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Die Ergebnisse beider im Rahmen dieser Arbeit entstandener Studien zeigten im Zusammenhang mit der epidermalen Lipidanalyse des Hundes interessante Aspekte hinsichtlich des Einflusses der Probenahmetechnik, der beprobten Körperregion und der Ceramidstandards, die zur Quantifizierung verwendet werden, auf, die bei der Interpretation von Studien zu diesem Thema berücksichtigt werden sollten. Eine minimal invasive Probenahmetechnik zur Gewinnung epidermaler Lipide des Hundes konnte etabliert werden, unter deren Verwendung mögliche Zusammenhänge zwischen der epidermalen Lipidzusammensetzung und Hauterkrankungen des Hundes hergestellt werden konnten.

Im ersten Teil dieser Arbeit wurden zunächst methodische Aspekte näher beleuchtet.

Das Ziel dieses Teils war es, drei verschiedene Probenahmetechniken zur Gewinnung epidermaler Lipide hautgesunder Hunde miteinander zu vergleichen. Die bisher zu diesem Thema erschienenen Studien verglichen meist die epidermalen Lipide, und zwar hauptsächlich die Ceramide, gesunder Hunde mit denen von Hunden mit Hauterkrankungen, hier vor allem atopischer Dermatitis (REITER et al.

2009; SHIMADA et al. 2009; POPA et al. 2011b; YOON et al. 2011; STAHL et al.

2012; YOON et al. 2013). Von diesen Studien waren nur zwei durch den Einsatz von HPLC-MS in der Lage, alle der 11 beim Menschen bekannten Ceramidklassen zu bestimmen (YOON et al. 2011; YOON et al. 2013). Mit der in der vorliegenden Studie gewählten HPTLC-Methode konnte eine gute Auftrennung aller wichtigen epidermalen Lipidfraktionen inklusive der acht wohlbekannten Ceramidbanden erreicht werden. Da es nur zu fünf dieser Banden korrespondierende Standards gibt, wurde die Identität aller Ceramidbanden massenspektrometrisch bestätigt. Diese Kombination aus HPTLC und MS ermöglichte die Identifizierung von zumindest neun Ceramidklassen in caniner Epidermis sowie Hinweise auf das Vorkommen von zwei weiteren Klassen in der vorliegenden Studie.

Aufgrund fehlender Ceramidstandards muss die Quantifizierung der Ceramide als problematisch angesehen werden. Manche Studien berechneten z. B. nur diejenigen

Ceramidklassen, für die auch korrespondierende Standards vorlagen (SHIMADA et al. 2009; STAHL et al. 2009). Dieses Vorgehen kann zu Interpretationsschwierigkeiten führen, wenn Aussagen über den Gesamtceramidgehalt gemacht werden sollen. Andere Studien wiederum quantifizierten alle Ceramidklassen nur anhand von einem oder zwei Standards (POPA et al. 2010; YOON et al. 2011). Herauszufinden, inwieweit dies die Ergebnisse beeinflussen kann, war ein Ziel der methodischen Versuche innerhalb der vorliegenden Arbeit. Durch die Quantifizierung der Banden von CER[AP], CER[AS+NH], CER[NP] und CER[NS] mit jedem der jeweiligen Standards konnten Abweichungen der Ergebnisse von bis zu mehr als 40% vom Originalwert festgestellt werden. Einzig die Berechnung von CER[NP] anhand des Standards von CER[AS]

und umgekehrt einerseits sowie die Berechnung von CER[NS] anhand des Standards von CER[AP] und umgekehrt andererseits erschien möglich, da die medianen Abweichungen dieser Berechnungen von den Ergebnissen, die durch die korrespondierenden Standards erhalten wurden, unter 10% lagen. Dieser bemerkenswerte Einfluss der verwendeten Ceramidstandards auf die Ergebnisse könnte durch unterschiedliche Schwärzungsgrade der nach dem Kupfersulfat-Phosphorsäure-Tauchbad veraschten Ceramide zustande kommen. So fanden wir massenspektrometrisch z. B. ähnliche Subspecies in den Standards von CER[AP]

und CER[NP], allerdings waren die zugehörigen Massen der CER[AP]-Species viel höher als diejenigen der CER[NP]-Species, was den höheren Schwärzungsgrad von CER[AP] gegenüber CER[NP] erklärt. Aus diesem Grund sollten Ceramidbanden, zu denen kein korrespondierender Standard erhältlich ist, mit demjenigen Ceramidstandard quantifiziert werden, der ihrer Klasse am nächsten kommt. Für die Berechnung der sehr langkettigen Ceramide [EOP] und [EOH] sollte der Standard zu CER[EOS], für CER[AH] sollte aufgrund der ähnlichen Anzahl an Hydroxylgruppen (NISHIFUJI u. YOON 2013) und Kettenlängen (YOON et al. 2013) der Standard zu CER[AP] verwendet werden. Die unterschiedlichen Quantifizierungen könnten zum Teil abweichende Ergebnisse dieser Arbeit gegenüber anderen Studien erklären, auch im Hinblick auf den zweiten Teil dieser Dissertation.

Dass auch die Auswahl der Probenahmetechnik einen großen Einfluss auf die Ergebnisse von Studien über die epidermale Lipidzusammensetzung haben kann, bewiesen die Vergleiche zwischen den drei hier gewählten Methoden. So enthielten die Proben aus Hitze-separierter Epidermis deutlich größere Lipidmengen als die anderen Proben. Die Erklärung hierfür ist offensichtlich, da mit keiner der anderen beiden Techniken die tieferen Schichten der Epidermis gewonnen werden konnten.

Aus diesem Grund machte ein Vergleich der absoluten Werte wenig Sinn, sodass die drei Techniken ausschließlich anhand der prozentualen Werte der Lipidfraktionen verglichen wurden. Dies beinhaltete allerdings wiederum den Nachteil der gegenseitigen Beeinflussung aller Werte bei prozentualen Vergleichen, was die Erklärung für die niedrigeren prozentualen Werte der Ceramide, des Cholesterols und der Cholesterylester in Hitze-separierter Epidermis verglichen mit den anderen Proben liefern könnte. Hingegen waren die prozentualen Konzentrationen an Phospholipiden, freien Fettsäuren und Triglyzeriden in den Biopsieproben viel höher, möglicherweise durch Kontaminationen von Lipiden aus der Dermis oder der Subkutis oder einfach dadurch, dass Lipide tieferer epidermaler Schichten mitgemessen wurden. Ersteres könnte durch die schwierige Probenaufbereitung der Biopsien bedingt sein, da die Separation der Epidermis aufgrund der geringen Größe der Biopsien oftmals eine Herausforderung darstellte. Dieses Problem wurde auch durch die hohe Varianz innerhalb dieser Probenahmetechnik reflektiert, was in einer niedrigen Reproduzierbarkeit resultierte.

Die Gewinnung epidermaler Lipide durch die „skin scrub“-Technik ergab größere Lipidmengen pro Quadratzentimeter als durch Hautgeschabsel. Auch die Konzentrationen an Phospholipiden waren in den „skin scrub“-Proben höher als in den Hautgeschabseln. Dies lässt vermuten, dass durch „skin scrub“ tiefere Schichten der Epidermis beprobt werden als durch Geschabsel, da der Phospholipidgehalt mit der Tiefe der Epidermis zunimmt (LAMPE et al. 1983b). Die niedrigeren prozentualen Werte von Ceramiden und Cholesterol in den Geschabseln verglichen mit den „skin scrubs“ könnten durch den Einfluss der höheren prozentualen Werte von freien Fettsäuren in den Geschabseln entstanden sein.

Signifikante Unterschiede im Ceramidprofil konnten zwischen den verschiedenen Probenahmetechniken nur selten gefunden werden. Solche Unterschiede könnten sich im Falle einer größeren Studienpopulation weniger ausprägen. Nichtsdestotrotz stimmen die Ergebnisse der vorliegenden Studie bezüglich des caninen epidermalen Ceramidprofils größtenteils mit denen anderer Studien beim Hund überein. Allerdings fanden wir prozentuale Anteile von CER[EOH] zwischen 14 und 20%, wovon POPA et al. (2010) nur Spuren fanden. YOON et al. (2011) isolierten ca. 9% CER[EOH].

Eine Erklärung für diese Abweichungen könnte sowohl in unterschiedlichen HPTLC-Methoden, in unterschiedlich verwendeten Ceramidstandards zur Quantifizierung der Ceramide als auch in unterschiedlichen Arten der Quantifizierung (prozentuale Werte auf Gesamtceramidmenge bezogen [POPA et al. 2010], Mikrogramm pro Milligramm Protein [YOON et al. 2011], Mikrogramm pro Quadratzentimeter [die vorliegende Studie]) liegen. Natürlich können hierbei auch die Probenahmetechnik und die Größe der Studienpopulation eine Rolle spielen.

Da die Reproduzierbarkeit von Hautgeschabsel und „skin scrub“ vergleichbar hoch war und kaum Unterschiede im Lipid- und Ceramidprofil zwischen diesen Probenahmetechniken bestanden, scheinen beide Methoden geeignet zur Gewinnung epidermaler Lipide beim Hund zu sein. Allerdings könnten bei der Probenahme durch Hautgeschabsel von entzündeten Hautarealen lebender Hunde Kontaminationen mit Blut auftreten, was zu verfälschten Lipidmessungen führen würde. Trotz möglicher Hautirritationen durch das Lösungsmittel während der „skin scrub“-Prozedur kann diese Methode als weniger invasiv als Hautgeschabsel angesehen werden. Weitere Vorteile der „skin scrub“-Technik sind die einfachere Handhabbarkeit der Proben und die größere Proben- und damit auch Lipidmenge, die mit dieser Methode gegenüber Hautgeschabseln gewonnen werden kann.

Aufgrund dieser Ergebnisse wurden alle Versuche des zweiten Teils dieser Arbeit mit der „skin scrub“-Technik durchgeführt. Bereits im ersten Studienteil konnten Hinweise auf Unterschiede im Lipidprofil zwischen der Inguinalregion und der Kruppe gefunden werden. Im Hinblick auf Auswirkungen auf die Studienplanung bei Untersuchungen des epidermalen Lipidmusters von Hunden mit Hauterkrankungen

sollte der Einfluss der Körperregion näher untersucht werden. Da zunächst acht Körperregionen hautgesunder Hunde beprobt werden sollten, um Körperstellen, die häufiger Läsionen bei caniner atopischer Dermatitis entwickeln, mit solchen, die dies gewöhnlich nicht tun, zu vergleichen, wurde aufgrund der Art und Anzahl der Lokalisationen entschieden, diese Untersuchungen an frisch toten Hunden durchzuführen. Übereinstimmend mit einer ähnlichen Studie vom Menschen (YOSHIKAWA et al. 1994) konnte kein Zusammenhang zwischen der Gesamtlipidmenge oder der Konzentration einer bestimmten Lipidfraktion und der Tendenz einer Körperregion, atopische Hautveränderungen zu entwickeln oder nicht, bei gesunder Hundehaut hergestellt werden. Die Prädisposition mancher Körperregionen, atopische Läsionen zu entwickeln, scheint also nicht durch einen per se niedrigeren Lipid- oder Ceramidgehalt verursacht zu sein. Vielmehr könnten andere Faktoren, wie z. B. die geringere Behaarung oder die stärkere mechanische Belastung solcher Lokalisationen, zu einem intensiveren Allergenkontakt führen.

Trotz intensiver Literaturrecherche konnten bislang keine Studien entdeckt werden, die regionale Einflüsse auf die Lipidzusammensetzung gesunder Hundehaut untersucht haben. Obwohl keine Unterschiede im Gesamtlipidgehalt zwischen den Körperregionen gefunden werden konnten, gab es doch Unterschiede in der Lipidzusammensetzung. Die Variationen der Mengen an Triglyzeriden und Cholesterylestern können durch die regional unterschiedliche Verteilung der Talgdrüsen (PAVLETIC 2003) erklärt werden, da diese Lipide zu großen Teilen aus dem Sebum stammen (YOON et al. 2013). Die geringeren Mengen an Triglyzeriden und Cholesterylestern, die in der betroffenen Haut des Hundes mit Sebadenitis verglichen mit seiner klinisch unauffälligen Haut gemessen wurden, scheinen dies weiterhin zu bestätigen.

Auch beim Menschen wurden regionale Unterschiede in der epidermalen Lipidzusammensetzung festgestellt, und zwar in Form von größeren Mengen an Cholesterolsulfat, Cholesterol und Sphingolipiden in der Haut der Sohle als von Gesicht, Bauch oder Beinen (LAMPE et al. 1983a), was mit den höheren Konzentrationen der gleichen Lipidfraktionen am palmaren Metakarpus gegenüber den anderen Körperstellen, die in der vorliegenden Studie gemessen wurden,

übereinstimmt. Allerdings gibt es Hinweise darauf, dass die Lipidzusammensetzung der menschlichen Epidermis auch saisonalen Veränderungen unterliegt, welche regional unterschiedlich ausgeprägt zu sein scheinen (YOSHIKAWA et al. 1994).

Dieser Aspekt wurde beim Hund bisher nicht untersucht und daher in dieser Arbeit nicht berücksichtigt, könnte aber Gegenstand einer weiteren Studie unter Verwendung der minimal invasiven „skin scrub“-Technik werden. Regionale Abweichungen im epidermalen Lipidmuster können außerdem durch eine starke inter-individuelle Streuung, wie sie in der vorliegenden Arbeit festgestellt und auch hinsichtlich struktureller Eigenschaften der caninen Epidermis bereits beschrieben werden konnte (LLOYD u. GARTHWAITE 1982), maskiert werden (NORLEN et al.

1999).

Im Gegensatz zu gesunder Hundehaut wurden Unterschiede zwischen betroffenen und klinisch unauffälligen Körperregionen der in dieser Studie getesteten atopischen Hunde durch signifikant niedrigere Konzentrationen der Gesamtlipide und besonders der Ceramidklassen in betroffener gegenüber klinisch unauffälliger Haut reflektiert, die durch die Entzündungsprozesse in betroffener Haut entstanden sein könnten.

Eine durch Allergenexposition ausgelöste Entzündungsreaktion verschlechterte die epidermale Barrierefunktion der betroffenen Hautareale von experimentell sensibilisierten Beagles (HIGHTOWER et al. 2010; STAHL et al. 2012). Außerdem konnten HIGHTOWER et al. (2010) zeigen, dass bei sensibilisierten Hunden der transepidermale Wasserverlust an sieben von zehn Körperstellen, wovon sechs dieser Stellen prädisponiert für die Entwicklung atopischer Läsionen waren, schon vor der Allergenexposition, also vor dem Auftreten sichtbarer Hautveränderungen, gegenüber normalen Hunden erhöht war. Da SHIMADA et al. (2009) in ihrer Studie eine negative Korrelation zwischen transepidermalem Wasserverlust und epidermalem Ceramidgehalt andeuteten, könnte man annehmen, dass in Körperregionen mit Prädisposition für atopische Läsionen auch schon vor dem Allergenkontakt niedrigere Ceramidkonzentrationen vorliegen. Diese veränderte Lipidzusammensetzung könnte eine schnellere Entzündungsreaktion triggern, die wiederum die Entstehung atopischer Hautveränderungen gegenüber anderen Körperregionen begünstigen würde.

Frühere Studien (SHIMADA et al. 2009; YOON et al. 2011; STAHL et al. 2012) fanden im Gegensatz zu der vorliegenden Arbeit keine signifikanten Unterschiede zwischen betroffener und klinisch unauffälliger Haut von atopischen Hunden, wofür die Beprobung von klinisch unauffälliger Haut in der Nähe der betroffenen Haut ein möglicher Grund sein könnte. Die Nähe der beiden zu beprobenden Stellen wurde vermutlich gewählt, um Unterschiede im Lipidmuster aufgrund verschiedener Körperpartien zu vermeiden. Da in der vorliegenden Arbeit der laterale Thorax als zu beprobende klinisch unauffällige Hautpartie atopischer Hunde gewählt wurde und keine wesentlichen Unterschiede zwischen dieser Körperregion und der Achselregion - der häufigsten in dieser Studie beprobten betroffenen Stelle bei atopischen Hunden - in gesunder Haut gefunden wurden, wurden die betroffenen und die klinisch unauffälligen Körperstellen der atopischen Hunde direkt miteinander verglichen.

Die Möglichkeit, die Lipidzusammensetzung verschiedener Körperregionen, wie z. B.

betroffener und klinisch unauffälliger Haut von Hunden mit Hauterkrankungen, miteinander zu vergleichen, ist ein Vorteil minimal invasiver Probenahmetechniken.

Die „skin scrub“-Technik gehört zu diesen minimal invasiven Methoden. Diese Methode wurde bereits unter Verwendung eines Detergenz statt eines Lösungsmittels zur Gewinnung der bakteriellen Hautflora erfolgreich beim Hund eingesetzt (IHRKE et al. 1978). Laut dieser Studie können umgängliche Hunde mit der betreffenden Methode ohne Anästhesie und mit minimalen Zwangsmaßnahmen beprobt werden, was mit den Erfahrungen der Autorin während der Probenahme von lebenden Hunden übereinstimmt. Die durch das in der vorliegenden Studie verwendete Lösungsmittel auftretenden Hautveränderungen erschienen tolerabel, zumal sie innerhalb weniger Tage wieder abklangen. Die vergleichsweise hohe Toleranz dieser Lösungsmittelkombination durch die Haut wurde schon zuvor durch Studien bei Menschen und Schweinen belegt, in denen Mischungen aus Hexan und Alkoholen zur Extraktion epidermaler Lipide angewendet wurden, ohne starke Irritationen auszulösen (BONTE et al. 1995; NORLEN et al. 1999; MONTEIRO-RIVIERE et al. 2001; FARWANAH et al. 2005a). Die „skin scrub“-Technik scheint

also eine praktikable, relativ schmerzlose Methode zur Gewinnung epidermaler Lipide von Hunden zu sein.

Obwohl man an den Ergebnissen dieses Teils der Arbeit bemängeln könnte, dass die epidermalen Lipide von lebenden atopischen Hunden mit denen toter Kontrollhunde verglichen wurden, so sind diese Ergebnisse dennoch vergleichbar mit denen aus humanen Hautlipidstudien, die ebenfalls geringere Mengen an Gesamtlipiden und Ceramiden in der Haut atopischer Patienten (IMOKAWA et al. 1991), jedoch keine Unterschiede in der prozentualen Lipidzusammensetzung finden konnten (IMOKAWA et al. 1991; YAMAMOTO et al. 1991). Allerdings existieren zwei Studien, die signifikante Veränderungen des relativen Ceramidgehalts bzw. des prozentualen Ceramidprofils in der Epidermis atopischer Hunde nachwiesen (REITER et al. 2009;

SHIMADA et al. 2009). Eine mögliche Erklärung für diese Abweichungen könnte in der unterschiedlichen Bestimmung der Ceramidkonzentrationen liegen. Während in der vorliegenden Arbeit acht Banden, die wenigstens neun Ceramidklassen beinhalteten, quantifiziert wurden, haben SHIMADA et al. (2009) nur zwei Ceramidklassen gemessen und konnten REITER et al. (2009) nur fünf Ceramidklassen identifizieren. Der signifikant reduzierte relative Gehalt an Gesamtceramiden und Ceramidklassen könnte aufgrund der fehlenden Ceramidfraktionen, die nicht gemessen wurden, entstanden sein. Natürlich können auch die unterschiedlichen Probenahmetechniken zu den abweichenden Ergebnissen beigetragen haben.

Im Gegensatz zu den prozentualen Vergleichen stimmen die Ergebnisse dieser Studie hinsichtlich der Unterschiede der absoluten Lipidkonzentrationen zwischen atopischer und normaler Hundehaut größtenteils mit denen einer neueren Studie überein (YOON et al. 2011), die ausschließlich die epidermale Zusammensetzung der Ceramide von atopischen mit gesunden Hunden verglich. Hierbei wurden signifikant niedrigere absolute Mengen der Gesamtceramide sowie der Ceramidklassen CER[EOS], CER[NS+NdS], CER[EOP], CER[NP] and CER[AS+NH]

in betroffener und klinisch unauffälliger Haut der atopischen Hunde gefunden.

Übereinstimmend mit einer weiteren aktuellen Studie (STAHL et al. 2012) konnten auch in der vorliegenden Arbeit keine höheren Konzentrationen an

Glucosylceramiden in atopischer Hundehaut nachgewiesen werden, wie durch POPA et al. (2011b) beschrieben. Aufgrund dessen kann von der vorliegenden Studie ausgehend deren Postulierung eines möglichen Defizits der β-Glucocerebrosidase-Aktivität in atopischer Hundehaut, welches zu den reduzierten Ceramidkonzentrationen führen könnte, nicht zugestimmt werden. Vielmehr würden die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zu einer erhöhten Sphingomyelin-Glucosylceramid-Deacylase-Aktivität als zugrunde liegendem Mechanismus für den Ceramidmangel in caniner atopischer Dermatitis passen, wie für die menschliche Erkrankung beschrieben (IMOKAWA 2009). Allerdings wurden hierzu bisher keine Untersuchungen beim Hund durchgeführt.

Die bisher beschriebenen Ergebnisse hinsichtlich der reduzierten Lipid- oder Ceramidmengen scheinen jedoch nicht allein bei atopischer Dermatitis ausgeprägt zu sein. Ähnliche Veränderungen im epidermalen Ceramidmuster wurden auch für andere Hauterkrankungen des Menschen beschrieben, wie z.B. für Psoriasis (CODERCH et al. 2003). In der vorliegenden Studie wurden analoge Beobachtungen für andere Hauterkrankungen des Hundes gemacht, indem hier ähnlich erniedrigte Ceramidkonzentrationen in der betroffenen und klinisch unauffälligen Haut des Pudelmischlings mit Kontaktdermatitis sowie der zwei Hunde mit Flohspeicheldermatitis im Vergleich zu normaler Haut festgestellt werden konnten.

Obwohl die Aussagekraft dieser Ergebnisse aufgrund der nur exemplarischen Beschreibung als zweifelhaft angesehen werden kann, so könnten solche Veränderungen des Lipidmusters in weiteren Hauterkrankungen des Hundes auf sekundäre Veränderungen zu einer (allergisch oder immunologisch vermittelten) Entzündung hindeuten. Diese Hypothese wird auch durch die Studie von STAHL et al. (2012) bestätigt, in welcher die nach Allergenexposition reduzierten Ceramidkonzentrationen in der Haut experimentell auf Hausstaubmilben sensibilisierter Hunde innerhalb von zwei Monaten nach Abschluss der Exposition wieder ihre Ausgangswerte erreichten. Wie teilweise bereits von OLIVRY et al.

(2011) angeregt, stellen diese Beobachtungen interessante Aspekte für weiterführende Studien dar.

Studien über Hunde mit atopischer Dermatitis konnten belegen, dass sowohl die topische Applikation einer aus Hautlipiden bestehenden Lotion als auch die systemische Zufuhr essentieller Fettsäuren zu einer strukturellen und inhaltlichen Verbesserung der epidermalen Barriereeigenschaften führte (PIEKUTOWSKA et al.

2008; POPA et al. 2011a; POPA et al. 2012). Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit lassen einen solch vorteilhaften Effekt nicht nur bei Hunden mit atopischer Dermatitis, sondern auch bei Hunden mit anderen Hauterkrankungen, wie z. B.

Kontaktdermatitis oder Flohspeicheldermatitis, vermuten. Es existieren allerdings bisher nur wenige Studien, die den klinischen Effekt solcher Supplementierungen untersucht haben (OLIVRY 2011). Sollten die Defekte der Hautbarriere bei manchen Hauterkrankungen, wie z. B. der caninen atopischen Dermatitis, primären Ursprungs sein, ließen sich mit der Zufuhr spezifischer Lipidformulierungen vielleicht sogar vorbeugende Maßnahmen ergreifen (MARSELLA et al. 2011). In einem solchen Fall käme es auf die Zusammensetzung der Lipidmischung an, denn nur, wenn in der Epidermis schließlich ein ausgewogenes Verhältnis der Lipide zueinander vorliegt, verbessern sich die epidermalen Barriereeigenschaften (CODERCH et al. 2003). Da in der vorliegenden Studie kaum Unterschiede in der prozentualen Verteilung der epidermalen Lipide zwischen atopischer und normaler Hundehaut gefunden wurden, sollte eine solche Lipidmischung die Hautlipide also im gleichen Verhältnis beinhalten, wie sie in gesunder Hundehaut vorliegen, um bei caniner atopischer Dermatitis einen positiven Effekt zu erzielen.

Abschließend betrachtet, konnte diese Arbeit einen wichtigen Beitrag zur Forschung über die epidermalen Lipide des Hundes leisten, indem sie demonstrierte, dass bei der Interpretation bestehender Studien zu diesem Thema einige Faktoren berücksichtigt werden sollten. Nicht nur die Probenahmetechnik, sondern besonders auch die Ceramidstandards, die zur Quantifizierung eingesetzt werden, können einen großen Einfluss auf die gemessene Lipid- und besonders Ceramidzusammensetzung haben.

Auch die beprobte Körperregion kann die Ergebnisse beeinflussen, da bestimmte regionale Unterschiede im Lipidmuster normaler Hundehaut existieren. Im Hinblick

auf die canine atopische Dermatitis konnten in prädisponierten Regionen keine Besonderheiten der epidermalen Lipidzusammensetzung im Vergleich zu nicht-prädisponierten Körperstellen von Hunden ohne Hauterkrankungen nachgewiesen werden. Durch den Vergleich zu Lokalisations-spezifischen Kontrollen wurden ausgeprägte Veränderungen des Lipidgehalts und der -zusammensetzung, besonders bezüglich der Ceramide, sowohl in betroffener als auch in klinisch unauffälliger Haut atopischer Hunde festgestellt. Die Frage nach dem Ursprung der Lipidveränderungen und der daraus resultierenden gestörten Barrierefunktion in der atopischen Hundehaut (primär oder sekundär) bleibt auch weiterhin unbeantwortet.

Ein Hauptziel der vorliegenden Arbeit konnte erreicht werden, indem die „skin scrub“-Technik als minimal invasive und praktikable Methode zur Gewinnung epidermaler Lipide von Hunden bewertet werden konnte, deren Anwendung reproduzierbare Ergebnisse im Hinblick auf Veränderungen im epidermalen Lipidmuster atopischer Hunde erbrachte.

Wie bereits in dieser Arbeit angedeutet, lassen sich Veränderungen der epidermalen Lipidzusammensetzung auch bei anderen Hauterkrankungen des Hundes bestimmen. Hier bieten sich weiterführende Studien an, um möglicherweise Veränderungen der Hautlipide zwischen den einzelnen Hauterkrankungen abgrenzen zu können. Im Falle deutlicher Unterschiede könnten solche Untersuchungen in Zukunft als diagnostische Hilfsmittel eingesetzt werden, v. a. wenn weitere Studien beweisen würden, dass die Abweichungen im epidermalen Lipidmuster bei bestimmten Hauterkrankungen primär vorliegen. Wie auch von MARSELLA et al.

(2011) und OLIVRY (2011) vorgeschlagen, könnten Studien über die epidermalen Barriereeigenschaften vor und nach der Behandlung mit entzündungshemmenden Medikamenten, die die Beurteilung klinischer Veränderungen der behandelten Hunde beinhalten sollten, einen deutlichen Hinweis hierauf liefern. Wie in der vorliegenden Arbeit sollten diese Studien die Untersuchung betroffener und klinisch unauffälliger

(2011) und OLIVRY (2011) vorgeschlagen, könnten Studien über die epidermalen Barriereeigenschaften vor und nach der Behandlung mit entzündungshemmenden Medikamenten, die die Beurteilung klinischer Veränderungen der behandelten Hunde beinhalten sollten, einen deutlichen Hinweis hierauf liefern. Wie in der vorliegenden Arbeit sollten diese Studien die Untersuchung betroffener und klinisch unauffälliger

Im Dokument Das Lipidmuster der caninen Epidermis (Seite 124-136)