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MHC I - transgene Tiere

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4.1 Das tierexperimentelle GvHD-Modell

4.1.1 Warum ein GvHD-Modell?

Ziel dieser Arbeit war es, die immunregulatorische Fähigkeit von "low-avidity" T-Zellen nachzuweisen. Hierunter sind Zellen zu verstehen, die einen definierten clonotypischen T-Zellrezeptor in niedriger Dichte exprimieren und funktionell anerg gegenüber ihrem nominellen Antigen sind.

Hinweise auf ein immunregulatorisches Potential dieser "low-avidity" T-Zellen lagen aus vorherigen in vitro und in vivo Untersuchungen bereits vor [141, 161]. Diese sollten nun in einem in vivo Modell der GvHD genauer überprüft, eindeutig nachgewiesen und der Wirkmechanismus der Zellen erforscht werden. Es mußte also ein Versuchssystem gesucht werden, in dem eine Immunantwort mit klinischer Relevanz einerseits ausgelöst und andererseits mit Hilfe der zu untersuchenden Des-TZRxKb-lo Zellen verhindert wird.

Um den klinischen Praxisbezug herzustellen, wurde ein Tiermodell gewählt. Komplexe Abläufe und Reaktionen, wie sie beim Menschen auftreten, können in vitro nicht entsprechend simuliert werden, obwohl sich Untersuchungen dieser Art sehr gut zur Aufklärung einzelner Fragestellungen, wie z. B. nach dem Wirkmechanismus, eignen. Um also grundlegende Versuche in einem klinisch relevanten Bezug durchzuführen, war die Arbeit mit Tieren absolut erforderlich, da sonst keine ausreichend genauen Aussagen hätten getroffen werden können.

Da die zu analysierenden Des-TZRxKb-lo Zellen einer doppelt-transgenen Mauslinie ent-stammten, wurde in einem Mausmodell gearbeitet.

Dazu wurde ein GvH-Modell nach letaler Bestrahlung und allogener KMT gewählt. Das GvH-Reaktionsmodell erschien aus mehreren Gründen attraktiv:

Der erste Grund betraf die technische Art der Versuchsdurchführung, die im wesentlichen aus der intravenösen Injektion der Spenderzellen bestand. Insgesamt ist dieses Modell bezüglich dieses Aspekts sehr effizient und effektiv, im Gegensatz zu anderen Transplantations-techniken im murinen System, wie Herz- oder Nierentransplantation.

Zweitens, ermöglicht dieses Modell das genaue Erfassen einer immunsuppressiven Wirkung mit mehreren exakten Meßparametern, wie Unterschiede in der Mortalitäts- / Überlebensrate, im Gewichtsverlauf, im Verhalten, in den histologischen Aufarbeitungen der GvH-Zielorgane Leber, Darm und Haut, und in durchflußzytometrischen Untersuchungen der sekundär lymphatischen Empfängerorgane zwischen der GvH- und Präventionsgruppe. Das Modell konnte also viele, in Relation zueinanderstehende Daten hervorbringen.

Der dritte Grund betrifft die immunologische Komponente eines GvH-Modells. Neben der GvH- werden auch eine HvG- und eine GvL-Reaktion beobachtet. Bei anderen Organtrans-plantationen treten diese nicht ein. Das KMT-Modell ist daher generell wegen seiner drei unterschiedlichen immunologischen Reaktionsvektoren, im Vergleich zu anderen Versuchs-anordnungen bezüglich einer Auslösung bzw. Suppression einer Immunantwort, einzigartig und daher besonders interessant. Bei einem Nachweis einer immunregulatorischen Wirkung in der GvH-Reaktion wäre dieses Modell sofort erweiterungsfähig, hinsichtlich zur Unter-suchung und Aufrechterhaltung des GvL-Effekts, gewesen.

Zudem ist die Verbesserung der GvHD-Prävention in der klinischen Praxis, wie bereits erläutert, von wichtiger Bedeutung. Die derzeitigen Maßnahmen sind zwar erfolgreich, aber mit schweren Nebenwirkungen für den Patienten verbunden. Eine selektive Ausschaltung der immunologischen Reaktion exklusiv auf die transplantierten Antigene bei sonstiger Funktionserhaltung des Immunsystems des Empfängers wäre das optimale Ziel der medikamentösen Immunsuppressionstherapie. Daher die Frage, ob die Des-TZRxKb-lo T-Zellen dies in dem GvH-Modell leisten können?

Bei der Arbeit mit einem GvH-Modell nach allogener KMT ergeben sich allerdings zwei Schwierigkeiten:

1.) Der zugrundeliegende GvH-Pathophysiologiemechanismus ist bislang selbst noch nicht vollständig aufgeklärt, obwohl schon viele Fortschritte und Ergebnisse diesbezüglich erzielt worden sind [98] und ein grober Ablauf der GvH-Reaktion bekannt ist.

Damit ist allerdings auch nur eine begrenzte Aussage über den möglichen Wirkungsort und – mechanismus der "low-avidity" T-Zellen in diesem Modell möglich. Eine immunregula-torische / -suppressive Wirkung dieser Zellen kann durch die Verbesserung der Überlebens-rate und der sonstigen Meßdaten eindeutig festgehalten werden; aber in welcher Phase der GvH-Reaktion die Zellen eingreifen, um damit einen Hinweis auf den Mechanismus zu bekommen, kann nicht bestimmt werden. Unter Umständen ist das in vivo-Modell dafür auch zu komplex, jedenfalls muß es für die Fragestellung nach dem Regulationsmechanismus mit in vitro Experimenten ergänzt werden.

Durchflußzytometrie-Untersuchungen wurden daher zusätzlich zu den Überlebensversuchen durchgeführt, um mögliche Veränderungen der zellulären Oberflächenstrukturen erkennen zu können, und um Hinweise zur Wirkungsweise der Des-TZRxKb-lo Zellen zu erhalten, z. B., ob sie die GvH-reaktiven Des-TZR Zellen eliminieren, die dann in der Durchflußzytometrie nicht mehr hätten detektiert werden können.

2.) Zusätzlich zur Schwierigkeit des teils unbekannten, komplexen GvH-Reaktionsablaufs in einem solchen Versuchsansatz kommt allgemein hinzu, daß bei der allogenen KMT der Empfänger gegen das transplantierte KM-Material reagieren kann. Mit der HvG-Komponente tritt eine Störgröße in einem solchen GvH-Modell auf. Durch die Konditionierung sollte das Risiko einer solchen Reaktion beträchtlich sinken, bleibt aber dennoch bestehen. Dadurch wird eine eindeutige Aussage bezüglich des ursprünglichen Ziels, der Immunregulation der GvHD, abgeschwächt.

4.1.2 Das doppelt-transgene Mausmodell

In Voruntersuchungen zur Überprüfung der Aviditätshypothese der Selektion im Thymus war bereits mit dem doppelt-transgenen Des-TZRxKb-lo Modell gearbeitet worden [141]. Dieses doppelt-transgene Modell bot bei den Untersuchungen zur GvHR und deren Prävention einen Vorteil: Das transgene Mausmodell eliminierte die Störgröße der HvG-Reaktion.

Um einen transgenen Organismus herzustellen, werden in vitro zusätzlich Gene in Blasto-cysten eingefügt, so daß die aus diesen veränderten Zygoten sich entwickelnden Nachkom-men zum ursprünglichen Genpool additiv Gene exprimieren.

In diesem GvH-Modell wurde mit zwei unterschiedlichen, einfach-transgenen Mauslinien gearbeitet. Beide Mauslinien entstammten dem B10.BR-Inzuchtmausstamm. Dieser besitzt folgenden MHC Klasse I Haplotyp: H-2Kk, H-2Dk, H-2Lk.

Der einen transgenen B10.BR-Mauslinie wurde zusätzlich ein Gen für einen TZR gegen das H-2Kb (anti-H-2Kb TZR), auch ein murines MHC Klasse I Molekül, eingebracht; der anderen transgenen B10.BR-Mauslinie ein Gen für das MHC-I Molekül H-2Kb. In diesem GvH-Modell reagieren die T-Zellen des erstgenannten Mausstamms gegen die Zellen des letzt-genannten Stamms, wie anfangs beschrieben.

Da beide Mauslinien demselben Haplotyp entsprachen und nur die Spender-T-Zellen gegen das Empfänger-MHC I-Molekül reagieren konnten, konnte eine reine GvH-Reaktion induziert werden, ohne von einer möglichen HvG-Reaktion begleitet zu werden. Damit konnte zunächst ausschließlich die GvH-Reaktion und deren Prävention bewertet werden.

Die Empfängertiere wurden dennoch 24 h vor der KMT letal bestrahlt, um einerseits die klinische Situation entsprechend simulieren zu können. Ohne Bestrahlung wäre zwar keine HvG-Reaktion und damit Transplantatabstoßung in diesem Modell eingetreten, aber die Des-TZR Zellen hätten aufgrund der normalen und funktionstüchtigen Anzahl der T-Zellen in den Kb-lo Empfängerorganismen keinen Platz gefunden, um adäquat reagieren zu können, sondern wären in sogenannte "Nischen" verdrängt worden. Es konnte in einem anderen H-2Kb transgenen Modell beobachtet werden, daß eine intravenöse Applikation der 1,5 x 107 anti-Kb Des-TZR transgenen T-Zellen in nicht-bestrahlte Kb transgene Mäuse am Tag 2 nach Injektion eine Hepatitis verursacht, die aber selbstlimitierend verläuft; ansonsten blieben die Empfängertiere gesund [162]. Eine Bestrahlung war deshalb nicht nur zur entsprechenden Simulation der klinischen Situation, sondern auch zur verhältnismäßigen Schädigung des Empfängergewebes notwendig.

Eine Generation der Des-TZR und Kb-lo transgenen Tiere wurde miteinander verpaart, um die doppelt-transgene Des-TZRxKb-lo Mauslinie zu erhalten.

Die Des-TZRxKb-lo Maus war, wie bereits beschrieben, in vorherigen Studien zur Untersuchung der Negativselektion im Thymus eingesetzt worden. Nach der Selektion im Thymus konnten aber Des-TZR Zellen in der Peripherie dieser Mäuse festgestellt werden.

Jedoch trat bei den Experimenten keine Autoimmunkrankheit auf, die aufgrund der existierenden potentiell-autoreaktiven Des-TZR T-Zellen in diesen doppelt-transgenen Mäusen hätte verursacht werden können [141]. Dies deutet auf eine immunregulatorische Fähigkeit dieser Zellen hin.

Für das Modell in der vorliegenden Arbeit hatte die Verwendung dieser drei transgenen Mauslinien einen weiteren Vorteil. Da das zusätzlich eingebrachte Kb Molekül das nominale Antigen der Des-TZR transgenen T-Zellen ist, konnte durch den Einsatz der drei transgenen Mausstämme in diesem Versuchsrahmen ein antigenspezifischer Effekt überprüft werden.

Diese Fragestellung ist von wichtiger klinischer Relevanz, da bekanntlich eine selektive, transplantationsantigen-spezifische Unterdrückung der Immunantwort bei sonstiger Aufrecht-erhaltung des Immunsystems das Optimum der Transplantationsmedizin ist. Um einen mög-lichen Effekt diesbezüglich zu beweisen, muß das Modell nur geringfügig um einen weiteren Spender-/Empfängerstamm zusätzlich erweitert werden.

Die Erklärung der immunregulatorischen Wirkungsweise mit dem Nachweis einer gezielten, antigenspezifischen Toleranz und die Charakterisierung der Des-TZRxKb-lo Zellen sind nicht nur von wichtiger Bedeutung im klinischen Kontext, sondern auch für grundlegende Erkenntnisse zur Funktionsweise und zum komplexen Aufbau des Immunsystems.

Mit Verwendung dieses Tiermodells ergab sich ein weiterer, technisch-organisatorischer Vorteil: aufgrund der oben beschriebenen Vorexperimente standen die Mauslinien zur Unter-suchung bereit, so daß Ressourcen für diese Versuche effizient genutzt werden konnten und nicht speziell Versuchstiere zusätzlich beschafft werden mußten.

Eine Besonderheit dieses Modells bestand in der immunologischen Konstellation zwischen Spender- und Empfängertier. Da in diesem Modell alleine die CD8+Des-TZR+ transgenen T-Zellen die Kb-lo Antigene im Wirtsorganismus erkennen und damit nur sie für die GvH-Antwort verantwortlich sind, handelt es sich hierbei um eine monoklonale statt um eine – wie in nicht-transgenen Modellen und damit in der klinischen Situation – polyklonale Immun-antwort.

Unbekannt war daher, ob und inwiefern diese monoklonale Immunreaktion sich auf die GvH-Induktion auswirken würde.

Einerseits wurde vermutet, daß die GvH-Reaktion durch die hohe Antigenspezifität sehr schnell nach der KMT auftreten und eine vigorose GvH-Reaktion ausgelöst werden könnte.

Andererseits könnte durch die fehlende Mitbeteiligung anderer Immunzellen und damit das Ausbleiben einer polyklonalen Antwort dieser hohe antigenspezifische Effekt auch wieder ausgeglichen werden, so daß eventuell die Reaktion sogar verzögert beginnen würde.

Somit stand vor den Untersuchungen der Des-TZRxKb-lo Zellen auf ihre vermutete Regula-tionswirkung zunächst die Etablierung und Induktion der GvH-Reaktion in diesem KMT-Modell zentral im Mittelpunkt.