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2.2 Wahrnehmungsperspektiven als Determinanten für die Profilierung

2.2.3 Alltagsraum trifft Tourismus-Destination – Unterschiede

Aufgrund der spezifischen Situation von Destinationsmarken mit ihren unter-schiedlichen Anbietern ist es für sie umso wichtiger, sämtliche lokale Akteurs-gruppen an dem Profilierungsprozess zu beteiligen. Denn die Zufriedenheit der Gäste ist umso größer, je geringer die Diskrepanz zwischen ihrem (Ideal-) Image und der tatsächlichen Situation in der Destination ist. Dieser hier vertretene An-satz geht nicht völlig mit der auf Marken allgemein bezogenen Aussage von KOERS (2001, S. 168 f) konform, der die Kenntnis des Ideal-Image als eine der wesentlichen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Markenstrategie betrachtet.

Aufgrund der doppelten Funktion von Tourismus-Destinationen als Reiseziel und Wohnort ist eine zu starke Orientierung an den Konsumentenwünschen nicht empfehlenswert und nicht aus der Konsumgüterindustrie übertragbar.

Durch die Interaktion zwischen der lokalen Bevölkerung und dem Raum, die im Wesentlichen in ihrer gegenseitigen Prägung liegt (Bevölkerung prägt Raum, Raum prägt Bevölkerung; KNOX/MARSTON 2001, S. 279 f), sollte eine Integrati-on der regiIntegrati-onalen Identität, im Sinne einer Markenidentität (vgl. Abschnitt 2.1.4) mit touristischen Zielsetzungen möglich sein.

2.2.3 Alltagsraum trifft Tourismus-Destination – Unterschiede zwischen

global beliebig einsetzbar wären. Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied be-gründet. An ein und demselben Ort können unterschiedliche „Parallelwelten“ in Abhängigkeit ihrer Funktion existieren. Die Alltagswelt der lokalen Bevölke-rung und Akteure wird mit der Urlaubswelt der Touristen konfrontiert. Ein Bei-spiel für eine solche Konfrontation wäre das Land Fleesensee in Mecklenburg-Vorpommern. Hier ist in dem Dorf Göhren-Lebbin eine künstliche Ferienwelt entstanden, die nahezu überall hätte errichtet werden können. Auch wenn sich die Aktivitäten der Urlauber und der Bewohner unter Umständen kaum über-schneiden, sehen sich die Bewohner wenigstens alltäglich mit einem für ihr Dorf untypischen Verkehrsaufkommen konfrontiert.

Trotz allem wird sowohl in der Literatur als auch in der Praxis hinsichtlich der touristischen Entwicklung die Innenwahrnehmung zumeist völlig außer acht ge-lassen. Der Erfolg touristischer Strategien wird häufig mit dem Grad der Nach-frageorientierung, also der Orientierung an der Außenwahrnehmung gleichge-setzt. Welche Konsequenzen diese unterschiedlichen Wahrnehmungsweisen je-doch auf den Profilierungsprozess haben, wird unter Berücksichtigung ihrer Ein-flussfaktoren in Abb. 8 dargestellt und im Folgenden näher erläutert.

Neben den unterschiedlichen Bedürfnissen, die die Alltagswelt der Bewohner von der Urlaubswelt der Touristen unterscheiden, gibt es noch weitere Einfluss-faktoren, die wesentlich voneinander abweichen.

Hinsichtlich der unterschiedlichen Bedürfnisse stehen sich Wohn-, Arbeits- und Freizeitbedürfnisse der Bewohner auf der einen und ausschließlich dürfnisse der Touristen auf der anderen Seite gegenüber, wobei die Freizeitbe-dürfnisse der Touristen nicht deckungsgleich mit denen der lokalen Bevölkerung sind. Während Touristen in ihrer knappen Urlaubszeit im Sinne des Prinzips ei-ner Gegenwelt nach etwas ganz Besonderem, nach besonderen Erlebnissen und nach Abwechslung suchen, ist der Wunsch der Bewohner nach Ausgefallenheit geringer. Andererseits fordern sie ein bestimmtes Maß an Vielfalt,

Abwechs-lungsreichtum und je nach Größe des Wohnortes ein gewisses Basisangebot an Freizeitmöglichkeiten. Dies wird möglichst auch bereitgestellt, um als Wohn- und Wirtschaftsstandort seiner Bevölkerung eine ausreichende Lebensqualität bieten zu können. Nichts Neues zu sehen oder zu erleben, das über das Basisan-gebot hinaus geht, würde für Touristen jedoch bedeuten, keine neue befriedi-gende touristische Erfahrung gemacht zu haben (URRY 1990, S. 128).

Abb. 8: Ursachen und Wirkungen unterschiedlicher Wahrnehmungsperspektiven

Viele klare Einzelbilder und kollektive Identität

Viele diffuse Einzelbilder

Alleinstellungsmerkmale

Profil Kommunikation

Klares Profil wird (emotional) wahrgenommen (Branding) Wohnbedürfnisse

Arbeitsbedürfnisse Freizeitbedürfnisse Große Raumkenntnisse Authentische Informationen Soziale Herkunft

„Sense of place“

Emotionale Ebene) Lokale Ebene

Freizeitbedürfnisse (Emotionale Ebene) Geringe Raumkenntnisse Sekundärinformationen Klischees Soziale Herkunft Gesellschaftliche Trends Regionale Ebene

bestimmen Selbst- Fremdbild

bild

Profiliertes

Fremdbild bestimmen

Viele klare Einzelbilder und kollektive Identität

Viele diffuse Einzelbilder

Alleinstellungsmerkmale

Profil Kommunikation

Klares Profil wird (emotional) wahrgenommen (Branding) Wohnbedürfnisse

Arbeitsbedürfnisse Freizeitbedürfnisse Große Raumkenntnisse Authentische Informationen Soziale Herkunft

„Sense of place“

Emotionale Ebene) Lokale Ebene

Freizeitbedürfnisse (Emotionale Ebene) Geringe Raumkenntnisse Sekundärinformationen Klischees Soziale Herkunft Gesellschaftliche Trends Regionale Ebene

bestimmen Selbst- FremdbildFremdbild

bild

Profiliertes

Fremdbild bestimmen

Quelle:LEUPOLT/JOHN 2004

Darüber hinaus zeichnet sich die touristische Wahrnehmung im Gegensatz zur Wahrnehmung der Alltagswelt durch die Dominanz ästhetischer Kriterien aus.

Der „sinnliche Gesamteindruck“ der Landschaft tritt in den Vordergrund.

Ne-ben dem reinen Betrachten wird eine Landschaft aus der touristischen Perspekti-ve auch über Geräusche oder Gerüche wahrgenommen (VOGEL 1993, S. 288).

Einen weiteren Unterschied stellen die größeren Raumkenntnisse und das durch authentische Informationen geprägte Selbstbild der lokalen Bevölke-rung und der lokalen Akteure dar. Im Gegensatz dazu verfügen die Touristen zumeist über geringe oder zumindest geringere Raumkenntnisse, die überwie-gend auf Sekundärinformationen beruhen, die sich in einem Bild manifestie-ren, das von Klischees und Stereotypen geprägt ist und nur bedingt authentische Inhalte wiedergibt. Es herrscht Einigkeit darüber, dass Vorurteile und Stereotype vor allem dann entstehen, wenn ein Raum nicht aus eigener Anschauung be-kannt ist (SCHEINER 2000, S. 39).

Aufgrund der Informationsfülle, mit der sich die Gesellschaft heutzutage kon-frontiert sieht, erfolgt eine stark selektive Wahrnehmung der von den Sekundär-quellen (z. B. Fernsehen, Internet, Kataloge von Reiseveranstaltern) bereitge-stellten Informationen, geprägt durch die voneinander abweichenden Wahrneh-mungsfilter. Es werden nur diejenigen Informationen wahrgenommen, die einem Abgleich mit vorhandenen Images standhalten. Der Tourist sucht nach typischen Zeichen (URRY 1990, S. 3 und 12), wodurch bereits vorhandene Klischees und Stereotype weiter gefestigt werden. Letztendlich fungieren die Klischees als Wahrnehmungsfilter. Das heißt im Wechselspiel von Sekundärinformationen und Klischees entstehen Images (vgl. Abschnitt 2.1.2), die ihrerseits eine we-sentliche Rolle im Prozess der Reiseentscheidung übernehmen (WOHLMANN

1993, S. 189). „Wenn Menschen etwas als wirklich definieren, dann ist es wirk-lich in seinen Konsequenzen“ (THOMAS 1951, zit. n. MUNDT 2001, S. 155). Dies hat zur Folge, dass nicht die Wirklichkeit handlungsleitend ist, sondern das Image. Mit Hilfe von Images wird die gewünschte Komplexitätsreduktion erzielt (MUNDT 2001, S. 155). Aufgrund der Sensibilität im Umgang mit der kostbaren Urlaubszeit und der damit an sie gestellten Anforderungen, sind Images bei der Reiseentscheidung sehr wichtig. Dabei gilt es zu beachten, dass Medien,

persön-liche Erfahrungen und Erfahrungen aus zweiter Hand eine größere Bedeutung bei der Imagebildung haben als das Destinationsmarketing (ASHWORTH/GOO

-DALL 1988, S. 222).

Auch wenn sich die Bilder der einzelnen lokalen Akteure unterscheiden können, sind sie zumeist wesentlich detaillierter. Die mental map einer neu zugezogenen Person wird mit zunehmender Wohndauer immer genauer. Die Touristen verfü-gen häufig über gar keine unmittelbaren persönlichen Erfahrunverfü-gen mit dem Raum, so dass sich ihr Bild allein hinsichtlich der Detailliertheit wesentlich von dem Bild der lokalen Bevölkerung und Akteure unterscheiden muss.

Die inhaltliche Wahrnehmung einer Destination wird demzufolge vor allem von

„tradierten und klischeehaften Vorstellungen“ bestimmt (STEINECKE 2001, S. 21). Allerdings begeben sich Touristen häufig regelrecht auf die Suche nach Klischees, um ihr Image der Destination bestätigt zu finden. So kann es passie-ren, dass der Besuch von Originalschauplätzen mit Enttäuschungen verbunden ist (STEINBACH 2003, S. 43). Dem aus den Medien bekannten und durch sie in-szenierten Ort fehlt in der Regel die erwartete Atmosphäre bzw. die Story. Die-ser Suche nach Klischees steht das Bedürfnis der lokalen Bevölkerung gegen-über, diese häufig traditionellen und unmodernen Klischees zu überwinden (STEINECKE 2001, S. 21).

Die Bedeutung des Image steigt zunehmend, da objektive Bilder, bedingt durch die Ähnlichkeit der angebotenen Tourismusprodukte kaum noch möglich sind.

Gleichzeitig spielen objektive Kriterien bei der Imagebildung nur eine unterge-ordnete Rolle. Welche Faktoren bei der Imagebildung schließlich entscheidend sein können, ist in Abb. 9 dargestellt. Hinsichtlich der Image-Interpretation und -Analyse besteht für Destinationen die besondere Herausforderung darin, dass ein und derselbe Ort durchaus über unterschiedliche Images verfügen kann (WOHLMANN 1998, S. 191).

Abb. 9: Einflussfaktoren der Imagebildung

IMAGE

Perceptions Motivations

Socio-economic characteristics (Income, occupation, age etc.)

Education

Media

(TV, newspapers, books, magazines etc.)

Tourist Marketing Hearsay Experiences Psychological characteristics

IMAGE

Perceptions Motivations

Socio-economic characteristics (Income, occupation, age etc.)

Education

Media

(TV, newspapers, books, magazines etc.)

Tourist Marketing Hearsay Experiences Psychological characteristics

IMAGE IMAGE

Perceptions Motivations

Socio-economic characteristics (Income, occupation, age etc.)

Education

Media

(TV, newspapers, books, magazines etc.)

Tourist Marketing Hearsay Experiences Psychological characteristics

Quelle: STABLER 1998, S. 142

Das subjektiv geprägte Image wird immer im Zentrum der Betrachtung stehen müssen, denn ein authentisches Bild, das ausschließlich über objektive Merkma-le verfügt, wird nicht zu produzieren sein. Authentizität ist Merkma-lediglich eine Wahr-nehmungskategorie (vgl. Abschnitt 2.1.2), über deren Gehalt keine verbindliche Vorstellung existiert (STEINBACH 2003, S. 45). Der Wunsch nach Authentizität ist erst in jüngerer Zeit entstanden und unterliegt in Abhängigkeit sozio-kultureller Veränderungen einem stetigen Wandel. Allerdings stellt URRY (1990, S. 100 f) fest, dass der „Post-Tourist“ mittlerweile weiß, dass die Suche nach Authentizität in touristisch geprägten Gebieten langsam vergeblich ist.

Eine weitere Wahrnehmungsdeterminante ist die soziale Herkunft oder der so-zio-kulturelle Hintergrund. In Abhängigkeit des individuellen Wissens sowie der individuellen spezifischen Bedürfnisse, die durch sozio-kulturelle Faktoren

be-einflusst werden (vgl. Abschnitt 2.2.1), variiert die Wahrnehmung eines Ortes oder einer Destination. Hinsichtlich des touristischen Blicks konstatiert URRY

(1990, S. 1) „There is no single tourist gaze as such. It varies by society, by so-cial group and by historical period“.

Für beide Perspektiven spielt die emotionale Ebene eine wichtige Rolle. Wäh-rend diese emotionale Ebene sich in der touristischen Perspektive überwiegend im Bereich der zu befriedigenden Freizeitbedürfnisse widerspiegelt, stellt sie sich bei der lokalen Bevölkerung in der emotionalen Ortsbezogenheit, sense of place, dar. KNOX und MARSTON (2001, S. 284) definieren diese emotionale Ortsbezogenheit als die „Summe an Gefühlen, Erfahrungen, Erinnerungen und symbolhaften Bedeutungen, die Menschen oder Gesellschaften mit einem be-stimmten Ort verbinden“. Es handelt sich demnach um einen Bereich, der sich durch die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Ort und der dazugehörigen Grup-pe über Jahre entwickelt hat, wodurch dieser sense of place durch Fremde nur schwer nachzuvollziehen und nachzuempfinden ist (ebd. S. 286).

Die räumliche Zuordnung kann sowohl von innen als auch von außen erfolgen.

Sobald emotionale Aspekte betrachtet werden, sind diese auf eine von innen heraus erfolgte Zuordnung zu beziehen. Individuen ordnen sich selbst bestimm-ten Räumen zu, mit denen sie sich identifizieren können, da sie meinen, dass diese territoriale Zugehörigkeit ihnen „Sicherheit und physische Unversehrt-heit“ bietet (ebd. S. 282). Andererseits werden Menschen von außen bestimmten Räumen zugeordnet, da sie sich aufgrund mangelnder Informationen anhand von Raummerkmalen am einfachsten klassifizieren lassen (ebd. S. 284).

Der sense of place bezieht sich jedoch ausschließlich auf die von innen erfol-gende Wahrnehmung im Sinne von Regionalbewusstsein oder regionaler tät (vgl. Abschnitt 2.1.2). Allerdings kann die Ausprägung der regionalen Identi-tät in Abhängigkeit der subjektiven Wahrnehmung, die selbst nicht kollektiv sein kann, sondern nur durch Kommunikation „intersubjektiviert“ wird (S

CHEI-NER 2000, S. 69), sehr unterschiedlich sein. Die regionale Identität kann jedoch umso einheitlicher werden, je mehr es zum Konflikt mit fremden, nicht der ei-genen Raumkategorie zugehörigen Gruppen (z. B. Touristen) kommt. Die Un-terschiede beider Gruppen werden dadurch manifestiert und können polarisie-rend wirken.

Bei Betrachtung der Außenwahrnehmung kommt eine weitere Kategorie hinzu, die kein direktes Pendant unter den Einflussfaktoren des Selbstbildes hat, die Bedeutung gesellschaftlicher Trends. Sicherlich bestimmen derartige Trends auch die Innenwahrnehmung, sie sind aber eher im Zusammenhang des kontinu-ierlich ablaufenden Prozesses des kulturellen Wandels und damit auch der Be-wertung von Authentizität zu sehen. Die Übergänge sind fließender und damit weniger markant. Unter den Touristen dagegen spielen gesellschaftliche Trends zum einen bei der Reiseentscheidung eine wichtige Rolle und wirken damit als Filter bei der Wahrnehmung der Destination, und zum anderen haben sie Ein-fluss auf die Anforderungen, die an eine Destination gestellt werden, und ihre anschließende Bewertung, inwieweit die gesellschaftlich geprägten, vermeint-lich individuellen Urlaubsbedürfnisse befriedigt werden konnten. Häufig werden Erlebnisse nach ihrer gesellschaftlichen Akzeptanz beurteilt.

Ein letzter Faktor, der wieder beide Wahrnehmungsperspektiven betrifft, ist die wahrgenommene Raumebene. Touristen nehmen im Allgemeinen größere Raumeinheiten wahr, zumeist in Anlehnung an Natur- oder Kulturräume. Je weiter entfernt das eigene Herkunftsgebiet ist, desto größer werden die wahrge-nommenen Einheiten (vgl. Abb. 12). Häufig erfolgt im gleichen Zuge eine unre-flektierte Übertragung der Images dieser größeren Raumeinheiten auf die kleine-ren untergeordneten Raumeinheiten. Neben dem Problem, der Identität stiften-den Relevanz wesentlich kleinerer Raumeinheiten, die durch die lokale Bevölke-rung wahrgenommen werden, entsprechen die von außen wahrgenommenen Einheiten häufig nicht der Raumgliederung der touristischen Organisation, so dass auch Probleme im operativen Bereich auftreten können (STEINECKE 2001,

S. 13). Für diese größeren Wahrnehmungseinheiten nennt MUNDT (2001, S. 199) zwei wesentliche Gründe:

- die Einschätzung der Größe eines Zielgebietes ist umso kleiner, je wei-ter der Heimatort entfernt ist,

- bei weiten Reisen werden größere Destinationen bereist, um den Geld- und Zeitaufwand effizienter auszunutzen.

Auch wenn noch weitere destinationsunabhängige Aspekte, wie persönliche Faktoren oder soziale und physische Bedingungen der Heimatregion für die Auswahl einer Destination als Reiseziel eine Rolle spielen (BRAUN/LOHMANN

1989, S. 37, 40), gehört die Art und Weise, wie eine Destination wahrgenom-men wird, zu den wichtigsten; zumal durchaus eine gegenseitige Abhängigkeit beider Dimensionen festzustellen ist. So können die übrigen relevanten Aspekte der Reiseentscheidung den Selektionsprozess der Wahrnehmung entscheidend beeinflussen.

Als Ergebnis dieses Wahrnehmungsprozesses ergeben sich wie in Abb. 8 darge-stellt einerseits viele klare Einzelbilder, die sich zu einer kollektiven Identität zusammensetzen und andererseits viele diffuse Einzelbilder. Diese diffusen Bil-der können dazu führen, dass die BesonBil-derheiten einer Destination nicht in ihrer vollen Ausprägung wahrgenommen und erkannt werden und sie nicht auf den Prozess der Reiseentscheidung einwirken können. Es werden unter Umständen nicht sinnvolle Vergleiche mit Konkurrenz-Destinationen gezogen oder eine nicht mit den Bedürfnissen korrespondierende Destinationswahl getroffen. So kann es passieren, dass die eigene Destination nicht unter den vermeintlich kon-kurrierenden Destinationen ausgewählt wird oder Bedürfnisse nicht befriedigt werden können, die wesentlich für die Zufriedenheit mit dem Reiseziel wären.

Neben dem Ziel, vor allem positive Gefühle, wie Freude und Glück beim Rei-senden zu erzeugen, können auch alle anderen „Primäremotionen“ (VESTER

1991, S. 32 f) hervorgerufen werden. Findet der Tourist keine Bedingungen ent-sprechend seines Bildes vor, können Verärgerung und Wut auftreten. Darüber

hinaus kann er sich mit den Bedingungen am Urlaubsort auch überfordert füh-len, so dass sein Aufenthalt von Furcht und Angst beeinträchtigt wird (S TEIN-BACH 2003, S. 112 f).

Zu beachten gilt, dass der Bewertungsprozess nach Beendigung des Urlaubs noch nicht abgeschlossen sein muss. Häufig erfolgt eine nachträgliche Verarbei-tung im Rahmen von Berichten an Freunde und Bekannte sowie ein Abgleich mit deren Erfahrungen, die wiederum das während des Aufenthalts selbst ge-machte Bild modifizieren können (STEINBACH 2003, S. 113). Neben den objek-tiven Raummerkmalen und Angebotskriterien hängt die langfristige Attraktivität einer Destination nicht unwesentlich von ihrer, allerdings schwer greifbaren und vermittelbaren Atmosphäre ab (SCHOBER 1993, S. 119). Hier liegt eine große Herausforderung im Profilierungsprozess.

Die Reaktion auf diese unterschiedlichen Wahrnehmungen seitens der Touris-musverantwortlichen in den Destinationen ist nicht die Berücksichtigung beider Wahrnehmungsperspektiven, sondern zeichnet sich durch eine starke Orientie-rung an den Bedürfnissen der Touristen aus. Die Folge ist, dass die touristischen Produkte an den sozio-kulturellen Hintergrund der Zielgruppen angepasst wer-den (STEINBACH 2003, S. 74). Als Reaktion auf die Suche der Touristen nach dem Typischen, Besonderen, Authentischen werden „Orte häufig den Erwar-tungen des touristischen Blicks angepasst“ (MUNDT 2001, S. 185).

Die Tourismuswerbung verwendet alte Images, produziert aber in Anpassung an die aktuellen Wünsche und Bedürfnisse der Touristen gleichzeitig immer wieder neue. Obwohl nachgewiesenermaßen Experten einen großen Einfluss auf den touristischen Blick nehmen können (URRY 1990, S. 1), und sich auch in anderen Bereichen, außerhalb des Tourismus gezeigt hat, dass Institutionen individuelles Handeln prägen können (SCHEINER 2000, S. 72), ist in den Tourismus-Destinationen kein ausreichendes Selbstbewusstsein für eine konstante raumbe-zogene Tourismus-Strategie zu beobachten.