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3 Material und Methoden

4.2 Zweite Versuchsserie (Bilanzversuche)

5.1.8 Chymusparameter

Zunächst überrascht es nicht, dass die Konzentration an ionisiertem Calcium im Magen, im Mittel und in einzelnen Proben erheblich höher war als im Darm. Grund dafür ist die bessere Löslichkeit der Calciumsalze bei niedrigem pH-Wert.

Das für die Messungen benutze Gerät war speziell für die Messung an ionisiertem Calcium im Blutproben entwickelt und besaß daher eine obere Nachweisgrenze von etwa 6,0 mmol/l. Da die Ca-Konzentration in einigen Proben erheblich darüber lag, wurden diese Proben stufenweise mit deionisiertem Wasser verdünnt und anschließend gemessen. Dieses Vorgehen könnte bei der Berechnung der Ca2+ -Konzentration in der unverdünnten Probe jedoch zu falschen Ergebnissen führen, da die Ionenstärke und auch die Ionenaktivität, auf die es bei der Messung der Ca2+ -Konzentration ankommt, von der Verdünnung der Probe abhängig sind. Andererseits konnte ausgeschlossen werden, dass durch die Verdünnung weitere, zuvor unlösliche Calciumsalze zusätzlich in Lösung gelangten. Die zentrifugierten Chymusüberstände waren rein wässrig und frei von unlöslichem Sediment. Nach Abschluss dieser Untersuchungen stand für die Bestimmung der Ca2+-Konzentration eine andere nicht für die Messung von Blutproben konzipierte ionensensitive Elektrode mit einem oberen Messbereich größer als 100 mmol/l zur Verfügung (Calcium-Elektrode Type 15 220 3000, Mettler-Toledo AG, Urdorf, Schweiz). In einem Modellversuch mit zentrifugiertem Darmchymus von Ferkeln wurde mit Hilfe dieser Elektrode der Verdünnungseffekt auf den Ca2+-Gehalt nachträglich abgeschätzt (Abb. 5.1). Diese Kontrollmessung ergab, dass bei stärkerer

Verdünnung der Probe die Ca2+-Konzentration erwartungsgemäß um etwa 10 bis 20

% zu hoch geschätzt wird. Die hohen Ca2+-Konzentrationen, die in einigen Magenproben gemessen wurden (Abb. 4.12), dürften daher etwa um diesen Betrag niedriger liegen.

Abb. 5.1: Einfluss der Verdünnung von Darmchymus auf die Messung des ionisierten Calciums, (∆ = %; Abweichung des gemessen Wertes vom rechnerisch ermittelten Wert)

Verdünnung Ca2+ [mmol/l]

0 1 2 3 4 6 7

Plot 6

Col 7 vs Col 6

pH-Wert

∆ = 1%

∆ = 4%

∆ = 21%

0,25 0,50

0,12 1,00

(1+7) (1+3) (1+1)

Ferner fiel auf, dass sich die Konzentration an ionisiertem Calcium im Darmchymus der Tiere aus den beiden Kontrollgruppen nicht signifikant voneinander unterschied.

Bei einer der beiden Gruppen handelte es sich um Vitamin-D-gesunde Tiere, bei denen im Darm vermutlich ein aktiver durch Vitamin D induzierter Transportmechanismus für Calcium vorhanden war. Dennoch war die Ca2+ -Konzentration im Darmchymus dieser Tiere nicht signifikant niedriger als bei den Vitamin-D-defizienten Kontrolltieren. Allerdings standen für die Messungen nur Darmproben von 14 gesunden und 2 kranken Tieren zur Verfügung. Grund dafür, dass auch bei den gesunden Tieren die Ca2+-Konzentration im Darm relativ hoch war, könnte sein, dass das Ca-Angebot mit dem Futter mit 1 % Ca in der TM bereits über dem Bedarf der Tiere lag, und dass aus diesem Grund eine größere Entnahme von Calcium aus dem Darm nicht erforderlich war. Das ionisierte Calcium im Darmchymus befand sich vermutlich bei beiden Tiergruppen in einem gleichen physico-chemischen Gleichgewicht.

Bei den Vitamin-D-defizienten Tieren der vier Versuchsgruppen lag die Konzentration an Ca2+ im Darmchymus in den meisten Fällen oberhalb der Ca2+-Konzentration im Plasma und der interstitiellen Flüssigkeit (etwa 1,2 mmol/l). Die transmurale Potentialdifferenz der Darmschleimhaut bei diesen Tieren ist nicht bekannt. Sie beträgt im Darm von Ferkeln nach Untersuchungen anderer Autoren, von proximal nach distal ansteigend, 2 bis 10 mV (Lumen negativ, BENTLEY und SMITH 1975).

Mit Hilfe der Nernstgleichung ergibt sich daraus, dass bei Ca2+-Konzentrationen im Darmchymus von entsprechend >2,6 und > 3,8 mmol/l bereits eine chemische Triebkraft für eine passive Diffusion von Calcium aus dem Darm in die interstitielle Flüssigkeit besteht. Aufgrund des im Darm von proximal nach distal ansteigenden transmuralen Potentials sind für die passive Diffusion von Calcium aus den hinteren Darmabschnitten jedoch höhere freie Calciumkonzentrationen erforderlich, als im proximalen Abschnitt. Wie die Messungen des ionisierten Calciums zeigten, dürften in den meisten Fällen die physico-chemischen Bedingungen für eine passive Diffusion von Calciumionen aus dem Darm in das Blut bestanden haben.

Die Konzentration an Gesamtcalcium nahm im Darmchymus beim Übergang vom Dünn- zum Dickdarm teilweise sprunghaft zu (Abb. 4.13). Dabei fiel auf, dass dieser Anstieg bei den Kontrolltieren, die 1 % Calcium mit Futter aufnahmen nur andeutungsweise zu beobachten war. Der sprunghafte Anstieg bei 2 % Calcium in der Ration hat daher offenbar mit der höheren alimentären Ca-Aufnahme zu tun.

Weitere rationsbedingte Effekte auf den Gehalt an Gesamtcalcium waren nicht zu beobachten.

Der bei den Versuchstieren in den einzelnen Abschnitten gemessene pH-Wert, mit Schwankungen im Magen etwa zwischen pH 2 und pH 6 und im Darm zwischen pH 6 und pH 8, erbrachte keine konkreten Anhaltspunkte für das Vorliegen intestinaler Störungen (Abb. 4.14). Es ist denkbar, dass der höhere pH-Wert im Chymus vom Caecum und vom Colon ascendens bei den Versuchsferkeln mit 2 % Calcium im Vergleich zu den Kontrollferkeln mit 1 % Calcium durch den höheren Gehalt an Futtercalcium hervorgerufen wurde.

Das Allgemeinbefinden der Tiere während des Versuchszeitraums erschien, abgesehen von der durch den Calcitriolmangel bedingten Störung, als unauffällig.

Symptome, die auf das Vorliegen anderer Erkrankungen schließen ließen, wurden nicht beobachtet.

5.2 Zweite Versuchsserie (Bilanzversuche)

5.2.1 Calcium

Die Bilanzuntersuchung ergab, dass die Erhöhung der Calciumaufnahme bei den gesunden Kontrollferkeln die scheinbare Calciumverdaulichkeit zwar von 46 % auf 31 % reduzierte, dass sich die Ca-Retention aber deutlich von 4,0 auf 6,3 g/Tag verbesserte. Bei diesen Tieren dürfte bei Aufnahme von 2 % Ca mit dem Futter die Konzentration an Ca2+ im Chymus des Dickdarms, ähnlich wie bei den Tieren der

ersten Versuchsserie, auch höher gewesen sein als bei Aufnahme von 1 % Ca (vergleiche Abb. 4.13). Trotzdem nahm die scheinbare Verdaulichkeit bei den gesunden Ferkeln ab. Dieses Ergebnis deutet an, dass bei höherer Ca2+ -Konzentration im Chymus relativ weniger Calcium durch die Darmschleimhaut in das Blut diffundierte als bei Aufnahme von 1 % Ca. Dieser Anpassungsprozess des Darmes dürfte auch durch Vitamin D gesteuert werden. Bei Ratten geht der Gehalt an 9K-Calbindin im Duodenum bei Anhebung des Futtercalciums von 1 auf 2 % signifikant zurück (ROULLET et al. 1991). Auch der Calcitriolspiegel des Plasmas fällt ab. Menschen antworten auf eine Absenkung der täglichen Calciumaufnahme von 1900 mg/d auf 20 mg/d im Ileum mit einer signifikanten Zunahme der Calciumabsorptionsrate und einem Anstieg der PTH- und Calcitriolkonzentration im Plasma (NORMAN et al. 1981).

Die Ergebnisse der hier vorgelegten Studie zeigen, dass der Anteil an Calcium, der durch Diffusion, unabhängig vom Vitamin D, aus dem Darm aufgenommen wird, bei Calcitriolmangel als gering anzusehen ist. Sonst hätte die Calciumabsorption bei Erhöhung des Calciumgehaltes im Futter von 1 % auf 2 % nicht abfallen dürfen.

Dieser Befund zeigt somit, dass die Nettoabsorption von Calcium aus dem Darm in erste Linie der Kontrolle des Vitamins D unterliegt. Dieser bei Ferkeln erhobene Befund steht im Widerspruch zu Ergebnissen von Ratten. Bei Ratten ging nach Erhöhung der Calciumaufnahme mit dem Futter nur der sättigbare - also Vitamin-D-abhängige Anteil - der intestinalen Ca-Absorption zurück. Die nicht-sättigbare Komponente blieb unter diesen Bedingungen unverändert (PANSU et al. 1993).

Darüber hinaus ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass die Calciummenge, die vom Körper in den Darm sezerniert wird, auch variieren kann (SCHEDL et al. 1968, FAVUS 1985). Ob die Calciumsekretion in den Darm hormonell geregelt wird, und welche Rolle sie bei den Bilanzversuchen gespielt hat, ist nicht bekannt.

Im Unterschied zu den gesunden Ferkeln wurde bei den Calcitriol-defizienten Ferkeln die Calciumbilanz durch Erhöhung der Calciumaufnahme nicht verbessert. Es trat eher ein gegenteiliger Effekt ein. Die scheinbare Calciumverdaulichkeit fiel signifikant

und die Calciumbilanz fiel von 5,2 auf 0,4 g/Tag, wenn die Tiere 2 % statt 1 % Ca mit dem Futter aufnahmen. Dieser Befund ist sicher schwer zu deuten. Nimmt man an, dass bei diesen Tieren der BMC bei Aufnahme von 2 % Ca im Vergleich zu 1 % Ca mit dem Futter - wie in den Vorversuchen und in der ersten Versuchsserie - ebenfalls höher war, ist schwer zu verstehen, woher das Calcium kam, das vermehrt im Knochen eingelagert wurde. Die Antwort darauf könnte darin liegen, dass es sich bei der zweiten Versuchsserie um ältere Tiere handelte. Ihr Gewicht nahm während des Versuchs relativ wenig zu. Dadurch könnte auch der Effekt der hohen Calciumzulage auf den Knochen entsprechend geringer ausgefallen sein. Ferner sind Bilanzmessungen auch bei der Verwendung von Markern mit einem methodischen Fehler behaftet. Die Bilanzversuche mit den Calcitriol-defizienten Schweinen erbrachten jedoch das Ergebnis, dass sich unter den Bedingungen dieses Versuchs die intestinale Calciumabsorption durch Erhöhung der Calciumaufnahme nicht verbessern lässt. Die Daten deuten eher darauf hin, dass die Absorption abnimmt.

Um diesen Befund zu deuten, kann nur spekuliert werden. Ein wichtiger Regulator der passiven intestinalen Calciumabsorption ist vermutlich die Konzentration des ionisierten Calciums im Dünndarm-Chymus. Diese Konzentration wird durch Erhöhung des Futtercalciums vermutlich nicht erhöht (vergl. Abb. 4.12). Im Magen bestünde für den Organismus die Möglichkeit, die alimentäre Calciumaufnahme zu registrieren. Von diesem Organ könnten Signale ausgehen, die bei erhöhter Calciumaufnahme die passive intestinale Calciumaufnahme bekanntermaßen dämpfen. Ein solcher Regelkreis wäre bei normalen, Vitamin-D-gesunden Schweinen sinnvoll. Beim Vorliegen von Vitamin-D-Mangel führt er dagegen zu einer Verschärfung des Calciumdefizits.

Die eigentliche Frage, die dieser zweiten Versuchsserie zu Grunde lag, muss daher so beantwortet werden, dass die intestinale Calciumabsorption bei Vitamin-D-defizienten Ferkeln durch eine Erhöhung der Calciumzulage nicht verbessert, sondern eher verschlechtert wird. Für ein sich vergrößerndes Calciumdefizit bei Erhöhung des Calciumangebots mit dem Futter spricht auch, dass die renale

Ca-Ausscheidung unter diesen Bedingungen stark reduziert ist. Sie betrug bei 1 % und 2

% Calcium in der Ration bei Vitamin-D-Mangel entsprechend nur 12 % und 21 % der Menge gesunder Ferkel (Tab. 4.3 und 4.4). Die Konzentration an ionisiertem Calcium im Plasma war bei den Calcitriol-defizienten Tieren gegenüber den Vitamin-D-gesunden Tieren um 64 bzw. 83 % vermindert (Tab. 4.7 und 4.8). Um den gleichen Betrag dürfte auch die glomerulär filtrierte Menge abgenommen haben.

Entsprechend war die tubulär resorbierte Ca-Menge bei Vitamin-D-Mangel erheblich niedriger. Die fraktionelle Resorption von Calcium in den einer hormonellen Kontrolle unterliegenden Tubulusabschnitten (distales Konvolut, Verbindungsstück, initiales Sammelrohr) dürfte aber, wie sich aus der niedrigeren Ca-Ausscheidung bei diesen Tieren im Vergleich zu gesunden ergibt, erheblich zugenommen haben. Auch dieser Effekt war offensichtlich unabhängig vom Vitamin D. Hierbei könnte es sich um einen PTH vermittelten Effekt handeln. Er ist in soweit mit den an isolierten Tubuluszellen und an isolierten Tubulusabschnitten gewonnenen Ergebnissen vereinbar. Dazu durchgeführte Untersuchungen haben gezeigt, dass PTH, unabhängig von Vitamin D, die Ca-Resorption in diesem Nephronabschnitt stimuliert (vergl. S. 27).