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2.1 Profilierung im Tourismus

2.1.4 Die Strategie der Destinationsmarken

treffenden Reiseentscheidung durchschnittlich nur sieben verschiedene Ziele eine Chance haben, in die engere Wahl genommen zu werden.

Die Wahrnehmung erfolgt entweder über eine direkte oder eine indirekte Kom-munikation. Zur direkten Kommunikation sind die aktiv von der Destination ge-steuerten Kommunikationskanäle (Print-Medien, Internet etc.) zu zählen. Die indirekte Kommunikation erfolgt über die Weitergabe von Erfahrungen oder Informationen durch Freunde und Bekannte, über Reportagen im Fernsehen oder über unabhängige Print-Medien. Nur mit Hilfe der Kommunikation können Al-leinstellungsmerkmale sowie Unterschiede zu den Mitbewerbern herausgestellt werden und bestimmte Zielgruppen gezielt auf den wichtigsten Zielmärkten an-gesprochen werden. Erfolgt gleichzeitig eine emotionale Ansprache kann ein noch differenzierteres Bild der Destination vermittelt werden. Auch notwendige Innovationen oder Weiterentwicklungen des touristischen Angebots können auf diese Weise bekannt gemacht werden und Touristen zu einem Wiederholungs-besuch animieren.

Es lässt sich feststellen, dass die wesentlichen Anforderungen an ein Profil in seiner Unverwechselbarkeit, Klarheit, seiner Berechenbarkeit und seiner Konti-nuität liegen. Gleichzeitig bedeutet jedoch die Tatsache, ein einzigartiges Pro-dukt anzubieten, Vorreiter auf diesem Gebiet zu sein. Die weit verbreitete und heutzutage häufig gern angewandte risikominimierende „Me-too“-Strategie, bei der vorhandene erfolgreiche Konzepte auf die eigene Destination übertragen werden, kommt daher nicht infrage.

Destinationsmarken können ausführlich bei SCHERHAG (2003) nachgelesen wer-den.

Ein gut umgesetztes und klar kommuniziertes Profil kann als Marke bezeichnet werden. Im Gegensatz zur Profilierung, das seinen Schwerpunkt vor allem in der Ausgestaltung des Produkts hat (vgl. Abschnitt 2.1.2), liegt demnach die wich-tigste Funktion einer Marke in der Kommunikation seiner Werte und bestimmter Assoziationen. Insbesondere die emotionale Ansprache spielt in diesem Zu-sammenhang eine wichtige Rolle (KIEL/ENKE 2002). Eine Marke ist im Wesent-lichen das Bild eines Produkts oder einer Dienstleistung, das fest im Kopf des Verbrauchers verankert ist (BBDO CONSULTING 2003). Diese Verankerung wird durch vermittelte Produkteigenschaften, wie Qualität, Glaubwürdigkeit, Sicher-heit, Vertrauen und Kompetenz erreicht (MEFFERT 2000, S. 848). Ziel der Mar-ken-Strategie ist es, neben einem hohen Bekanntheitsgrad eine feste emotionale Bindung zwischen dem Konsumenten und dem Produkt bzw. dem Touristen und der Region zu erreichen. Diese Bindung steigert die Profitabilität. Das bedeutet, dass zunächst das Produkt bzw. die Region sowie deren Außendarstellung durch die Touristen wahrgenommen werden müssen. Für den wirtschaftlichen Nutzen bedeutet dies unter anderem, dass ein höherer Preis erzielt werden kann, Wie-derholungsbesuche oder längere Aufenthalte realisiert werden und die Region weiterempfohlen wird (ebd.). Durch Marken werden im Wesentlichen zwei Ziel-gruppen angesprochen, die qualitätsbewussten und die prestigebewussten Nach-frager (WÖHE 2000, S. 540). Beide Gruppen sind für Anbieter erstrebenswert, da bei ihnen tendenziell höhere Preise realisiert werden können.

Die gezielte Außenwirkung einer Marke sollte neben der Markt- und Zielgrup-penanalyse durch ein spezifisches visuelles Erscheinungsbild unterstützt werden.

Ein Logo als kleinstes Element der Markenidentität in Verbindung mit einer passenden Farbenwahl und Typographie stellt den Anker bei der Vermittlung der gewünschten Werte und Assoziationen dar (Melichar, geschäftsführender Partner der Agentur Factor Design, zit. n. MÖLLER 2003). Neben dem Logo

kann eine Marke auch durch einen Namen, ein Zeichen oder ein Symbol reprä-sentiert werden, die „in der Psyche des Verbrauchers eine Monopolstellung für einen bestimmten Bedürfnisbereich erreicht“ haben (BIEGER 2002, S. 187).

Nach BIEGER (2002, S. 188) setzt sich eine Marke im Wesentlichen aus drei Ebenen zusammen:

- Symbol / Name / Logo,

- Zielgruppe / Bedürfnis / Produkt sowie

- Slogan als geistiger Anker.

Es herrscht aber auch in diesem Zusammenhang allgemein Einigkeit darüber, dass der Kern jeglicher Marken-Strategie ein sorgfältig ausgewähltes und festge-legtes Alleinstellungsmerkmal ist.

Nach MEFFERT (2000, S. 847) soll in dieser Untersuchung der Markenbegriff als

„ein in der Psyche des Konsumenten verankertes, unverwechselbares Vorstel-lungsbild von einem Produkt oder einer Dienstleistung“ verstanden werden, das dem Konsumenten eine Orientierungshilfe für seine Entscheidung liefert.

Was im Marketing von Gütern heutzutage nicht mehr wegzudenken ist, setzt sich langsam auch im Bereich von Dienstleistungen (TOMCZAK et al. 1998) und im Marketing von Tourismus-Destinationen durch (BBDO CONSULTING 2003;

MORGAN et al. 2002). Obwohl die Zahl der touristischen Marken, insbesondere auf der Ebene der großen Konzerne, wie TUI oder Lufthansa, immer weiter zu-nimmt (BRYSCH, 2001, S. 37), steht der Markenbildungsprozess im Tourismus trotz allem erst am Anfang (SCHERHAG 2003, S. 2). Bisher fand er im Wesentli-chen nur im privatwirtschaftliWesentli-chen Bereich statt und dort eben nur unter den größeren Anbietern. Die Entwicklung einer Destinationsmarke wurde bisher in fast noch gar keiner (deutschen) Urlaubsregion konsequent durchgesetzt. Aller-dings gibt es zu diesem Bereich bisher wenig empirische Untersuchungen (SCHERHAG 2003, S. 149). Eine Untersuchung von SCHERHAG (2003, S. 149 ff) hat ergeben, dass unter den deutschen Urlaubsregionen die Regionen Ostsee,

Nordsee, Bayerischer Wald, Alpen und Schwarzwald am ehesten Markencha-rakter aufweisen bzw. als solche von den Befragten angesehen werden. Hierzu ist jedoch kritisch anzumerken, dass möglicherweise viele Menschen Marken nicht mit Regionen in Verbindung bringen, sondern ausschließlich mit Konsum-gütern. Das bedeutet, dass unter Umständen den Destinationen durchaus Mar-keneigenschaften zugeordnet werden, sie aber nicht als eine Marke identifiziert werden, da den Befragten, der Transfer von Konsumgütern zu Tourismus-Destinationen schwer fällt.

Die Notwendigkeit, Destinationen zu Marken zu entwickeln, ist aber durchaus vorhanden.

„Branding is perhaps the most powerful marketing weapon available to con-temporary destination marketers confronted by increasing product parity, substituability and competition” (MORGAN/PRITCHARD 2002, S. 11).

Bereits eine stimmige, zielgerichtete Kommunikation eines gelungenen Profils und seiner Eigenschaften kann zur Markenbildung führen. Der Übergang vom Profil zur Marke ist fließend, und für eine erfolgreiche Implementierung eines Profils bedingen sich beide gegenseitig. Mit Hilfe der Kommunikation des stimmigen Profils erreicht den Touristen ein klares Produktversprechen, ihm werden markenspezifische Eigenschaften vermittelt, so dass er hinsichtlich sei-ner Reiseentscheidung die notwendige Sicherheit erlangt. Weiter verstärkt wer-den kann diese positive Haltung gegenüber der Destination durch eine emotionale Komponente der Kommunikation, die dem Touristen das Gefühl vermittelt, dass seine persönlichen Präferenzen in hohem Maße mit den Angebo-ten der Destination übereinstimmen. Da es sich insbesondere bei Dienstleistun-gen um „Vertrauensgüter“ (HAEDRICH 2001, S. 46) handelt, ist der Aufbau von Destinationsmarken eine langfristig Erfolg versprechende Strategie.

Die an eine Marke gestellten Forderungen sind eine gleich bleibende Qualität, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis sowie ein gleich bleibendes Erscheinungs-bild (SCHERHAG 2000, S. 157). Dies zeigt, dass die Bemühungen nach dem

Auf-bau der Marke bei weitem nicht beendet sind. Der langfristig betrachtete Wert einer Marke ist umso höher, je größer ihre Bekanntheit ist, je kongruenter die angenommene und die tatsächliche Qualität sind und je größer die Ausprägung der Markenassoziationen sind (ebd. S. 158). Der Erfolg einer starken Marke hängt nicht zuletzt von dem Aufbau einer Markenidentität ab. Sie zeichnet sich durch ihre spezifischen Einflussfaktoren auf den Grad der Unterscheidung von den Wettbewerbern, auf ihre Permanenz und Homogenität, auf ihren Wert, ihre Authentizität sowie ihre Akzeptanz aus (KAPFERER 1992, S. 41). Nach MEFFERT

und BURMANN (2002, S. 47) stellt die Markenidentität

„eine in sich widerspruchsfreie, geschlossene Ganzheit von Merkmalen einer Marke dar, die diese von anderen Marken dauerhaft unterscheidet. Die Mar-kenidentität entsteht erst in der wechselseitigen Beziehung zwischen internen und externen Bezugsgruppen der Marke und bringt die spezifische Persön-lichkeit einer Marke zum Ausdruck. Aufgrund der Wechselseitigkeit muss bei der Markenidentität zwischen dem Selbstbild und dem Fremdbild der Identität unterschieden werden. Die Stärke der Markenidentität ist ganz wesentlich vom Ausmaß der Übereinstimmung zwischen Selbst- und Fremdbild abhän-gig“.

Aufgrund ihrer spezifischen Struktur ist es für Destinationen wesentlich schwe-rer, eine Marke aufzubauen, als für die Konsumgüterindustrie. Sie wird mit die-ser Anforderung vor erhebliche Herausforderungen gestellt, die teilweise in der mangelnden Übertragbarkeit der klassischen Markenkonzepte begründet liegen.

Ein großes Problem stellt die Besonderheit des touristischen Produkts mit seinen vielen Einzelprodukten ohne gemeinsame strategische Ausrichtung dar, die je-weils von unterschiedlichen Unternehmen am Markt angeboten und in Form ei-ner Dienstleistungskette vom Touristen in Anspruch genommen werden. Ein einheitlicher Marktauftritt ist ohne hohen Koordinierungsaufwand kaum zu leis-ten. Hinzu kommt, dass es sich bei einer Reihe von Anbietern um kleine Anbie-ter handelt, die keinerlei oder nur geringe Erfahrungen mit der Bereitstellung

von Markenprodukten und ihren spezifischen Eigenschaften haben. Andererseits ist es auch denkbar, dass ein Teil der Anbieter, die sich in das vom Touristen nachgefragte Gesamtprodukt integrieren müssen, bereits eine eigene Marken-identität aufgebaut haben (SCHERHAG 2000, S. 161), so dass es zu Konflikten zwischen unterschiedlichen Markenphilosophien kommen kann.

Ein weiterer Aspekt ist die öffentliche Organisationsstruktur auf dem deutschen Tourismusmarkt. Sie orientiert sich in erster Linie an administrativen Grenzen, wie Kreis- oder Ländergrenzen. Da jedoch der Tourist ganz andere Raumeinhei-ten als die lokalen Akteure wahrnimmt, im Regelfall natur- oder kulturräumliche Einheiten, die durchaus kreis- oder länderübergreifend sein können, kann es hier zu Brüchen innerhalb der Destinationsmarken kommen, die für den Touristen nicht einleuchtend sind. Um eine Destinationsmarke mit einer sinnvollen räum-lichen Abgrenzung zu schaffen, ist wiederum ein hoher Koordinationsaufwand gefragt, der nicht entlang der gewohnten Kooperations- und Kommunikationsli-nien verläuft. Neben diesen Erschwernissen in der Verwaltungsgrenzen über-schreitenden Zusammenarbeit kommt noch das Problem der unterschiedlichen Finanztöpfe mit ihrem in heutiger Zeit begrenzten Umfang, aus denen der Mar-kenbildungsprozess finanziert werden muss, hinzu.

Eine dritte Schwierigkeit liegt in der Sensibilität des Produkts begründet. Ent-sprechend der Wichtigkeit, die einer Reise beigemessen wird, steigen auch die Erwartungen an den bzw. die Anbieter. Eine Reise kostet Geld, knappe Urlaubs-zeit und soll der Regeneration dienen. Es wird daher sorgfältig überlegt, welches Produkt den persönlichen Anforderungen am ehesten entspricht. Dieser Prozess läuft auf einer sehr subjektiven Ebene ab, die für die Tourismus-Destination äu-ßerst intransparent ist.

Für die notwendige professionelle Kommunikation der Marke (BRYSCH 2001, S. 40) bedeuten die genannten Aspekte, dass auf der Anbieterseite die

unter-schiedlichsten Interessen Berücksichtigung finden müssen, und auf der Nachfra-geseite der Mut zur Spezialisierung aufgebracht werden muss.

Aber nicht zuletzt kann auch das Fehlen eines geeigneten Alleinstellungsmerk-mals die Entwicklung einer Destinationsmarke verhindern.

TÖDTER (2000, S. 179 ff) fasst als wesentliche Probleme touristischer Marken-bildung folgende zusammen:

- fehlende Produktionstiefe aufgrund der zahlreichen Einzelanbieter, die immer nur Teilleistungen des touristischen Produkts anbieten, was so-mit auch Verantwortung schwer zuordenbar macht,

- das Fehlen übergreifender Standards sowie das Bewusstsein, dass es sich um ein „gesamtes Urlaubserlebnis“ handeln muss,

- fehlendes Produkt mit garantierter Qualität, da es teilweise von Reise-veranstaltern destinationsunabhängig kreiert wird, oder da an der ver-meintlich gewünschten Vielfalt des touristischen Angebots festgehal-ten wird und

- mangelnder Wiedererkennungswert bedingt durch die Verwendung ähnlicher Bilder in den Broschüren der unterschiedlichen Destinatio-nen.