• Keine Ergebnisse gefunden

Blickbasierte Selektionstechniken in VR

Im Dokument VAR² 2019 – Realität erweitern (Seite 193-197)

Design Space für Selektionsmethoden in Virtual Reality Anwendungen

2 Hintergrund und relevante Literatur .1 Geräte

2.3 Blickbasierte Selektionstechniken

2.3.3 Blickbasierte Selektionstechniken in VR

Um einen besseren Überblick über die in der Literatur beschriebenen Selektions-methoden zu erhalten, wurden diese in Tabelle 1 zusammengefasst. Jede Methode ist in ihren Adressier - und Aktivierungsteil aufgeteilt.

Tabelle 1: Selektionsmethoden aus der Literatur geteilt in Adressier- und Aktivierungsmethode.

Zusätzlich werden die Ergebnisse der Studien aufgelistet.

Literatur Adressier-

2018 [7] Controller Auge Klick

Dwell Best: Controller - Klick besser als Dwell Hansen et al.,

2018 [6] Kopf Auge Mause

Dwell (300ms)

Klick - Dwell schneller als Klick

- Targetgröße sollte für die blickbasierte Methode mindestens 3°sein

- Performance besser für kopfbasierte Methode - blickbasierte Methode weniger anstrengend Choe et al., 2018

[10] Kopf Klick

Dwell - Klick wird für allgemeine Aufgaben empfohlen - Targetgröße mehr als 3° 50’

- Dwellzeit von1 s wird empfohlen Pakkanen et al.,

2017 [23] Kopf Klick

Geste Probleme mit Gesten Kallioniemi et al.,

2018 [8] Kopf Dwell (2s)

Prompt (fade-in) Best: große Icons, zentrierte Ausrichtung

Mardanbegi et al.,

2012 [17] Auge Nicken (Kopf) Neue Methode: blickbasierte Kopfgesten Gugenheimer et

al., 2016 [11] Kopf/Hand Touch Neue Methode: FaceTouch Pfeuffer et al.,

2017 [12] Auge Gesten Neue Methode: Gaze+Pinch Zielasko et al.,

2015 [5] Controller Pusten Neue Methode: BlowClick

3 Nutzerstudie

Um herauszufinden, wie sich verschiedene Selektionsmethoden auf Simulator Sickness, Workload, Nutzererfahrung und Presence in Cinematic VR auswirken, wurde eine Benutzerstudie durchgeführt. Die Teilnehmer testeten vier verschiedene Methoden:

 Drücken einer Taste auf einem Controller

 Doppelblinzeln

 Blickbasierte Kopfgesten

 Blickfokussierung eines Punktes für eine bestimmte Zeit (Dwell)

Dazu wurden vier interaktive Cinematic VR Videoerlebnisse produziert, die in Inhalt und Länge ähnlich sind. Die CVR-Videoszenen zeigen verschiedene Orte in einem keltischen Museumsdorf mit Darstellern als keltische Bewohner. Jede Erfahrung besteht aus zwei Videoszenen. Der Betrachter kann durch Interaktion mit einem Objekt (z. B. einer Tür) zur anderen Szene wechseln. Die Interaktionsbereiche wurden mit Umrandungen versehen, um den Teilnehmern zu signalisieren, wo sie interagieren können (Abbildung 1).

Es wurden zwei Aktionstypen untersucht: (1) der Wechsel zu einer anderen Szene und (2) ein Popup-Fenster mit zusätzlichen Informationen. Die Videoszenen haben eine Länge von ca. 2 Minuten und werden erneut abgespielt, wenn der Benutzer die Szene vor dem Ende des Videos nicht gewechselt hat. Jede Eröffnungsszene hat zwei Interaktionsbereiche: einen für den Szenenwechsel (Abbildung 1) und einen, der zusätzliche Informationen zur keltischen Geschichte vermittelt (Abbildung 2).

Die anderen Szenen haben fünf Interaktionsbereiche (einen Szenenwechsel und vier Informationsfenster). Jedes Videoerlebnis kann mit jeder Methode angeschaut werden.

Für die Studie wurden ein Fove HMD mit integriertem Eyetracker, und Bose-Kopfhörer mit aktiver Geräuschunterdrückung genutzt, für die Controllermethode zusätzlich ein einfacher Bluetooth-Controller von auvisio.

Die virtuelle Umgebung wurde unter Verwendung von Unity 2018.2.6f1 mit dem entsprechenden FOVE-Plugin 2.1.2 entwickelt. Um die Sichtbarkeit der Regionen und Cursor flexibel zu gestalten, wurden die folgenden Parameter so konzipiert, dass sie leicht geändert werden können:

 Cursor-Mount (Kopf oder Blick)

 Cursor- Darstellung (sichtbar / unsichtbar, Größe, Farbe, Deckkraft)

 Interaktionsbereiche Darstellung (sichtbar / unsichtbar, Farbe, Deckkraft) Auf diese Weise konnten in der Pilotstudie geeignete Parameter ermittelt werden und das Projekt kann in Zukunft für die weitere Forschung genutzt werden.

Abbildung 1: Eine Umrandung zeigt die Tür als Targetbereich, dessen Aktivierung die nächste Szene startet.

Abbildung 2: Durch die Selektion eines Bereiches können verschiedene Aktionen ausgelöst werden, z. B. die Anzeige zusätzlicher Informationen.

Teilnehmer und Ablauf

An der Studie nahmen 24 Teilnehmer (12 männlich, 12 weiblich, Durchschnittsalter 22,8 Jahre) teil. Jeder Teilnehmer schaute sich vier interaktive Filmerlebnisse an, jedes mit einer anderen Methode. Die Reihenfolge der Methoden und der Filmer-lebnisse wurden permutiert. Nach jedem Video wurden Teile eines Fragebogens beantwortet. Am Ende der Studie verglichen die Teilnehmer die vier Methoden und gaben ein allgemeines Feedback.

Methoden

In allen Testfällen wurden die Ränder der Interaktionstargets durch Farb- und Deckkraftänderung hervorgehoben, wenn der Blick des Benutzers in dem entspre-chenden Bereich weilte. Der Cursor war in allen Methoden nicht sichtbar. Die Pa-rameter und Schwellwerte der Methoden wurden in einer Pilotstudie ermittelt.

Blinzeln

Bei der Blinzelmethode muss der Betrachter zweimal blinzeln, um einen Bereich zu aktivieren, ähnlich wie bei einem Doppelklick mit der Maus. Zwei aufeinanderfol-gende Blinzelsignale wurden als Doppelblinzelsignale erkannt, wenn das Zeitinter-vall zwischen ihnen weniger als 500 ms betrug.

Controller

Um die Controllermethode zu nutzen, verwendeten die Teilnehmer einen kleinen in der Hand gehaltenen Bluetooth-Controller. Die Selektion erfolgte durch Schauen in Richtung des Targets (Adressierung) und Drücken der Controllertaste (Aktivierung).

Nicken

Bei der Nickmethode richtet der Betrachter den Blick auf das Target und neigt dabei den Kopf, während die Fixierung mit den Augen beibehalten wird [18]. Das Taget

wird ausgewählt, wenn der Kopf mindestens 10 Grad nach unten und oben geneigt wird, während das Target mit den Augen fixiert bleibt.

Dwell

Für die Aktivierung mittels Dwellzeit, wird das Target für ein bestimmtes Zeitintervall fixiert. Der Nutzer kann Feedback darüber erhalten, wie lange das Target bereits betrachtet wird und wie lange es noch betrachten werden muss, bis die Interaktion ausgelöst wird. In unserem Fall war dieses Feedback ein Kreis, der beim Betrach-ten des Targets vervollständigt wurde. Basierend auf den Ergebnissen unserer Pilotstudie und den Experimenten von Kallioniemi et al. [15] wurde eine Verweilzeit von 2s verwendet.

Diskussion der Ergebnisse

Beim Vergleich der Methoden wurde die Controllermethode am besten bewertet.

Dies kann dadurch beeinflusst sein, dass für die meisten Menschen die Verwen-dung eines Controllers zur Interaktion eine Methode ist, mit der sie in anderen Sze-narien vertraut sind. Sie sind an Controller wie die Computermaus, ein Gamepad, eine TV-Fernbedienung usw. gewöhnt. Die Teilnehmer bewerteten die anderen Methoden jedoch als kreativer und neuartiger.

Alle blick- und kopfbasierten Methoden hängen von den gewählten Parametern ab (Winkel für das Nicken, Dauer der Verweilzeit, Grenzwerte für das Blinzeln). Auch wenn die Parameter in einem Pilotversuch sorgfältig ausgewählt und die Hinweise in der Literatur berücksichtigt wurden, funktionieren die Methoden nicht für jede Person gleich. Darüber hinaus beeinflusst die Genauigkeit des Eyetrackers die Wirksamkeit der Methoden. Die Controllermethode, für deren Aktivierung der Eye-tracker nicht benötigt wird, funktionierte effizient. Einige Teilnehmer erwähnten jedoch, dass der Controller die Presence beeinträchtigt. Dies entspricht nicht den Ergebnissen des Presence-Fragebogens, deren Antworten keine signifikanten Unterschiede im Vergleich zu den anderen Methoden aufwiesen. Es scheint, als würde ein einfacher Ein-Knopf-Controller als verlängerter Daumen fungieren, und der Betrachter ist sich dessen während der Anwendung nicht wirklich bewusst.

Weitere Forschungen sind erforderlich, um diese Behauptung zu überprüfen.

Im Dokument VAR² 2019 – Realität erweitern (Seite 193-197)