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Zeit ist ein essenzieller Faktor in der künstlichen Befruchtung, aus diesem Grund wurde das Augenmerk dieser Arbeit darauf gerichtet. Es wurden alle Schritte bis hin zur ICSI genauestens dokumentiert, um Abweichungen erkennbar zu machen. Die daraus gewonnen Daten konnten miteinander verglichen werden, um somit Vor- und Nachteile bestimmter Zeitabläufe festzustellen.

Jede Behandlung fängt mit der Beurteilung der Situation der Patientin an und in weiterer Folge mit der Auswahl des passenden Stimulationsprotokolls. Eine

kontrollierte ovarielle Hyperstimulation wird in der Regel mit einem Agonisten- oder einem Antagonisten-Protokoll durchgeführt. Beim Agonisten-Protokoll wird der Eisprung eingeleitet, sobald der Leitfollikel einen Durchmesser von 18-20 mm erreicht hat. Beim Antagonisten-Protokoll startet die Ovulationsauslösung schon bei geringfügig geringeren Durchmessern. In beiden Protokollen werden die

Follikelgrößen mittels Ultraschalls festgestellt. 127128129130131132 Beide Stimulationsprotokolle unterdrücken die Funktion der Hypophyse entweder unmittelbar (Antagonist) oder indirekt über eine Down-Regulierung (Agonist), um dann mittels Gonadotropin-Gabe mehrere Follikel zur Reifung zu bringen als dies im natürlichen Zyklus möglich wäre. Der Eisprung wird unter der Verwendung von hCG oder einem GnRH Agonisten ausgelöst.

Ab diesem Zeitpunkt läuft die Uhr! Bezüglich des postovulatorischen Alters der Gameten zeigt sich der Zeitraum vom Auslösen der Ovulation über die Oozyten-Entnahme bis letztlich hin zur ICSI als besonders kritisch. Die drei Schritte wurden in zahlreichen Studien untersucht, dennoch sind sich die Wissenschaftler nicht einig bezüglich des Zeitraumes zwischen Ovulationsauslösung und Eizellgewinnung, um eine hohe Anzahl an MII Oozyten zu erhalten. Dieser Zeitraum ist verantwortlich für die finale in vivo Reifung der Eizellen. In IVF werden 32 -36h angenommen, in ICSI

127 Vgl. De Sutter/Dhont (2003): S. 1294 -1298

128 Vgl. Elgindy (2011): S.1639 - 1644

129 Vgl. Golan/Herman/Soffer et al. (1994): S. 1631- 1633

130 Vgl. Kyrou/Kolibianakis/Fatemi et al. (2011): S. 1112 - 1115

131 Vgl Kolibianakis/Bourgain/Papanikolaou et al. (2005): S 2453 -2456

132 Vgl. Hauzman/Bodri/Guillen et al. (2011): S. 195 - 196

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variiert das Zeit Intervall 32 -38h je nach Publikation. 133 134135136137138139. Je länger man im Prinzip mit der Punktion der Ovarien zur Eizellgewinnung wartet, desto

wahrscheinlicher wird man reife MII-Gameten erhalten. Allerdings steht dem das Risiko der Überreife entgegen (und somit mit einem schlechteren Outcome), sollte man zu lange warten. Besonders schwierig erscheint eine Ovulationsauslösung bei Patientinnen zu sein deren Follikel eine uneinheitliche Größe haben. Hier gilt es abzuwägen, ob man auf die kleineren Follikel „wartet“ (und somit die größeren Follikel überreife Eizellen haben werden) oder ob man normal auslöst (und somit viele unreifere Eizellen aus kleineren Follikeln haben wird). Fanchin et al. (2005) haben festgestellt, dass es durch den GnRH Antagonisten-Zyklus zu einer

Entwicklung heterogener Follikel kommen kann. Das wiederum steht in Verbindung mit einer niedrigeren Reifungsrate im Vergleich zum Agonisten Zyklus. Studien haben herausgefunden, dass durch die exogene Gabe von Gonadotropin nicht unbedingt ein koordiniertes Wachstum/eine koordinierte Entwicklung der antralen Follikel stattfindet. Daraus entstehen unterschiedliche Reifegrade der Follikel in

morphologischer und funktionaler Hinsicht. 140141 Fanchin et al. vermuten, dass eine kontrollierte Ovarien Stimulation (COS) einen Einfluss in der frühen

Antralfollikelphase hat und zu einer Heterogenität in der Follikelreifung führt. Daraus resultieren unterschiedliche Reifegrade und Größen der Follikel. 142143144145

Kahraman et al (2017) haben herausgefunden, dass große Follikel (≥ 17 mm), welche aus einer homogenen Kohorte stammen, eine bessere Implantationsrate aufweisen und „top and good quality blastocysts“ entstehen. Weiters fanden sie heraus, dass nicht nur die Größe und Homogenität eine Rolle spielen, sondern auch das AMH Level für die Entwicklung des Embryos. Die Embryonen aus diesen großen

133 Vgl. Doresch/Muasher/Kreiner et al. (1988): S.451- 6

134 Vgl. Nargund/Reid/Parsons (2001): S. 87 -90

135 Vgl. Bjercke/Tanbo/Dale et al. (2000): S. 319 - 22

136 Vgl. Gudmundsson/Fleming/Jamieson et al. (1990): S. 735 - 7

137 Vgl. Mansour/Aboulghar/Serour (1994): S. 478 -81

138 Vgl. Reichman/Missmer/Berry et al. (2011): S. 1990 -5

139 Vgl. Wang/Zhang/Wang et al. (2011): S. 901- 10

140 Vgl. Devrekeer/Pogonici/De Maertelaer et al. (1999): S. 3002 -8

141 Vgl. Opsahl/Blauer/Black et al. (2001): S. 551 - 6

142 Vgl. Craft/Gorgy/Hill et al. (1999): S. 2959 - 62

143 Vgl. Wiesak (2002): S. 215 - 27

144 Vgl. Nogueira/Friedler/Schachter et al. (2006): S. 578 - 83

145 Vgl. Depalo/Lorusso/Palmisano et al. (2009): S. 328 - 34

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Follikeln sind bestens zum Transfer und Einfrieren geeignet. Im Gegensatz dazu entstehen die kleinen Follikel (< 17 mm) aus einer heterogenen Kohorte, bei denen es zu Entwicklungsstopps und zu abnormalen morphogenetischen Mustern kommen kann. Dennoch gibt es, wenn sie das 8 - Zellstadium erreicht haben, keinen

Unterschied mehr in der Entwicklung zu den Embryonen aus großen Follikeln.146147

148149150151

Nargunds Gruppe (2001) fand heraus, dass die Patientinnen mit einem

Polyzystischen Ovar-Syndrom von einem längerem Zeitintervall, das etwa bei 38 Stunden liegt, profitieren. Raziel (1988) publizierte, dass ein längeres Zeit-Intervall (38h) einen positiven Einfluss auf die MII Anzahl hat. Seine Gruppe hat einen ISCI Zyklus einem Vorzyklus, mit geringerem Zeit-Intervall (35h) durchgeführt und erhielt dadurch eine hohe MI Oozyten Anzahl. Reichman et al. (2011) postulierten, dass Frauen >40 auch von einem längeren Zeitintervall (>36,5h) profitieren. Verschiedene Studien haben sich mit dem Thema der Stimulation befasst und sind sich nicht einig, ob ein stimulierter oder unstimulierter Zyklus, ein sogenannter „natural cycle“, besser ist. Einige Ergebnisse favorisieren letztere Version, sind doch hierbei weniger

meiotischer Aberrationen der entstandenen Embryonen beschrieben. Andere Studien fanden zwar keine Verschlechterung hinsichtlich der chromosomalen Konstitution der Embryonen, allerdings eine verzögerte Embryonalentwicklung. 152153154155156157158

Vandekerckhove et al (2014) haben festgestellt, dass es bei Frauen mit geringem Progesteron (> 1ng/ml) sinnvoll ist den Ovulationszeitpunkt zu verschieben (~24h),

146 Vgl. Ectors/Vanderzwalmen/Van Hoeck et al. (1997): S. 2002 - 5

147 Vgl. Salha/Nugent/Dada et al. (1998): S. 1901 -6

148 Vgl. Rosen/Shen/Dobson et al. (2008): S. 684 - 90

149 Vgl. Farhi/Orvieto/Gavish et al. (2010): S. 546 - 8

150 Vgl. Lee/Lee/Hwu et al. (2010): S. 302 - 5

151 Vgl. Mehri/Levi Setti/Greco et al. (2014): S. 73 - 7

152 Vgl. Trounson/Wood/Kausche (1994): S. 353 - 362

153 Vgl. Russell (1997): S. 63 - 70

154 Vgl. Barnes/Kausche/Tiglias et al. (1996): S. 1151 - 1156

155 Vgl. Gras/McBain/Trounson et al. (1992): S. 1396 - 1401

156 Vgl. Munné/Lee/Rosenwaks et al. (1993): S. 2185 - 2191

157 Vgl. Delhanty/Harper/Handyside et al. (1997): S. 755 - 760

158 Vgl. Racowsky/Kaufman (1992): S. 750 -755

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um mehr MII Oozyten zu erhalten. Der optimale Ovulationszeitpunkt wurde früher durch den Durchmesser der Follikel und durch den Östradiol - Wertes im Serum bestimmt. 159160 Bosch et al. (2010) entdeckten, dass ein zu hoher Progesteron Wert (> 1,5 ng/ml) schädlich für das Endometrium und daher einer Schwangerschaft abträglich ist.161 Venetis (2007, 2013) fand diesen Zusammenhang auch heraus, dieser stand aber zusätzlich in Bezug zu Frauen mit einer niedrigen ovariellen Reserve. Sofern der Progesteronspiegel im Serum nur knapp 1ng/ml beträgt, muss überlegt werden, ob die Stimulation nicht einen Tag (24h) verschoben wird. 162163 Jamieson et al. (1991) haben gesehen, dass wenn das Intervall von hCG Gabe bis zur OPU ( Oocyte pick up/ Eizellgewinnung) verlängert wird, keine zusätzliche Inkubationszeit der Cumulus-Eizell-Komplexe in der Kultur benötigt wird, da der so verlängerte Verbleib der MII Oozyten im Follikel (also in vivo) schon den

gewünschten Reifungseffekt erzielt hat.

Garor et al. (2015) haben weiters herausgefunden, dass bei jungen Patientinnen eine Verlängerung des Zeitintervalls von >36h einen Vorteil mit sich bringt in Bezug auf Befruchtungsrate und Anzahl der Embryonen. Weiters scheint die Nutzung von

GnRH-Analoga Vorteilhaft zu sein für die klinische Schwangerschaftsrate. Deng et al.

(2019) fanden heraus, dass bei einer niedrigen Behandlungserwartung von ≤ 3 Oozyten eine Verschiebung des OPUs/Eientnahme sinnvoll ist, um eine höhere Anzahl von Eizellen zu erhalten. Azizi et al. (2020) haben festgestellt, dass ein suboptimales hCG – OPU Intervall, mit morphologischen Eizelldysmorphismen, wie zum Beispiel eine erhöhten Zytoplasmatische Granulierung oder dem Auftreten von sogenannten Inklusionen einhergeht.

De Vos et al. (1999) haben in ihren Untersuchungen festgestellt, dass die

entnommenen Eizellen sich zu 4% in Metaphase I und zu 11% in Prophase I (PI, Germinal Vesikel Stadium) befanden, womit letztendlich nur ca. 85% tatsächlich reif waren. Daher wurden alle unreifen Oozyten (PI und MI) in eine in vitro Kultur zum

159 Vgl. Ectors/Vanderzwalmen/VanHoeck et al. (1997): S. 2002 – 2005

160 Vgl. Inaudi/Germond/Senn et al. (1995): S. 201 - 208

161 Vgl. Van Vaernenbergh/Fatemi/Blockeel et al. (2011): S. 263 - 271

162 Vgl. Bosch/Labarta/Crespo et al. (2010): S. 2092 -2100

163 Vgl. Fatemi/Blockeel/Devroey (2012): S. 392 - 397

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Nachreifen gegeben, damit sie das Metaphase II Stadium erreichen. Sie werden nicht länger als 8h im Medium im Wärmeschrank gelassen, da sich die

Befruchtungsrate sonst beeinträchtigt zeigt. 164165 Daher haben De Vos jene Oozyten ausgewählt, die innerhalb von 4h nachgereift sind. Auch in meiner Arbeit wurde dieser Zeitraum gewählt. Der momentane Stand ist bei der ICSI, dass man eine Preinkubationszeit zwischen 3 - 9h wählt, um das Nachreifen der Eizellen gewährleisten zu können. 166167168169170

Wenn nach der Entnahme der Eizellen, welche in ein Kulturmedium gelangen, sich das optimale Befruchtungsfenster schließt, kommt es zum vorzeitigen Überaltern der Eizellen (oocyte ageing). In vivo kann das auch passieren, aber hier verbleibt die Eizelle im Ovidukt 171172173. Mizuno et al (2019) haben den Zeitraum von 2,5-4h zwischen OPU und ICSI gewählt, um die schlechter werdende Blastozyste sowie das Altern der Eizelle zu vermeiden. Verschiedene Studien an Mäusen konnten zeigen, dass eine Temperaturveränderung und Bildung von Sauerstoffradikalen (ROS, reactive oxygen species) zu einem vorzeitigen Altern führen kann. Weiters soll ICSI nicht später als 12h nach OPU stattfinden, da das Altern zu Spindelinstabilität führt und es dadurch zum „Verlust“ von Chromosomen kommen kann. 174175176 Yanagida et al (1998) weisen hingegen auf max. 9h hin, da es sonst zu Schädigungen kommt.

Weiters wurde auch ein Zusammenhang zwischen der Veränderung der MPF (M-Phase promoting factor) sowie MAPK (mitogen- activated-protein-kinase) festgestellt.

Beide spielen eine Rolle für den Übergang von Meiose I in Meiose II sowie für den Stopp in der Metaphase II. 177178 Des Weiteren ist ein degenerierter erster Polkörper

164 Vgl. Boanada/Cremades/Alvarez et al. (1996): P-090

165 Vgl. Veeck (1988): S. 259 - 274

166 Vgl. Palermo/Joris/Devroey/Van Steirtegham (1992): S.17 - 18

167 Vgl. Van Steirtegham/Nagy/Joris et al. (1993): S. 1061 - 1066

168 Vgl. Rienzi/Ubaldi/Anniballo et al. (1998): S. 1014- 1019

169 Vgl. Plachot/Belaisch-Allart/Mayenga et al. (2002): S. 362 -369

170 Vgl. Ho/Chen/Yi et al. (2003): S.358 - 364

171 Vgl.Mizutani/Jiang/Mizuno et al. (2004): S 139 - 146

172 Vgl. Miao/Kikuchi/Sun (2009) :S 873 - 585

173 Vgl. Bianchi/Macchiarelli/Micara et al. (2015) :S 1343 - 1358

174 Vgl. Pickering/Johnson/Braude et al. (1988): S. 978 - 989

175 Vgl. Van Wissen/Bomsel-Helmreich/Debey et al. (1991): S. 879 -884

176 Vgl. Martini/Flaherty/Swann et al. (1997): S. 2011 -2018

177 Vgl. Dekel (1996): S. 82 -8

178 Vgl. Fissore/Kurokawa/Knott et al. (2002): S. 745 - 54

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zu beobachten, welcher sich von der MII Spindel entfernt, sowie eine großer

perivitelliner Raum. Die kortikalen Granula durchlaufen zum Teil eine Exozytose. Die Zona Pellucida erscheint als „kopfsteinpflasterartiges“ Gebilde. 179180181182183

Aber auch von Kumuluszellen wurde berichtet, dass sie den Alterungsprozess beeinflussen. Weiters kam bei Untersuchungen mit Mäusen heraus, dass

apoptotische Veränderung entstehen können, wenn nicht denudierte Oozyten sich zu lange in Kultur befinden. 184185186187188. Takahashi´s Gruppe (2009) geht davon aus, dass bei einem vorhandenen COC in vitro die Bildung von ROS verhindert werden kann. Da COC bildet zum Beispiel bei Hamstern und Schweinen Glutathione und fängt ROS ein. 189190 Die Frage des idealen Zeitpunktes der Entfernung der Kumulus Zellen hat sich die Gruppe um Mizuno gestellt (2019). Laut der Studie von Hassan (2001) verbessern nicht sofort nach OPU denudierte (Kumulus Zellen sind noch vorhanden) Oozyten die Blastozysten Entwicklung. Das wird auch von der

Arbeitsgruppe von Mizuno (2019) bestätigt. Die Entfernung der Zellen findet über ein standardisiertes Verfahren, das enzymatisch mittels Hyaluronidase und mechanisch via Pipette und erfolgt, statt. Um die Kernreife der Eizelle zu erkennen, wird der ausgeschleuste erste Polkörper herangezogen, die zytoplasmatische Reifung kann jedoch nicht mit dem Mikroskop festgestellt werden. Auch aus diesem Grund werden Präinkubationszeiten genutzt, um der Oozyte die Entwicklung in die MII Phase zu ermöglichen. Van de Velde (1998) haben sich mit der Preinkubationszeit beschäftigt, um die bestmöglichen Resultate bezüglich des Intervalls zwischen OPU- DN zu erhalten. Sie haben festgestellt, dass die Denudation frühestens 4h vor der Injektion durchgeführt werden darf, um keine negativen Effekte mit sich zu bringen.191 Da man

179 Vgl. Goud/Goud/Diamond et al. (2005b): S. 43 -52

180 Vgl. Longo (1974): S. 22 -39

181 Vgl. Miao/Ma/Liu et al. (2004): S. 66 -76

182 Vgl. Miao/Liu/Qiao et al. (2005): S. 1025 -1031

183 Vgl. Xu/Abbott/Kopf et al. (1997): S. 743 -750

184 Vgl. Wakayama/Thuan/Kishigami et al. (2004): S. 627 - 637

185 Vgl. Goud/Goud/Diamond et al. (2008): S. 1295 - 1304

186 Vgl.Miao/Liu/Qiao et al. (2005): S. 1025 - 1031

187 Vgl. Qiao/Liu/Miao et al. (2008): S. 521 -528

188 Vgl. Zhu/Zhang/Li et al. (2015): 8683

189 Vgl. Tatemoto/Sakurai/Muto (2000): S. 805 - 810

190 Vgl. Zuelke/Jeffay/Zucker et al. (2003): S. 106 - 112

191 Vgl. Zhang/Ma/Fang et al. 82020: doi.org/10.1186/s12958-020-00587-y

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der Meinung ist, dass COC (Cumulus Oophorus Complex) wichtige parakrine

Wachstumsfaktoren sezerniert und somit die Reifung beeinflusst. Die Problematik mit einer sehr frühen Injektion, liegt darin, dass die Pronuklei am nächsten Tag bei der täglichen Kontrolle bereits verschwunden sein können. Der ideale Zeitpunkt, um Pronuklei zu evaluieren ist 16h-18h nach der Injektion, danach lösen sie sich mehr oder weniger synchron auf. So könnte es theoretisch zu einem Transfer von

abnormalen Oozyten kommen (z.B. mit 3 aufgelösten Pronuklei), da die vorhandenen ähnlich ausschauen wie die normalen Eizellen. 192 193194 Sofern die Denudation bis ICSI in einem Zeitfenster von 1 – 4h hineinfällt, haben zahlreiche Studien gezeigt, dass dies einen positiven Effekt auf die Schwangerschaftsrate hat, sowie auf Fertilisationsrate und Embryoqualität. 195 196 In deren retrospektiven Untersuchung von Patrat et al (2012) ging es um den idealen Zeitpunkt zwischen Denudation und ICSI. Diese Forschungsgruppe zeigte, dass 3h zwischen Eizellgewinnung und ICSI einen positiven Einfluss auf die Befruchtungs- und Implantationsrate haben. 197198199 Dadurch konnten sich vermutlich noch unreife Eizellen weiter entwickeln. Balkaier et al (2004) fand dies auch heraus. Des Weiteren konnte sie einen positiven Einfluss aufzeigen, 6-8 Stunden nach der Absonderung des ersten Polkörper, auf die Befruchtungsrate.

Die zurzeit vorhandenen Studien, zeigen eine relative Variabilität der vier im IVF-Labor wesentlichen Zeitintervalle an: von hCG Gabe über die Eizellgewinnung und die Denudation der COC bis hin zur ICSI. Mithilfe des Witness Programmes können diese Schritte genauestens aufgenommen werden und erlauben noch bessere Rückschlüsse.

Rienzi et al. (2015) haben mit Hilfe von FMEA (Failure mode and effects analysis) für jede mögliche Fehlerquelle eine RPN (Risk Priority Number) errechnet. FMEA ist

192 Vgl. Nagy/Liu/Joris et al. (1994): S. 1743 - 1748

193 Vgl. Nagy/Janssenswillen/Jansens et al. (1998): S. 1606 - 1612

194 Vgl. Pujol/Garcia/Obradors et al. (2018): S. 797 - 806

195 Vgl. Boldi/Colasante/Perego et al. (2010): S. 25 (20100600):180

196 Vgl. Patrat/Kaffel/Delaroche et al. (2012): 403531

197Vgl. Rienzi/Ubaldi/Anniballo et al. (1998): S.1014-1019.

198Vgl. Ho/Chen/Yi et al. (2003): S. 358-364.

199Vgl. Isiklar/Mercan/Balaban et al. (2004): S.683-686.

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eine Methode, um reale und potenzielle Störungen im ART Prozess zu identifizieren.

Sie haben RPN vor und nach der Implementierung der EWS (Elektronisches Witness System) berechnet. Das Resultat daraus war, dass das Risiko einer Verwechslung der Proben/Gameten um 2/3 mit dem EWS sank, wobei weltweit selten solche Verwechslungen gemeldet worden sind. 200201202 Wenn dies auftritt kann es entweder zu einem teilweisen oder kompletten Verlust von biologischem Material führen. Im schlimmsten Fall zu einem Transfer von „mismatched“ Embryos.

Auch Maggiulli et al (2020) weisen auf die Fehlerquelle Mensch hin. Da durch Stress wie zum Beispiel viel Arbeit, ständiges läuten des Telefons, schlechte Kommunikation im Team und unleserliche Handschrift, es zu Verwechslungen kommen kann/Fehler passieren, die fatal sein können. Um dies zu verhindern wurden unterschiedliche Systeme entwickelt so wie das EWS. 203204205206 So gut wie EWS auch geeignet ist für die Patienten Nachverfolgung (Gameten, etc.), hat es Probleme bei der nach Verfolgung von Embryonen bei PID (Präimplantations Diagnostik). Wobei hier auch auf Barcodes zurückgegriffen wird und weitere Schritte die Mitarbeiter involviert, versucht wird zu optimieren. 207208

In meiner Arbeit haben wir uns auch an die bestehenden Studien angelehnt, welche das Zeit Intervall DN - ICSI von 4h postuliert haben. Da berichtet wurde, dass es zu einer höheren Implantations- und Befruchtungsrate bzw. zu einer verbesserten Embryonentwicklung kommt. In beiden Gruppen schwanger und nicht schwanger gab es keinen Unterschied in der Zeit, da wir uns an die 4h gehalten haben. Mittels des Witness Programmes konnte die Zeit gut nachvollzogen werden.

Das Alter sowie die Blastozysten Anzahl waren signifikant bis sehr stark signifikant unterschiedlich in den zwei Gruppen. Das scheint an der Altersspanne zu liegen, bei

200 Vgl. Bender (2006): S. 443 -508

201 Vgl. Liebler (2002): S. 15 -56

202 Vgl. Spriggs (2003): S.65

203 Vgl. Schnauffer/Kingsland/Troup (2005): S. i79 – i80

204 Vgl. Glew/Hoha/Graves et al. (2006): S.170

205 Vgl. Novo/Barrios/Santaló et al. (2011): S. 96 -105

206 Vgl. Novo/Mora-Espí/Gómez-Martínez et al. (2015)

207 Vgl. Ubaldi/Capalbo/Colamaria et al. (2015): S. 2097 -2106

208 Vgl. Cimadomo/Ubaldi/Capalbo et al. (2016): S.36 0 - 369

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„nicht schwanger“ (20-46) und „schwanger“ (20-40). Vor allem könnte es an dem Alt versus Jung Gefälle zwischen den Gruppen liegen.

Mit steigendem Alter wird eine erfolgreiche Schwangerschaft erschwert. Wie zum Beispiel durch fehlende ovarielle Reserve, dieser Faktor geht einher mit einer

niedrigeren Befruchtungsrate, einem Anstieg der Fehlgeburtenrate und ebenso einer Erhöhung der chromosomalen Aberrationsrate.209 Medikamenteneinnahme, Stress, vorzeitiger Wechsel sind auch Gründe für einen fehlenden Erfolg.210

Für zukünftige Studien wäre es auch interessant mit Altersclustern (Alt versus Jung) in Verbindung mit dem AMH Wert, der durchgehend gemessen wird, zu arbeiten. Die Studie von Tulay et al. (2011) hat sich der AMH Messung während der gesamten Behandlungszeit und deren Auswirkung auf die klinische Schwangerschaft befasst.

Die Frage inwieweit die zeitliche Komponente eine Rolle spielt ist noch nicht völlig aufgeklärt und daher wären weitere Studien, die diese auch in Verbindung mit anderen Parametern betrachten, sinnvoll/wünschenswert.

209 Vgl. Te Vede/Dorland/Broekmans (1998): S.119-125

210 Vgl. http://www.ivf-gesellschaft.at/index.php?id=118

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