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Der Reproduktionszyklus und seine Hormone

3. Literaturübersicht

3.1 Das bovine Ovar

3.1.2 Der Reproduktionszyklus und seine Hormone

3.1.2.1 Hormonelle Regulation

Der im Durchschnitt einundzwanzigtägige Sexualzyklus des Rindes (HANSEL et al.1970) wird vom Hypothalamus gesteuert. Dort wird das Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH) gebildet, welches pulsatil freigesetzt und über das Pfortadersystem dem Hypophysenvorderlappen zugeleitet wird. Dort bewirkt es die Produktion und Freisetzung von Gonadotropinen, dem follikelstimulierenden Hormon (FSH) und dem luteinisierenden Hormon (LH) (GRUNERT et al. 1999). Es besteht eine Notwendigkeit der pulsatilen Freisetzung von GnRH, um die Herabregulierung seines Rezeptors zu verhindern.

FSH und LH werden unterschiedlich reguliert. Während bei FSH die Produktion reguliert wird, die Freisetzung aber automatisch erfolgt, wird LH über seine Freisetzung gesteuert. Die Gonadotropine verursachen bei ihren Zielzellen im Ovar Proliferation und Produktion der Geschlechtshormone. Dies geschieht über Membranrezeptoren und Aktivierung der Adenylatzyklase. Die Geschlechtshormone sind die im Follikel gebildeten Hormone, Östrogen, Androgene und das Gelbkörperhormon Progesteron. Diese Hormone bilden zusammen mit dem Hypothalamus und dem Hypophysenvorderlappen einen Regelkreis mit negativem Feedback-Mechanismus. Progesteron hemmt die Freisetzung von GnRH und damit der Gonadotropine. Östrogen senkt die Produktion und Freisetzung von FSH, die Freisetzung von LH jedoch wird anfangs gehemmt, später allerdings gefördert. Dieser Regelkreis beeinflusst vor allem die Follikelbildung. Ist ein Follikel erst selektiert (s.u.), produziert er das Proteohormon Inhibin, welches die Produktion von FSH senkt, die von LH aber nicht beeinflusst (ROCHE 1996). Zur Luteolyse wird ein weiteres Hormon, das Prostaglandin F2α benötigt, welches im Uterus gebildet wird (GRUNERT et al. 1999).

3.1.2.2 Follikelwellen

Unter Einfluss der Gonadotropine findet die Follikulogenese statt. Diese wird in folgende Phasen eingeteilt: die Rekrutierungs-, die Selektions- und die Dominanzphase. Im Gegensatz

zu Primaten durchlaufen Rinder in mehr als 95% ihrer Brunstzyklen zwei bis drei Wellen der Follikelentwicklung (GINTHER et al. 1989; SAVIO et al. 1988). Daher ist der Zyklus von Rindern unterschiedlich lang, bei drei Wellen der Follikulogenese 23 Tage, bei zwei Wellen nur 20 Tage (siehe Abb. 3.1.2). Bei Färsen in der Pubertät und im ersten Brunstzyklus nach dem Kalben wurde nur eine Welle der Follikelentwicklung beobachtet (ROCHE 1996;

ADAMS 1999).

a) Rekrutierungsphase

Schon am Tag der Ovulation kommt es zur ersten Rekrutierung. Vor jeder der beschriebenen Wellen der Follikulogenese tritt ein Anstieg des zirkulierenden FSH auf. Dies kennzeichnet die Rekrutierungsphase. 8-41 kleine Follikel werden rekrutiert und wachsen unter dem Einfluß von FSH schnell und synchron auf eine Größe von bis zu ca. 5mm. Gleichzeitig produzieren sie die Hormone Östradiol und Inhibin A. Diese Substanzen reduzieren die Freisetzung von FSH im Hypophysenvorderlappen. 48-72 Stunden nach seinem Anstieg ist der Spiegel zirkulierenden FSHs auf seinen ursprünglichen Level zurückgefallen. Bei einem zweiwelligen Zyklus tritt am 9.-10. Tag des Zyklus das synchrone Wachstum von Follikeln

erneut auf, bei dreiwelligen Zyklen am 8.-9. Tag. Die dritte Welle ist dann am 15.- 16. Tag zu beobachten (ADAMS 1999).

Auf zellulärer Ebene konnte festgestellt werden, dass erst in der Rekrutierungphase bestimmte messenger Ribonucleinsäuren (mRNAs) in Granulosazellen nachweisbar sind. Dabei handelt es sich um mRNAs, die folgende steroidogene Enzyme kodieren: P450side chain cleavage und P450aromatase. Diese Enzyme befähigen die Granulosazellen dazu, die von Thekazellen produzierten Androgene in Östradiol umzuwandeln. Die Androgene passieren die Basalmembran, so dass sie den Granulosazellen zur Verfügung stehen (XU et al. 1995). Dieser Prozeß wird von Gonadotropinen gesteuert. Thekazellen besitzen in dieser Phase nur Rezeptoren für das Gonadotropin LH, Granulosazellen nur für FSH (FORTUNE et al. 2001;

WEBB et al. 1999).

Selektion

Tage des Ovarialzyklus

LH Puls Frequenz FSH im Serum (ng)Follikelgße (mm)Durchmesser (mm)

1 bis 2 2 bis 6 15 bis 20

Anzahl der Follikel auf der Oberfläche beider Ovarien Östradiolsekretion durch einen dominanten Follikel

Progesteron im Serum

mittlere Lutealphase frühe mittlere Lutealphase

Lutealphase Blastozyste erreicht

den Uterus

Dominanz Verlust von Dominanz

und Selektion

Tage des Ovarialzyklus

LH Puls Frequenz FSH im Serum (ng)Follikelgße (mm)Durchmesser (mm)

1 bis 2 2 bis 6 15 bis 20

Anzahl der Follikel auf der Oberfläche beider Ovarien Östradiolsekretion durch einen dominanten Follikel

Progesteron im Serum

mittlere Lutealphase frühe mittlere Lutealphase

Lutealphase Blastozyste erreicht

den Uterus

Dominanz Verlust von Dominanz

und Selektion

Tage des Ovarialzyklus

LH Puls Frequenz FSH im Serum (ng)Follikelgße (mm)Durchmesser (mm)

1 bis 2 2 bis 6 15 bis 20

Anzahl der Follikel auf der Oberfläche beider Ovarien Östradiolsekretion durch einen dominanten Follikel

Progesteron im Serum

mittlere Lutealphase frühe mittlere Lutealphase

Lutealphase Blastozyste erreicht

den Uterus

Dominanz Verlust von Dominanz

und Selektion

Tage des Ovarialzyklus

LH Puls Frequenz FSH im Serum (ng)Follikelgße (mm)Durchmesser (mm)

1 bis 2 2 bis 6 15 bis 20

Anzahl der Follikel auf der Oberfläche beider Ovarien Östradiolsekretion durch einen dominanten Follikel

Progesteron im Serum

mittlere Lutealphase frühe mittlere Lutealphase

Lutealphase Blastozyste erreicht

den Uterus

Dominanz Verlust von Dominanz

und Selektion

Abb. 3.1.2 Schematische Darstellung der Follikelwellen eines Rinderzyklus in Verbindung mit den Hormonkonzentrationen der entsprechenden Follikelphase. Modifiziert nach Roche, 1996

b) Selektions- und Dominanzphase

Die Selektionsphase ist definiert als jener Zeitraum, in dem das Größenwachstum der rekrutierten Follikel divergiert. Aus den rekrutierten Follikeln wird einer ausgewählt, der das Stadium der Dominanz erreicht, in welchem er sich schnell weiter entwickelt und die übrigen Follikel der aktuellen Follikelwelle in ihrem Wachstum unterdrückt. Die genauen Mechanismen des Selektionsprozesses sind Thema vieler Forschungsprojekte, konnten aber bisher nicht endgültig geklärt werden (FORTUNE et al. 2001). Der entscheidende Unterschied zwischen dem späteren dominanten und den untergeordneten Follikeln liegt nach Meinung einiger Autoren in der divergierenden Fähigkeit der Follikel, auf LH und FSH zu reagieren. Voraussetzung für die Selektion ist der Abfall von FSH. Der Follikel, dessen Granulosazellen in den zwei vorausgegangenen Tagen genügend LH-Rezeptoren entwickelt haben, ist LH responsiv und zeigt sich damit nicht abhängig von einem hohen FSH-Spiegel (ADAMS 1999). Der selektierte und später dominante Follikel produziert vermehrt Östradiol.

FORTUNE et al. (2001) vertreten eine andere Ansicht über die Rolle der LH-Rezeptoren der Granulosazellen. Sie stellten in ihren Versuchen fest, dass die erhöhte Östrogenproduktion der selektierten Follikel der vermehrten Expression von LH-Rezeptoren vorausgeht. Sie sprechen LH also keine Bedeutung für die Selektion des dominanten Follikels, sondern nur für das Überleben eines solchen Follikels zu. Dabei soll das Gonadotropin bei der Bereitstellung von Progesteron durch Granulosazellen eine entscheidende Rolle spielen. Das Progesteron wird durch Thekazellen in Androgene umgewandelt. Über die erhöhte Bereitstellung des Substrates beeinflusst LH indirekt die Östrogenproduktion. Entscheidend für die Selektion erscheint in der oben genannten Veröffentlichung das System der IGFs, der Insulin-like growth factors. Es besteht aus IGF-I, IGF-II, zwei Rezeptortypen und sechs IGF - Bindungsproteinen (IGFBP). IGF-I wird in der Leber gebildet und im Blut an IGFBP gebunden. So wird es unter anderem zu den Ovarien transportiert, um an die dort vorhandenen Rezeptoren zu binden. IGF-I wird auch von Granulosazellen gebildet, allerdings nur in kleinen Mengen. IGF-II wird in größeren Mengen von Thekazellen produziert. Es bewirkt die gleichen Reaktionen des ovariellen Follikels wie IGF-I, und beide wirken synergistisch mit den Gonadotropinen durch die Stimulation von cAMP (LUCY et al. 1999).

Durch das IGF-System wird die Granulosazellproliferation stimuliert und die Differenzierung der Follikelzellen gefördert. In vitro konnte eine Stimulation der Östrogenproduktion von

Granulosazellen durch IGF-I nachgewiesen werden. Das System wird hauptsächlich über seine Bindungsproteine gesteuert, die die Bioverfügbarkeit von IGF-I und –II regulieren. Im Ovar spielen die Bindungsproteine mit niedrigem Molekulargewicht eine übergeordnete Rolle. Es handelt sich um IGF-Bindungsprotein 2 und 4. Ihre Produktion wird auf Transskriptionsebene hormonell reguliert, ihr Abbau über entsprechende Proteasen. Die Bindungsproteine sind in dominanten Follikeln im Vergleich zu untergeordneten Follikeln herunterreguliert.

Die Steroidproduktion verläuft in mehreren Schritten, wobei die Verfügbarkeit des Substrates, des Cholesterins, eine entscheidende Rolle spielt. Die mitochiondriale Verfügbarkeit des Cholesterins wird durch das StAR-Protein sichergestellt (Steroidogenic acute regulatory protein). Thekazellen eines selektierten Follikels bilden vermehrt StAR-Protein (BAO et al.

1998). Das für die Bildung von Testosteron notwendige Enzym 3β-HSD (3β-hydroxysteroid dehydrogenase) wird in höheren Konzentrationen ausgeschüttet. Granulosazellen produzieren in dieser Phase 3β-HSD erstmalig, während die Produktion aller anderen steroidogenen Enzyme dieser Zellen erhöht wird. Sowohl P450scc als auch P450Aromatase werden vermehrt gebildet. Diese Veränderungen in der Produktion steroidogener Enzyme werden ebenfalls auf Transskriptionsebene reguliert und sind verantwortlich für die steigende Östrogenproduktion (WEBB et al. 1999). Die übrigen Follikel verlieren ihre FSH-Rezeptoren, werden „Östrogen-Inaktiv“ und atretisch.

3.1.2.3 Ovulation

Ist noch ein Gelbkörper vorhanden, verhindert das von ihm freigesetzte Progesteron einen weiteren Anstieg von LH und damit die Ovulation (GRUNERT 1996; ADAMS 1999). Die Luteolyse bewirkt einen Abfall des Progesteronspiegels. Der letzte dominante Follikel eines Sexualzyklus kann auf den Abfall des Progesteronspiegels und den Anstieg von LH im Plasma mit einem Anstieg der steroidogenen Enzyme reagieren. Es wird vermehrt Östradiol produziert, wodurch der starke, präovulatorische Konzentrationsanstieg von LH, der sogenannte präovulatorische Peak, und auch der von FSH ermöglicht wird. Dieser LH-Peak führt zur Ovulation des Follikels (FORTUNE et al. 2001). Kommt es aber aufgrund

eines noch vorhandenen Gelbkörpers und dessen Progesteron nicht zur Ovulation, geht auch der dominante Follikel den Weg der Atresie. Im Gegensatz zu der Situation bei Primaten können beim Rind auch Follikel, die schon das Stadium der Dominanz erreicht haben, der Atresie anheim fallen. Dabei handelt es sich um die Follikel, die während der Lutealphase ihre Entwicklung durchlaufen (IRELAND 1987). Dies sind die dominanten Follikel der ersten Welle der Follikulogenese, wenn in einem Zyklus nur zwei dieser Wellen vollzogen werden.

Werden drei Entwicklungswellen durchlaufen, handelt es sich um die dominanten Follikel der ersten und der zweiten Welle (FORTUNE et al. 2001).

Die Follikulogenese innerhalb der Lutealphase ist ein ungewöhnliches Phänomen, eine womöglich unnötige Verschwendung von Oozyten. Aus diesem Grund versuchten IRELAND und ROCHE (1983) eine Ursache für diesen Vorgang zu entdecken. Sie konnten feststellen, dass der Anstieg von Östrogen, hervorgerufen durch die Produktion des dominanten Follikels, bei der ersten Follikelwelle die Implantation einer Blastozyste in die Uterusschleimhaut zu unterstützen scheint (IRELAND u. ROCHE, 1983).