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6. Diskussion

6.2. Histologische Untersuchungen der GABA A -Rezeptoruntereinheiten in

6.2.1. Diskussion der kindling-induzierten Veränderungen der

Die beobachtete kindling-induzierte signifikante Erhöhung der Immunreaktivität der GABAA-Rezeptoruntereinheit α1 in der rechten anterioren SNr (ipsilateral zur Stimulationsseite) trat in der ventromedialen Subregion der SNr auf. Diese Erhöhung deutet auf eine vermehrte Ansammlung an GABAergen Rezeptoren hin, die diese Untereinheit enthalten. In der dorsolateralen Subregion der rechten anterioren SNr als auch in den beiden Subregionen der linken anterioren SNr zeigte sich bei Kindling-Tieren eine tendenzielle Erhöhung der α1-Immunreaktivität, allerdings war der Unterschied der Tiergruppen statistisch nicht signifikant. In den übrigen untersuchten Regionen waren keine signifikanten Unterschiede der α1-Immunreaktivität nachweisbar.

Die Mehrheit der in den Basalganglien exprimierten GABAA-Rezeptoren enthält die Untereinheit α1 (WHITING 2003). Diese Untereinheit wird häufig gemeinsam mit der Untereinheit β2 und der in nahezu allen Gehirnarealen befindlichen γ2-Untereinheit exprimiert (MÖHLER et al. 2002). Die Kombination α1β2γ2 ergibt einen GABAA -Rezeptorsubtyp, der hauptsächlich innerhalb der Synapse lokalisiert ist und die schnelle phasische Inhibition vermittelt (KERAMIDAS u. HARRISON 2008; MÖHLER et al. 2002). Die phasische Inhibition erfordert eine hohe Konzentration an GABA (0,3-1 mM), die nur kurze Zeit im synaptischen Spalt existiert (< 1 ms, MODY u.

PEARCE 2004). Dies führt zu einer vorübergehenden oder phasischen Antwort, die typischerweise < 50 ms anhält (COBB et al. 1995; HARDIE u. PEARCE 2006). Die Dauer des synaptischen Ereignisses ist von einer Vielzahl an Faktoren, einschliesslich dem Typ der α-Untereinheit abhängig (VICINI et al. 2001).

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Es ist denkbar, dass eine erhöhte Anzahl an GABAergen Rezeptoren, die die Rezeptoruntereinheit α1 in der ventromedialen, anterioren SNr ipsilateral zur Stimulationsseite enthalten, das Feuermuster oder die Feuerrate nigraler Neurone beeinflusst. Bei den gekindelten Tieren könnte ein verändertes nigrales Feuermuster durch eine erhöhte synaptische Inhibition über α1β2γ2-Rezeptoren vermittelt werden.

Die SNr könnte damit ihre anfallsmodulierende Rolle im Kindling-Modell der TLE verändern. Tatsächlich zeigten GERNERT et al. (2004) mittels elektrophysiologischer Untersuchungen der SNr, dass die Feuerrate GABAerger Neurone zwar nur in der posterioren SNr 24 h nach einem generalisierten Anfall in weiblichen amydala-gekindelten Ratten signifikant erhöht war, aber dennoch Veränderungen im Feuermuster der Neurone in der gesamten SNr auftraten.

Des Weiteren beschrieb eine Studie von LÖSCHER u. SCHWARK (1985) eine Reduktion der Aktivität des GABA-synthetisierenden Enzyms Glutaminsäure- Decarboxylase in isolierten Nervenendigungen der SN gekindelter Ratten. In Übereinstimmung damit zeigte sich eine Reduktion des GABA-Levels in der SN im Kindling-Modell für TLE (LÖSCHER u. SCHWARK 1987). Diesen biochemischen Veränderungen lag kein Verlust GABAerger Neurone bei gekindelten Ratten zu Grunde (FREICHEL et al. 2004). Es ist denkbar, dass eine verringerte GABA-Ausschüttung der striatonigralen Projektionen zu einer verringerten Inhibition der Neuronen in der SNr führen könnte. Die Erhöhung der Anzahl an GABAergen Rezeptoren, die die Rezeptoruntereinheit α1 enthalten, könnte als kompensatorischer Mechanismus verstanden werden, um die Hemmung der SNr durch die schnelle phasische Inhibition der nigralen Neuronen bei gekindelten Ratten zu erhöhen und den kindling-induzierten Netzwerkveränderungen entgegenzuwirken.

Dies wird unterstützt durch die Annahme, dass eine erhöhte Expression von GABAA -Rezeptoruntereinheiten in Epilepsiemodellen im Allgemeinen als einer der kompensatorischen Mechanismen angesehen wird, die sich parallel zu anfallsfördernden Mechanismen entwickeln (BROOKS-KAYAL et al. 1998;

FRITSCHY et al. 1999). Zudem konnte die Bedeutung der α1-Untereinheit für inhibitorische Funktionen eindrucksvoll dadurch gezeigt werden, dass eine Erhöhung

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des Levels der α1-Untereinheit im Gyrus dentatus die Epileptogenese im Pilocarpin-Modell der TLE verzögern kann (RAOL et al. 2006).

Die Beobachtung, dass sich die Erhöhung der Expression der α1-Untereinheit auf die anteriore, ventromediale Subregion beschränkt, spiegelt einerseits funktionelle Kompartimente der SNr wider, andererseits subregional unterschiedliche Konnektivitäten mit anderen Hirnregionen. Tatsächlich scheint der ventromediale Bereich der SNr eher limbische Funktionen auszuüben (DENIAU et al. 1996).

Anatomische Verbindungen der anterioren, ventralen SNr scheinen eher den superioren Colliculus zu innervieren als den PPN (BECKSTEAD et al. 1981;

GERFEN et al. 1982).

6.2.2. Diskussion der kindling-induzierten Veränderungen der Immunreaktivität der GABAA-Rezeptoruntereinheit α3

Die beobachtete kindling-induzierte signifikante Erniedrigung der Immunreaktivität der GABAA-Rezeptoruntereinheit α3 trat im rechten STN (ipsilateral zur Stimulationsseite) auf. Diese deutet auf eine Abnahme an GABAergen Rezeptoren im rechten STN hin, die die Untereinheit α3 enthalten. Eine Reduktion der α3-Immunreaktivität wurde zuvor vergleichbar für den Neokortex bei Patienten mit fokaler Epilepsie beschrieben (LOUP et al. 2006).

Die GABAA-Rezeptoruntereinheit α3 ist in einer hohen Anzahl an GABAA-Rezeptoren enthalten und wird oft gemeinsam mit den beiden Untereinheiten β3 und γ2 exprimiert (WHITING 2003). Die Kombination α3β3γ2 ergibt einen GABAA -Rezeptorsubtyp, der überwiegend innerhalb der Synapse lokalisiert ist und die schnelle phasische Inhibition vermittelt (KERAMIDAS u. HARRISON 2008; MÖHLER et al. 2002).

Der STN ist Teil des indirekten Weges, der vom Striatum über den GP zu den Ausgangsstrukturen der Basalganglien verläuft (GERFEN 1992). Es ist denkbar, dass das kürzlich beobachtete veränderte Feuermuster striataler Neurone gekindelter Ratten ipsilateral zur Kindlingseite (KÜCKER et al. 2010) nicht nur über den direkten Weg Auswirkungen auf die SNr hat, sondern auch über den indirekten Weg. Wenngleich eventuelle Aktivitätsänderungen pallidaler Neurone gekindelter

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Ratten bislang nicht untersucht wurden und die vorliegende Arbeit keine Hinweise auf Veränderungen der GABAA-Rezeptoruntereinheiten-Zusammensetzung im GP gekindelter Ratten liefert, ist bekannt, dass der STN in kindling-induzierte Netzwerkveränderungen involviert ist (FEDROWITZ et al. 2002). Die kindling-induzierte Erniedrigung der Immunreaktivität der GABAA-Rezeptoruntereinheit α3 im STN ipsilateral zur Stimulationsseite in gekindelten Ratten könnte durch eine Verringerung der Anzahl der hauptsächlich für die schnelle phasische Inhibition verantwortlichen GABAA-Rezeptortypen zu einer verringerten funktionellen Inhibition des STNs führen, diese wiederum zu einer erhöhten Aktivität der SNr, und somit Anfallsaktivitäten erleichtern (HAUSER u. ESCLAPEZ 2003). FEDROWITZ et al.

(2002) zeigten zwar 24 h nach einem gekindelten Anfall keine erhöhte Feuerrate im STN, aber ein verstärkt burst-artiges Feuermuster, dass ebenso durch eine veränderte Inhibition zustande kommen kann, die sich wiederum durch die Verringerung der α3-Immunreaktivität erklären lässt. Wie bereits erwähnt, besitzt die SNr eine wichtige anfallsmodulierende Funktion (GALE et al. 2008). Exzitatorische glutamaterge Eingänge erhält die SNr vom STN. Es wurde bereits gezeigt, dass eine Senkung der glutamatergen Übertragung zu einer Unterdrückung epileptischer Anfallsaktivität in Tiermodellen für Epilepsie führt (DERANSART et al. 1998;

DYBDAL u. GALE 2000; VELίSKOVÁ et al. 1996).

6.2.3. Diskussion der kindling-induzierten Veränderungen der Immunreaktivität der GABAA-Rezeptoruntereinheit α4

Die Analyse der Immunreaktivität für die GABAA-Rezeptoruntereinheit α4 ergab im anterioren und posterioren Striatum lediglich subtile Unterschiede zwischen den drei Tiergruppen. In den übrigen untersuchten Regionen SNr, STN und GP wurden keine Unterschiede der α4-Immunreaktivität beobachtet. Der PPN war in den angefärbten Schnitten nicht abgrenzbar und wurde daher nicht ausgewertet.

Die GABAA-Rezeptoruntereinheit α4 ist nur in 10 % der GABAA-Rezeptoren vertreten (TOGEL et al. 1994; QUIRK et al. 1994). Das Verteilungsmuster dieser Untereinheit überlappt in vielen Regionen, wie z.B. im Striatum, mit dem der δ-Untereinheit (PIRKER et al. 2000), so dass eine häufige Zusammensetzung der α4-Untereinheit

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enthaltenden GABAA-Rezeptoren α4βxδ ist. Die zweite Gruppe dieser Rezeptortypen setzt sich aus den folgenden Untereinheiten zusammen: α4βxγ2 (WHITING 2003).

Der letztere Rezeptortyp befindet sich hauptsächlich innerhalb der Synapse und vermittelt die phasische Inhibition (MÖHLER 2006). Des Weiteren wird angenommen, dass extrasynaptische GABAA-Rezeptoren aus der Komposition α4βxδ bestehen (JIA et al. 2005; SIEGHART u. SPERK 2002; SUR et al. 1999). Der Rezeptortyp vermittelt die tonische Inhibition. Diese wird induziert durch mikromolekulare Konzentrationen von GABA, die stets im extrazellulären Raum anzufinden sind. Im Gegensatz zur schnellen, phasischen Inhibition erreicht die tonische keine großen Frequenzamplituden, ist aber zu 75 % an den durchschnittlich ablaufenden Inhibitionsvorgängen beteiligt. Die tonische Inhibition kontrolliert die Erregbarkeit von Neuronen und kann unter Umständen auch die inhibitorische Transmission verstärken (MODY et al. 2004).

Im anterioren Striatum kontralateral zur Stimulationsseite wies die Two-way-ANOVA auf signifikante Gruppenunterschiede bezüglich der α4-Immunreaktivität hin, die sich aber mit dem Post-hoc-Test keinem bestimmten Gruppenvergleich zuordnen ließen.

Im posterioren Striatum ispilateral zur Kindlingseite zeigte sich in der ventralen Subregion eine verringerte α4-Immunreaktivität bei sham-gekindelten Tieren im Vergleich zu naiven Kontrollen. Bei den gekindelten Tieren war die α4-Immunreaktivität zwar im Mittel im Vergleich zu naiven Kontrollen auch erniedrigt, jedoch war diese Erniedrigung nicht signifikant.

In früheren Studien wurde eine Reduktion der Glutaminsäure-Decarboxylase Aktivität und dem GABA-Level im Striatum gekindelter Ratten eine Woche nach einem letzten generalisierten Anfall in beiden Hirnhemisphären nachgewiesen (LÖSCHER u.

SCHWARK 1987). Zudem konnten wir kürzlich zeigen, dass die Aktivität anterior lokalisierter striataler Neurone gekindelter Ratten sowohl ipsilateral als auch kontralateral zur Kindlingelektrode verändert ist (KÜCKER et al. 2010). Auf molekularer Ebene lässt sich das aufgrund der vorliegenden Befunde nicht über kindling-induzierte Veränderungen in der α4-Expression erklären. Die Daten weisen hingegen auf Veränderungen der Expression der GABAA-Rezeptoruntereinheit α4 zwischen Tiergruppen verschiedener Subregionen hin. Da das Striatum jedoch eine

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somatotope Gliederung der Neurone besitzt und die einzelnen Subregionen an unterschiedlichen Funktionen beteiligt sind (BALLEINE et al. 2008; CHO u. WEST 1997; WEST et al. 1990), sollte der Vergleich der Tiergruppen nur innerhalb einer Subregion erfolgen. Das bedeutet, in dieser Studie waren keine Veränderungen der Expression der GABAA-Rezeptoruntereinheit α4 innerhalb einer Subregion im anterioren Striatum kontralateral zur Stimulationsseite messbar. Anders als in den Basalganglien führt (hippokampales) Kindling zu einer deutlichen Hochregulierung der α4-Untereinheit im Gyrus dentatus (NISHIMURA et al. 2005).

In der ventralen Subregion des posterioren Striatum wiesen sham-gekindelte Tiere im Vergleich zu naiven Tieren eine verringerte Expression an GABAA-Rezeptortypen mit der Untereinheit α4 auf. Es wurde schon früher beobachtet, dass die chronische Implantation von Metallelektroden in das limbische System ohne Stimulation zu Veränderungen führt (LÖSCHER et al. 1995b; LÖSCHER et al. 1999). Eine detaillierte Diskussion hierzu findet sich in Absatz 6.2.4.

6.2.4. Diskussion der kindling-induzierten Veränderungen der Immunreaktivität der GABAA-Rezeptoruntereinheiten β2/3

Den Beobachtungen zur α4-Untereinheit vergleichbar zeigte sich eine sham-kindling-induzierte verringerte Immunreaktivität der β2/3-Untereinheiten in verschiedenen anterioren striatalen Subregionen ipsi- und kontralateral zur Sham-Kindlingseite. In den übrigen Regionen SNr, STN, GP und PPN hingegen wurden keine Unterschiede der β2/3 Immunreaktivität zwischen den drei Tiergruppen beobachtet.

Für die Darstellung der beiden GABAA-Rezeptoruntereinheiten β2 und β3 wurde nur ein universeller Antikörper verwendet, der sich an Sequenzen beider Untereinheiten anheftete. Dadurch war keine Differenzierung des Verteilungsmusters der Untereinheiten in den Basalganglien und dem PPN möglich. Wie bereits erwähnt, ist die Untereinheit β2 Teil der am häufigsten anzutreffenden Untereinheitenkomposition α1β2γ2 des GABAA-Rezeptors im Gehirn (MÖHLER et al. 2002). Dieser Rezeptortyp ist hauptsächlich innerhalb der Synapse lokalisiert und vermittelt die schnelle phasische Inhibition (KERAMIDAS u. HARRISON 2008; MÖHLER et al. 2002). Die Untereinheit β3 hingegen ist Teil der am zweithäufigsten exprimierten

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Untereinheitenkomposition des GABAA-Rezeptors im Gehirn, bestehend aus α3β3γ2 sowie α2β3γ2 (WHITING 2003). Die beiden Rezeptortypen sind ebenfalls innerhalb der synaptischen Formation lokalisiert, wo sie die phasische Inhibition vermitteln (MÖHLER 2006).

Durch das häufige Auftreten der beiden Untereinheiten in den verschiedenen GABAA-Rezeptortypen zeigten alle untersuchten Regionen eine starke diffuse Färbung. Die Färbeergebnisse der naiven Tiere stimmen mit denen von PIRKER et al. (2000) überein. Signifikante Unterschiede wurden ausschliesslich in Subregionen des anterioren Striatums ipsi- und kontralateral zur Stimulationsseite zwischen naiven und sham-gekindelten Tieren beobachtet. Die erniedrigte β2/3-Immunreaktivität bei sham-gekindelten im Vergleich zu den naiven Tieren weist auf einen Effekt der implantierten Elektrode in Subregionen des linken anterioren Striatums als auch des rechten anterioren Striatums hin und unterstützt wiederum die Beobachtung von Veränderungen durch eine chronische Implantation von Metallelektroden in das limbische System ohne Stimulation (LÖSCHER et al. 1995b;

LÖSCHER et al. 1999). Warum die eigentliche Kindling-Stimulation die Effekte der chronischen Implantation der Elektrode wieder teilweise normalisiert, ist nicht bekannt. Kindling-induzierte Veränderungen bezüglich der Immunreaktivität der beiden GABAA-Rezeptoruntereinheiten β2 und β3 konnten demnach nicht nachgewiesen werden. Im limbischen System von TLE-Patienten hingegen sind Hochregulationen verschiedener β-Untereinheiten bekannt (PIRKER et al. 2003).

Es wäre interessant zu überprüfen, ob das vorliegende Ergebnis mit zwei separaten Antikörpern gegen die beiden Untereinheiten β2 und β3 im Kindling-Modell für TLE untermauert werden könnte. Durch die Benutzung von nur einem Antikörper gegen beide Untereinheiten könnte zumal eine geringe Hochregulation der Immunreaktivität einer der beiden Untereinheiten durch eine erniedrigte Immunreaktivität der anderen Untereinheit innerhalb einer der untersuchten Regionen verdeckt gewesen sein. Des Weiteren wurden in den Basalganglienregionen naiver Ratten Unterschiede der Immunreaktivität beobachtet (PIRKER et al. 2000). Die Untereinheit β3 wurde beispielsweise in der SNr immunhistochemisch nicht nachgewiesen, wohingegen die Färbung der Untereinheit β2 einen moderaten Nachweis in der SNr ergab. Dieser

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Unterschied war allerdings durch die Nutzung von nur einem Antikörper in naiven Tieren nicht ersichtlich. Die genaue Detektion geringer oder auch größerer Unterschiede der β2- und β3-Immunreaktivität wurde dadurch beeinträchtigt.

6.2.5. Diskussion der kindling-induzierten Veränderungen der Immunreaktivität der GABAA-Rezeptoruntereinheit δ

Kindling führte zu einer signifikanten Erhöhung der Immunreaktivität der GABAA -Rezeptoruntereinheit δ im linken dorsolateralen anterioren Striatum kontralateral zur Stimulationsseite. Des Weiteren ergab die Varianzanalyse sowohl im rechten anterioren Striatum als auch in der linken posterioren SNr signifikante Unterschiede der δ-Immunreaktivität zwischen den drei Tiergruppen. In den weiteren untersuchten Regionen STN und GP konnten dagegen keine signifikanten Unterschiede detektiert werden. Die Färbung der GABAA-Rezeptoruntereinheit δ fiel in diesen Regionen relativ schwach aus. Die Färbung im Bereich des PPNs war so schwach, dass der Kern nicht abgegrenzt werden konnte und daher keine Auswertung in dieser Hirnregion erfolgte.

Die Untereinheit δ kommt in moderaten Anteilen von 15-30 % in den verschiedenen GABAA-Rezeptortypen im Gehirn vor (BENKE et al. 1994; ENDO u. OLSEN 1993;

MERTENS et al. 1993). Wie bereits erwähnt, wird diese Untereinheit oft parallel mit der Untereinheit α4 exprimiert, ist aber auch in Kombination mit α6, auf die in dieser Arbeit nicht eingegangen werden soll, nachweisbar (MÖHLER et al. 2004). GABAA -Rezeptoren, die die δ-Untereinheit beinhalten, sind vor allem extra- und perisynaptisch lokalisiert (JACOB et al. 2008). Diese Rezeptortypen vermitteln die tonische Inhibition an der Synapse (WHITING 2003).

Wie bereits erwähnt, besitzt das Striatum eine somatotope und funktionelle Anordnung der Neurone (CHO u. WEST 1997). Die dorsolaterale Region scheint dabei funktionell mit den Bewegungen der Hinter- und Vordergliedmaßen gekoppelt zu sein (BALLEINE et al. 2008; WEST et al. 1990) wohingegen die ventralen und dorsomedialen Bereiche eine Funktion bei Lern- und Assoziationsvorgängen haben (BALLEINE et al. 2008). Eine Studie von KÜCKER et al. (2010) zeigte, dass gekindelte Tiere im Vergleich zu naiven Tieren 24 h nach einem generalisierten

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Anfall eine signifikant erhöhte Entladungsrate striataler Neurone kontralateral zur Stimulationsseite in der dorsolateralen Subregion des anterioren Striatums aufweisen. So scheinen in dieser Studie vor allem die Neurone mit Einfluss auf die Hinter- oder Vordergliedmaßen betroffen zu sein, was vermutlich mit den wiederholt tonisch-klonischen Anfällen der Gliedmaßen während der Kindling-Prozedur zusammenhängt. Die erhöhte Immunreaktivität der GABAA-Rezeptoruntereinheit δ im linken dorsolateralen, anterioren Striatum deutet auf eine Zunahme an GABAergen Rezeptoren in dieser Hirnregion hin, die diese Untereinheit enthalten. Die Zunahme an GABAergen Rezeptoren, die die tonische Inhibition vermitteln, könnte in einem Zusammenhang mit der signifikant erhöhten Entladungsrate striataler Neurone kontralateral zur Stimulationsseite in der dorsolateralen Subregion des anterioren Striatums 24 h nach einem generalisierten Anfall in gekindelten Tieren stehen. Die erhöhte δ-Immunreaktivität weist auf einen kompensatorischen Mechanismus als Reaktion auf kindling-induzierte Veränderungen im Basalgangliennetzwerk hin.

Die extrasynaptischen GABAA-Rezeptoren werden durch mikromolekulare Konzentrationen von GABA, die stets im extrazellulären Raum anzufinden sind, aktiv und sind zu 75 % an allen ablaufenden Inhibitionsvorgängen beteiligt (MODY et al.

2004). Die tonische Inhibition kontrolliert die Erregbarkeit von Neuronen (MODY et al.

2004). Die hohe GABA-Sensitivität, die durch die erhöhte Anzahl an δ-Untereinheit enthaltenden Rezeptortypen vermittelt wird, könnte zu einer gesteigerten Hemmung der Projektionsneurone im dorsolateralen Teil des anterioren Striatums führen und somit einen Versuch darstellen, die Feuerrate striataler Neurone zu normalisieren.

Ein vergleichbarer kompensatorischer Mechanismus wurde bereits früher diskutiert, da Kindling zu einer erhöhten Dichte bestimmter GABAerger Interneurone im anterioren, kontralateralen Striatum führt, was ebenso ein Versuch darstellen könnte, die Aktivität striataler Projektionsneurone zu hemmen (LÖSCHER et al. 2006a). In den Körnerzellen des Gyrus dentatus hingegen führt elektrisches Kindling zu einer Runterregulation der δ-Untereinheit und ist dort somit eher an anfallsförderndern Dysfunktionen der GABAergen Hemmung beteiligt (NISHIMURA et al. 2005).

Im rechten anterioren Striatum ergab die Varianzanalyse zwar signifikante Unterschiede zwischen naiven, sham-gekindelten und gekindelten Tieren, allerdings

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ergab der anschliessende statistische Vergleich von je zwei Tiergruppen innerhalb einer Subregion keine Signifikanz. Dies weist auf Veränderungen der Expression der GABAA-Rezeptoruntereinheit δ zwischen Tiergruppen verschiedener Subregionen hin. Da das Striatum jedoch wie bereits erwähnt eine somatotope und funktionelle Anordung der Neurone besitzt (BALLEINE et al. 2008; CHO u. WEST 1997; WEST et al. 1990), erfolgte der Vergleich der Tiergruppen nur innerhalb einer Subregion.

Das bedeutet, in dieser Studie waren keine Veränderungen der Expression der GABAA-Rezeptoruntereinheit δ innerhalb einer Subregion im anterioren Striatum ipsilateral zur Stimulationsseite messbar.

In der posterioren SNr wurden ebenfalls signifikante Unterschiede kontralateral zur Stimulationsseite zwischen den drei Tiergruppen beobachtet, die sich aber mit dem Posthoc-Test keinem bestimmten Gruppenvergleich zuordnen ließen. In der anterioren sowie der posterioren SNr ipsi- und kontralateral zur Stimulationsseite konnte tendenziell zwar eine Erniedrigung der δ-Immunreaktivität bei gekindelten im Vergleich zu naiven Kontrolltieren beobachtet werden, eine statistische Signifikanz wurde aber nicht erreicht.

6.2.6. Diskussion der Ergebnisse der Färbungen der GABAA