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Der Begriff der Identität ist für die Psychologie eine besondere Herausforderung, da die Begriffe Selbst, Persönlichkeit und Selbstkonzept oft ähnlich verwendet werden (Flammer & Alsaker, 2011, S. 156).

Das Selbst ist eng verbunden mit der Identität. Die Begriffe werden teilweise sogar als Synonyme verwendet. Das Wesentliche eines Menschen, was eine Person kenn-zeichnet, wird als Selbst bezeichnet. Die Kennzeichen des Selbst einer Person wer-den durch ihre Handlungen sichtbar. Spricht man von der Selbstwahrnehmung einer Person, ist das das Selbstkonzept. Das Selbstkonzept besteht aus einer kognitiven und affektiven Komponente (Rosenberg, 1979; zit. nach Grob & Jaschinski, 2003, S.

42).

Der wesentliche Unterschied zwischen der Identität und dem Selbst kann durch zwei Fragen dargestellt werden. „Wer oder wie bin ich?“ stellt die Frage nach der Identität und es geht somit um eine Beschreibung. Bei der Frage „Wie stehe ich zu mir?“ geht es um die Bewertung der eigenen Person und somit um das Selbst (ebd.).

4.1.2 Erikson

Erikson definiert Identität folgendermassen: „Identität ist als ein Gefühl der Identität, d.h. der Kontinuität und Einigkeit mit sich selbst zu verstehen. Dieses Gefühl der Identität wird durch Interaktion mit anderen und im Kontext mit der eigenen Kultur gebildet, und es ist als ein Prozess zu verstehen, der lebenslang dauert.“ (Erikson, 19xx; zit. nach Flammer & Alsaker, 2011, S. 157). Dieses Zitat zeigt die Wichtigkeit der Identitätsentwicklung. Zwar ist dieser Prozess nach Erikson nie abgeschlossen,

nach Flammer & Alsaker, 2011, S. 157 f) die menschliche Entwicklung als Abfolge von acht Krisen, wobei die fünfte Krise das Jugendalter betrifft. In dieser Krise erle-ben die Jugendlichen eine Phase zwischen Identität und Identitätsdiffusion. So gren-zen sich die Jugendlichen von dem, was sie nicht sein möchten, ab und suchen ihre Identität.

4.1.3 Marcia

Eine weitere Definition für Identität liefert Marcia (1980; zit. nach Grob & Jaschinski, 2003, S. 44 f). Er untersuchte anhand von drei Dimensionen (Verpflichtung, Erkun-dung und Krise), wie die Jugendlichen ihre Identität aufbauen. Dabei führte er Inter-views zu den Bereichen Beruf, Religion und Politik durch. Anhand dieser Untersu-chung wurden vier Identitätsformen definiert: diffuse, übernommene, kritische und erarbeitete Identität. Bei der diffusen Identität hat noch keine Erkundung stattgefun-den und es liegt nur ein geringes Mass an Verpflichtung vor. Die übernommene Istattgefun-den- Iden-tität zeichnet sich durch eine geringe Erkundung und ein höheres Mass an Verpflich-tungen aus. Im Gegenzug beinhaltet die kritische Identität eine hohe Erkundung und keine Verpflichtung. Durch ein hohes Mass an Erkundung sowie auch an Verpflich-tung wird die erarbeitete Identität definiert. Laut Marcia (1966; zit. nach Flammer &

Alsaker, 2011, S. 161) sind Jugendliche, welche eine übernommene Identität besit-zen Autorität, Gehorsam und strenger Führung mehr gewillt als die anderen. Dazu kommt, dass ihr Selbstwert sehr verletzbar ist und sie stressanfälliger sind als Ju-gendliche mit einer erarbeiteten Identität.

4.1.4 Weitere Ansätze

Eine Weiterentwicklung von Marcias Definition kommt von Wartman (1982; zit. nach Grob & Jaschinski, 2003, S. 47), wobei drei verschiedene Verläufe der Identitätsent-wicklung unterscheidet werden. Beim progressiven Verlauf wird über die kritische Identität die erarbeitete Identität erreicht. Wenn die kritische Identität in einer diffusen Identität endet, spricht man vom regressiven Verlauf. Der dritte Verlauf der Identi-tätsentwicklung ist der stagnierende Verlauf, wobei sich dieser Verlauf durch ein Verweilen in der übernommenen oder diffusen Identität kennzeichnet.

Grotevant (1987; zit. nach Flammer & Alsaker, 2011, S. 163) entfernte sich von Mar-cias Identitätskategorien und definierte ein Prozess-Modell. Die Merkmale einer Per-son stehen dabei im Zusammenhang mit dem Kontext, in welchem die PerPer-son lebt.

Identitätsentwicklung

Der Aufbau der Identität wird durch die Merkmale und den Kontext beeinflusst. Der jeweilige Identitätsaufbau eines Bereiches steht wiederum im Zusammenhang mit dem Identitätsaufbau eines anderen Bereiches.

Auch Blasi (1988; zit. nach Flammer & Alsaker, 2011, S. 163 f) entfernte sich von Marcias Modell und kritisierte vor allem, dass die Grundfrage der Identität „Wer bin ich?“ in diesem Modell fehlen würde. Sein eigenes Modell unterscheidet drei Modi der Erfahrung der Identität. Der erste Modus ist die beobachtende Identität, womit nach Blasi zum ersten Mal über das Selbst reflektiert wird. Die nächste Stufe ist das Management der Identität. Die Identität ist in diesem Modus nicht mehr etwas Gege-benes, sondern muss selbst erworben und gestaltet werden. Der dritte Modus nennt sich die Identität als Authentizität. In diesem Modus werden erstmals innere Konflikte entdeckt. Wichtig auf dieser Stufe ist eine offene Haltung gegenüber der Realität.

Eine weitere Definition ist der psychologische Identitätsbegriff. Unter ihm versteht man die Identität als einzigartige Persönlichkeitsstruktur. Wichtig dabei sind das Selbstverständnis, die Selbsterkenntnis und die Wahrnehmung der Persönlichkeit durch andere (Grob & Jaschinski, 2003, S. 41). Cooley (1902, zit. nach Grob & Ja-schinski, 2003, S. 41) lässt der Identität die folgenden zwei Aspekte zukommen: die Selbstwahrnehmung und die Einschätzung von aussen.

Im Psychologie Lexikon wird Identität folgendermassen definiert.

„das Gefühl, ‚mit sich einig zu sein‘, oder auch, vollkommen in einer Rolle aufzugehen, die man in der Gemeinschaft zu spielen hat. Dieser Eindruck

‚das bin ich selbst‘ wird gestört durch äussere Zwänge, durch innere Hemmungen, durch Konflikte zwischen verschiedenen Strebungen oder in einer Umgebung, zu der man keine seelische Beziehung herstellen kann, so dass das Gefühl der Entfremdung entsteht. Oft ist es so schwierig, die Identität gegen die Widerstände der Umwelt zu wahren, dass der Mensch versucht ist, sie aufzugeben, etwa durch eine vollständige Anpassung, durch Flucht in einen Wahn oder Rausch. Immer wieder lehnt man sich durch Identifikation an andere an. In die verschiedenen Rollen, die dem Menschen in der Gemeinschaft zugeteilt werden, fügt man sich, indem man in ihnen Teile des eigenen Wesens ausdrückt, aber eben nur Teile,

sodass die volle Identität immer wieder infrage gestellt ist.“ (Psycholo-gie48, 2010)

Dieses Zitat zeigt die Schwierigkeit die eigene Identität zu wahren auf. Eine Ergän-zung dazu macht Geiger (2003, S. 23) indem sie besagt, dass die Identität kein ein-mal gepackter Rucksack ist, den man das ganze Leben mit sich herumträgt. Sondern viel mehr, dass die Identität in die gesellschaftlichen Verhältnisse eingebunden ist und sich stetig entwickelt. Die Schwierigkeit besteht darin, dass sich die gesellschaft-lichen Verhältnisse immer wieder ändern und die Jugendgesellschaft-lichen gezwungen werden, damit umzugehen. Grob gesagt ist die Identität eine stetige Veränderung, die keinen Abschluss findet.

Den verschiedenen theoretischen Ansätzen ist gemeinsam, dass sie für das Jugend-alter wichtige Prozesse der Auseinandersetzung mit der eigenen Identität annehmen.

Den Jugendlichen sind in dieser Phase auf der Suche nach der eigenen Identität und müssen sich dabei in verschiedenen Bereichen neu positionieren und beweisen und auch verschiedene Entwicklungsaufgaben lösen. Diese Aspekte der Identitätsent-wicklung werden im folgenden Kapitel erläutert.

Identitätsentwicklung