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Dezentrale Wärmeversorgung mit KWK (Objektversorgung)

Im Dokument EVALUIERUNG DER KRAFT-WÄRME-KOPPLUNG (Seite 145-148)

5 Bewertung der Entwicklung der KWK

5.1 Zukünftige Rolle der KWK

5.1.5 Dezentrale Wärmeversorgung mit KWK (Objektversorgung)

Als dezentrale Wärmeversorgung wird die Versorgung einzelner Objekte bezeichnet, aber auch kleine Nahwärmenetze und Quar-tiersversorgungen. Sie unterscheidet sich hinsichtlich zentraler Kennzahlen wie Größenordnungen der eingesetzten Anlagen und spezifischen Kosten meist erheblich von der traditionellen Fern-wärme. Allerdings beinhaltet eine wärmenetzgebundene Versor-gung mit KWK viele Eigenschaften der Fernwärme-KWK. Die An-lagen weisen meist deutlich kleinere Leistungen mit spezifisch deutlich höheren Investitionskosten auf – dies gilt für alle Wärme-versorgungstechnologien auf Ebene der dezentralen Wärmever-sorgung. Diese umfasst die Versorgung von Wohngebäuden von Einfamilienhaus bis hin zu großen Mehrfamilienhäusern sowie ge-werblich genutzten Immobilien unterschiedlichster Größenord-nung.

Als aktuelle Referenztechnologie in der Objektversorgung kann mit Blick auf die Wärmeerzeuger-Absatzzahlen (Abbildung 33) mit ei-nem Anteil von etwa 66% der Erdgas-Brennwertkessel (brennwert-fähige Erdgas-Heizkessel) angesehen werden. Insgesamt wiesen fossil befeuerte Kessel in den letzten Jahren einen stabilen Markt-anteil in Höhe von 85% bis 90% auf. Nennenswerte MarktMarkt-anteile mit knapp etwa 4% bzw. 9% haben Biomassekessel und Wärme-pumpen. Dabei ist zu beachten, dass Wärmepumpen nahezu aus-schließlich in Neubauten sowie ggf. gut gedämmten Bestandsbau-ten eingesetzt werden, da insbesondere hier die für eine gute Effi-zienz und Wirtschaftlichkeit der Anlagen tieferen Heizkreistempe-raturen vorhanden sind. Daher stellt sich für Objektversorgung - insbesondere jenen mit geringer Energieeffizienz oder hohen Tem-peraturanforderungen – die Frage nach der Verfügbarkeit von CO2-sparenden Wärmeerzeugungstechnologien.

Abbildung 33: Marktentwicklung Wärmeerzeuger im Zeitraum 2006 bis 2017

Quelle: BDH | Grafik: BHKW-Infozentrum

Folgende Aspekte sprechen für und gegen den Einsatz von KWK-Anlagen in der Objektversorgung:

▪ Der Einsatz von erneuerbaren Energien oder der Anschluss an Wärmenetze z. B. in Gebieten mit sehr geringer Wärmedichte ist in vielen Fällen über die Lebensdauer neu errichteter KWK-Anlagen von etwa 15 Jahren nicht zu erwarten. Insofern spart die dezentrale KWK im Vergleich zur aktuellen Referenztech-nologie CO2 ein, kann aber ggf. den Einsatz erneuerbarer Energien und damit noch höhere CO2-Einsparungen verhin-dern. Gegenüber fossil betriebenen Heizkesseln, die üblicher Weise Nutzungsdauern von 20-30 Jahren aufweisen, fällt der Lock-In-Effekt deutlich schwächer aus.

▪ Im Gegensatz zu Hochtemperaturwärmepumpen sind KWK-Anlagen bereits heute marktverfügbar und technologisch aus-gereift (Abschnitt 4.2.8). Mittelfristig könnte fossil betriebene KWK-Technik aber von Wärmepumpen abgelöst werden. Vo-raussetzung hierfür ist die Marktverfügbarkeit großer Wärme-pumpen, Effizienzsteigerungen im hohen Temperaturbereich sowie die Absenkung der Vorlauftemperaturen und damit die Dämmung der Gebäude. Solange dies nicht erreicht wird, kann die Objekt-KWK den brennwertfähigen Erdgas-Heizkessel als aktuelle Referenztechnologie der Objektversorgung zumindest in Teilen verdrängen und sofort CO2 einsparen.

▪ Die KWK-Technologie ist für Bestandsgebäude und bei Not-wendigkeit hoher Vorlauftemperaturen (z.B. Dampf im Kran-kenhaus, Warmwasserbereitung) nach Biomasse die regelbare Wärmetechnologie mit dem geringsten THG-Emissionsfaktor.

Dies gilt, in Abhängigkeit von der Entwicklung des Strom-Emis-sionsfaktors, bis über das Jahr 2030 hinaus (Abschnitt 4.2.8).

▪ KWK kann sich gut an die Stromlastsituation im Netz anpassen und systemdienlich betrieben werden. Auch das Zusammen-spiel mit fluktuierender Wärmeeinspeisung aus erneuerbaren Energien ist technisch möglich. Bislang fehlen hier aber ökono-mische oder regulatorische Anreize (Abschnitt 4.5.1).

Mit den technischen und wirtschaftlichen Aspekten der Flexibilisie-rung u.a. von Objekt-KWK beschäftigt sich im Moment das BMWi im Rahmen seiner Forschungsförderung im Bereich Gebäude und Quartiere unter anderem die Entwicklung sogenannter „netzreakti-ver Gebäude“. Kernidee ist, Gebäude und Quartiere als regelbare Last agieren zu lassen - als Stromspeicher oder als dezentrale Er-zeuger. Durch die gezielte Veränderung des zeitlichen Strombe-zugs- und Einspeiseprofils sollen netzreaktive Gebäude Lastglät-tung und Lastverschiebung ermöglichen. Möglich wird dies durch die thermische Speicherkapazität von Warm- und Kaltwasserspei-chern sowie der Gebäudemasse selbst. Das Konzept sieht explizit den Einsatz von Wärmepumpen, Kältemaschinen und dezentralen Blockheizkraftwerke vor.

Die bisherigen Erkenntnisse lassen erwarten, dass sich system-dienliches Verhalten technisch umsetzen lässt. Zu klären ist je-doch noch, wie gewährleistet werden kann, dass „netzreaktive Ge-bäude“ diese Fähigkeiten in der Realität auch tatsächlich nutzen.

Bei z.B. Wärmepumpen ist es über die Ausgestaltung der Strom-bezugsverträge mögliche Signale aus dem Energiesystem weiter-zugeben und damit die Fahrweise zu beeinflussen. Dies kann, wie heute bereits über die temporäre Abschaltung oder über Tarife mit dynamischen Preisen erfolgen.

Bei KWK-Anlagen besteht eine Kopplung mit dem Stromsystem über die Einspeisung von Strom ins öffentliche Netz. Seit der KWKG Novelle 2015 müssen Neuanlagen ab einer Leistung von 100 kW ihren eingespeisten Strom direkt vermarkten. Die Erlöse werden damit von den Großhandelspreisen mit bestimmt. Stromer-zeugung hingegen, die selbst genutzt wird, hat im Regelfall in je-der Stunde des Jahres den gleichen Wert. Da je-der damit vermie-dene Strombezug aus dem Netz bei den meisten Stromkunden keine Preisstruktur aufweist.

Auch das KWKG setzt in seiner aktuellen Form keine deutlichen Anreize zum systemdienlichen Verhalten für KWK-Anlagen. Die KWK-Zuschläge sind unabhängig von Strompreisen im Großhan-del und Anlagen bis 100 kWel erhalten für ihren eingespeisten Strom den marktüblichen Preis, der jeweils für ein Quartal gleich hoch ist. Lediglich zu Zeiten negativer Strompreise werden keine KWK-Zuschläge gewährt.

Mittelfristig könnte eine netzdienlichere Fahrweise von Eigener-zeugungs-KWK-Anlagen durch die Einführung von dynamischen Stromtarifen für alle Stromkunden erreicht werden oder indem die KWK-Förderung an ein Einspeisung des erzeugten Strom gekop-pelt wird. Zwingend erforderlich hierfür ist aber eine geeignete Di-gitalisierung der Energiewirtschaft. Hierzu gehören ein weitgehen-der Rollout intelligenter Messsysteme sowie das Vorhandensein geeigneter Dienstleistungs-Strukturen. Die zukünftige Realisierung des Liegenschaftsmodell nach § 6 MsbG könnte ab voraussichtlich dem Jahr 2021 dazu beitragen, dass sich die Rahmenbedingun-gen für eine Digitalisierung der Energiewirtschaft verbessern.

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