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2.1 Intestinaler Transport von Calcium

2.1.2 Aktiver Transport

2.1.2.3 Die Ausschleusung von Calcium durch die basolaterale Membran in den

Während die physikochemischen Bedingungen an der Bürstensaumseite des Enterocyten ausreichen, um passiv die Aufnahme von Calcium in die Zelle und seine Passage durch die Zelle zu ermöglichen, ist die Abgabe von Calcium an der basolateralen Seite ohne Energieverbrauch nicht möglich. Ein elektrisches Potential von etwa 70 mV (außen positiv) und ein chemisches Potential von etwa 104 stehen einer spontanen Calciumabgabe nach außen entgegen. Vermutlich drei verschiedene Mechanismen kommen für die Abgabe von Calcium auf der basolateralen Seite in Betracht (WASSERMAN et al. 1992)

- eine ATP-abhängige Calciumpumpe - ein 3Na+/Ca2+ Austauscher

- calciumhaltige Vesikel

Das Vorkommen und die Funktion einer ATP-abhängigen Calciumpumpe und eines Natrium/Calcium Austauschers sind durch zahlreiche Untersuchungen gut belegt (s.u.).

Die Funktionen und physiologische Bedeutung von calciumhaltigen Vesikeln, die via Exocytose basolateral Calcium in den interstitiellen Raum abgeben könnten, sind dagegen noch weitgehend spekulativ.

Ca2+ Ca2+

Ca2+

AS

Ca-ATPase

Ca2+ Ca2+

ATP

ADP

? Ca2+

3 Na+

?

Ves VDR

Calcitriol

CaBP9K

+ _

Abb. 2.3: Basolateraler Transport von Calcium, AS = elektrogener 3 Na+/Ca2+

Austauscher, VDR = Vitamin-D-Rezeptor, CaBP9K = calcitriolinduzierter Calcium-Bindungs-Protein, MG 9K, Ves = calciumhaltige Vesikel, Trans = Transcaltachia, BLM-VDR = Calcitriol sensitiver basolateraler Vitamin-D-Rezeptor

BLM-VDR Trans

Ca2+

?

Ca2+ Ca2+

GHIJSEN et al. (1983) konnten an isolierten innen/auswärts gerichteten basolateralen Membranvesikeln aus Duodenalenterocyten von Ratten zeigen, dass diese Vesikel bei Anwesenheit von ATP Calcium aus dem Inkubationsmedium in die Vesikel transportieren. Der anschließend mit anderen Methoden gemessene Transport war außer von ATP von calcitriolabhängig und nahm im Darm vom Duodenum über Jejunum bis zum Ileum ab. Die Autoren identifizierten unten den gleichen Versuchsbedingungen auch einem 3Na+/Ca2+-Austauscher in basolateralen Membranvesikeln, der nicht von Calcitriol abhängig war und in allen Dünndarmabschnitten in gleicher Konzentration nachweisbar war. Die Autoren vermuten, dass dieser Austauscher unter Ausnutzung des an der basolateralen Membran bestehenden, einwärts gerichteten Natriumgradienten Calcium aus der Zelle nach außen transportiert. Untersuchungen von FAVUS et al. (1983) mit isolierten Dünndarmschleimhäuten von Ratten erbrachten den Befund, dass die Ca-ATPase-Aktivität und der Calciumtransport von mucosal nach serosal durch Calmodulin, ein ubiquitäres intracelluläres Calcium-Bindungs-Protein, stimuliert und durch Trifluoperazin, einen Calcium-Calmodulin-Antagonisten, gehemmt wird. Zugabe von Ouabain oder Ethacrinsäure, beide Hemmer der Na/K-ATPase, beeinflussten die Ca-ATPase Aktivität nicht.

Eine Zeitlang wurde die Frage, ob die Aktivität der basolateralen Ca-ATPase Calcitriol abhängig ist, kontrovers diskutiert. EMILE et al. (1987) stellten fest, dass die messbare Pumpaktivität in den basolateralen Membranen der Dünndarmschleimhaut bei Vitamin-D-defizienten und Vitamin-D-repletierten Ratten nicht vom Vitamin-D-Status der Tiere, sondern von der Präparationsmethode der vesikelabhängig sei. Diese Befunde wurden jedoch von verschiedenen anderen Autoren nicht bestätigt (WASSERMAN et al. 1992).

Ferner konnten ARMBRECHT et al. (1994) und ZELINSKI et al. (1991) zeigen, dass in der Dünndarmmucosa von Ratten die Konzentration der mRNA, die für die basolaterale Ca-ATPase codiert, unter dem Einfluss von 1,25(OH)2D3 deutlich zunahm. Die Konzentration der die Ca-ATPase codierende mRNA nahm außerdem mit steigendem Alter, sowie vom Dünndarm in Richtung Ileum, deutlich ab. Die Konzentrationsänderungen der mRNA wiesen eine hohe Korrelation mit dem aktiven Calciumtransport in isolierte basolaterale Membranvesikel und, wie aus anderen

Untersuchungen bekannt, mit dem transcellulären Calciumtransport auf.

Es kann daher heute als gesichert angesehen werden, dass für einen aktiven transmuralen Calciumtransport durch die Darmschleimhaut die Ca-ATPase notwendig ist. Bei einem möglichen Vitamin-D-unabhängigen transcellulären Transport von Calcium aus dem Darm in das Blut könnte der Calciumausstrom aus der Zelle dagegen zu einem Teil durch den 3Na+/Ca2+-Austauscher vermittelt werden. Im Einklang mit dieser Vorstellung stehen auch die Ergebnisse von TIMMERMANS et al. (1991), die bei neugeborenen Ferkeln mit erblichem Calcitriolmangel und bei gesunden Kontrollferkeln die Konzentration der basolateralen Ca-ATPase gemessen haben. Die Konzentration dieser Pumpe entsprach der aktiven Calciumtransportrate der Tiere. Isolierte Duodenalschleimhäute dieser beiden Tiergruppen wiesen einen gleich großen aktiven Calciumtransport auf, der im Falle der Tiere mit erblichem Calcitriolmangel jedoch Vitamin-D-unabhängig war. Die Konzentration der basolateralen Ca-ATPase war bei beiden Tiergruppen gleich groß.

Zusammenfassung

Zusammenfassend ist festzustellen: die Ausschleusung von Calcium aus den Enterocyten ist ein Energie verbrauchender Prozess. Sie wird hauptsächlich von einer calcitriolabhängigen Calciumpumpe bewerkstelligt. Daneben gibt es in der basolateralen Membran noch einen Vitamin-D-unabhängigen 3Na/Ca-Austauscher, der vielleicht als Antiporter Calcium nach außen transportieren kann. Ob auch vesiculär transportiertes Calcium durch Exocytose die Zelle verlässt, ist bisher nicht geklärt.

Insgesamt ist über die Bedeutung von Vitamin D für den Calciumtransport durch die Darmschleimhaut folgendes festzuhalten: bei fast allen abgesetzten Säugetieren entwickelt sich nur in Anwesenheit von Vitamin D ein aktives Calciumtransportsystems in der Darmschleimhaut. Unter dem Einfluss dieses Vitamins kommt es an der luminalen Seite der Zelle zu einem erleichterten Eintritt von Calcium in Form einer erhöhten Calciumpermeabilität. Im Cytosol nimmt die Calbindinkonzentration stark zu und die Pumpleistung der basolateralen

Calcium-ATPase steigt ebenfalls an. Bei diesen calcitriolabhängigen Veränderungen handelt es sich teilweise um genomische, teilweise aber vermutlich um nicht-genomische Effekte.

Über das funktionelle Zusammenwirken der einzelnen durch Vitamin D induzierten Effekte zu einem integrierten transmuralen Transportsystem, besonders auch im Hinblick auf die Transcaltachia, besteht noch keine vollständige Klarheit.