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MARIANA RUDOLF, CHRISTIANE VOIGTLÄNDER

Der professionelle Umgang mit Datenschutz und Schweigepflicht ist für FamHeb und FGKiKP insbesondere im Kontext der vernetzten Arbeit unerlässlich. Die hier beschriebene methodische Vorgehensweise spielt mit bekannten Elementen des Verkehrsalltags und bietet den Teilnehmenden die Gelegenheit, sich intensiv und praxisnah mit Fragen des Datenschutzes zu beschäftigen.

ZIELE UND EINSATZ-MÖGLICHKEITEN

Wissen zum Datenschutz vertiefen, z.B.

im Anschluss an einen Input

Den sicheren Umgang mit Regeln des Datenschutzes üben

Eigene Entscheidungsfindung und Klar-heit in der Kommunikation mit anderen Fachkräften üben

Wahrnehmen und Überprüfen eigener Kompetenzen zum Thema

VORGEHEN

Die Kursleitung lädt die Teilnehmenden ein, im Anschluss an einen Input oder eine Textarbeit zum Thema Datenschutz und Schweigepflicht anhand praktischer Beispiele zu überprüfen, wie sicher sie im Umgang mit diesen Themen sind. Zudem können die Fachkräfte ihr Wissen gemeinsam vertiefen.

Die Teilnehmenden arbeiten in Paar-Gruppen zusammen. Jede Paar-Gruppe erhält drei Karten in den Ampelfarben rot, gelb und grün. Die Kursleitung formuliert jeweils eine kurze Praxissituation und stellt dazu eine Frage, die mit »Ja«, »Nein« oder »Unter gewissen Umständen« beantwortet werden kann. Die Teilnehmenden sind dann gefragt, sich kurz austauschen und sich für eine Antwortmöglichkeit zu entscheiden.

Sie antworten auf das Signal der Kurs-leitung gleichzeitig, indem sie die aus ihrer Sicht passende Karte hochhalten. Die Karten stehen dabei für folgende Antwortmöglich-keiten:

rot = »Stop! Nein, das ist keinesfalls mög-lich/das darf die Fachkraft nicht.«

grün = »Go! Ja, das ist möglich/das darf sie.«

gelb = »Achtung! Unter Umständen ist das möglich/darf das die Fachkraft.«

Die Kursleitung wählt für diese Arbeits- einheit passende Praxissituationen aus.

Hier einige Beispiele:

Eine Fachkraft der Frühen Hilfen (FamHeb oder FGKiKP) wird vom Kinderarzt einer von ihr begleiteten Familie angerufen.

Dieser fragt nach, wie sich die Mutter in der Zusammenarbeit verhalte und ob sie die Anregungen zur Versorgung des Kinds umsetze. Darf die Fachkraft die Informationen weitergeben?

Im Rahmen des Netzwerkes findet eine interdisziplinäre Fallbesprechung statt.

Ist es gestattet, dass alle Beteiligten die gewonnenen Informationen zur Familie zusammenzutragen, um allen ein umfas-sendes Bild des Falles zu ermöglichen?

Eine FamHeb/FGKiKP hat das Bedürfnis, zur umfassenden Fallbetreuung Infor-mationen von anderen Personen bzw.

Institutionen einzuholen, die ebenfalls mit der Familie arbeiten (Kinderärztin, Nachsorgehebamme usw.). Darf sie das?

Eine FamHeb/FGKiKP hegt im Rahmen der Zusammenarbeit Zweifel an der Angemessenheit der Versorgung des Kindes (ungeeignete Nahrung, man-gelnde hygienische Versorgung). Darf sie diese Informationen an die behandelnde Kinderärztin weitergeben?

Eine FamHeb/FGKiKP und ein Sozial-arbeiter arbeiten gemeinsam mit einer Familie. Hausbesuche werden teilweise zusammen durchgeführt. Gilt unter beiden beteiligten Professionen die Schweigepflicht?

Eine FamHeb/FGKiKP nimmt kolle-giale Intervision in Anspruch. Darf sie das Beispiel der Familie unanonymi-siert im Team besprechen, da die Kol-leginnen und Kollegen ebenfalls der Schweigepflicht unterliegen?

Eine FamHeb/FGKiKP Frau K. über-nimmt die Betreuung einer Familie ihrer Kollegin Frau D. Darf Frau D. alle Informationen an Frau K. weitergeben, die sie im Rahmen der Zusammenar-beit mit der Familie erhalten hat?

Ein Vater bittet die FamHeb/FGKiKP, ihn zu einem Termin beim Kinder-arzt zu begleiten. Darf die FamHeb/

FGKiKP die Familie bis in das Behand-lungszimmer begleiten?

Darf die FamHeb/FGKiKP alle perso-nenbezogene Daten der Familie, die sie begleitet, dokumentieren?

Die Unfallversicherung fragt bei der FamHeb/FGKiKP an, ob eine bestimmte Familie aktuell von ihr betreut werde. Darf die Fachkraft dar-über Auskunft geben?

Der Jugendamtsmitarbeiter, der in der-selben Behörde arbeitet wie die betreu-ende FamHeb/FGKiKP, erkundigt sich nach personenbezogenen Informati-onen einer Familie. Ist eine Weiter-gabe der Daten unbedenklich, da diese behördenintern stattfindet?

Eine FamHeb/FGKiKP erhält im Laufe ihrer Arbeit mit der Familie Infor-mationen über einen Gesetzesverstoß eines Familienmitgliedes (z.B. Auto-fahren unter Alkoholeinfluss). Ist die Fachkraft verpflichtet, den Verstoß zu melden?

Eine FamHeb/FGKiKP betreut das jüngste Kind einer ihr zugeteilten Familie, jedoch erscheint das ältere Kind in ihren Augen ebenso deutlich belastet (akute Kindeswohlgefährdung

drohe jedoch nicht). Darf sie diese Information an eine Kinderärztin oder an das Jugendamt weitergeben?

Die Begleitung einer Familie im Rah-men der Frühen Hilfen ist beendet.

Darf bzw. muss die FamHeb/FGKiKP alle gesammelten und dokumentier-ten Informationen nach dem Ende der gemeinsamen Arbeit vernichten?

Eine FamHeb/FGKiKP bringt im Rah-men eines interprofessionellen Aus-tauschtreffens in einer Kleinstadt einen aktuellen Fall ein. Reicht es, wenn sie den Fall pseudonymisiert einbringt?

Selbstverständlich können auch die Teil-nehmenden selbst eigene Situationen und Fragestellungen einbringen.

Nach jeder Fragestellung gibt die Kurslei-tung einen kurzen Moment (max. 2 min) Zeit für die Paar-Gruppen sich in die Situation einzudenken und über ihre Ant-wortmöglichkeiten nachzudenken. Auf ihr Signal hin, zeigen die Gruppen ihre Karten. Das entstehende Bild lassen alle kurz auf sich wirken und kommen anschließend dazu ins Gespräch und wägen Handlungsmöglichkeiten gemein-sam ab. Für das Gespräch sind unter-schiedliche Fragerichtungen relevant:

Wie begründen Sie Ihre Entscheidung?

Auf welche gesetzliche Grundlage grei-fen Sie dabei zurück?

Unter welchen Umständen würden Sie in dem konkreten Fall zu einer ande-ren Karte greifen? Was zeigt das?

Was würden Sie in dieser Situation dem Gesprächspartner bzw. der Gesprächs-partnerin antworten?

Wenn alle Fragen zu einer Beispielsitua-tion geklärt sind, bringt die Kursleitung das nächste Beispiel ein usw.

In einem abschließenden Plenumsge-spräch fasst die Kursleitung die relevan-ten Punkte noch einmal zusammen und diskutiert mit den Teilnehmenden fol-gende Fragestellungen:

Was hilft Ihnen, in unsicheren

Situati-onen bzgl. Datenschutz und Schweige-pflicht klar zu bleiben?

Wie gehen Sie damit um, wenn Kolle-ginnen und Kollegen oder Netzwerk-partnerinnen und -partner daten-schutzrechtlich bedenklich agieren und Sie damit in herausfordernde Situ-ationen geraten?

Was finden Sie besonders herausfor-dernd in Bezug auf das Thema? Was war für Sie ein zentraler Lernmoment dieser Einheit? Worauf möchten Sie zukünftig besonders achten?

DIDAKTISCH-METHODISCHE HINWEISE

Häufig werden Regeln zum Datenschutz und zur Schweigepflicht gut eingeführt und eigentlich ist dann „alles klar“. Erfah-rungen zeigen jedoch, dass Fachkräfte in bestimmten Situationen in der Pra-xis dennoch teilweise verunsichert sind.

Diese Übung dient dazu, möglicherweise herausfordernde Situationen zu bespre-chen und gesetzlich relevante Formulie-rungen gemeinsam zu erörtern.

Mitunter kann es aufgrund unterschied-licher Erfahrungen im Umgang mit Datenschutz und Schweigepflicht und Unklarheiten aufgrund unzureichender Informationen zu einer Praxissituation zu hitzigen Diskussionen kommen, bei-spielsweise wenn nicht ersichtlich ist, ob und wenn ja, welche Form einer Schwei-gepflichtsentbindung vorliegt.

Viele Fragen sind nicht mit einem einfa-chen Ja oder Nein zu beantworten. Es geht darum ein Nachzudenken anzuregen, welche relevanten Punkte für das eige-nen Handeln und Entscheiden in einer solchen Situation bedeutsam sind. In der Diskussion werden wichtige Details und Aspekte des Datenschutzes und Heraus-forderungen in diesem Bereich reflek-tiert und verschiedene Sichtweisen der Teilnehmenden diesbezüglich verglichen.

Die Kursleitung kann darauf hinweisen,

dass genau solche Diskussionen dabei unterstützen können, zu mehr Klarheit zu kommen und sicherer entscheiden zu können. Sollte die Kursleitung nicht über ausreichend eigene Expertise und Erfah-rungen verfügen, wird eine Referentin bzw. ein Referent oder ein Gast eingela-den, um differenziert auf die Beispiele und die Antwortmöglichkeiten eingehen zu können.

Es ist empfehlenswert, den Teilnehmen-den Arbeitsblätter oder einen

zusammen-gefassten Text mit den gesetzlichen Rege-lungen auf einem Blick zur Verfügung zu stellen (vgl. Modul 2 »Vernetzt arbeiten«).

Es wird vorgeschlagen, die Teilnehmen-den zu zweit arbeiten zu lassen, weil dadurch weniger Druck entsteht und eine erste Austauschmöglichkeit zur Sicher-heit in der Entscheidungsfindung beiträgt.

Die Teilnehmenden können aber auch allein arbeiten (ggf. mit einem Arbeits-blatt zum Ankreuzen) oder in Kleingrup-pen arbeitsteilig einige Beispiele

bearbei-ten und diese dann zusammen mit ihren Antworten und dazugehörigen

Erläute-rungen im Plenum vorstellen.

Je nach zur Verfügung stehender Zeit wählt die Kursleitung nur wenige Beispiele aus, um für einen achtsamen Umgang mit dem Thema Datenschutz zu sensibilisieren oder es werden zahlreiche Beispiele und Praxissituationen der Teilnehmenden erörtert und damit intensiv trainiert.

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ZIELE UND EINSATZ-MÖGLICHKEITEN

Dialog als eine Kommunikationsform kennenlernen, die Interesse am Ge-sprächspartner, am gemeinsamen Abwä-gen, an Erfahrungsaustauch und gegen-seitigem Verstehen zeigt

Themen aus unterschiedlichen Perspek-tiven betrachten

Kommunikative Kompetenzen der Teil-nehmenden fördern

Eigenes Gesprächsverhalten reflektieren

Eine Gesprächshaltung entwickeln, die offen für verschiedene subjektive Wahr-heiten ist

Aktives Zuhören üben VORGEHEN

Die Kursleitung stellt den Dialog als Kom-munikationsform vor (vgl. Modul 4). Sie lädt die Teilnehmenden ein, gemeinsam die Besonderheiten dieser Gesprächsform im Vergleich zu alltäglichen Gesprächen bewusst zu betrachten und zu üben. Nach-folgend werden zwei Übungen vorgestellt, die für diesen Zweck besonders geeignet sind.

Das dialogische Gespräch

Die Teilnehmenden teilen sich in Drei-ergruppen auf. Die Kursleitung bittet die Gruppen zunächst festzulegen, wer A, B und C ist und erläutert dann das Vorgehen.

In einem ersten Durchgang (rund zehn Minuten) wird A von B befragt während C beobachtet und auf die Zeit achtet. A benennt das Thema, um das es gehen soll, und erzählt B ein wenig darüber. Es sollte sich möglichst nicht um ein Thema

han-deln, das aus dem Bereich der FamHeb beziehungsweise FGKiKP entstammt oder von dem B viel weiß. Möglich sind beispiels-weise ein kürzlich von A gelesener Roman, ein Urlaubs erlebnis, ein häufiges persönli-ches Ärgernis oder etwas aus A‘s Familien-geschichte. Die Aufgabe von B ist es, präzise und dialogisch nachzufragen – mit dem Wunsch, A genau zu verstehen und ein ech-tes Interesse an A’s Thema zu entwickeln.

Das Gespräch ist zu Ende, wenn B keine Fragen mehr einfallen oder B meint, A nun verstanden zu haben.

Im Anschluss tauschen sich die Teilneh-menden der Dreiergruppen zu ihrem Erle-ben aus. Dabei gibt zuerst B eine Rück-meldung, dann A und schließlich C an B. Danach werden ein zweiter und drit-ter Durchgang durchgeführt, mit jeweils getauschten Rollen.

Je nach Bedarf und Interesse der Teilneh-menden kann die Kursleitung im Vorfeld oder auch zwischen den Durchgängen For-mulierungsvorschläge für präzises Nach-fragen an ein Flipchart schreiben oder auch gemeinsam erarbeiten lassen, zum Beispiel:

»Worum geht es Ihnen genau?«, »Was möchten Sie genau?«

»Erzählen Sie bitte mal genauer?«, »Wie haben Sie das genau erlebt?«

»Könnten Sie ein Beispiel für ... nennen?«

»Könnten Sie das bitte ein wenig genauer beschreiben?«, »Und wenn Sie es noch genauer beschreiben würden ...?«

»Sie haben davon ... und davon ... und davon... gesprochen, was davon ist Ihnen am wichtigsten?«

KOMPETENZBEREICH

1 2 3 4

SCHLAGWORT

PERSPEKTIVWECHSEL REFLEXION

RESSOURCEN- ORIENTIERUNG KOMMUNIKATIV

SOZIALFORM

7 8

LERNPHASE Erarbeiten Integrieren

ZEIT 60 – 90 Min.

MATERIAL UND MEDIEN Schriftliche Arbeitsanleitung

NEUN-FELDER-TAFEL

Konkretisierung 3

2

• •

1

1 2 3

Aktivierung

LITERATUR Klein (2010) Klein/Vogt (2008)