigkeit nur dann als sicher anzunehmen ist, wenn die physiologischen Reflexe und alle Reaktionen auf äußere Reize erloschen sind und beim Anschlingen sowie beim Entblutungsschnitt keinerlei Reaktionen auftreten und der Cornealreflex mit Abschluss der Betäubung bis zum Tode des Tieres erloschen bleibt.

HERTRAMPF und v. MICKWITZ (1979) prüfen die Betäubungstiefe anhand des Erlöschens von z. B. Corneal- bzw. Zehenreflex. Auch das von GUEDEL auf-gestellte Narkoseschema nimmt die Differenzierung der verschiedenen Narkosestadien anhand des jeweiligen Ausfalls des Zehen-, Augenlid- und Cornealreflexes vor.

Diskussion 85

Die Befunde zeigen, dass bei 80 Vol. % CO2 Betäubungskonzentration mehr als jedes dritte Tier einen auslösbaren Cornealreflex während der Entblutung aufwies und fast jedes zweite Tier im Hängen an der Entblutungsbahn deutliche Eigenbewegungen zeigte. Es muss daher angezweifelt werden, ob das Wahrnehmungs- und Empfindungsvermögen der Tiere hinreichend ausgeschaltet war. Dabei muss beachtet werden, dass die tatsächlich eingesetzte CO2-Konzentration bei 84 Vol. % und nicht nur bei 80 Vol. % lag und die durchschnittliche Verweildauer in dieser Atmosphäre 88 Sekunden betrug. Nun gab es deutliche Abstufungen in der Reaktion der Tiere. Es wurde daher eine Differenzierung der Eigenbewegungen während der Entblutungs-phase in die Befundklassen geringgradig, mittelgradig und hochgradig vorgenommen.

Bei der B80 nahm der Anteil an mgrd. und hgrd. Eigenbewegungen der Tiere während der Entblutung deutlich zu. Die Schweine zeigten auch 2-3 Minuten nach dem Setzen des Entblutungsschnittes noch massive Ruderbewegungen der Gliedmaßen. Jedes zehnte Tier zeigte hgrd. Eigenbewegungen des gesamten Körpers. Durch generalisierte Muskelkontraktionen kam es hierbei zu einem S-förmigen Aufbiegen des kopfüber an der Entblutungsbahn hängenden Schlachtkörpers.

Diese Bewegungen wurden durch wiederholt auftretende Laufbewegungen der Gliedmaßen ergänzt. Vereinzelte Schweine zeigten sogar Lidschlagbewegungen und Urinabsatz am Entblutungsband. Beobachtungen von CANTIENI und MÜLLER (1977), bei denen die Tiere nach der Exzitationsphase und während des Ausblutens ruhig und entspannt lagen, können hier nicht bestätigt werden.

Aufgrund der Intensität und der Anzahl der Eigenbewegungen (fast jedes dritte Tier fällt in die Befundklasse mgrd. und hgrd.) sowie der Komplexität der Reaktionen muss davon ausgegangen werden, dass es sich hierbei nicht um untergeordnete Reflexbewegungen handelt, sondern dass diese Eigenbewegungen Ausdruck dafür sind, dass die Schweine in einem gewissen Grad das Wahrnehmungs- und Empfindungsvermögen wiedererlangen. Es lassen sich hier Parallelen zu den Ergebnissen der Betäubungsversuche von CANTIENI (1977) ziehen.

Die Wiedererlangung des Lidspiels und die Ruderbewegungen der Extremitäten wurden von ihm als erste Aufwachanzeichen bewertet.

Es ist von jedem Betäubungsverfahren zu fordern, dass die Betäubungsdauer solange anhält, bis der Tod des Tieres durch Blutentzug eingetreten ist. Aufwachzustände jeglicher Form, auch wenn sie in der Agonie des Tieres stattfinden, sind hierbei nicht zu akzeptieren.

Die Zeitdifferenz zwischen dem Anschlingen der Tiere und der Ausführung der Entblutung hat entscheidenden Einfluß auf die Aufrechterhaltung des Betäubungs-erfolges. Je länger die Zeit ist bis zum Setzen des Entblutungsschnittes desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die betäubten Tiere wieder Erwachen und Reaktionen der Wiedererlangung des Empfindungs- und Wahrnehmungsvermögen zeigen.

Es ist deshalb verständlich, dass der Gesetzgeber die Zeit bis zum Setzen des Entblutungsschnittes in der TierSchlV auf 20 Sekunden nach dem Verlassen der Betäubungsanlage bzw. 30 Sekunden nach dem letzten Halt in der CO2-Atmosphäre begrenzt.

Diese Zeiten können heute häufig in der Praxis unter dem Druck hoher Schlachtkapazität nicht eingehalten werden. HERTRAMPF und v. MICKWITZ (1979) führen aus, dass die geforderte Mindestzeit von 30 sec., innerhalb der ein Tier nach der Betäubung entblutet sein muss, als zu kurz bemessene Zeitspanne angesehen wird.

Bei der Auswertung der Eigenbewegungen der Schweine während der Entblutung bei einer an der Betäubungsanlage eingestellten Sollkonzentration von 80 Vol. % (B80) fiel auf, dass die zuletzt gestochenen Schweine häufig die meisten Eigenbewegungen zeigten. Die Stechzeiten des letzten Schweines (bei 3 Schweinen je Betäubungsgondel) betrug häufig zwischen 25-30 Sekunden. Die vom Gesetzgeber vorgegeben Stechzeiten sollten daher unbedingt eingehalten und nicht verlängert werden.

Im Gegensatz zu einer an der Betäubungsanlage eingestellten Sollkonzentration von 80 Vol. % CO2 (B80) führt die Betäubung mit der B90 (Istwert = 94 Vol. % CO2) zu einer wesentlich tieferen Narkose.

Der Gesamtanteil der Eigenbewegungen und insbesondere der Anteil an mgrd. und hgrd. Eigenbewegungen während der Entblutung, sowie das Wiedererlangen des Cornealreflexes nimmt deutlich ab. Bei einer B90 zeigten lediglich nur noch 3,5 % bzw. 0,6 % der Tiere mgrd. bzw. hgrd. Eigenbewegungen an der Entblutungsbahn.

Diskussion 87

Der Anteil der Tiere die ein Wiederauftreten der Cornealreflexes zeigten fiel signifikant von 37,8 % (B80) auf 13,4 % bei der B90. Auch der Anteil der Tiere mit Schnappatmung fällt auf unter 50 %. Allerdings besteht bei B90 die Gefahr, dass ein Teil der Tiere bereits tot ist, bevor sie gestochen und entblutet werden können. Ein Teil der Tiere die keine Schnappatmung zeigten, waren nach eigenen Beobachtungen bereits in der CO2-Betäubung verendet Diese Tiere lagen völlig regungslos auf dem Auswurftisch und zeigten zyanotische Verfärbungen an den Ohren, der Rüsselscheibe und den Akren. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch HOENDERKEN et. al.

(1979). Sie stellten fest, dass Schweine bei Konzentrationen über 70 % CO2 und einer Betäubungszeit länger als 90 Sekunden getötet werden. Bei 10 von insgesamt 16 Betäubungsversuchen blieb das EEG nach dem Ende der Betäubung iso-elektrisch; die Tiere waren damit klinisch tot. Die Schweine wurden in unserem Versuchsaufbau für mindestens 98 Sekunden einer CO2-Konzentration von über 90 Vol. % ausgesetzt.

Unter den Gesichtspunkten des Tierschutzgesetzes ist dieses Verenden in der Betäubung durchaus akzeptabel. Denn ob der Eintritt des Todes durch Blutentzug also dem Schlachten im eigentlichen Sinn oder durch die Überdosierung der CO2-Narkose erfolgt, dürfte im Ergebnis für die Schweine keinen Unterschied machen, solange die damit verbundenen Schmerzen und Leiden soweit wie möglich reduziert werden. Zu einer ähnlichen Ansicht kommen auch KNIERIM 1996 sowie WORMUTH u.

SCHÜTT-ABRAHAM 1986.

STEGEN (1993) weist darauf hin, dass der Schutz der Schlachttiere über den Forderungen der Fleischhygiene liegen sollte. Für ihn lässt es sich durchaus diskutieren, ob nicht die Auslösung eines Herzstillstandes vor dem Setzen des Entblutungsschnittes im Sinne des Tierschutzes zu bevorzugen wäre. Die Tiere würden dann vor der Entblutung nicht betäubt sondern getötet.

Im Gegensatz hierzu stehen die gesetzlichen Bestimmungen des Fleisch-hygienegesetzes. Dieses definiert eindeutig das Schlachten zum Zwecke der Lebensmittelgewinnung als Tötung durch Blutentzug.

Damit kann es zu einem Konflikt mit dem Fleischhygienerecht kommen. Bei einer engen Auslegung der fleischhygienerechtlichen Vorschriften könnte gesagt werden, dass es sich hierbei nicht um Schlachten im eigentlichen Sinne handelt, sondern um den Vorgang des Tötens im Verenden.

Eine wichtige Rolle dürfte dabei die Zeit zwischen dem Eintritt des Todes und dem Ausbluten der Tiere spielen. Dies kann z. B. durch eine technische Unterbrechung des Betäubungsablaufes geschehen, wenn z. B. die Gondel stehen bleibt und die Tiere längere Zeit in der CO2-Atmosphäre verweilen müssen. Nach einer Dauer von ca. 8-10 Minuten post mortem ist davon auszugehen, dass sich in der Barrierefunktion der Darmschranke erste Insuffizienzen zeigen, die zu einer Migration von Mikro-organismen in den Schlachtkörper führen könnten. Dies wäre dann ein Zustand der von fleischhygienerechtlicher Relevanz ist. Die Frage zur Abgrenzung zwischen dem eigentlichen Schlachten und dem Töten der Tiere im Hinblick auf die gesetzlichen Bestimmungen der Tierschutz-Schlachtverordnung und dem Tierschutzgesetz einerseits und dem Fleischhygienerecht andererseitsbesitzt damit eine hohe praktische Bedeutung (KNIERIM 1996).

Der Grad zwischen guter Betäubung und Töten ist bei der CO2-Betäubung relativ schmal. Dabei spielen offenbar auch individuelle Gründe eine Rolle. So fiel bei der Betäubung der Schweine mit einer an der Betäubungsanlage eingestellten Sollkonzentration von 90 Vol. % CO2 (B90) auf, dass das Betäubungsergebnis bei verschiedenen Individuen unterschiedlich ausfiel. Obwohl sich bereits einige Schweine nach dem Auswerfen aus der Betäubungsanlage in der Agonie befanden bzw. verendet waren, zeigte ein Prozentsatz von 13,3 % der Tiere einen positiven Cornealreflex und 12,4 % Bewegungen während der Entblutungsphase.

Diese Reaktionen deuten darauf hin, dass diese Tiere noch in der Phase der Entblutung bereits einen gewissen Anteil an Empfindungs- und Wahrnehmungsvermögen wiedererlangt hatten, während andere Tiere bereits z. T. vor der Entblutung verstorben waren. Die unterschiedlichen Betäubungsergebnisse können nach meiner Ein-schätzung damit zusammenhängen, dass die Tiere eine unterschiedliche genetische Disposition zur Stressresistenz zeigen. Dies bedeutet, dass die Schweine die auf sie einwirkenden Stressoren wie z. B. den Schlachttiertransport, das Handling der Tiere im Schlachtbetrieb, die Zuführung in die CO2-Betäubungsanlage und den Einfluß der Exposition mit Kohlendioxid unterschiedlich zu kompensieren vermögen. Stresslabile Tiere sind anfälliger und verenden unter den Einfluß von Stressoren früher.

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Nach TRÖGER und WOLTERSDORF (1988a) stellt die Betäubung eine extreme physische und psychische Belastung für die Schlachtschweine dar. Ein Mastschwein heutigen Typs ist aufgrund von Körperbau (extreme Muskelfülle, relativ kleines Herz), Konstitution und Aufzuchtbedingungen für die Belastung beim Schlachten besonders anfällig (TRÖGER 1990). Der gleiche Autor weist darauf hin, dass die Zutriebs- und Randbedingungen der Betäubung ebenfalls eine Rolle spielen: Bereits vor der Betäubung sehr aufgeregte und physisch belastete Schweine zeigen ausgeprägtere Exzitationen als ruhigere Tiere. TRÖGER und WIRTH (1989) konnten zudem eine Abhängigkeit des Exzitationsgrades vom Genotyp nachweisen. Deutlich seltener und schwächer ausgeprägt sind die Exzitationen bei halothannegativen Tieren. Bei halothanpositiven Tieren treten mittlere bis starke Exzitationen signifikant häufiger auf. Ein weiterer Grund für unzureichende Betäubungsergebnisse, ergibt sich aus der Tatsache, dass die Schweine in der Betäubungsgondel nach der Exzitationsphase häufig übereinander liegen. Die Atembewegungen und damit die Inhalation von CO2

könnten bei den unten liegenden Schweinen durch die Kompression des Brustkorbes vermindert sein, was zu einer verminderten Betäubungs-tiefe führen könnte. Ein Problem stellt die Betäubung von Altsauen dar. Die Betäubungsergebnisse fallen bei diesen schweren Tieren oft unbefriedigend aus. Einerseits kann die CO2-Konzentration erhöht werden, wirkungsvoller ist bei der Betäubung von Altsauen die Betäubungszeit zu verlängern.