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Die Aussagepflicht

Im Dokument Zeuge im Ziviiprozeß (Seite 60-63)

§ 5 Die Zeugnispflichten

H. Die Aussagepflicht

Die eigentliche Zeugenpflicht ist unzweifelhaft die Pflicht zur wahrheits-g e m ä ß e n und vollständiwahrheits-gen Aussawahrheits-ge; sie umfaßt die Beantwortunwahrheits-g aller Fragen zu dem in der Ladung gem. § 377 II Ziff. 2 Z P O benannten Be-weisthema sowie gem. § 395 II Z P O Fragen zu den persönlichen Verhältnis-sen des Zeugen^. Soweit es bei der Ausübung eines Zeugenrechts auf eine bestimmte geistige Reife ankommt, wird das erkennende Gericht^, das die Beweisaufnahme durchführt, nicht umhin kommen, gegebenenfalls durch geeignete Fragen festzustellen, ob bei einem Minderjährigen diese Voraus-setzung vorliegt. Das Gericht ist hierbei aber gerade in den Fällen, in denen Zweifel an der Verstandesreife des Zeugen bestehen, durch den Verhält-nismäßigkeitsgrundsatz und die Pflicht zur Wahrung der Menschenwürde^

zur Zurückhaltung bei der Prüfung der geistigen Fähigkeiten verpflichtet.

2. Befreiung w n der^MMügep/iVc^f bei/gMevideY

a) Die Ansicht von K a r l Peters

Die Aussagepflicht wird durch die Ausübung eines Zeugnisverweige-rungsrechtes zunächst vorläufig, bei Verzicht der Parteien auf den Zeugen oder nach rechtskräftiger Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Wei-gerung endgültig aufgehoben^. Z u m Strafprozeßrecht hat Karl fefevg die Ansicht entwickelt, die Vernehmung eines Zeugen sei gänzlich ausgeschlos-sen, wenn dem Zeugen die für die Lösung der Konfliktslage durch wirksa-men Verzicht auf sein Zeugnisverweigerungsrecht erforderliche

Verstandes-tSßrM/M, Rn 184 b, c; Rosewoerg-Sc/wao, § 123 V.

^ ß G / V R 14,159,160; ß a y O o L G NJW 1967, 206, 209.

*^Vg!. aMgemein ReM-yoMay-JcAa/na/!/!, Vor § 373 Rn 35; dersetbe, § 395 Rn 3. Zur Durchführung der Vernehmung unter Berücksichtigung des Zeugen- und Minderjährigen-schutzes vg). unten § 8 B, C.

'^Zur Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechtes vg). § 6.

reife fehlet Danach käme es bei einem nicht einsichtsfähigen minderjähri-gen Zeuminderjähri-gen^" nicht auf die wirksame Ausübung eines Weigerungsrechtes an, weü bereits bei Vorliegen der Weigerungsvoraussetzungen eine dauerhafte Befreiung von der Aussagepflicht gegeben wäre.

Pefe/s begründet seine Meinung damit, d a ß eine Zustimmung der gesetz-lichen Vertreter nicht möglich sei, weil ihre Interessen an einer Aussage denen des Kindes völlig entgegengesetzt sein können und die als Folge der Aussage drohenden seelischen Belastungen des Zeugen nicht von Dritten auferlegt werden dürfen. Die gerichtliche Fürsorgepflicht gebiete daher den Verzicht auf das Beweismittel^. Dafür spricht nach Pefe/y auch die Vermei-dung praktischer Schwierigkeiten bei der Bestimmung der zur Zustim-mungserteilung befugten gesetzlichen Vertreter sowie der Ausschluß der Gefahr einer Beeinflussung der Aussage^.

b) Stellungnahme

Der dargestellten Ansicht kann nicht beigetreten werden. D e r Strafge-setzgeber hat durch die Einführung des § 52 II StPO nunmehr entschieden, daß eine Zeugenvernehmung auch bei Verstandesunreife nicht ipso iure ausgeschlossen ist. Die Bedenken, die sich aus der Beeinflussungsmöglich-keit des Zeugen ergeben, können das Beweisinteresse nicht aufwiegen. Dies gilt ebenso im Zivilprozeß.

Darüberhinaus ist die Argumentation von Pef^/y insoweit bedenklich, als er die Fürsorgepflicht in der Form des Verzichts auf das Beweismittel nur weigerungsberechtigten Zeugen zugute kommen lassen will. Das Fürsorge-bedürfnis beruht in erster Linie auf der Unreife des Minderjährigen. Zwar wirkt sich die Entscheidungsunreife nur dann aus, wenn eine Entscheidung zu treffen ist. Dies ist wiederum nur bei gegebenem Zeugnisverweigerungs-recht der Fall. Angesichts der Tatsache, daß gegen schuldunfähige

Minder-en. PcRiY, Gutachten, S. 115 ff; derselbe, JR 1970, 308 f. Ähnlich wiii S. 412 auf die Ladung und damit auch auf die Vernehmung soicher Zeugen verzichten. Na^^r, S. 68 f häit in Ziviiverfahren einen Verzicht auf Kinder ais Beweismitte! für denkbar.

^°Zur Einsichtsfähigkeit ais Ausübungsvoraussetzung unten § 6 A . 2*K. Pften, JR 1970, 308 f.

^ K . Pt-RTY, Gutachten, S. 116 f.

jährige Ordnungs- und Zwangsmittel nicht verhängt werden dürfen^, be-steht rein faktisch ein Entscheidungsspielraum bei jedem dieser Zeugen.

Darüberhinaus läßt der Verzicht auf das Beweismittel keine Möglichkeit zur Prüfung offen, ob der Schutz des Minderjährigen nicht auf andere Weise gewahrt werden kann, ohne die Parteien übermäßig in ihrem rechtlichen G e h ö r und Beweismöglichkeiten einzuschränken^.

Z u m anderen geht auch die Annahme fehl, daß die seelischen Belastun-gen dem ZeuBelastun-gen nicht von Dritter Seite auferlegt werden dürfen. Diese Ge-fahr besteht nicht, weil die Zustimmung der Eltern weder Aussagepflicht noch Aussagezwang des Kindes^ begründet. Die Einverständniserklärung der Eltern hat daher nur bei fortdauernder Aussagebereitschaft des Kindes Auswirkungen.

Es ist daher festzuhalten, daß die fehlende Verstandesreife die Aussage-pflicht nicht berührt. Eine Befreiung tritt erst mit wirksamer Zeugnisverwei-gerung ein. Dies gilt im übrigen auch dann, wenn das Gericht wegen fehlen-der Zeugeneignung bereits den Beweisantrag auf Vernehmung des Zeugen abgelehnt hat**. Mangels Ladung des Zeugen konkretisieren sich die Zeu-genpflichten gar nicht, so d a ß es keiner Befreiung von der Aussagepflicht bedarf.

HL Die Eidespflicht

Unter den Voraussetzungen des § 391 Z P O ist jeder Zeuge auch ver-pflichtet, seine Aussage zu beeiden oder zumindest nach § 484 Z P O eides-gleich zu bekräftigen^.

Anders als die Zeugnisfähigkeit und die Zeugeneignung ist die Eidesfä-higkeit ausdrücklich gesetzlich geregelt. Nach § 393 Z P O dürfen Personen,

^Vgl. unten § 5 C.

^*Zu denken ist hier insbesondere an die nichtöffentliche Vernehmung unter Ausschluß auch der Parteien; vgl. unten § 8 B, C.

^ B C N S ; 14,159,160; 21, 303, 306; O L G ^MMgarf, FamRZ 1965, 515, 516; RaMAMgerDoMaM,

§ 1626 Rn 75; -ReMi-/cnai-.Sc/H<;waHH, § 383 Rn 7; ferner unten § 5 C !.

^Im Einzelnen dazu oben § 3 B.

^ZäMer-Sap/MM, § 391 Rn 1.

die nicht die Verstandesreife besitzen, die Bedeutung des Eides zu verstehen sowie generell alle Minderjährigen vor Vollendung des 16. Lebensjahres nicht vereidigt werden^.

Sofern diese Ausnahmen nicht gegeben sind, liegt die Vereidigung im Ermessen des Gerichts^. Erst mit der Anordnung entsteht die Eidespflicht im konkreten Fall. Die Beeidigung erfolgt stets nach Erstattung der Aus-sage, da die Zivilprozeßordnung nur noch den Nacheid kennt^.

Im Dokument Zeuge im Ziviiprozeß (Seite 60-63)