Margit. Steht das in
dem Buch?
DiiR Beichtvater. Ja, doch auf andere Art!
Margit. Es stand auch in
dem
Buch, als Ihr uns trautet, derMann
sei stärker und vernünftiger als das Weib, und Gott habe deswegen denMann dem
Weibezum
Haupt gesetzt, daß er ihr Vorgesetzter sei und sie leiteund
regiere. Ist daswahr?
Der
BEtCHTVATER. In gewOhnliciieD Fallen; aber nicht in diesemtMargit.
Dann müßten
wir einBuch
fOr Jeden be-sondernFall haben!— Noch
eins!Das Buch
desVogtsertaubt, dafi
Mann und
Frau sich scheiden lassen, aber EuerBuch
sagt,was
Gott zusammengefügthat, soll derMensch
nicht scheiden! WelchesBuch
hat Gültigkeit?Der
Beichtvater.Der
böse Geist desZweifels hatEuch
ergriffen!Margit.
Der
Zweifel ist der Gewißheit Anfang!Für mich bleibt nnr übrig, die Gewißheit zu suchen, denn ich kann nicht im Zweifel leben.
Der
Beichtvater. Aber Ihr habt denMut,
der großen Ungewißheit entgegen zu gehen!Margit.
Den Mut?
[Lauscht] Hört Ihrwas?
Der
Beichtvater [betrachtet sie forschend]. Nein!.
Marojt. ich hatte vergangene Nacht einen ent-setzlichenTraum. Ich wanderte in einem Wald, der sich
zum
Meeresstrand hinabsenkte. Es war ein Pierbstlag;es war so still, daß ich den Fall der Tautropfen
vom Laub
wie einen leisenRegen
hörte,ab«
derHimmel
leuchtete soblau zwischen den Baumwlpfehi. . Ich ging aufdem
feuchtenMoos
dahin, das untermeinen
Fflfien einsank; dakam
ehi seltsamerVogel,den
ich nieg^
sehen,
und
setzte sich in einenBaum. Er
klopfte denDigitizedbyGoogle
VierterAkt.
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Stamm an und flog weiter. Ich folgte, bis ich mich in einem dichten Gebüsch befand; da war der Vogel ver-schwunden. Ich wollte umkehren, fand aber, daß riesen-gtoBeSpinnen ihrGewebe
von Busch zuBuschgesponnen hattenj wohin ich schaute, nur Spinngewebe.Von
allen Seiten eingescblosseur setzte ichmlä
auf einen Stein undwdnte
aus Veizweiflung.Da
hörte ich hinter mir ein Knisternund
Knastern,und
als ich midi umwandte, sab.ich, dafl derWald
in hellenFlammen
stand. Ich stürzte in dieHöhe,
aber das Feuerverfolgte mich; estrieb mich durch die Sphingewebe, die mir ins Gesicht schlugen; es trieb mich
immer
weiter und weiter, bis ich mich an einer steilen Meeresklippe befand. Hier blieb ich stehen; unter mirund
vor mir lag dasMeer
wie einvom Himmel
herabgefallner Halbmond; hinter mir nflhcrtc sich der Waldbrand mit seinen erstickenden Rauchwolken und seinen sengendenFlammen;
vor mir das unendliche, sonnenbeleuchtete, freieMeer
mit seinen kühlenWogen,
das mir seine weichenArme
entgegen-streckte,um
mich in Schlaf wiegen zu können. Glaubt Ihr, ich zauderte in derWahl
zwischen vorwärts oder zurück? Ich breitete meineArme
aus wie gegen meinen Befreier und ich stürzte vorwärts und sank in eineWolke
von Sonnenlicht und Vernichtung!.
Der
Beichtvater [geht auf sie zuund
fixiert sie].Daa
habt Ihr ni«dit getiinmtMutorr. Ich
weiß
nicht, aber es Icommt mir so vorl—
HOrt Ihr nichtStimmen? ^
Still, ich hOre sie sichnUieml
Der
Bhchtvater. In JesuNamen,
sagt, habtIhr die Pforten der Bwiglceit geöffnet!Margit. Ja, eben jetzt! Ihr saht es nicht; ich flh'chtete, Ihr wurdet mich hindern. [Geht zur Tapeten*
tOr
und
lauscht]Margit. Es war ein Kind, das weinte?
Armes
kleines Kind!
Wenn
wir ihm helfen könnten! Vielleicht istes der Wind, der wie kleineKinder zuklingen pflegt.Der
Beichtvater. Es war Euer Kind, Frau Margit!Margit.
Mein
Kindl—
Meine kleine Margit! Sie 6*84
FrauMargit.heißt auch Margit! Seht, die große Margit möchte ich verlassen, aber die kleine, nein, das knnn ich nicht!
—
Ich möchte in ihrdieses Leben von
neuem
wiederleben, aberinWahrheit Nein, Pater! Ich will nichtsterben! Ich will nidit tteiben! Our dOiftdieses KXnd nicht belügen»iid iliin sagen, die Eide sei ein
Himmel
Ihr dOfftaie nidit ebenso ui^giaddidi madien, wie ich gewesenIrin!Der
Bbicntvater. Ihr bereut jetzt,wo
eszu
splt istl Lafit slle irffischen'Gedanlcen fahren, FrauMargit,denn
die Ewigkeit Öffnetsich vor Eudi!Margit. Ich bereue ich bereue.
Aber
rettetnüch, Pater; rettet mich,wenn
Ihr könnt!Der
Beichtvater.Das
kann keine menscfaliclie .Macht! Ihr gehört diesem Erdenleben nicht
mehr
an!Bereitet
Euch
darauf vor, Gott zu begegnen!Margit.
Wie
soll ich ihm begegnen?Der
Beichtvater. Als ein Verbrecher, der sichzum
Richter über seine Handlungen gesetzt hat, denn ihr habt diesesLeben
verflucht, daserdochgeschaffenhat.Margit. Hat er auch das Böse in diesem
Leben
geschaffen?Der
Beichtvater. Nein, das Böse hastdu
mit deiner Selbstsucht geschaffen! Wärst du geduldigund
mild gewesen, wäre deinLeben
nicht böse geworden.Margit.
Das
lügst du, Priester. Hätte ich nicht das Joch hl deri^tte zerbrochen, ao httttmmehie
Kin-derund
dehie Kinder esin Ewigkeittragen mfiasen.Der
Bsightvatb«.Das werden
sie doch tunl' Marott. Darum, siehstdn, willich leben,-damit sie die Wahrlieit wissen sollen, die siefrei macht!
Gib
mir dasLeben
wieder,mein Gott!Und
hab ErtNomen! Ich kann dir nodi nldit begegnen!Der
Beichtvater.Du
hast diesesLeben
verurteilt, ehe du deineBahn
beendigt hast;du
urteiltest also zufrfihi Willst du weiter in
Kummer
undBetrübnis leben?Margit. Ja!
Denn
jetzt,wo
ich an derGrenze
der Leiden stehe, wie wunderbar, jetzt treten die sonnen-beleuchtetenStellen hervor, und diedunklen tretenzurück.Der
Beichtvater. Siehst du, siehst du,Undank-Vi£RT£RAkt.
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bare!Wie
das Leben gut und böseist, so istdie Natur,i
Es gibt unter den
Blumen
des Feldessolche, die FeindeL unsersLebenssind, aber dieseFeinde haben .nuchFeinde,
; die stärker sind. Willst du leben, so gibt es noch eine
I Hoffnung.
Margit. Ich will lebenI
Der
BmcHTVATER. Wohlan! Ich will in denWald
!
gehen und
das Krautsuchen, dasdieKmft
hat, denTod
I
aufzuhalten; at>er
oh
ich es finden kttin, das steht in: Gottes
Hand!
[Ergehtzum
Tischund nimmt
ehi Stunden-glas.]Nimm
dieses Stundenglas! Ichwende
es jetzt Bin ich zurfidc, ehe es ausgeronnen ist, dann bistdu
I gerettet;
wenn
nicht, dann leb wohllUnd wenn
wirfuns
dann einmal treffen, dann werdenwir dieDinge
zu-sammen
betrachten, dannaber mit Blicken, die nichtvon den Nebeln der Leidenschaften verdunkelt werden. Ich war mit dabei und ließ dich ans der Freistatt derSelbst-! gefälligkeit und der Selbstsucht heraus; jetzt öffne ich
' das einzige Gott gefällige Kloster der Selbstentsagung
f
und
der Aufopferung!Geh
in Frieden!Margit
[durch die Tapetentür].I
Der
Beichtvater [durch die linke Tür].t
: n.