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4. Übergreifende Diskussion

4.2 Häufig nachgewiesene Parasiteneitypen

4.2.4 Cestoda (Taeniidae)

Eier der Familie Taeniidae traten mit einer Frequenz von 3,75 % in 8 von 14 Zoos der vorliegenden Arbeit auf. Ebenso berichtet eine vorangegangene Studie an in Gehegen gehaltenen Wölfen aus Deutschland mit unter <2 % von einer recht niedrigen Prävalenz (MARKOWSKI 2013). Bei den wild lebenden Wölfen waren die Taeniidae

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hingegen mit einer Frequenz von 21,74 % der am zweithäufigsten nachgewiesene Eityp. Ähnliche Prävalenzen wurden auch aus Portugal berichtet (23,5 %) (GUERRA et al. 2013), wohingegen wild lebende Wölfe aus Italien mit 33,0 % bzw. 42,1 % noch höhere Prävalenzen aufwiesen (GORI et al. 2015, POGLAYEN et al. 2017). Auch in paläarktischen Regionen wurde eine Prävalenz von 41,7 % erhoben (CRAIG u. CRAIG 2005) und aus Spanien wurden sogar Prävalenzen von 64 % berichtet (SEGOVIA et al. 2003). Deutlich niedrigere Werte, vergleichbar mit den in Gehegen gehaltenen Wölfen der vorliegenden Arbeit, wurden in Kroatien und Polen mit 1,5 % (HERMOSILLA et al. 2017) bzw. 9,5 % (KLOCH et al. 2005) ermittelt.

Da Taeniiden-Infektionen immer mit dem Nahrungsspektrum an Zwischenwirten korreliert sind, könnten die regional unterschiedlichen Werte wild lebender Wölfe teilweise dadurch erklärt werden. Auch sind Studien, die auf Sektionen basieren, deutlich sensitiver als koproskopische Untersuchungen, da Cestodeneier nicht kontinuierlich ausgeschieden werden. Man kann davon ausgehen, dass 50-60 % der Taeniiden-Infektionen koproskopisch unentdeckt bleiben (MCNEILL et al. 1984). Die in dieser Arbeit ermittelten Detektionsraten entsprechen somit aller Wahrscheinlichkeit nach nicht der wahren Prävalenz sondern sind unterschätzt. Die deutlich niedrigeren Detektionsfrequenzen in Zoos beruhen vermutlich auf Anthelminthikagaben sowie einer vermindertem Aufnahme infizierter Zwischenwirte. Eine statistisch signifikante Korrelation der Befallshäufigkeit mit der Verabreichung von Anthelminthika konnte jedoch genauso wenig wie ein saisonales Muster bezüglich der Ausscheidung von Taeniideneiern bei den in Gehegen gehaltenen Wölfen nachgewiesen werden.

Cestodeninfektionen verlaufen beim Endwirt meist asymptomatisch, können bei Zwischen- oder Fehlwirten jedoch diverse Krankheitsbilder auslösen. Zu den wichtigsten Zoonoseerregern zählen E. granulosus und E. mulitlocularis. E. ganulosus löst die zystische Echinococcose aus, E. multilocularis hingegen die alveoläre Echinococcose. Beide können fatale Folgen für die Erkrankten nach sich ziehen (HOBERG 2002). Auch einige Taenia spp. der Carnivoren können Menschen als Fehlzwischenwirte infizieren (LAWSON u. GEMMELL 1983). So ist beispielsweise T.

hydatigena ein potentieller Zoonoseerreger, wohingegen T. krabbei nicht als solcher

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beschrieben ist (HOBERG 2002). Zu beachten ist, dass anders als bei Toxocara Eiern, ausgeschiedene Taeniiden-Eier sofort infektiös sind.

Mittels koproskopischer Untersuchung ist keine Unterscheidung zwischen Taenia spp.

und Echinococcus spp. möglich, da diese eine identische Morphologie aufweisen.

Daher musste auf molekularbiologische Techniken zurückgegriffen werden. Dabei ergab sich, dass mittels Multiplex-PCR-Analyse nach Trachsel et al. (2007) und anschließender Sequenzierung die SSU rRNA Fragmente von T. krabbei 100%

Sequenzidentität zu den entsprechenden SSU rRNA Fragmenten von T. serialis aufwiesen. Somit war über diese Genfragmente keine Unterscheidung dieser beiden Spezies möglich, so dass auf die differenzierende nad1-Sequenz zurückgegriffen werden musste. Leider konnten jedoch nicht alle der Taeniidae-positiven Proben differenziert werden, da entweder gar kein PCR-Produkt, oder aber nur eine SSU rRNA-, jedoch keine nad1-Sequenz generiert werden konnte. Die Differenzierung gelang bei den in Gehegen gehaltenen Wölfen bei 20 von 39 und bei den wild lebenden Wölfen bei 7 von 15 positiv befundeten Proben.

In den Kotproben der in Gehegen gehaltenen Wölfe wurde T. hydatigena mit einer Frequenz von 35,89 % am häufigsten nachgewiesen (bei 14 von 39 Proben). Drei weitere Wölfe waren mit T. krabbei infiziert, was dadurch zu erklären ist, dass die Zootiere manchmal auch mit Tierkörpern wilder Huftiere gefüttert werden. Bei den wild lebenden Wölfen wiesen 15 der 69 Kotproben Taeniiden-Eier auf und für 7 davon war die PCR und SSU rRNA-Sequenzierung erfolgreich. Bei zwei Proben konnte T.

hydatigena und in zwei weiteren Proben T. krabbei nachgewiesen werden. Für drei weitere Proben konnte keine nad-1 Sequenz für eine finale Differenzierung zwischen T. serialis und T. krabbei generiert werden. In einer anderen Studie an deutschen wild lebenden Wölfen konnte T. krabbei mit einer Prävalenz von 77 % als die häufigste Parasitenspezies identifiziert werden, gefolgt T. hydatigena mit 15 % (LESNIAK et al.

2017b). In Spanien, Italien und Portugal hingegen war T. hydatigena die am häufigsten nachgewiesene Cestodenspezies (GUBERTI et al. 1993; GUERRA et al. 2013;

POGLAYEN et al. 2017; SEGOVIA et al. 2001). LESNIAK et al. (2017b) berichten, dass in Deutschland T. krabbei bei Rehwild am häufigsten vorkommt (4,8 %, hingegen nur 1,9 % T. hydatigena), wohingegen T. hydatigena beim Rotwild am häufigsten zu

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finden ist (6,1 %, hingegen nur 3,7 % T. krabbei). Auch das Wildschwein kann laut LESNIAK et al. (2017b) als Zwischenwirt für T. hydatigena fungieren (Prävalenz von 5,7 %), fungiert jedoch nicht als Zwischenwirt für T. krabbei (PRIEMER et al. 2002).

Die Nahrungszusammensetzung der nordost-deutschen Wolfspopulation besteht zum größten Teil aus Rehwild mit 55,3 % der Biomasse, gefolgt von Rotwild mit 20,8 %, Wildschwein mit 17,7 %, Hasenartigen mit 2,9 % und domestizierten Haustieren mit 0,6 % (WAGNER et al. 2012). Somit wäre eine höhere Detektionsfrequenz von T.

krabbei in der vorliegenden Arbeit bei den wild lebenden Wölfen erwartet worden. Da die in Gehegen gehaltenen Wölfe hauptsächlich mit domestizierten Huftieren gefüttert werden, war die hohe Befallsrate mit T. hydatigena zu erwarten.

Es ist nicht auszuschließen, dass in den Proben der vorliegenden Arbeit auch T.

serialis enthalten war, jedoch war es nicht möglich, alle Proben zu amplifizieren und darüber hinaus aus allen fraglichen Proben differenzierende nad1-Sequenzen zu generieren. T. serialis nutzt als Zwischenwirt hauptsächlich Hasenartige und Nagetiere und konnte bei Wölfen aus Portugal mit einer Prävalenz von 5,9 % (GUERRA et al.

2013) und bei Wölfen aus Spanien mit 2,1 % (SEGOVIA et al. 2003) bzw. 8 % (SEGOVIA et al. 2001) nachgewiesen werden. Da laut WAGNER et al. (2012) Hasenartige knapp 3 % der Beutetiere der analysierten wild lebenden nordost-deutschen Wölfe ausmachen, ist anzunehmen, dass T. serialis auch in der vorliegenden Arbeit präsent war. Bisher gibt es allerdings noch keine Studie, die die Nahrungszusammensetzung der beprobten niedersächsischen Wolfsrudel untersucht hat.

Bei wilden Wölfen aus Portugal wurde hauptsächlich ein Befall mit Taenia spp.

ermittelt, aber 1,5 % der beprobten Tiere wiesen auch Infektionen mit dem zur E.

granulosus-Gruppe gehörenden E. intermedius auf (GUERRA et al. 2013). In der vorliegenden Arbeit konnte weder E. granulosus, welcher jedoch nur sporadisch in Deutschland auftritt, noch E. multilocularis, welcher in Deutschland endemisch ist, bei in Gehegen gehaltenen oder wild lebenden Wölfen nachgewiesen werden. In Tschechien konnten MARTINEK et al. (2001) zum ersten Mal E. mulitlocularis in Kotproben von Wölfen der CEL-Population nachweisen. In Kanada wurde dieser Erreger mit einer Prävalenz von 13 % in einer Sektionsstudie nachgewiesen

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(SCHURER et al., 2014). Anzumerken ist auch, dass in einer Untersuchung an norddeutschen Füchsen die Prävalenz von E. multilocularis-Infektionen zwischen 1991 und 2005 von 5,8 % auf 16,9 % angestiegen ist (BERKE et al. 2008). LESNIAK et al. (2017b) konnten E. multilocularis mit einer Prävalenz von 2 % anhand von Sektionen deutscher Wölfe nachweisen. Somit ist zu vermuten, dass auch bei niedersächsischen Wölfen im Zuge einer Erhöhung der Probenzahl ebenfalls E.

multilocularis nachzuweisen wäre. Generell kann nach den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit jedoch postuliert werden, dass der Umweltkontamination mit zoonotischen Taeniiden durch Wolfskot im Vergleich zu Füchsen nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt.