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Biene Maja“ in Beeskow

Im Dokument OPUS 4 | Entdeckendes Lernen (Seite 119-122)

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Nach der letzten Stufe der Novellierung des Kita-Gesetzes und dem daraus geringer wer-denden Personalschlüssel, suchten wir für uns nach Möglichkeiten, diese Veränderung zu kompensieren.

Wir waren unzufrieden mit unserer Arbeit. Der Eindruck, sich von einem zum anderen Tag zu quälen, war bei den Kolleginnen allgegenwär-tig. Die Unzufriedenheit bei den Eltern wuchs dementsprechend auch. Es fehlten immer ein bis zwei Kolleginnen, sei es durch Krankheit, Urlaub oder Weiterbildungsmaßnahmen.

Für uns stellte sich nun die Frage, wie organi-sieren wir unsere Arbeit neu. So dass, die Eltern nicht den Eindruck haben, es seien zu wenige Erzieherinnen vorhanden, auf die Bil-dungsbestrebungen des Kindes eingegangen werden kann und wir Erzieher nicht mehr das ungute Gefühl der Überforderung erfahren.

Wir trafen eine Entscheidung. Jede Erzieherin geht bis auf 30 Wochenstunden Arbeitszeit zurück. Somit konnten drei weitere Kollegin-nen eingestellt werden. Das brachte aber noch nicht die erhoffte Veränderung. Die Eltern waren im ersten Moment über die erhöhte Erzieheranzahl erfreut und beruhigt.

Aber in unserem Team stellte sich die erhoff-te Zufriedenheit noch nicht ein.

In den Teambesprechungen gingen wir zu den grundlegenden theoretischen Themen unserer Bildungs- und Erziehungsarbeit zurück.

Welches Bild vom Kind haben wir?

Wie ist die Rolle der Erzieherin zu sehen?

Wie gestalten wir unsere pädagogische Arbeit?

Wir stellten fest, unser bisheriges Bildungs- und Erziehungskonzept war neu zu überdenken.

Von den altherkömmlichen Strukturen mus-sten wir uns schweren Herzens trennen (z. B.

Gruppenarbeit – zwei Erzieher mit 24 Kin-dern). Sie boten uns bis dahin Sicherheit.

Jahrelang hatten wir unseren Blick nur gera-de aus gerichtet. Wir bewegten uns auf siche-rem Terrain. Es wurde immer so gearbeitet, warum auch nicht in Zukunft. Nach links und rechts zu schauen, neue Möglichkeiten aus-zuprobieren, war nicht zwingend notwendig gewesen. Das war nun endgültig vorbei.

Wir machten uns auf den Weg und besuchten andere Kindereinrichtungen, um Anregungen zu finden, welche Möglichkeiten es gibt, die Arbeit neu zu strukturieren und zu organisie-ren. Wir konnten erstmals beobachten wie Anschrift: DRK – Kita: „Biene Maja“

Rathenaustr. 3 15848 Beeskow Tel. 03366/20586 Ansprechpartnerin: Frau Jurisch

WAS – WANN – WO 119 offene Arbeit in der Praxis aussehen kann. Für

uns war sie bis zu dem Zeitpunkt nur ein theo-retischer Begriff. Wir hatten kein Bild vor Augen, wie die offene Arbeit aussehen könnte.

Bei diesen Besuchen konnten wir nun beob-achten, was nach außen hin sichtbar für uns war – die klare Raumstruktur. Was sich aber hinter der offenen Arbeit für das ungeübte Beobachterauge verbirgt, das haben wir auf unserem Weg jeder von uns in unterschiedli-cher Art und Weise erlebt.

Wir haben Möglichkeiten ausprobiert, sie ver-worfen, Fehler gemacht und wieder nach neuen Wegen gesucht. So z. B. führten wir den Tag der offenen Türen ein. An diesem Tag konnten die Kinder sich in unserem zwei-stöckigen Haus frei bewegen und auswählen, welches Bildungsangebot sie annehmen wol-len. Die Erzieherinnen waren für unterschied-liche Angebote verantwortlich. Das Treppen-haus musste von einer Erzieherin beaufsich-tigt werden.

Dieser offene Tag wurde von den Kindern erst einmal zum ungestörten freien Bewegen im ganzen Haus genutzt. Nach einer ganz kur-zen Phase des Ausprobierens, verwarfen wir diese Möglichkeit.

Ein zweiter Versuch war der offene Tag in der Etage. Auch hier konnten die Kinder selbst entscheiden, welches Angebot und welchen Raum sie nutzen wollten. Bei diesem Versuch waren die Erzieherinnen zufriedener. Die Für-sorge- und Aufsichtspflicht konnte beruhigter erfüllt werden. Aber uns beschlich ein ungut-es Gefühl. Es war eine Aktion in der Woche, bei der alles anders lief als sonst. Die Kinder

wurden losgelassen, sie hatten an diesem Tag die Möglichkeit selbständiger zu sein als an den übrigen Tagen der Woche. Ein Wider-spruch der uns immer deutlicher wurde. Aber noch etwas passierte mit den Erzieherinnen.

Sie mussten ihre Kinder abgeben. Es kam vor, dass die Kinder meiner Gruppe sich an diesem Tag nicht einmal bei mir aufhielten.

Sie mit der anderen Kollegin viel besser spie-len konnten, ihr mehr erzählten, ihre Nähe suchten. Wir begannen zu ahnen, dass offe-ne Arbeit unsere bisherige Sichtweise völlig andern wird.

Öffnung kann sich nicht nur in solchen Akti-onstagen zeigen, sie muss täglich gelebt wer-den und sich in wer-den kleinsten Dingen wieder-spiegeln. Wir fingen damit an, uns in den Eta-gen zu öffnen, in solchen Situationen wie Mahlzeiten, Mittagsschlaf und Spiel im Frei-gelände. Wir bemerkten eine erhebliche Eins-parung an Personal. Es wurde zu Beginn viel ausprobiert, abgewogen und neu organisiert.

Während dieser schwierigen Anfangszeit wur-den wir durch Supervision begleitet. Jede Kol-legin musste in diesem Kreis über ihre Ansichten, Erfahrungen, Befürchtungen und Erfolge sprechen. Jeder Erzieherin wurde die Zeit gelassen, über ihre Zweifel zu reden. Es wurden Teilschritte festgelegt, ausprobiert und ausgewertet. Erst wenn alle Kolleginnen bereit waren, ging es zum nächsten Schritt.

Während dieser Zeit erhielt die offene Arbeit in unserem Haus ein immer deutlicheres Bild.

Wir beantworteten uns die Frage, welches Ziel verfolgen wir mit dem Konzept der offe-nen Arbeit in unserer Einrichtung. Mit den

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Eltern mussten wir sehr vorsichtig über dieses Konzept reden. Aber aus den Erfahrungen und Ergebnissen konnten wir deutliche Erfol-ge vorweisen. Die Kinder können unter die-sen Bedingungen deutlich selbständiger und selbstbewusster werden. Die eigene Auswahl mit welchen Inhalten sich das Kind beschäf-tigt, hat eine größere Engagiertheit zur Folge.

Immer wieder waren Elternabende notwen-dig, um die Eltern auf unserem Weg mitzu-nehmen.

Nicht außer Acht lassen dürfen wir hierbei die neue Qualität der Zusammenarbeit der Er-ziehrinnen. Verantwortlichkeiten mussten neu festgelegt werden, Absprachen getroffen wer-den und vor allen Dingen musste tagtäglich nach diesen gearbeitet werden. Hielt sich eine Kollegin nicht an die Absprache, fiel die ganze Organisation zusammen.

Ein wichtiger Bestandteil der offenen Arbeit ist die fachliche Auseinandersetzung unter den Erzieherinnen. Hier zeigt sich Teamfähigkeit.

Auf diesem Weg haben wir uns von einigen Mitarbeiterinnen trennen müssen.

In diesem Stadium bewarben wir uns um die Teilnahme am 10-Stufen-Projekt Bildung.

Nach der ersten Zusammenkunft konnten wir das Ausmaß der auf uns zu kommenden Ver-änderungen nur ahnen. Wir haben das Für und Wider der Entscheidung gründlich abge-wogen. Mit einer Gegenstimme starteten wir in das Projekt. Wir begannen noch einmal, uns mit den Grundlagen von Bildung und Erziehung auseinander zusetzen.

Es war ein sehr anstrengender Prozess, aber wir wollen die wichtigen A-ha-Erlebnisse nicht missen. Jeder von uns war nun wieder ganz

bewusst ein Lernender und machte dabei seine eigenen Erfahrungen und gelangte zu völlig neuen Erkenntnissen (z. B. zu der Frage: Wie lernt ein Kind?).

Es war ein großer Vorteil für uns, da wir schon mit der Öffnung begonnen hatten. Durch die Gestaltung flexibler Arbeitszeiten konnten wir uns Möglichkeiten für Beobachtungen und deren Auswertungen schaffen. Die organisa-torische Hürde hatten wir schon begonnen zu nehmen.

Ein wichtiger nächster Schritt war die völlige Neustrukturierung der Räume. Wir taten uns damit sehr schwer. Halbherzig begannen wir die Räume, entsprechend der Bildungsberei-che zu verändern. Immer wieder gingen wir in den Teambesprechungen durch die Räume und überprüften, ob das bereitgestellte Mate-rial die Kinder anregen wird, sich mit ihm zu beschäftigen. Aber auch dieser Prozess braucht seine Zeit. Auch heute noch sind die Bereiche nicht immer völlig klar strukturiert.

Spätestens, wenn unsere Beobachtungen über die Bildungsbewegungen des Kindes nicht aussagekräftig sind, ist zu überprüfen ob das geeignete Material zur Verfügung steht.

Wir befinden uns auf dem Weg unsere Arbeit neu zu überdenken und dementsprechend zu verändern. Die Rolle des Lernenden einzu-nehmen bedeutet, sich immer wieder selbst herauszufordern.

In diesem Sinne laden wir interessierte Erzieherinnen, Leiterinnen in unser Haus ein.

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