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Unter „Barrier Nursing“ versteht man die Pflege und Behandlung von Patienten/Patientinnen (die an einer hochkontagiösen lebensbedrohenden Infektions-krankheit erkrankt sind) unter Vollschutzmaßnahmen. Zu diesen Erkrankungen zählen virale hämorrhagische Fieber (VHF) wie Marburg-, Ebola-, Lassa-, Krim-Kongo-Fieber, die Lungenpest und die als ausgerottet geltenden Pocken (Peilstöcker/Koch 2009 o.S.). 6.2 Der Barrier Nursing Lehrgang

Ziel der Ausbildung ist der Schutz des Personals sowie der Schutz der Umwelt vor der Weiterverbreitung des Erregers einer hochinfektiösen Infektionskrankheit, ohne dabei die Patientinnen- /Patientenversorgung aus den Augen zu verlieren. Oberste Prämisse ist der Selbst- oder Eigenschutz!

Seit Beginn der Ebola – Epidemie haben sich zahlreiche Organisationen, Organisationseinheiten, staatliche und private AnbieterInnen mit der Durchführung einer Ausbildung beschäftigt, um ihren MitarbeiterInnen die notwendige Sicherheit im Zusammenhang mit dem Management der Infektionskrankheit zu vermitteln (oder einfach Geld damit zu verdienen).

Verbunden mit einem theoretischen Training wird vor allem der praktische Umgang mit der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) ausgebildet.

In vielen Krankenhäusern wird das medizinische Personal im Umgang mit dem Schutzanzug geschult, das An – und Ausziehen wird nach Maßgabe der vorhandenen Mittel und Ressourcen mehr oder weniger zeitintensiv und genau trainiert, Dekontaminationsmaßnahmen werden durchgeführt.

Theoretische Inputs zu weiteren Ebola – relevanten Fakten fehlen; es gibt keine einheitlich genormte Ausbildung. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat die Rahmenbedingungen vorgegeben, die Qualität der Ausbildungsdurchführung obliegt den einzelnen Ländern und daraus resultierend, den einzelnen Krankenanstalten. Dem medizinischen Personal fehlen oftmals wesentliche Hintergrundinformationen.

Nachdem Österreich seit vielen Jahren im Rahmen der internationalen Katastrophenhilfe tätig ist, sich immer wieder Österreicher und Österreicherinnen für diverse Hilfseinsätze melden, hat das BMG auf seiner Webside einen Aufruf zur freiwilligen Mitarbeit bei der Bekämpfung von Ebola im Ausbruchsgebiet gestartet.

Nachdem dieser Aufruf seit Monaten nicht zurückgezogen wurde ergibt sich die Schlussfolgerung, dass sich offensichtlich nicht genügend pflegerisches Personal gemeldet hat. Unwissenheit über die Hintergründe der Erkrankung und über Kultur vor Ort, Ängste der Familie oder Unsicherheit im Umgang mit Schutzmaßnahmen mögen nur einige der Gründe dafür sein. Es ist an der Zeit, über den Tellerrand zu blicken und die Problematik der hochkontagiösen Infektionskrankheit umfassend zu betrachten. Es sind bestens ausgebildete Pflegespezialisten/

Spezialistinnen gefordert, die das Ansehen Österreichs auf der internationalen Bühne im Rahmen eines Auslandseinsatzes heben.

Es ist nicht notwendig, im Rahmen einer Ausbildung „das Rad neu zu erfinden“. Die Deutsche Bundeswehr führt seit geraumer Zeit für ihre Soldatinnen und Soldaten eine umfassende und einheitliche Einsatzvorbereitung für den Auslandseinsatz durch, um für den Fall eines Notfalls (Hilfseinsatz oder Auftreten einer Infektion in den eigenen Reihen) gerüstet zu sein.

6.2.1 Ausbildungsthemen (vorgesehen) Neben den Ausbildungsinhalten:

- persönliche Schutzausrüstung (PSA im Einsatz) - Notfall im Schutzanzug (Leck, Bewusstlosigkeit…) - Dekontaminationsmaßnahmen

- Krankheitssymptomatik inkl. Differentialdiagnosen

- medizinische und pflegerische Hilfeleistungen (praktisches Training wie z.B. intravenöse Blutabnahmen, Intubation etc.)

- Case Management (gem. den Vorgaben des BMG) - Hygiene und Desinfektionsmaßnahmen

- Labordiagnostische Spezifikationen (auch differentialdiagnostisch)

- persönliche Schutzausrüstung (anziehen, ausziehen, Checklisten, Training „ Buddy System“)

- Stressbearbeitung, Stressverarbeitung

- Propädeutik hochinfektiöser Erkrankungen (Epidemiologie)

- Abfallentsorgung gem. ÖNORM 2104 in Verbindung mit ÖNORM S 2101

- Stoffe der Klasse 6.2 / UN 2814 Gefahrengutrecht für den Transport (für den Menschen infektiöse Substanzen)

- Aufbau und Betreiben einer Isolierstation - Rechtliche Grundlagen (in Österreich)

müssen für ziviles Personal zusätzliche Informationen einfließen.

6.2.2 Ausbildungsthemen (zusätzlich)

Geht man davon aus, dass hochinfektiöse Krankheiten des BSL 4 grundsätzlich im afrikanischen Raum ihren Ursprung finden, so wird es als sinnvoll betrachtet werden müssen, wenn zusätzlich

- wesentliche Aspekte über Land und Leute

- Besonderheiten der Kultur, der Religion, Glauben und Aberglauben - Do´s und Dont´s (Cultural Awareness) auch im Zusammenhang mit

Kommunikation (Situational Awareness) - besondere Bedrohungslagen

- spezielle Hygiene im afrikanischen Raum, lokale Fauna und Flora - Wasserhygiene, Nahrungsmittelhygiene

- klimatische Besonderheiten

- persönliche Schutzmaßnahmen für das tägliche Leben (Vermeidung von Schlangenbissen, Tollwutgefahr etc., Vermeidung von Hitzeschäden und Hitzekrankheiten inkl. spezieller Erster Hilfe, Schutz vor Insekten).

Als „back up“ für andere Ausbruchsgebiete (z.B.den arabischen Raum) sollten stets aktuelle „Medical Intelligence Reports“ evident gehalten werden.

Die o.a. Ausbildungsinhalte werden für das gesamte militärische Personal von vornherein trainiert, um das Risiko der Kollateralgefahren so gering als nur möglich zu halten.

In wie weit im österreichischen Gesundheitssystem derzeit für die MitarbeiterInnen im Gesundheitssystem eine „Freiwilligkeit“ oder ein Ausbildungszwang zum „Barrier Nursing“ besteht, lässt sich nicht zweifelsfrei feststellen.

Fakt ist, dass umfassend ausgebildetes Personal absolut notwendig ist, um den internationalen Hilferufen zu Folge adäquat trainiert, angst- und fehlerfrei Hilfe leisten zu können.

Diese Ausbildung ist unter den Gesichtspunkten einer permanenten Qualitätssicherung zu betrachten und fällt aufgrund ihrer brisanten Zielfokusierung sicher (mit) in den Bereich des Risikomanagements.

Als wesentlicher Eckpunkt und Bestandteil sämtlicher Management-prozesse eines Unternehmens ist eine permanente Organisations-weiterentwicklung zu betreiben.

Eine positive Unternehmenskultur in einem transparenten Kontext in Form von

- permanenter Verbesserung der Arbeitsorganisation - Förderung der Mitarbeiterpartizipation

- Stärkung der persönlichen Kompetenzen - Erhöhung der Kommunikationsfähigkeit - positiver Fehlerkultur

- Stärkung der Leadership-Fähigkeit

erhöhen die Motivation und somit in weiterer Folge die Leistungsfähigkeit nachhaltig.

Grundsätzlich können aus dzt. Sicht drei Einsatzbereiche für medizinisches Personal definiert werden:

- Patienten- bzw. Patientinnenbetreuung im Rahmen eines inter-nationalen Hilfseinsatzes im Ausbruchsgebiet (vor Ort)

- Betreuung eines Ebola – Patienten bzw. einer Ebola – Patientin im Rahmen einer intensivmedizinischen Betreuung im Inland

- Medizinische Unterstützungsleistung (Kategorisierung in confirmed case, probable case, confirmed case und Einleitung erster Isolationsmaßnahmen gem. Algorithmusvorgabe BMG) im Bereich diverser Eintrittspforten nach Österreich (Erstaufnahme/

Erstuntersuchungszentren wie z.B. Flughafen Wien Schwechat).

Die Zuständigkeit der Krankenanstalten liegt bei den Ländern, die Informationsaufbringung (z.B. Infection Control Guidelines) und Ablauf-koordination liegt beim Bundesministerium für Gesundheit (BMG).

Operative Maßnahmen im Rahmen Ebola – Bekämpfung (z.B. Aufklärung, Training des Personals) fallen wiederum in den Verantwortungsbereich der Länder (wie etwa auch die Krankenpflegeschulen).

Eine österreichweite bzw. EU – weite, gleichgeschaltete und einheitliche Ausbildung fehlt, zumal wesentliche Ausbildungs- und Trainingsinhalte im Normalfall nicht berücksichtigt bzw. vernachlässigt werden. Die Ausbildung des medizinischen Personals wird durch die LSD verantwortet und durch die einzelnen Krankenhäuser für das (freiwillige?) Personal durchgeführt.

Nur in direktem Zusammenhang mit einem gesetzlichen Auftrag werden auch die (bis dato vernachlässigten) Themenbereiche wie etwa „ cultural awareness“, tropenmedizinische Grundlagen usw. vermittelt werden.

Grundsätzlich gäbe es die Möglichkeit, eine Symbiose zwischen Militär (Österreichisches Bundesheer) und den Rechtsträgern der zivilen medizinischen Einrichtungen zu bilden. Die Politik, unter Führung des Bundesministerium für Gesundheit (BMG) in Einklang mit dem Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport (BMLVS) müsste sich der latent lauernden Gefahr eines Ausbruchs und einer Verbreitung diverser Infektionskrankheiten bewusst sein (oder werden), die notwendigen Kooperationsverträge aushandeln, Symbiosen erkennen und gemeinsam präventiv aktiv werden.

Eine effiziente zivil – militärische Zusammenarbeit im österreichischen Inland ist Grundlage für eine internationale Zusammenarbeit (BKA 2013, S.12).

Wie die Vergangenheit bereits zeigte, hat sich die Zusammenarbeit von zivilem und militärischem Personal (v.a. im Gesundheitsbereich) ausgezeichnet bewährt. Bereits 1991 waren zivile Krankenschwestern und Krankenpfleger im Rahmen der Flüchtlingshilfe als Unterstützung der Sanitätskräfte des Österreichischen Bundesheeres in einem Feldspital im Iran (AFHIR – Austrian Fieldhospital in Iran). Über Monate hinweg wurden ein großes Flüchtlingslager mit bis zu 15.000 kurdischen Flüchtlingen medizinisch versorgt.

Abhängig von internationalen Entwicklungen muss die Verfügbarkeit geeigneter österreichischer Kräfte aus dem zivilen wie auch aus dem militärischen Bereich gegeben sein, eventuelle Einsatzräume österreichischer Hilfskräfte bis in den nordafrikanischen Raum sind anzunehmen (BKA 2013, S.16).

6.3 Implementierung des Lehrgangs in die Krankenpflegefachausbildung

Nachdem in Österreich neben den operativen Maßnahmen zur Infektionskrankheitenbekämpfung auch die Krankenpflegeschulen in die Kompetenz der Länder fallen, kann es eigentlich nur ein Leichtes sein, eine „Barrier Nursing“ Ausbildung (mit allen Inhalten gem. 6.2.1 und 6.2.2) im Rahmen der Ausbildung zur Diplomkraft, in den Krankenpflegeschulen (für alle Schülerinnen und Schüler verpflichtend, ev. im Rahmen der Hygieneausbildung) einfließen zu lassen.

Um im Rahmen der Krankenpflegeausbildung ein fehlerfreies „Handling“

bei bzw. für die Pflege im Vollschutz zu erlangen, ist ein mehr- bzw.

oftmaliges praktisches Üben notwendig. In diesem Zusammenhang soll der Begriff „Drill“ erwähnt werden.

Selbst wenn diese (militärische) Ausbildungsbezeichnung negativ behaftet scheint, so ist speziell im Umfeld einer stark risikobehafteten Infektionskrankheit ein „drillmäßiges Training“ unumgänglich und soll

nichts anderes als ein oftmaliges praktisches Üben und Trainieren darstellen.

Der Umgang mit dem Vollschutzanzug muss blind beherrscht werden.

Fehler, speziell beim Ausziehen des Schutzanzuges, dürfen nicht übergangen, sondern müssen wieder und immer wieder durch Training reduziert und vermieden werden, um eine risikominimierte Handlungssicherheit zu erreichen. Hierbei sei neuerlich die Wichtigkeit einer positiven Fehlerkultur zu erwähnen.

Zur Verbesserung der Kooperationsfähigkeit verschiedener nationaler oder internationaler Hilfs- und Einsatzorganisationen soll ein integriertes, abgestimmtes Ausbildungsprogramm geschaffen werden, aufbauend auf bestehende zivile und militärische Ausbildungseinrichtungen. Durch Ressourcenbündelung der zusammenwirkenden Ressorts, Länder und Organisationen sollen Synergieeffekte entstehen und die Handlungs-fähigkeit gestärkt bzw. optimiert werden. (BKA 2013, S.18).

Da dem „Wissen“ eine hohe Wertschöpfungskraft zugesprochen wird, ist es notwendig, sowohl der Generierung, als auch der Weitergabe und der Sicherung von „Wissen“ einen hohen Stellenwert zuzuschreiben. Ein systematischer Umgang hiermit kann sowohl Ausbildungskosten als auch Zeit sparen (Schiersmann/Thiel, S.336).

Professionell ausgebildetes medizinisches Personal trägt bei der täglichen Arbeit eine hohe Eigenverantwortung. Das verpflichtet sie schon (abgesehen von der gesetzlichen Situation) moralisch, ihr erworbenes und erlerntes Wissen immer auf dem besten Stand zu halten (Glasl, S.48).

Die Qualität der Aufbereitung von Wissen in Datenbanken inklusive der laufenden zeitnahen Aktualisierung ist von entscheidender Bedeutung, die Motivation zur Nutzung ebendieser ist auf idividueller und kollektiver Ebene zu fördern (Schiersmann/Thiel, S.373).

Die Identifikation mit der Organisation und mit dem beruflichen Verpflichtungen muss unter allen Umständen aufrecht erhalten werden.

„Es ist zu betonen, dass sog. „debriefings“ (die theoretisch fundierte Auseinandersetzung mit dem Prozessgeschehen während einer Übung) nicht nur ein Trainingselement unter vielen ist. Die Wirksamkeit aller verhaltensbasierten Trainingsformen hängt ganz wesentlich von der Qualität dieses Reflexionsprozesses ab“. (Badke-Schaub, S.295, zit.n.Peter & Vissers, 2004)

Ein wesentlicher Aspekt bei der Implementierung der „Barrier Nursing“

Ausbildung in die Krankenpflegeausbildung ist die Betrachtung des Kostenfaktors. Eine ökonomische Analyse etwaiger gesundheits-erhaltender Maßnahmen (Ausbildung = Prävention) ist aufgrund der temporären Verzögerung zwischen dem Auftreten der Kosten und dem Nutzen schwierig. Ähnlich den Maßnahmen zum Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz oder der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) handelt es sich um eine Potentialinvestition in das Humanvermögen (Meggeneder, S.199).

Auch die WHO verweist auf die Dringlichkeit eines

„ […] investments in human resources for health”.

um ein “widerstandsfähiges” Gesundheitssytem zu erhalten. (WHO 2015c, o.S.)

6.3.1 Vorteile

Die Inkludierung einer Barrier Nursing Ausbildung in die Ausbildung zum DGKP bzw. zur DGKS würde nachstehende Vorteile bringen

- ausgebildetes Personal bereits im Anlassfall („stand by“ Personal).

Daraus ergibt sich eine Steigerung der Freiwilligkeit zur internationalen Hilfeleistung, weil Unsicherheitsfaktoren (Umgang mit der PSA etc.) bereits in der Ausbildung bereinigt werden (Steigerung der Reputation Österreichs).

- im Vorfeld erhobenes (freiwilliges) Pflegepersonal kann bereits spezifisch geimpft sein

- ausgebildete Teams (Teambuilding kann bereits im Vorfeld – „in Friedenszeiten“ stattfinden)

- Erhöhung der persönlichen Sicherheit

- Erfüllung der Bestimmungen gem. ArbeitnehmerInnenschutzgesetz

[…] zur Vermeidung und Verringerung arbeitsbedingter Gefahren vorgesehen sind. […]

- positive Medienwirksamkeit („Österreich ist vorbereitet“) und daraus abgeleitet, eine

- Senkung der Unsicherheit der österreichischen Bevölkerung im Hinblick auf Infektionskrankheiten, weil zahlreiches, ausgebildetes Personal zur Verfügung steht

- Bereitstellung der notwendigen Ressourcen im Einklang mit den International Health Regulation

„Wenn Du Deinen Feind kennst und dich selbst kennst, brauchst du das Ergebnis von 100 Schlachten nicht zu fürchten“

(SUNZI,chinesischer Feldherr, 500 v.Chr.)

6.3.2 Exkurs: Fehlerentstehung

Menschliche Fehler entstehen hauptsächlich aus einer Verkettung mehrerer Ursachen. Latente Fehler sind schwierig zu erkennen und werden häufig erst nach einem Zwischenfall erkannt. Schulungen für effektive Teamarbeit sind sehr kostengünstig und können die Sicherheit signifikant verbessern (Meggeneder, S.305).

In der deutschsprachigen Fehlerforschung werden häufig die Begriffe der

- mistakes (Fehler aufgrund Wissens und Erfahrungsdefizit) - slips (Aufmerksamkeitsfehler)

- lapses (Gedächtnisfehler)

verwendet (Badke – Schaub/Hofinger/Lauche, S. 46f).

Ein anwendungsbezogener Nutzen aus dieser Fehlerdifferenzierung liegt im Ansatz zur Fehlerprävention.

Mistakes entstehen aus Mangel an Wissen und Erfahrung. Sie sind durch eine intensive Schulung bzw. Ausbildung minimierbar (ebd, S.47).

Slips sind durch konzentrationsfördernde bzw. aufmerksamkeitsfördernde Bedingungen im Kontext der Arbeit reduzierbar (z.B. Zeitbschränkung im Schutzanzug, längere Pausen etc.). Sie können durch äussere Bedingungen reduziert, aber nie vollständig vermieden werden. (ebd, S.47).

Doch nicht nur Aufmerksamkeit und „knowledge“, auch innovative, situationsanwendbare Ideen können das Fehlerrisiko reduzieren. So wird z.B. bei der Vollschutzpflege von Hochrisiko – Isolierpatienten immer das sogenannte „Buddy System“ angewendet.

“Our staff is always working in pairs in a buddy system.

They monitor each other to make sure that no mistakes are made.”

Julie Damond, (MSF), (o.J, o.S.),

Bereits beim Anziehen des Schutzanzuges erfolgt eine gegenseitige Kontrolle. Es sind immer zumindest zwei Personen im Isolierbereich, um bei eventuellen (selbstgefährdeten) Fehlhandlungen bzw. beim Auftreten eines Zwischenfalles (z.B. Bewusstseinsverlust im Vollschutzanzug einer Pflegeperson) eine Redundanz bereit zu haben.

Die maximale Aufenthaltszeit im Vollschutzanzug ist von den äusseren klimatischen Bedingungen, der Art der Tätigkeit und der persönlichen Konstitution abhängig.

Als Gesamtzeit unter optimalen Verhältnissen ist eine Maximaldauer inklusive Einschleusen, Dekontamination, Ausschleusen von bis zu zwei Stunden einzuplanen.

Abb.6: Bsp.Schichtsystem in einer BNU,

(Quelle: Barrier Nursing Course, Hamburg, OSFW M.Peilsöcker)

Eine vorausschauende Personalplanung stellt im Bedarfsfall einen Personalsupport aus anderen Behandlungseinrichtungen sicher. Bereits im Vorfeld sollten Vereinbarungen aus arbeitsrechtlicher und fachlicher Ebene getroffen werden (Grünewald 2015, S.667).

Für die verschiedenen Arbeitsabläufe müssen alle relevanten „Standing Operational Procedures“ (SOP´s) vorliegen und strikt beachtet werden.

7 Persönliche Schutzausrüstung

Für die ausreichende Vorhaltung erforderlicher Schutzausrüstung sind lt.

BMG die jeweiligen ArbeitgeberInnen verantwortlich. Die Entscheidung über den Umstand einer möglichen Bevorratung obliegt den Krankenanstalten bzw. ihren Rechtsträgern (Rendi – Wagner, S.11).

Grundsätzlich ist zu beachten, dass die Vielzahl der sich am Markt befindenden Schutzanzüge den hohen Ansprüchen der Qualitäts- und Sicherheitserfordernissen normativ entsprechen.

Die Richtlinie 89/686/EWG (Richtlinie des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten für persönliche Schutzausrüstungen) gibt die Klassifizierungen der Schutzausrüstungen vor.

Eine Auswahl der passenden Schutzausrüstungen im Einsatzgebiet muss im Kontext einer Risikoanalyse vor Ort erfolgen.

Grundsätzlich besteht eine persönliche Schutzausrüstung (PSA) bei Arbeiten im Bereich hochgefährlicher und hochansteckender Infektionskrankheiten aus

- Schutzanzug mit Kapuze (evtl. Füßlinge), KATEGORIE III b

gem. EN 14126:2003 (oder mindestens Typ IV bei längeren Tätigkeiten ohne Flüssigkeitexposition)

- oder Schutzanzug mit Gesichtsspritzschutz und Gebläseeinheit mit Filteraufsatz

- Kopfhaube (Op – Haube) - Vollmaske mit Filteraufsatz

- oder Filtermaske FFP 3-NR gem.EN 149:2001 - Schutzbrille (Augenschutz) gem.EN 14458:2004-08

- Überschuhe aus flüssigkeitsdichtem Material, evtl. Gummistiefel - Handschuhe und Überhandschuhe gem. EN 373-2:2003

Handschuhe, Schutzbrille und Maske können im Isolierbereich zusätzlich mit Klebeband fixiert und abgedichtet werden, Übergänge müssen flüssigkeitsdicht abgeklebt werden (nur bei der Vollschutzpflege von Erkranten, wird nicht bei allen Organisationen durchgeführt).

Freiliegende Hautpartien sind verboten und unbedingt zu vermeiden!

Für BrillenträgerInnen ist es empfehlenswert, die Brille ebenfalls mit Klebeband zu befestigen. Sämtliche persönlichen Utensilien wie Uhren, Schmuck, Ringe, Mobiltelefone und Geldbörsen sind vor dem Anziehen der Schutzbekleidung abzulegen. Längere Haare sollten zusammen-gebunden werden.

Parallel zur fachgerechten Verwendung der PSA ist eine permanente Händedesinfektion (grundsätzlich nach jedem Arbeitsschritt) sowohl für die Patientinnen/Patienten (auch Kontaktpersonen), als auch für das medizinische Personal ausnahmslos durchzuführen

7.1 PSA im Einsatzraum

Grundsätzlich gibt es im Einsatzraum vor Ort keine hermetisch abgeriegelten Isolierbereiche wie etwa in Spezialkliniken . Die räumliche Trennung zu erkrankten infektiösen Personen erfolgt durch eine Schleusenzone. Den Schutzanzügen gem. Kategorie III b (virensicher) und einer FFP 3 Maske wird der Vorzug gegeben. Ein Abdichten mittels Klebebändern ist zur Risikominimierung durchzuführen, die Schutzbrille wird am Rand abgedichtet (Durchführung Deutsche Bundeswehr). Zum Abwerfen der Schutzkleidung wird das Personal, nach einer normierten Sprühdesinfektion, aus dem Schutzanzug herausgeschnitten (Lüke 2014, o.S.)

Andere Organisationen verzichten auf das Abkleben mittels Tape, da es beim Ausziehen bzw. Abwerfen der Schutzkleidung zur Kontamination kommen kann (z.B. MSF).

Die durchzuführenden Maßnahmen dienen dem Selbstschutz und durch Vermeidung der Kontamination in weiterer Folge auch dem Fremdschutz.

Die anstrengende und gefährliche Arbeit im Schutzanzug unter den belastenden klimatischen Bedingungen führt zu einer enormen

Schweißabsonderung. Die MitarbeiterInnen sind instinktiv versucht sich abzuwischen, ein Hautkontakt ist allerdings striktestens zu vermeiden.

In der Regel wird durch die verschiedenen Hilfsorganisationen im Einsatzgebiet vor Ort eine neuerliche Trainingsphase mit dem Schwerpunkt „Umgang Schutzbekleidung“ (nach WHO Regulationen) durchgeführt.

7.2 PSA in Spezialkliniken

Im Isolierbereich einer Spezialstation (längerer Zeitraum, hohe Erregerkonzentration) ist eine möglichst komfortable PSA notwendig.

Abb.7: Schutzanzug mit Gebläse; Überdruck (Quelle: Eigenfoto, 2014)

Die Atmung darf nicht zu sehr belastet sein und eine standardisierte Ganzkörperdekontamination muss durchgeführt werden können. Für diesen Bereich empfiehlt sich der Schutzanzug mit Filtergebläse (integrierte Kopfhaube und Gesichtsspritzschutz). Vor dem Anlegen der PSA ist hier unbedingt der Ladestatus (Batteriezustand) und die Systemdichtheit der Gebläseeinheit (geschlossenes System) zu

überprüfen, weiters sind die Gebläsefilter zur Sicherung gegen ein selbst-ständiges Lösen mit Klebeband zu sichern.

Abb.8: Gebläseeinheit fixiert mit Klebeband (Quelle: Eigenfoto, 2014)

Eine besondere Herausforderung ist die Kommunikation unter Vollschutz.

Auch hier kommt das „Buddy System“ wieder zum Tragen, eingespielte Teams sollten nur in Ausnahmefällen getrennt werden.

Ein eingeschränktes Gesichtsfeld, erschwertes Hören durch Dämpfung der Geräusche durch die PSA und das Verbot der gegenseitigen Berührung (Antippen zur Kontaktaufnahme) im Isolierbereich erschweren die Situation im Schutzanzug zusätzlich. Eine vorher festgelegte Zeichensprache erleichtert die non – verbalen Interaktionen.

Eine Möglichkeit zur Kommunikation innerhalb des Teams ist die Verwendung von kabellosen „Headsets“, allerdings verbunden mit dem Nachteil, dass ein Verrutschen unter der Schutzbekleidung nicht korrigiert werden kann. Als weitere Alternative können mobile „whiteboards“

verwendet werden.

Fazit:

Das Einkleiden in den Schutzanzug ist eine zeitintensive Tätigkeit, nichts-destotrotz ist eine sorgfältige und konsequente Vorgangsweise notwendig.

Unterstützt und kontrolliert wird durch den „Buddy“ bzw. eine dritte Person.

Beim Ausziehen bzw. Ablegen der Schutzbekleidung besteht die größte Infektionsgefahr. Es hat sich herauskristallisiert, dass unbedingt Check-listen verwendet werden müssen. Nach der Ganzkörperdekontamination arbeitet der „Buddy“ eine vorgegebene Arbeitsanweisung (Checkliste) Punkt für Punkt ab. Der Mitarbeiter bzw. die Mitarbeiterin (im mittlerweile dekontaminierten Schutzanzug) befolgt jeden vorgegebenen Schritt ohne die Aussenhülle des Schutzanzuges zu berühren (Restdekontamination der PSA möglich).

8 Vorgangsweise in Österreich

8.1 Verdachtspatientinnen/Verdachtspatienten

Das BMG unter Mitwirkung verschiedener Arbeitsgruppen hat in Anlehnung an die Regulationen der WHO, des Robert-Koch-Instituts, des CDC´s und des ECDC´s den Ebola Notfallplan entwickelt (und lfd.

adaptiert) und als Vorgabe für Österreichs Gesundheitssystem bindend normiert. Der Umgang mit Verdachtserkrankten, die vorgesehenen Meldewege etc. sind im Ebola – Notfallplan mittels Ablaufdiagrammen übersichtlich und nachvollziehbar dargestellt (siehe Beilagen im Anhang).

Grundsätzlich ist durch das medizinische Fachpersonal in Zusammenarbeit mit der zuständigen Bezirksverwaltungs- und Landes-sanitätsbehörde der sofortige Transfer auf eine Isolierstation einzuleiten.

Die Kontaktidentifizierung erfolgt durch die lokal zustndige Bezirksverwaltungsbehörde.

8.2 Bestätigte (positive) Ebola Patientinnen/Patienten Sofortiger Transfer auf eine Isolierstation (Siehe Beilagen im Anhang).

8.3 Exkurs: Laboruntersuchungen

Hat sich das medizinische Team zur Blutabnahme (EDTA – Blut, kein Heparin) entschlossen (Bestätigung oder Ausschluss der Verdachtsdiagnose), so muss diese unter den strengen Kaudelen des Selbstschutzes erfolgen.

Ein diagnostisches Fenster von drei Tagen ist möglich. Daraus folgt, dass bei einem negativen Befund eine weitere Blutabnahme im Abstand von 72 Stunden notwendig ist.

Bei Hochrisikopatienten wird eine Probe an die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES), eine weitere Probe an das Referenzlabor des Bernhard-Nocht-Institutes in Hamburg versandt (telefonische Ankündigung notwendig!).

Für den Westen Österreichs ist als Referenzlabor das Institut für Virologie an der Universität in Marburg vorgesehen.

Ein lückenloses Probeentnahmeprotokoll inkl. Zeiten und Personen ist anzulegen. Die Probenverpackung für den Transport erfolgt grundsätzlich durch das Laborteam unter Überwachung bzw. Freigabe durch den Hygienearzt der Krankenanstalt.

Sie ist unter Beachtung der Verpackungsvorschrift P620 mit der Kennzeichnung „Ansteckungsgefährlicher Stoff, gefährlich für Menschen, UN-Nr.2814“ und dem Aufkleber „Biohazard“ zu versehen.

Bei flüssigen Probematerialien müssen sowohl das Probegefäß, als auch das Schutzgefäß flüssigkeitsdicht sein. Zwischen den Gefäßen ist zusätzlich ein saugfähiges Material einzubringen.

Die zusammengesetzte Verpackung besteht aus - Primärverpackung (Probengefäß)

Die zusammengesetzte Verpackung besteht aus - Primärverpackung (Probengefäß)