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5.2 Experimentelle Aufbauten

5.2.3 Elektronischer Aufbau

5.2.3.1 Charakteristische Zeitskalen des elektronischen Aufbaus 99

Um mit diesem elektronischen Aufbau zeitaufgel¨oste Messungen in unterschiedlichen Leitwert-Bereichen der Probe durchf¨uhren zu k¨onnen, bedarf es zun¨achst der Cha-rakterisierung der Gr¨oßen, die die Zeitstruktur und den messbaren Leitwert-Bereich vorgeben.

Der gew¨ahlte Vorwiderstand mit RV = 100 kΩ erlaubt es, Proben in einem Widerstands-Bereich von 1 kΩ bis 10 MΩ bzw. einem Leitwert-Bereich von ungef¨ahr

5 Experimentelles – von der Probenherstellung bis zur Messung

13 G0 bis ungef¨ahr 0,001 G0 zu untersuchen.14 Dabei liegt der relative Fehler δG/G der Leitwert-Messung zwischen dem 2,5- und 100-fachen des relativen Fehlers δU/U0 in der Spannungs-Messung ([Wai12]).

Da die Verkabelung (Abgreifen der Spannungen f¨ur die Verst¨arker und Weiterf¨ uh-ren zum Transienten-Rekorder), die Probe und andere Bauelemente des elektroni-schen Schaltkreises ein RC-Glied mit sich bringen und die Spannungsverst¨arker nur eine Bandbreite von 100 kHz besitzen, werden diese Elemente die Zeitstruktur der zeitaufgel¨osten Messungen maßgeblich beeinflussen. Dabei interessiert vor allem das Ansprechverhalten des elektronischen Schaltkreises auf eine Signal- ¨Anderung in un-terschiedlichen Leitwert-Bereichen.

Um diesen Punkt zu kl¨aren, wurden Leitwert-Kurven ausgewertet, in denen sponta-ne und f¨ur unseren Aufbau instantane Leitwert- ¨Anderungen auftraten, die auf sog.

two-level fluctuations zur¨uckzuf¨uhren sind. Die charakteristischen Zeitskalen liegen dabei im Sub-Nanosekunden-Bereich ([Hol92]). Die Leitwert-Kurven wurden mit ei-ner Sample Rate von 2 MHz aufgenommen – was einem Abstand der Datenpunkte von 500 ns entspricht – wie es in den zeitaufgel¨osten Messungen zu dieser Arbeit ebenfalls erfolgt ist. Abbildung 5.13 zeigt einen Ausschnitt einer Leitwert-Kurve im Kontakt-Bereich bei ca. 2 G0. Zu Beginn

”springt“ der Leitwert von ungef¨ahr 1,8 G0 auf ca. 2,0 G0. Diese instantane Leitwert- ¨Anderung wird vom elektronischen Schalt-kreis nachgebildet, wie es die schwarze Kurve darstellt. Da diese Nachbildung das Ansprechverhalten des elektronischen Schaltkreises widerspiegelt, wurde sie mit der Exponential-Funktion

y(x) = y0+A· exp[−(x−x0)/τ] (5.3) angen¨ahert, wie es die rote Kurve zeigt. Als charakteristische Zeit τ1 ergibt sich τ1 ≈(1,87±0,32)µs. Zu einem sp¨ateren Zeitpunkt, als der Leitwert wieder auf einen Wert von 1,8 G0

”zur¨uckspringt“, wird dasselbe Verfahren angewandt. Es ergibt sich eine charakteristische Zeit zu τ2 ≈(2,49±0,21)µs. Daraus l¨asst sich schließen, dass die Zeitaufl¨osung τKon,Exp des elektronischen Aufbaus im Kontakt-Bereich von ca.

2 G0 bei

τKon,Exp ≈(2,18±0,27)µs (5.4)

liegt.

Dieselbe Analyse-Methode wurde im Tunnel-Bereich bei einem Leitwert von ca.

0,3 G0 durchgef¨uhrt. Abbildung 5.14 zeigt den Leitwert aufgetragen ¨uber der Zeit. Der Anstieg des Leitwertes wurde ebenso angen¨ahert wie das Abfallen. Aus Gleichung 5.3 ergeben sich τ3 und τ4 zu ungef¨ahr τ3 ≈(10,72±0,79)µs und τ4 ≈(9,64±0,20)µs.

14Der Leitwert-Bereich von mehrerenG0 bis hinab zu ungef¨ahr 1 G0 soll f¨ur den weiteren Ver-lauf in dieser Arbeit als Kontakt-Bereich, f¨ur kleinere Werte bis zu 0,001 G0 als Tunnel-Bereich bezeichnet werden.

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5.2 Experimentelle Aufbauten

Abbildung 5.13: Bei einerSample Rate von 2 MHz aufgenommener, zeitlicher Verlauf des Proben-Leitwertes im Kontakt-Bereich; der Leitwert

”springt“ spontan und f¨ur den elektronischen Schaltkreis instantan um ca. ∆G ≈ 0,2 G0. Sowohl der Anstieg als auch der Abfall wurden mit einer exponentiellen Datenanpassung versehen, woraus sich eine Zeitaufl¨osung von ungef¨ahr 2µs f¨ur den elektronischen Schaltkreis im Kontakt-Bereich ergibt.

Daraus l¨asst sich schließen, dass die Zeitaufl¨osungτTun,Exp des elektronischen Aufbaus im Tunnel-Bereich von ca. 0,3 G0 bei

τTun,Exp ≈(10,18±0,50)µs (5.5)

liegt.

Aus den beiden Ergebnissen von Gleichungen 5.4 und 5.5 l¨asst sich zum einen folgern, dass der Proben-Leitwert einen entscheidenden Einfluss auf die erreichbare Zeitauf-l¨osung in den Experimenten besitzt. So ist die Zeitkonstante im Tunnel-Bereich ca.

f¨unf mal gr¨oßer als die Zeitkonstante im Kontakt-Bereich. Dieser Sachverhalt kor-reliert direkt mit dem Proben-Widerstand, der im untersuchten Tunnel-Bereich ca.

f¨unfmal gr¨oßer als der Proben-Widerstand im analysierten Kontakt-Bereich ist. Zu-gleich sind die ermittelten Zeitkonstanten deutlich gr¨oßer als die Sample Rate, mit der die Daten aufgenommen wurden. Somit ist diese Gr¨oße in den durchgef¨uhrten Experimenten nicht der limitierende Faktor f¨ur die Zeitaufl¨osung.

Zum anderen l¨asst sich eine effektive Kapazit¨at Ceff des elektronischen Schaltkreises angeben. Diese liegt unabh¨angig vom Probenleitwert RP bei ungef¨ahr

Ceff =τ /RP≈300 pF , (5.6)

5 Experimentelles – von der Probenherstellung bis zur Messung

Abbildung 5.14: Bei einer Sample Rate von 2 MHz aufgenommener, zeitlicher Verlauf des Proben-Leitwertes im Tunnel-Bereich; der Leitwert

”springt“ spontan und f¨ur den elektronischen Schaltkreis instantan um ca. ∆G≈0,1 G0. Sowohl der Anstieg als auch der Abfall wurden mit einer exponentiellen Datenan-passung versehen, woraus sich eine Zeitaufl¨osung von ungef¨ahr 10µs f¨ur den elektronischen Schaltkreis im Tunnel-Bereich ergibt.

da f¨urτ der jeweilige Wert aus Gleichung 5.4 oder 5.5 verwendet werden muss.

Als letztes soll nun ¨uberpr¨uft werden, inwieweit die experimentellen Ergebnisse aus Gleichungen 5.4 und 5.5 mit theoretischen ¨Uberlegungen plausibel gemacht werden k¨onnen. Da die Schichtstruktur der verwendeten Probe – bestehend aus dem aufge-dampften Metall, dem Polyimid und dem Federstahl-Substrat – einen idealisierten Plattenkondensator mit Polyimid als Dielektrikum darstellt, wurde als erstes unter-sucht, wie sich diese Kapazit¨at zusammen mit den vorherrschenden Widerst¨anden als RC-Glied im elektronischen Schaltkreis ¨außert und m¨oglicherweise die Zeitaufl¨osung begrenzt. Hierzu wurde folgende Absch¨atzung angestellt: Die aufgedampfte Metall-Struktur mit den Zuleitungen und den Kontaktierungsfl¨achen hat eine Fl¨acheA von ca. (5,8±0,1)×10−7m2, die der Fl¨ache des Federstahl-Substrates gegen¨uber steht.

Als mittlere DickedPoly des Polyimid-Filmes wurde (2,5±0,5)µm angesetzt und als mittlere relative Permittivit¨at r wurde aus Ref. [Mat06] 3,25±0,15 angenommen.

So ergibt sich die Kapazit¨at des Plattenkondensators zu CP =0r A

dPoly ≈(7,0±1,8) pF ,

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5.2 Experimentelle Aufbauten

wobei 0 f¨ur die elektrische Feldkonstante mit 0 ≈ 8,85×10−12pF/m steht. Diese Kapazit¨at ist ca. 40-mal kleiner als die oben bestimmte effektive Kapazit¨at Ceff des elektronischen Schaltkreises aus Gleichung 5.6. Somit ist dies ein erstes Indiz daf¨ur, dass die Proben-Kapazit¨at nicht den Hauptbeitrag zur effektiven Kapazit¨at Ceff des elektronischen Schaltkreises liefert und daher nicht den limitierenden Faktor in der Zeitaufl¨osung darstellt. Diese Vermutung soll nun weiter ¨uberpr¨uft werden.

Stellvertretend f¨ur den Kontakt-Bereich einer Probe soll nun wieder der Leitwert von ungef¨ahr 2 G0 betrachtet werden. Beim Blick auf den elektronischen Aufbau (vgl.

Abbildung 5.12) wird ersichtlich, dass auf einer Zeitskala von Mikrosekunden der Schaltkreis ¨uber die große Kapazit¨atC des Tiefpasses als kurzgeschlossen angesehen werden kann. Daraus ergibt sich ein Ersatz-Schaubild, in dem die Probe mit ihrem Widerstand RP, ihrer Kapazit¨at CP und dem Vorwiderstand RV parallel geschal-ten ist. Der Ersatz-Widerstand RErs,Kon ergibt sich zu 1/RErs,Kon = 1/RP+ 1/RV ≈ 1/(6,10 kΩ). Zusammen mit der Kapazit¨at der Probe CP folgt daraus eine Zeitkon-stante τKon,theo =RErs,Kon·CP≈43 ns. Diese Zeitkonstante ist ca. 50-mal kleiner als die experimentell ermittelte von τKon,Exp ≈(2,18±0,27)µs in Gleichung 5.4. Daher kann die Kapazit¨at CP der Probe nicht die limitierende Gr¨oße f¨ur die Zeitaufl¨ o-sung sein. Der Vollst¨andigkeit halber soll diese theoretische ¨Uberlegung ebenso f¨ur den Tunnel-Bereich von ca. 0,3 G0 angestellt werden. Es ergibt sich einen Ersatz-Widerstand RErs,Tun zu 1/RErs,Tun = 1/RP + 1/RV ≈ 1/(30,08 kΩ), woraus eine Zeitkonstante τT un,theo,1 ≈211 ns folgt. Diese ist ebenfalls in etwa 50-mal kleiner als die experimentell ermittelte von τTun,Exp ≈ (10,18±0,50)µs aus Gleichung 5.5 und best¨atigt somit die Aussage aus dem Kontakt-Bereich, dass die Proben-Kapazit¨at nicht die Zeitaufl¨osung limitiert.

Ein Element des elektronischen Schaltkreises, das bei den bisherigen, theoretischen Uberlegungen außer Acht gelassen wurde, ist die Verkabelung. Diese erfolgte haupt-¨ s¨achlich aus Koaxial-Kabeln, die zwar im Hinblick auf die vorherrschenden Wider-st¨ande im Schaltkreis keinen nennenswerten Beitrag zum Gesamt-Widerstand leisten, jedoch einen Beitrag zur Gesamt-Kapazit¨at. Als einfache Absch¨atzung soll hier ange-f¨uhrt werden, dass ein Koaxial-Kabel je nach Bauart zwischen 50 pF/m und 100 pF/m an Kapazit¨at mit sich bringt. Werden also f¨ur das Abgreifen der Spannungen bis hin zur Aufzeichnung am Transienten-Rekorder ca. 4 m Koaxial-Kabel verbaut, so ergibt das eine Kapazit¨at zwischen 200 pF und 400 pF, die im elektronischen Schaltkreis die Zeitstruktur beeinflusst. Diese Kapazit¨at ist zwischen 28- und 57-mal gr¨oßer als die Proben-Kapazit¨at CP ≈ 7 pF, so dass sie den Faktor 50 aus dem vorherigen Abschnitt erkl¨aren kann und h¨ochst wahrscheinlich f¨ur die limitierte Zeitaufl¨osung verantwortlich ist. Der Einfluss der verbauten Kabel ließe sich verringern, indem ei-nerseits die Kabell¨angen unter den vorherrschenden Versuchsbedingungen auf ein Minimum reduziert werden w¨urden und andererseits, indem von Koaxial-Kabel auf andere Kabel mit geringerer Kapazit¨at umgestiegen werden w¨urde. Zu Beginn des Promotionsvorhabens war es allerdings nicht das prim¨are Ziel, zeitaufgel¨oste Untersu-chungen durchzuf¨uhren, weshalb eine Verbesserung der elektronischen Zeitaufl¨osung

5 Experimentelles – von der Probenherstellung bis zur Messung

nicht weiter verfolgt wurde (vgl. Kapitel 7).

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die Zeitaufl¨osung maßgeblich von zwei Faktoren begrenzt wird: Dem aktuellen Proben-Widerstand und der eingebrachten Kapazit¨at durch die Verkabelung. So wird in Abh¨angigkeit des Leitwertes der Probe mit diesem elektronischen Aufbau eine Zeitaufl¨osung von wenigen bis zehn Mikrose-kunden erreicht (siehe Gleichungen 5.4 und 5.5).

5.3 Typische Mess-Szenarien beim elektronischen Transport

Wie im vorangegangenen Abschnitt 5.2.3 beschrieben, erlaubt es der elektronische Aufbau, das Verhalten des Proben-Leitwertes unter ¨außeren Einfl¨ussen sowohl mittels der Lock-In-Verst¨arker, als auch ¨uber die direkte Zeitstruktur zu beobachten und aufzuzeichnen. In diesem Abschnitt soll daher erl¨autert werden, welche Art der Signal-Gewinnung bei welcher Art von Experiment zum Einsatz kam. Des Weiteren soll dargestellt werden, wie die gewonnenen Signale f¨ur die sp¨atere Analyse verwendet wurden, um die Vorstellung und Diskussion der Ergebnisse im n¨achsten Kapitel 6 zu erleichtern.