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konzentrationen während vier vollständiger Betäubungsvorgänge an vier verschiedenen Schlachttagen bei einer an der Betäubungs-

5.5. Diskussion der Arbeitsplatzsicherheit

Die Befunde zeigen erhöhte und z. T. stark erhöhte CO2-Konzentrationen am Arbeitsplatz an der Betäubungsanlage. Aus der Praxis wird wiederholt berichtet, dass die in unmittelbarer Nähe der Betäubungsanlage arbeitenden Personen häufig mit Fortschreiten des Arbeitstages über Müdigkeit und Kopfschmerzen klagen. Die Arbeitsplatzsicherheit stellt im alltäglichen Schlachtbetrieb aufgrund der im Bereich des Anschlingers vorherrschenden hohen CO2-Belastungen nach wie vor ein aktuelles Problem dar. Jüngste Berichte in denen Anschlinger während der Arbeit bewusstlos geworden sind verstärken diesen Eindruck.

Obwohl der Gesetzgeber die Maximale Arbeitsplatzkonzentration (MAK) für CO2 auf 5000 ppm festlegt hat, und die Gewerbeaufsichtsämter und Bezirksregierungen die strikte Einhaltung dieser Grenzwerte einfordern, darf vermutet werden, dass die Maximalen Arbeitsplatzkonzentrationen in vielen Schlachtbetrieben im Praxisalltag überschritten werden. Flächendeckende Untersuchungen und Auswertungen zur CO2

Belastung der Arbeiter liegen derzeit noch nicht vor. Eine entsprechende Untersuchung zur CO2-Belastung ist beim BMVL in Vorbereitung.

In der vorliegenden Arbeit wurden kontinuierliche Messungen der CO2 -Konzentrationen im Bereich der in der unmittelbaren Umgebung der Betäubungs-anlage arbeitenden Personen unter Praxisbedingungen parallel zu den Messungen der CO2 Konzentrationen in der Betäubungsgrube vorgenommen. Durch die zeitgleiche Aufzeichnung der Gasverhältnisse innerhalb der Betäubungsgrube und außerhalb der Anlage am Arbeitsplatz konnte der mit dem Auswurf der Schweine stattfindende Einstrom von Kohlendioxid in die Arbeitsplatzatmosphäre des Anschlingers aufgezeigt werden.

Durch den Auswurf der Tiere wird kontinuierlich über den gesamten Arbeitstag CO2

aus der Betäubungsgrube in die Arbeitsplatzumgebung eingebracht. Hauptquelle dürfte neben den Schweinen selbst, das von den Tieren mit der Schnappatmung abgegebene Kohlendioxid, die Gondelbewegung und das Umkippen der Gondel in der Auswurfphase sein. In gewissem Umfang finden auch Diffusionsvorgänge aus der Grube statt. Bereits WERNBERG (1957) macht darauf aufmerksam, dass die Führung der Schweine durch die Grube mit CO2-Luftmischung so ruhig und reibungslos wie möglich verlaufen sollte, damit die Vermischung des CO2 mit der atmosphärischen Luft über der Grube nicht unnötig groß wird.

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass in den Anlagen darauf geachtet werden sollte, dass das Lochblech des Grubenbodens ständig frei von Verunreinigungen ist. Nur so kann ein ordnungsgemäßer Abfluss des Kohlendioxids durch den Gondelboden im oberen Grubendrittel und während der Auswurfphase gewährleistet werden. Das wiederholte Reinigen des Lochbodens während des Arbeitstages kann somit zu einer zusätzlichen Verringerung der Kohlen-dioxidkonzentration am Arbeitsplatz beitragen.

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Es sollte ferner darauf geachtet werden, dass die Lochausschnitte nicht zu klein gewählt werden, damit das CO2 ungehindert in die Gondel strömen kann.

Ein zusätzlicher Schutz des Arbeitsplatzes vor CO2-Eintrag lässt sich ferner durch die Anbringung von Leitblechen und Lamellenvorhängen im Bereich der Auswurf-öffnung erzielen. Bereits ESSIG (1959) rät zu einem zugfreien Einbau der Betäubungsanlage und peinlichster Abdichtung der Anlage selbst. Als günstig habe sich ferner eine Rücklaufmöglichkeit des CO2-Luftgemisches, durch eine schiefe Ebene zur Bucht hin, erwiesen.

In den Untersuchungen zeigte sich, dass die CO2-Konzentrationen am Arbeitsplatz eindeutig von dem in der Betäubungsgrube vorherrschenden CO2 -Konzentrations-niveau abhängig sind.

Bei B90 wird durch den Gondelbetrieb deutlich mehr CO2 in die Arbeitsplatzatmosphäre eingetragen, als bei B80, denn mit der Erhöhung der Betäubungskonzentration steigt nicht nur die Masse des Kohlendioxid (Anzahl der CO2-Moleküle) je Volumeneinheit, sondern auch die Oberfläche des „CO2-Sees“

verschiebt sich weiter nach oben in Richtung Grubenöffnung (siehe Abbildung 14).

Das in der Betäubungsgrube anstehende CO2 wird somit durch die Gondelbewegung und durch Diffusion des Kohlendioxids in die Umgebung leichter in die Arbeitsplatzatmosphäre eingetragen.

Zu gleichen Effekten kommt es nach der Wiederaufnahme der CO2-Betäubung nach den Arbeitspausen. Da die Betäubungsanlage während der Arbeitspausen weiter läuft, ohne das Schweine das Kohlendioxid verbrauchen, kommt es zu einer Erhöhung der CO2-Konzentration innerhalb der Betäubungsgrube. Dies schlägt sich in deutlich erhöhten CO2-Arbeitsplatzkonzentrationen nach den Arbeitspausen nieder.

Aus den hier dargestellten Zusammenhängen ist abzuleiten, dass es ratsam ist, den konzentrationsabhängigen Zufluß der Kohlendioxidgase in die Betäubungsgrube mit einer präzise arbeitenden technischen Sollwertansteuerung in einem möglichst engen Schwankungsbereich zu halten. Eine Übersteuerung der Betäubungskonzentration in der Anlage sollte vermieden werden, da sie zu Lasten der Arbeitsplatzsicherheit geht.

Wichtig ist daher die Installation einer geeigneten Lüftungsanlage.

In den Untersuchungen liegen die Arbeitsplatzkonzentrationen vor Einbau der Lüftung (siehe Abbildungen 22 und 23) zwischen 5000 und 12000 ppm. Mit dem Be- und Entlüftungssystem konnte die CO2-Arbeitsplatzkonzentration auf unter 5000 ppm (MAK-Wert) reduziert werden. Oft reicht eine Lüftung allein nicht aus. Vielfach sind zusätzliche Absaugeinrichtungen z. B. unter der Auswurföffnung der Betäubungs-anlage notwendig. Wie der Vergleich der unterschiedlichen Be- und Entlüftungsregime im untersuchtem Schlachthof zeigt, führt die alleinige Verwendung der Absaugeinrichtung nicht zu einer Unterschreitung des MAK-Wertes. Erst die Kombination der beider Maßnahmen war erfolgreich.

Mit der gleichzeitigen Verwendung von Lüftereinheit und Absaugeinrichtung konnten die CO2 Arbeitsplatzkonzentrationen deutlich und dauerhaft auf Werte um 3000 ppm gesenkt werden.

Im Vergleich der jeweiligen Messtage fällt auf, dass die Schwankungen der CO2 -Konzentrationen zwischen den einzelnen Tagen besonders bei hohen ppm Werten sehr deutlich ausfällt. Diese tagesbedingten Schwankungen der gemessen CO2 -Konzentrationen lassen sich dadurch erklären, dass selbstverständlich eine Vielzahl von bekannten und unbekannten Variablen auf die Ausprägung der CO2-Belastung des Arbeitsplatzes Einfluss nehmen.

Bedacht werden muss , dass die CO2-Arbeitsplatzkonzentrationen auch von den in der Schlachthalle herrschenden Temperaturen und der rel. Luftfeuchtigkeit abhängig sind.

Bei den Untersuchungen fiel auf, dass die CO2-Belastungen in den Sommermonaten deutlich anstieg. Weiterhin sind die CO2-Konzentrationen natürlich von dem Eindringen frischer Außenluft in die Schlachthalle abhängig. Mit der Bildung von Zugluft bei offenstehenden Türen in der Schlachthalle und den damit verbundenen erhöhten Eintrag von unbelasteter Außenluft in den Bereich der Betäubungsanlage, nimmt die CO2-Arbeitsplatzkonzentration ab.

Aus Gründen der Arbeitssicherheit ist es zwingend erforderlich, bei der Betreibung von CO2-Betäubungsanlagen auf die strikte Einhaltung der MAK-Werte zu achten.

Entsprechende Sicherungs- und Lüftungsmaßnahmen, die sich nicht nur am Grenzwert orientieren müssen ergriffen werden, um die arbeitenden Personen maximal zu schützen. Vielleicht sollten auch die aufsichtsführenden Behörden regelmäßiger Überprüfungen der Arbeitsplatzbelastungen durch CO2 durchführen.

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Auch die kontinuierliche, registrierende Überwachung der CO2 -Arbeitsplatz-konzentrationen scheint sinnvoll . Mit relativ geringem technischen Aufwand könnten die am Arbeitsplatz vorherrschenden CO2-Konzentrationen fortlaufend über ein festinstalliertes Meßsystem erfasst und ausgewertet werden. Die aktuellen Messwerte sollten dann auf einem für alle Personen gut einsehbaren Display (LCD-Anzeige) sichtbar gemacht werden.

Bei der Überschreitung der MAK-Werte müsste zudem ein akustisches Warnsignal ertönen. Für fortschrittliche Schlachthofbetreiber sollte dieser finanzielle Mehraufwand zur Erhöhung der Arbeitplatzsicherheit im Rahmen einer freiwilligen Selbstkontrolle tragbar sein.

Die Betäubung mit 80-84 Vol. % CO2 (unterer Minimalbereich der vom Gesetzgeber noch tolerierten CO2-Konzentration) bei einer Verweildauer von ca. 90 Sekunden führt nicht immer zu einem befriedigenden Betäubungsergebnis. Eine weitere Reduzierung aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen wie Einsparung des CO2-Verbrauchs, Verkürzung der Betäubungszeiten oder Erhöhung der Schlachtkapazitäten darf nicht gestattet werden, da mit einem ungenügenden Betäubungserfolg und damit mit einem Verstoß gegen das Tierschutzgesetz gerechnet werden muß. Der Anteil der Schweine mit Wiedererlangung des Cornealreflexes von 13,3 % sollte weiter gesenkt werden. In Dänemark wird der Schwellenwert des Wiederauftretens der Cornealreflexes mit einem Anteil der Tiere von 5 % festgelegt.

Die weitere Erhöhung der CO2-Betäubungskonzentration dürfte schnell an Grenzen stoßen. So wird sich der Anteil der Schweine, die die Betäubungsanlage bereits tot oder in der Agonie verlassen weiter erhöhen. Die fleischhygienischen Bedenken des Schlachtens im Verenden würden sich weiter verschärfen.

Eine andere Möglichkeit zur Verbesserung der Betäubungsergebnisse kann sich durch die Verlängerung der Betäubungszeiten (CO2-Expositionszeiten) ergeben. Mit der Erhöhung der Gesamtbetäubungszeiten bei gleicher oder verbesserter Betäubungstiefe könnten die verwendeten Betäubungskonzentrationen gesenkt werden. Die Absenkung der CO2-Betäubungskonzentration würde auf die betriebswirtschaftliche Kosten-struktur und die Arbeitsplatzsicherheit einen positiven Einfluss nehmen.

Weiterhin würde der Anteil der Tiere, die die Betäubungsanlage in der Agonie verlassen, gesenkt werden. Damit die Schlachtbetriebe ihre Schlachtkapazitäten halten könnten, müssten die CO2-Betäubungsanlagen von vorn herein größer ausgelegt werden, um jedem Schwein eine ausreichende Zeitdauer für die Betäubung zur Verfügung zu stellen. Sowohl die Betäubungskapazität als auch die Grubentiefe sollten hierbei erhöht werden. Die Vertiefung der Betäubungsgrube mit einem tiefer anstehendem CO2-Niveau trägt dann ebenfalls zum Schutz der Arbeitsplatzbereiche bei. Gleichzeitig müssten die Stechzeiten verkürzt werden. Bei niedrigen CO2 -Konzentrationen muss aber geprüft werden, ob sich nicht die Anflutungsphase und damit die Belastungszeit bis zum Verlust des Bewusstseins verlängert und den Stress der Tiere erhöht. Der Zustand, dass die Schweine vor dem Setzen des Entblutungsschnittes zu gewissen Anteilen das Empfindungs- und Wahrnehmungsvermögen wiedererlangen ist aus Sicht der Tierschutzgerechtheit nicht akzeptabel.

Aus den hier dargestellten Abwägungen zeigt sich, dass der Spielraum für eine ordnungsgemäße CO2-Betäubung eng bemessen ist. Eine gute Betäubung ergibt sich aus der optimalen Kombination von Betäubungskonzentration und Gesamt-betäubungszeit. In praxi nehmen aber weiterhin die Bedürfnisse der Schlacht- und Verarbeitungstechnologie, und die betriebswirtschaftliche Kostenstruktur Einfluß.

Tierschutz und die Arbeitsplatzsicherheit dürfen dabei nicht vergessen werden.

Seit einiger Zeit wird auch über die Verwendung von Beigasen zur CO2-Betäubung diskutiert. Durch die Verwendung von Edelgasen wie z. B. Argon (Hallogenide) wird eine schnellere Einleitung und Überwindung der Exzitationsphase und Verbesserung des Gesamtbetäubungsergebnisses angestrebt.

Auf der Grundlage der vorgestellten Befunde wird angeregt – obwohl noch weitergehende Untersuchungen im Hinblick auf die optimale Kombination der unterschiedlichen Betäubungszeiten und -konzentrationen unter Praxisbedingungen notwendig sind – eine Überprüfung der in der TierSchlV festgelegten gesetzlichen Mindestforderungen zur CO2 – Betäubung mit 80 Vol. % CO2 und einer Mindestverweildauer von 70 Sekunden vorzunehmen.

Schlußfolgerungen und Empfehlungen 95