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4. Übergreifende Diskussion

4.1 Übersicht

Ziel dieser Arbeit war es, die gastrointestinale Helminthenfauna von in Gehegen gehaltenen Europäischen Wölfen (Canis lupus lupus) aus deutschen Zoos mit wild lebenden Wölfen aus Niedersachen zu vergleichen. Eine parasitologische Untersuchung der seit dem Jahre 2000 wieder in Deutschland wild lebenden Wölfe gibt nicht nur Aufschluss über die Helminthenfauna und potenzielle Zoonoserisiken, sondern liefert auch Hinweise auf das Nahrungsspektrum der Wölfe.

In dieser Studie wurden 1041 Kotproben von 72 Europäischen Wölfen aus 14 zoologischen Einrichtungen und insgesamt 18 Gehegen aus ganz Deutschland im Zeitraum von Oktober 2012 bis November 2013 untersucht. Des Weiteren wurden 69 Kotproben von 3 verschiedenen niedersächsischen Wolfsrudeln aus freier Wildbahn zwischen Juni 2013 und Juni 2015 analysiert. Von den Proben wild lebender Wölfe enthielten 60,87 % (42/69) Eier von Wolf-assoziierten Parasiten, bei den Gehegetieren waren es 44,76 % (466/1041).

Zu den nachgewiesenen Parasiten gehören Taeniiden, Hakenwürmer, Rundwürmer, Peitschenwürmer, Haarwürmer und Darmsaugwürmer. Alle gefundenen Parasiten wurden bereits bei wild lebenden Wölfen in Europa nachgewiesen (CRAIG u. CRAIG 2005; HERMOSILLA et al. 2017; LESNIAK et al. 2017b, SEGOVIA et al. 2001). Im Vergleich der wild lebenden zu den Gehege gehaltenen Wölfen war festzustellen, dass die meisten Parasiten mit indirektem Lebenszyklus und/oder Einschaltung paratenischer Wirte signifikant häufiger bei den wild lebenden als bei den Gehege gehaltenen Wölfen auftraten. Hierzu gehören die Taeniiden, A. alata, Capillaria / Eucoleus spp., T. canis und T. leonina. Da die Nahrungszusammensetzung der wild lebenden Tiere sich von der der Gehege gehaltenen Wölfe in großen Teilen unterschied (WAGNER et al. 2012), war dieses Ergebnis zu erwarten.

Auch wurden die Zootiere anthelminthisch behandelt, was die Ergebnisse ebenfalls mutmaßlich beeinflusst hat. Anthelminthische Behandlungen fanden entweder

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strategisch bis zu vier Mal pro Jahr oder nach positiver koproskopischer Untersuchung statt. Dennoch hatten die Behandlungen mit Anthelminthika einen geringeren Einfluss als erwartet, da die Detektionsfrequenz von Hakenwürmern und Trichuris spp. keinen signifikanten Unterschied zwischen Gehege gehaltenen und wild lebenden Wölfen zeigte. Möglicherweise waren die anthelminthischen Behandlungen im Falle der Hakenwürmer nicht frequent genug bzw. es wurden Präparate eingesetzt, die eine ungenügende Wirksamkeit gegen Trichuris vulpis aufwiesen.

Anhand eines generalisierten linearen gemischten Modells wurde außerdem untersucht, ob saisonale Unterschiede im Endoparasitenbefall bei Gehege gehaltenen Wölfen vorliegen, wie es bei anderen Karnivoren, wie z.B. dem Fuchs (REPERANT et al. 2007) und Haushunden (NIJSSE et al. 2016) bereits beschrieben wurde. Für die wild lebenden Wölfe konnte hingegen kein saisonaler Unterschied analysiert werden.

Dies könnte unter anderem darauf zurückzuführen sein, dass die monatlichen Proben nicht individuellen Einzeltieren zugeordnet werden konnten und somit auf Zoo-Ebene gepoolt werden mussten. Ebenfalls könnte eine zu geringe Probenanzahl eine Rolle spielen. Ein saisonales Parasitenmuster bei wildlebenden Wölfen durch An- oder Abwesenheit von Nachwuchs wurde postuliert (BRYAN et al. 2012), da z.B. Toxocara canis v.a. bei Jungtieren vorkommt. Ein saisonales Muster könnte aber auch vom endokrinologischen Status abhängig sein, wie es für den Hund angenommen wird (NIJSSE et al. 2016). Studien mit größerer Probenzahl und auf Einzeltierebene wären vermutlich erfolgversprechender.

Bezüglich der Gehege gehaltenen Wölfe gibt es eine Studie in deutschen Zoos, die Helminthen der Wölfe inkludiert (MARKOWSKI 2013). Hierbei wurden 481 Datenpunkte anhand von Angaben aus Krankendateien, Laborbefunden und Sektionsberichten, hauptsächlich von Timber- und Tundrawölfen aus 12 zoologischen Einrichtungen erhoben. Die von MARKOWSKI (2013) auf diese Weise am häufigsten ermittelten Parasitenspezies stellten Askariden mit knapp 20 %, gefolgt von Kokzidien (13,7 %) und Capillaria spp. (10,2 %) dar. Im Gegensatz dazu traten bei den in Gehegen gehaltenen Wölfen der vorliegenden Studie Ancylostomatidae mit gut 30 % gefolgt von Capillaria spp. mit knapp 20 % am häufigsten auf.

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Aus Polen gibt es noch eine weitere Studie, die Helminthen bei Wölfen in zoologischen Einrichtungen und in freier Wildbahn miteinander vergleicht (SZAFRAŃSKA et al.

2010). Hierbei waren die am häufigsten gefundenen Parasiteneier bei den in Gehegen gehaltenen Wölfen solche von Ancylostomatidae (35,9 %), wobei sich eine ähnlicher Detektionsfrequenz wie in der vorliegenden Arbeit (30,84 %) zeigt. Während in der vorliegenden Arbeit Capillaria / Eucoleus spp. mit 19,88 % den zweithäufigsten Eityp darstellte, war es in der polnischen Studie Trichuris vulpis (15,5%) und Capillaria / Eucoleus spp. konnte nicht nachgewiesen werden. In beiden Studien trat als dritthäufigster Parasit Toxocara canis (3,9 % bzw. 5,19 %) bei den in Gehegen gehaltenen Wölfen auf.

Eier von Alaria alata (87,5 %), Eucoleus aerophilus (31,0 %) und Spirocerca lupi (12,5 %) waren die am häufigsten nachgewiesenen Parasiteneitypen bei freilebenden Wölfen in der polnischen Studie (SZAFRAŃSKA et al. 2010). In der vorliegenden Arbeit hingegen wurde Alaria alata mit einer deutlich geringeren Rate von 3,65 % diagnostiziert. Die Raten von Capillaria / Eucoleus spp. mit 31,88 %, welche in der vorliegenden Arbeit die am häufigsten nachgewiesenen Parasiten bei wilden Wölfen darstellten, waren jedoch vergleichbar zu den frei lebenden Wölfen der polnischen Studie. Die unterschiedlichen Ergebnisse der vorabgenannten und nachfolgenden Studien sind dadurch erklärbar, dass zumeist keine Kotproben untersucht, sondern Sektionen durchgeführt wurden und zudem regionale Klima- und kulturlandschaftliche Unterschiede zwischen Polen (Klima deutlich kontinentaler) und Deutschland bestehen. Auch könnte sich das Beutetierspektrum in einigen Teilen geringgradig unterscheiden und somit zu höherem oder niedrigerem Auftreten von Infektionen mit Helminthen führen.

Eine aktuelle Studie befasst sich mit den Einflussfaktoren auf die Endoparasitenbürde und -zusammensetzung bei wild lebenden Wölfen in Deutschland anhand von Sektionen (LESNIAK et al. 2017b). Dabei wurden T. krabbei und A. alata als die häufigsten Parasitenspezies identifiziert, gefolgt von Crenosoma vulpis, C. plica und C. aerophila (LESNIAK et al. 2017b). Im Vergleich dazu ergaben die koproskopischen Untersuchungen der vorliegenden Arbeit, dass bei wildlebenden Wölfen Eier von Capillaria spp. gefolgt von Taeniidae und bei den in Gehegen gehaltenen Wölfen

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Ancylostomatidae gefolgt von Capillaria spp. am häufigsten ausgeschieden wurden.

Insgesamt ist zu beachten, dass die erhobenen Daten bei vielen Studien auf Sektionen toter Individuen beruhen (GUBERTI et al. 1993; SHIMALOV u. SHIMALOV 2000;

SEGOVIA et al. 2001; LESNIAK et al. 2017b), wodurch sich Differenzen zu koproskopischen Untersuchungen ergeben können.

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