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2.3 Arthropathien des Kniegelenkes beim Hund

2.3.2 Die rheumatoide Arthritis beim Hund

2.3.2.2 Diagnose der rheumatoiden Arthritis

Die Diagnose der rheumatoiden Polyarthritis ist schwierig und oft nicht sicher zu stellen. Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung sind die Gelenke häufig schon deutlich geschädigt (MERIC, 1992).

In der Diagnostik lehnt man sich in der Veterinärmedizin an die Vorgehensweisen in der Humanmedizin an. Die entsprechenden Krankheitsschübe dieser Krankheit, die ähnlichen immunologischen Befunde, das Auftreten von Rheumafaktoren und nicht zuletzt das schlechte Ansprechen auf Therapie erlauben es, diese Parallele zu ziehen (SPRENG et al., 1993). Von der „American Rheumatism Association“ sind Hilfskriterien für die Diagnosestellung beim Menschen herausgegeben worden (ROPES, 1959). Diese sind in Tabelle 1 dargestellt. Wenn von den 11 Kriterien mindestens sieben zutrafen, sprach man von klassischer rheumatoider Arthritis, bei fünf bis sechs von definitiver und bei drei bis vier von wahrscheinlicher rheumatoider Arthritis (ROPES, 1959).

Tabelle 1:

Richtlinien der „American Rheumatism Association“ für die Diagnose der rheumatoiden Arthritis beim Menschen (ROPES, 1959)

1. Steifheit nach Ruhe („Morning stiffness“ in einem Gelenk mindestens 1 Stunde) 2. Lahmheit (Schmerz bei Bewegung in mindestens einem Gelenk)

3. Weichteilschwellung (periartikulär eventuell mit Gelenkerguß

4. Schmerzhaftigkeit und Weichteilschwellung wenigstens eines weiteren Gelenkes innerhalb von 3 Monaten

5. Symmetrische Gelenkschwellung mit gleichzeitigem Gelenkbefall (mindestens 3 Gelenke)

6. Subkutane Rheumaknoten über Knochenvorsprüngen in Gelenknähe 7. Radiologische Gelenkveränderungen der betroffenen Gelenke mit naher Osteoporose und/oder Erosionen

8. Serologischer Nachweis von Rheumafaktoren 9. Schwache Muzinpräzipitation der Synovia

10.Histologische Veränderungen der Synovialmembran

(villöse Hypertrophie, Proliferation von Synoviadeckzellen, Infiltration mit Entzündungszellen wie Makrophagen, Lymphozyten und Plasmazellen) 11.Charakteristische histologische Veränderungen der Rheumaknoten

Diese Einteilung wurde 1987 abgeschafft und die Zahl der Kriterien auf sieben reduziert (Kriterium 4, 9,10 und 11 wurden weggelassen). Heute müssen mindestens vier der sieben Kriterien vorliegen, um die Diagnose „RA“ stellen zu können (ARNETT, 1989).

Dieselben Kriterien lassen sich modifiziert auch beim Hund anwenden (SCHWALBACH et al., 1993). Schmerz und Bewegungsschmerz bzw. Steifheit müssen seit mindestens 6 Wochen bestehen. PERSON et al. (1991) sehen die klinischen, radiologischen und histologischen Veränderungen in der Gesamtheit der Befunde als die wichtigsten Hinweise für das Vorliegen einer rheumatoiden Arthritis beim Hund an. Sie legten speziell für den Hund entwickelte diagnostische Kriterien

Tabelle 2:

Kriterien für die Diagnose der rheumatoiden Arthritis beim Hund nach PERSON et al. (1991)

1. Schmerzen und Probleme beim Aufstehen

2. Charakteristische, symmetrische Deformationen an den distalen Gelenken der Gliedmaßen

3. Periartikuläre Weichteilschwellung

4. Bewegungsschmerz an mindestens einem Gelenk 5. Arthritis seit mindestens 3 Monaten

6. Entzündlich veränderte Synovia

7. Typische radiologische Gelenkveränderungen der betroffenen Gelenke 8. Serologischer Nachweis von Rheumafaktoren

9. „Charakteristische“ Veränderungen an der Synovialis

10.Extraartikuläre Symptome (Tendovaginitis, Lymphadenopathie)

Sind fünf dieser Kriterien vorhanden, ist das Vorliegen einer RA wahrscheinlich, sieben machen die Diagnose definitiv.

Bei der klinischen Diagnosestellung muß der Weg über die genaue Palpation des Bewegungsapparates mit anschließender röntgenologischer Untersuchung erfolgen, um den Zustand der Gelenke zu beurteilen und bei Nachkontrollen ein probates Mittel zur Beurteilung des Therapieerfolges zu haben. Allerdings kann die Röntgenuntersuchung nicht ausschließlich zur kausalen Diagnostik herangezogen werden. Als „typische“ radiologische Befunde gelten als erstes unspezifisches Zeichen einer Gelenksentzündung die periartikuläre Bindegewebsschwellung und der Gelenkerguß (arthritische Weichteilzeichen) (SPRENG et al., 1993). Nach einigen Wochen zeigen sich sogenannte arthritische Kollateralphänomene. Das sind diffuse gelenknahe Demineralisationen, die radiologisch in Form vermehrter Strahlentransparenz zu sehen sind (BENNETT, 1987). Sie können aber auch inaktivitätsbedingt sein. Im Verlauf von Monaten kommen die typischen arthritischen Direktzeichen durch Knorpel- und Knochendestruktion infolge des proliferativen Entzündungsprozesses hinzu. Sie manifestieren sich als Unregelmäßigkeiten der Gelenkkonturen oder Erosionen des subchondralen oder/und gelenknahen Knochens (SPRENG et al., 1993). Die Erosionen werden als Knochenzysten bezeichnet (TRAUTWEIN, 1983).

Nur selten ist die RA des Hundes rein erosiv (SPRENG et al., 1993). Die häufig sekundär entstehendenen para- und postarthritischen Arthrosen in Form von Sklerosierungen des subchondralen Knochens und Exostosenbildungen schüren die Symptomatik neben Verkalkungen des periartikulären Bindegewebes und der Gelenkkapsel (OWENS u. ACKERMANN, 1978).

Zusammen mit einer Synovialuntersuchung, serologischen Untersuchungen auf den Rheumafaktorentiter, der Messung des Gehaltes an antinukleären Antikörpern im Serum und verschiedenen Entzündungsparametern läßt sich eine recht sichere Verdachtsdiagnose stellen (SPRENG et al., 1993).

Hinsichtlich blutchemischer Parameter spielt die Bestimmung der Serumprotein-Konzentration nur beim Menschen eine Rolle, da im akuten Stadium eine Erhöhung der alpha-2- Globuline und im chronischen Stadium eine Verminderung der Albumine gegen eine Erhöhung der alpha-2- und gamma-Globuline vom Menschen her bekannt ist (HETTENKOFER, 1989). Beim Hund variiert die Hyperglobulinämie hinsichtlich der betroffenen Fraktionen (PEDERSEN u. POOL, 1978)

Ein serologisches Phänomen der chronischen Polyarthritis ist das Auftreten von Rheumafaktoren. Rheumafaktoren sind Immunglobuline gegen Immunglobuline der Klasse G, also anti-IgG-Antikörper. In der Regel findet man erhöhte Rheumafaktorentiter und eine erhöhte Konzentration an Immunkomplexen im Serum und in der Synovialflüssigkeit. Zu bedenken ist aber, daß auch bei Hunden mit Osteoarthritis z.B. nach Kreuzbandriß und infektiösen Arthritiden erhöhte Rheumafaktorentiter im Serum nachgewiesen wurden. Die Bestimmung der Rheumafaktoren beim Hund kann auch in der Synovia erfolgen. Der Titer im Serum ist aber höher als in der Synovia (CARTER et al., 1989). CHABANNE et al. (1993) beschreiben in ihren Untersuchungen, daß die Produktion von IgM und IgA nicht als diagnostische Methode eingesetzt werden sollte, da die Titer im Vergleich zu normalem Hundeserum zwar höher liegen, aber trotzdem erhöhte Titer nicht bei allen Hunden mit RA vorkommen. Die Autoren nennen einen Prozentsatz von 18-27%

aller Hunde, die einen signifikant höheren Titer aufwiesen. Die gemessenen Titer

das Auftreten von signifikant hohen IgM und IgA Titern bei der RA des Hundes eher als ein ungewöhnliches Phänomen.

Antinukleäre Antikörper sind Antikörper, die gegen verschiedene Bestandteile der Zellkerne gerichtet sind. Die praktische Bedeutung besteht darin, daß sie häufig beim systemischen Lupus erythematodes entstehen und bei der chronischen rheumatoiden Polyarthritis abwesend seien sollten (SPRENG et al., 1993).

Auch eine Erhöhung von anti-Kollagen II Antikörpern wurde von BARI et al. (1989) nachgewiesen.

Bei der RA des Hundes kann es zu Abweichungen von den serologischen Normalwerten kommen, die aber in ihrer Gesamtheit nicht als RA typisch und damit nicht als pathognomonisch zu werten sind. Das Synoviavolumen ist in der Regel vermehrt, die Viskosität niedrig, die gewonnene Flüssigkeit gerinnt. Die Gesamtzellzahl ist erhöht, vor allem die neutrophilen Granulozyten können dominieren. Eine Besonderheit im Zellbild der Synovia bei der RA sind die sogenannten „Ragozyten“, neutrophile Granulozyten oder Monozyten mit zytoplasmatischen, traubenförmigen Einschlußkörperchen, die durch Phagozytose als „Freßvakuolen“ entstehen. Diese Einschlüsse enthalten Zell- und Knorpelabbauprodukte und teilweise auch phagozytierte Immunkomplexe (PEDERSEN et al., 1989). Ragozyten sind in einem Anteil von über 30% der Leukozyten typisch für die RA des Menschen. Beim Hund wird ihre Häufigkeit mit bis zu 20 % angegeben (PEDERSEN u. POOL, 1978). Ihre Bestimmung ist aber schwierig und hat sich in der Diagnostik nicht durchgesetzt.

2.3.2.3 Histologische Veränderungen an der Synovialmembran bei