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Die Weigerungsrechte als Einreden gegen Zeugnispilichten

Im Dokument Zeuge im Ziviiprozeß (Seite 63-67)

§ 5 Die Zeugnispflichten

B. Die Weigerungsrechte als Einreden gegen Zeugnispilichten

!. Rechtliche Einordnung

Das Zeugnisverweigerungsrecht läßt sich als eine A r t prozessuale E i n -rede qualifizieren^*, deren Geltendmachung die Möglichkeit einer Befreiung von Erscheinens-, Aussage- und Eidespflicht schafft. Die Befreiung tritt da-her nicht bereits bei Vorliegen der objektiven Voraussetzungen der

§§ 383 ff Z P O ein, sondern erst, wenn der Zeuge eine entsprechende Erklä-rung, die den Erfordernissen des § 386 Z P O zu entsprechen hat, abgibt.

Or/owiAy vertritt die Ansicht, daß die Erklärung über die Ausübung eines Zeugnisverweigerungsrechtes wegen des öffentlich-rechtlichen Charakters

Eine inhaitiich übereinstimmende Regeiung enthäit § 60 Nr. 1 StPO für das Strafver-fahren. Infoige der Einschränkung der Eidesfähigkeit entfaiien größtenteiis die Probieme, die sich im Zusammenhang mit der seibständigen Ausübung des Zeugnisverweigerungsrecht und der Beiehrung des Minderjährigen ergeben. Dazu auch unten § 5 B I 2.

^BaM/?:6ac/:-Z^:MMrb<3c/!-77arf/Maw/!, § 391 Anm. 2 D; 5ffiH-/onay-5c/K47Ma/!n, § 391 Rn 1, 6 f;

77Mwna.y-PMfzo, § 391 Anm. 1.

3°Zum Nacheid auch RosfMMg-.$c/!H'a6, § 123 VI; &PiH-/<?n<M-5cAM/?:aHH, § 392 Rn 1; femer unten § 5 B I 2.

3*Meyc, S. 143 f; RoRM^erg-Sc/wa;?, § 123 V 2. Go/dyc/Mma*;, ZPR, § 47 2 b bezeichnet das Zeugnisverweigerungsrecht ais Beweishindemis; ähniich auch E . Pefery, Z Z P 77,444, 459, der von einer "Rechtswohitat für den Zeugen" spricht.

der Zeugenpflichten eine ebenfalls öffentlich-rechtliche Willenserklärung sei^. Damit sind jedoch keine weiteren Schlußfolgerungen verbunden, die eine Beantwortung der offenen Fragen gestatten, die sich im Zusammen-hang mit einem minderjährigen Zeugen stellen. Offen bleibt nach dieser Ansicht auch, nach welchem Recht die Ausübungserklärung in anderen Rechtswegen, etwa im Zivilprozeß oder im Verwaltungsverfahren zu beur-teilen wäre.

D i e Qualifizierung als öffentlich-rechtliche Willenserklärung erschwert den Blick darauf, d a ß es sich um ein rein prozessuales Problem handelt^, wann und unter welchen Voraussetzungen ein Minderjähriger ein Zeugnis-verweigerungsrecht wirksam selbständig aussüben kann.

Das Zeugnisverweigerungsrecht hat auch keinen Doppelcharakter in dem Sinne, d a ß es sich um eine materiell-rechtliche und prozessuale Handlung zugleich handelt**. Soweit damit die Vorstellung verbunden ist, d a ß neben den prozessualen Voraussetzungen weitere Ausübungsvoraussetzungen vorhegen müssen, liegt darin eine gesetzlich nicht geregelte und sachlich nicht gerechtfertigte Einschränkung des Zeugnisverweigerungsrechts^.

Problematischer ist der Hinweis, daß die Geltendmachung eines Zeugnis-verweigerungsrechts im Prozeß eine Prozeßhandlung darstelle^. Danach m ü ß t e n die Prozeßhandlungsvoraussetzungen vorliegen, um die Einrede gegen die Zeugenpflichten wirksam erheben zu können. Dazu gehören unter anderem die Partei- und die Prozeßfähigkeit^. Bei konsequenter

Betrach-^Or/owiAy, S. 47 zur StPO.

^Dies gut auch für die Feststettung, daß das Prozeßrecht ais sotches öffentüches Recht ist, da sich daraus ebenfatts keine konkreten Foigen abteiten und begründen tassen; ähntich Sfetn-7oMay-^c/H/woMn, Ein!. Rn 95.

**So aber Mese, S. 53 u. 142 f und Or/otmAy, S. 47 ff, die dies durch die Bezeichnung a!s

"doppe!funktione!!e Prozeßhand!ung" zum Ausdruck bringen.

^ A ü g e m e i n zum Doppetcharakter von Prozeßhandtung und materieti-rechthcher Handtung -ReM-JoMas-Le^oM, Vor § 128 Rn 254 ff, der eine Kumutation verschiedener Voraus-setzungen abiehnt; ebenso Rasenoerg-Sc/wao, § 63 I a.E.

^So ß<McA, S. 39; CeoAard;, S. 79; E . Sc;MM<R, JR59, 369 f (zur StPO). Zum Begriff der Prozeßhandtung attgemein /?<?ieMOerg-^c/!wao, § 63IV; RfM-Zona^-Letpo/d', Vor § 128 Rn 157 ff m.w.N.; O L G SfMMgan, NJW 1971, 2237, 2239.

37ßo.ycA, S. 40; GrMHdTMann, S. 11; ReM-7o/!ay-Le(poM, Vor § 128 Rn 183; 77M?/H<M-.PM;zo, Eint. III 2; Zö#er-Mo#*o/nmer, Vor § 50 Rn 17 ff.

tung könnte ein Minderjähriger nie ein Zeugnisverweigerungsrecht selb-ständig geltend machen, weil ihm regelmäßig die Prozeßfähigkeit fehlt^.

Diese Konsequenz wird jedoch weder von der Literatur noch von der Rechtsprechung gezogen^. D i e Prozeßfähigkeit als Ausübungsvoraus-setzung würde dem Wesen des Zeugnisverweigerungsrechtes als höchstper-sönliche Entscheidung nicht gerecht, weil die Folgen der Entscheidung über Aussage oder Verweigerung und der damit verbundene Gewissenskonflikt von dem Erreichen der Prozeßfähigkeit unabhängig sind*". Im übrigen defi-niert § 51 Z P O Prozeßfähigkeit als Fähigkeit einer Partei, vor Gericht zu stehen. Dies spricht ebenfalls gegen eine Erstreckung dieser Voraussetzun-gen auf Dritte, soweit sie keine parteiähnliche Stellung inne haben"*.

Nach Meinung von Bo.ycA wird der Zeuge durch die Ausübung eines Zeugnisverweigerungsrechts aber Verfahrensbeteiligter im weiteren Sinne^.

Der Minderjährige sei insoweit teilprozeßfähig. Die von Bojc/t zum Ver-gleich herangezogenen Vorschriften betreffen jedoch Situationen, in denen der Minderjährige tatsächlich Beteiligter ist. Dies gilt etwa für die minder-jährige Ehefrau im Eherechtsstreit oder für Streitigkeiten des Minderjähri-gen im Zusammenhang mit einem Lebensbereich im Sinne der

§§ 112, 113 B G B ^ . Die bloße Ausübung eines Zeugnisverweigerungsrechts macht den Zeugen demgegenüber noch nicht zum Verfahrensbeteiligten, sie soll seine Mitwirkung am Verfahren, d.h. hier an der Beweisaufnahme ge-rade verhindern. Etwas anderes kommt allenfalls dann in Betracht, wenn über die Weigerung des Zeugen ein Zwischenstreit geführt wird. In diesem Verfahren ist der Zeuge Beteiligter**.

^ Z u r Prozeßfähigkeit und zum Begriff des Minderjährigen s. oben § 1.

^Auch das Gesetz steht in § 52 H StPO auf die Einsichtsfähigkeit, nicht aber auf sonstige prozessual Voraussetzungen ab. Zur Erkiärung des Zeugen im Strafverfahren, aussagen zu woiien, wie hier K. Pc^y, JR 1970, 308.

"°Zum Charakter des Zeugnisverweigerungsrechtes ais höchstpersöniiches Recht O L G D M ^ M o ^ FamRZ 1973, 547; Or/on-sAy, S. 59 ff; SoffgfJ-Sfrafz, § 1629 Rn 18; Sffi/t-Jon<M-$c/Mv/Ma/:n, § 383 Rn 2.

^ Z ö / / c r - ^ / M M . Vor § 128 Rn 17.

^Bayc/:, S. 39. Zum Versuch B<MC/:'.y, für den Beginn der Zeugenmündigkeit eine feste Aitersgrenze zu begründen, vgi. unten § 5 B H 1.

^Gegen die Annahme einer prozessuaien Teümündigkeit auch Monfz, S. 411 f.

^^fM-yongi-Ldpo/d, Vor § 128 Rn 167. Zum Zwischenstreit über das Zeugnisverweige-rungsrecht unten § 10 A .

A u f die Beurteilung der Ausübung eines Zeugnisverweigerungsrechtes als Prozeßhandlung sollte m.E. verzichtet werden. Sie ist ähnlich der Qualifizierung als öffentlichrechtliche WillenserkläQualifizierung hier ohne tatsächlichen E r -kenntniswert und kann zu dem Mißverständnis führen, die Prozeßhand-lungsfähigkeit als notwendige Voraussetzung der Ausübung des Zeugnisver-weigerungsrechtes anzusehen. Die Prozeßhandlungsfähigkeit ist aber nur bei Prozeßhandlungen im engeren Sinne, also solcher der Parteien erforder-lich. Der Begriff der Prozeßhandlung sollte daher von vorneherein auf Handlungen der Parteien und des Gerichts beschränkt bleiben und allenfalls auf Personen mit parteiähnlicher Stellung, etwa dem Zeugen im Zwischen-streit über sein Zeugnisverweigerungsrecht nach §§ 387, 388 Z P O erstreckt werden^. A u f Prozeßhandlungsfähigkeit kommt es daher bei der Erklärung über die Zeugnisverweigerung nicht an.

2. Day E/dejvewe'ige/TMgvec/:?

Es ist anerkannt, d a ß die Eidesleistung unter denselben Voraussetzungen verweigert werden kann, die auch zur Zeugnisverweigerung berechtigen^.

Damit ist grundsätzlich die selbständige Eidesverweigerung gemeint, weil bei Verweigerung bereits der Aussage eine Beeidigung gar nicht vorge-nommen werden könnte^. Die selbständige Eidesverweigerung ist gesetzlich nicht geregelt"^, doch ergibt sich ihre Zulässigkeit aus § 390 I Z P O und aus

§ 63 StPO'9.

"^Dies entspricht auch im wesentlichen dem Gebrauch des Begriffs im Schriftum, BaMmoacA-LaMferDacA-T/arf/Mann, Grundz. § 128 Anm. 5 B; Zö//er-.S;ep/:an, Vor § 128 Rn 17.

Noch enger 77M?/Hay-PMfzo, Einl. HI 1, wonach Prozeßhandlungen nur Handlungen der Partei-en, der Nebenintervenienten und deren Vertreter sind. Handlungen des Gerichtes wären da-mit ebenfalls keine Prozeßhandlungen.

"6ßCNZ 43, 368; ^e/o-/o/:a^-^c/:M/?:anw, § 392 Rn 6; ZoWer-Sfep/Kiw, § 391 Rn 1.

"^Anders nur beim Voreid, der aber bereits im Jahre 1909 aus der Z P O gestrichen wurde;

dazu Bruns, Rn 186 a

"Sßis 1933 galt in § 393 Satz 1 Nr. 3 und 4 ZPO die Regelung, daß Zeugen, denen nach § 383 I Nr. 1 bis 3, § 384 Nr. 1 und 2 ZPO ein Zeugnisverweigerungsrecht zustand, von dem sie je-doch keinen Gebrauch gemacht haben, den Eid verweigern konnten. Darüberhinaus hatten diejenigen, die am Ausgang des Verfahrens ein rechtliches Interesse hatten, ebenfalls ein E i -desverweigerungsrecht. Allerdings konnte das Gericht nach § 393 Satz 2 Z P O trotz der Wei-gerung die Beeidigung anordnen. Diese Regelung wurde durch das "Gesetz zur Änderung des

D i e Eidesverweigerung kommt nur bei gegebener Eidespflicht in Be-tracht, mithin nur bei Minderjährigen nach Vollendung des 16. Lebensjahres und hinreichender Verstandesreife im Sinne des § 393 Z P O . Eine besondere Darstellung des Eidesverweigerungsrechts neben dem Zeugnisverweige-rungsrecht erübrigt sich daher, weil bei Vorliegen der Eidespflicht gleich-zeitig die Voraussetzungen für eine Gleichstellung des Minderjährigen mit einem Volljährigen vorliegen^". Auch hinsichtlich der rechtlichen Einord-nung kann mangels grundlegender Unterschiede auf die entsprechenden Ausführungen beim Zeugnisverweigerungsrecht verwiesen werden^*.

Im Dokument Zeuge im Ziviiprozeß (Seite 63-67)