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Datenbrilleneinsatz beim Rüsten von SMD- SMD-Bestückungsautomaten

Im Dokument VAR² 2019 – Realität erweitern (Seite 183-189)

Arbeitswissenschaftliche Fragestellungen beim Einsatz von Datenbrillen

4 Evaluationsergebnisse aus dem Verbundprojekt Glass@Service zum Einsatz von Datenbrillen

4.2 Datenbrilleneinsatz beim Rüsten von SMD- SMD-Bestückungsautomaten

An der dritten Untersuchung nahmen N = 21 Beschäftigte teil. Als Assistenzsystem wurde eine Kombination aus einer binokularen Datenbrille (Epson BT-300) und einer Smartwatch produktiv beim Rüsten von SMD-Bestückungsautomaten einge-setzt. Neben Gebrauchstauglichkeit, Nutzen und Akzeptanz wurden zusätzlich die individuelle Einstellung und Präferenz gegenüber der Technologie sowie akzep-tanzrelevante Aspekte erhoben. In den Ergebnissen zeigte sich eine bessere Er-lernbarkeit des Systems gegenüber der ursprünglichen Erwartung (Bild 3). Aller-dings wurde die Aufgabenangemessenheit deutlich schlechter eingeschätzt als zuvor angenommen. Dementsprechend waren der empfundene Nutzen und die Akzeptanz der Technologie niedrig ausgeprägt.

Bild 3: Ergebnisse der Evaluationserhebung zu den Merkmalen Akzeptanz, Nutzen und Ge-brauchstauglichkeit im Anwendungsfall SMD-Rüsten [21]

Die Ergebnisse zur individuellen Präferenz und Einstellung gegenüber der Techno-logie zeigten, dass zwei Drittel der Beschäftigten keine Arbeitserleichterung durch das neue Assistenzsystem wahrnehmen konnten. Jedoch wurden der Smartwatch von drei Vierteln der Beschäftigten ein grundlegendes Unterstützungspotenzial und die Möglichkeit der Effizienzsteigerung bei der Arbeitsaufgabe zugesprochen, so-fern die Technologiegestaltung optimiert wird.

Hinsichtlich möglicher akzeptanzrelevanter Kriterien beim Einsatz von Datenbrillen-basierten Assistenzlösungen kritisierten die Beschäftigten im betrachteten Anwen-dungsfall insbesondere, dass die Assistenzlösung aus mehr als nur einer Techno-logie bestand (Bild 4). Dementsprechend war die Handhabung des Systems nicht intuitiv umgesetzt und eine längere Gewöhnungsphase war notwendig. Weiterhin wurde die Datenbrille schwer und unbequem am Kopf bewertet, wodurch sich die Bedeutung ergonomischer Aspekte für die Akzeptanz von Nutzern widerspiegelt.

Bild 4: Ergebnisse der Evaluationserhebung zu akzeptanzrelevanten Merkmalen der Assistenztech-nologie im Anwendungsfall SMD-Rüsten [21]

5 Fazit und Ausblick

Im Zuge der Digitalisierung von Arbeitssystemen weisen Datenbrillen ein Potenzial an der Schnittstelle zwischen Mensch und Arbeitssystem auf. Allerdings kann die noch nicht vollständig erreichte Technologie-Reife und der niedrige Bekanntheits-grad zu Akzeptanzproblemen auf Seiten der Beschäftigten führen. Hierzu ist eine ergonomische Arbeits- und Technikgestaltung notwendig, bei der arbeitswissen-schaftliche als auch datenschutzrechtliche Anforderungen an adaptive Assistenz-systeme berücksichtigt werden. Vor dem Einsatz von Datenbrillen ist es entschei-dend, die Aufgaben-Technologie-Passung zu analysieren und die relevanten Vortei-le dieser Technologie im Rahmen der Aufgabengestaltung vollständig auszunutzen.

Im Forschungsprojekt Glass@Service konnte im Rahmen der Evaluation bestätigt werden, dass für Beschäftigte in einem effizienzgetriebenen Produktionsumfeld eine einfache Bedienung, Tragekomfort und der klar herausgestellte Nutzen we-sentliche Erfolgskriterien für die Einführung einer neuen Assistenztechnologie dar-stellen. Dabei weist die Datenbrille als eine noch nicht durchgängig ausgereifte Technologie aktuell noch deutliche Nachteile gegenüber den aus dem Alltag gängi-geren Technologien wie Tablet-PC, Smartphone oder Smartwatch auf. Im Hinblick auf die schnelle und fortschreitende Entwicklung im Bereich der Elektronik ist zu erwarten, dass Datenbrillen bereits in naher Zukunft einen besseren Tragekomfort und einfachere Bedienkonzepte aufweisen. Daher gilt es weiterhin, die Entwicklung der Technologie zu begleiten, um das vorhandene Unterstützungspotenzial für Beschäftigte herauszuarbeiten.

Das genannte Forschungs- und Entwicklungsprojekt Glass@Service wurde im Rahmen des Förderprogramms „Smart Service Welt I“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) unter dem Förderkennzeichen 01MD16008B geför-dert und durch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR Projektträger) betreut. Für den Inhalt der Veröffentlichung sind allein die Autoren verantwortlich.

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Design Space für Selektionsmethoden in

Im Dokument VAR² 2019 – Realität erweitern (Seite 183-189)