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Beziehung zwischen verschiedenen Messgrößen im Plasma bei der Gesamtzahl der Hunde

Neben der Beziehung zwischen der Plasma-TBARS- und MDA-Konzentration zeigten sich für die Gesamtzahl der untersuchten Hunde deutliche positive Abhängigkeiten u.a. zwischen beiden angeführten Messgrößen und dem Anteil der hochgradigen Lymphozyten-DNA-Schädigungen im Komet-Test (Tabelle 22). Des Weiteren zeigte sich eine auffällige negative Beziehung zwischen der Albuminkonzentration und den TBARS- und MDA-Konzentrationen des Plasmas (Abb. 4; 5).

74 Tabelle22: Spearman-Rangkorrelationskoeffizienten(rs) für dieBeziehungzwischenMessgrößen des oxidativen Stresses, der antioxidativen Abwehr und Plasmalipidsubstanzenbeim Hund.

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y=0.075+ (2.18 * x)

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90

0 5 10 15 20 25 30 35 40

MDA Plasma (nmol/mg Plasmaprotein) TBARS Plasma (nmol/ mg MDA Plasmaprotein)

rs=0,731 P<0,001

Abb. 4: Beziehung (rs=Korrelationskoeffizient nach Spearman, lineare Regression) zwischen den Plasmakonzentrationen von Malondialdehyd (MDA) und Thiobarbitursäure-reaktiven Substanzen (TBARS) im Plasma von Hunden (n=80).

y=41.8 - (9.16 * x)

0 20 40 60 80 100

0.0 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0

Albumin (g/dl) TBARS Plasma (nmol/ mg MDA Plasmaprotein)

rs=-0,726 P<0,001

Abb. 5: Beziehung (rs=Korrelationskoeffizient nach Spearman, lineare Regression) zwischen den Albumin-Werten und Thiobarbitursäure-reaktiven Substanzen (TBARS) im Plasma von Hunden (n=80).

76 5 DISKUSSION

In der vorliegenden Studie wurden, unter Anwendung unterschiedlicher Messmethoden, Parameter des oxidativen Stresses bei Hunden mit Lebererkrankungen mit drei unterschiedlichen Probandengruppen (Hunde mit Kreuzbandriss, gemischte Gruppe unterschiedlicher Weichteilerkrankungen und Kontrollgruppe) verglichen, um zu untersuchen, inwieweit sich gruppenabhängige Unterschiede bei Messgrößen des oxidativen Stresses zeigen.

5.1 Methodische Vorversuche

Einfluss der Elektrophoresedauer auf das Ergebnis des Komet-Tests

In der vorliegenden Studie wurde für den Komet-Test mit 15 Min eine kürzere Elektrophoresedauer verwendet als die von anderen Autoren unter analogen Bedingungen (25-30 Volt; 300mA) beim Hund meist angewandten 20–30 Min (SHEN et al., 2001;

HEATON et al., 2002a; HEATON et al., 2002b; WATERS et al., 2003; BLOUNT et al., 2004). In diesem Vorversuch zeigte sich, dass sich der Anteil der intakten DNA von einem Mittelwert von 92,4% bei 15 Min Elektrophoresedauer, der eine gute Diskreminierung von pathologischen Werten erwarten ließ und letztlich auch ermöglichte, auf einen Mittelwert von 59,5% bei 20 Min. erniedrigt hatte. Hierin spiegelt sich vermutlich eine Manipulationen der DNA aufgrund von verlängerter Inkubationszeit wider, denn für die zu vergleichenden Präparate wurde dasselbe Elektrophoresegerät verwendet, um Fehler in den Ergebnissen aufgrund unterschiedlicher Geräteeigenschaften zu vermeiden. Es ergab sich auf diese Weise allerdings eine Wartezeit des zweiten Präparates auf dem Eis mit verlängerter Inkubation in FCS-Medium-Mischung, während das erste Präparat der Elektrophorese unterzogen wurde.

Auch im Hinblick auf die – nicht erwartete – erhebliche Zunahme der Schädigung bei der längeren Elektrophoresedauer muss deshalb kritisch angemerkt werden, dass für den Vergleich der Elektrophoresedauern die Eislagerung für die jeweils andere Probe nicht alternierend erfolgte. Beeinträchtigungen der ungeschützten DNA durch UV-Lichteinwirkungen können allerdings weitgehend ausgeschlossen werden, da die in der

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Literatur geforderten Dunkelkammer-Bedingungen erfüllt wurden. Selbst nach umfangreichen Literatur-Recherchen konnte unter den Veröffentlichungen kein Vergleich verschiedener Elektrophoresedauern des Komet-Tests gefunden werden. In methodischen Übersichtsarbeiten zu dem methodisch nicht standardisierten Komet-Test (FAIRBAIRN et al., 1995) werden z.B. für verschiedene Zellarten verschiedener Spezies Elektrophoresdauern von 10–60 Min (ROJAS et al., 1999; bei 0,8–1,5 V/cm und 300mA), 15–25 Min (McKELVEY-MARTIN et al., 1993; bei 20V bis 25V bei 300mA, und von 5–40 Min bei (TICE et al., 2000;

bei 0,7 bis 1,0 V/cm) angegeben. Die Berichte beschäftigen sich größtenteils mit der Spezifikation und Diskussion der Elektrophoresebedingungen Stromspannung und Stromstärke, wobei die Abhängigkeit des Faktors Elektrophoresedauer nicht einzeln verglichen wurde (ROJAS et al., 1999; TICE et al., 2000; HARTMANN et al., 2003; FAUST et al., 2004). Die überwiegend längere Elektrophoresedauer anderer Studien dürfte mit der abweichenden Fragestellung begründet werden. Der Schwerpunkt der in der Literatur vorhandenen Studien liegt auf der Untersuchung der Einflüsse unterschiedlicher toxischer Stoffe, reaktiver Spezies, UV-Bestrahlung, Röntgen-Strahlung, Schädigung spezifischer Enzyme, Antioxidantien und/oder ähnlicher Stoffe (McKELVEY-MARTIN et al., 1993;

ROJAS et al., 1999; TICE et al., 2000; HARTMANN et al., 2003; FAUST et al., 2004).

Durch die Ausweitung der Elektrophoresedauer können kleine, aber immer noch signifikante Schweife immer in einer Population von „scheinbar“ unbeschädigten Kontrollzellen produziert werden (VAGHEF et al., 1996; HELLMAN et al., 1997; FAUST et al., 2004). In Ermangelung der technischen Voraussetzungen, u.a. der entsprechenden Software, wurde der Komet-Test in der vorliegenden Studie nach der klassischen optischen Zählung der Kometen bzw. Ermittlung des Anteils der geschädigten DNA und Klassifikation deren Schweregrades vorgenommen. Dies lieferte jedoch ein adäquates Ergebnis, um mögliche Beziehungen zwischen Lymphozyten DNA-Schädigungen, LPOs-Produkten und antioxidativer Kapazität zu untersuchen. Im Gegensatz dazu wird in anderen aktuellen Studien überwiegend eine computergestützte Auswertung des Schweregrades an zuvor visuell selektierten DNA-Aufträgen einzelner Zellen vorgenommen (ASHBY et al., 1995; FAIRBAIRN et al., 1995;

HELLMAN et al., 1997; BÖCKER et al., 1999; TICE et al., 2000; LEE et al., 2004; FAUST et al., 2004).

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Einfluss der Zellfraktion auf das Ergebnis des Komet-Tests

Im Hinblick auf eine möglichst rasche und schonende Separierung der Lymphozyten wurde in der vorliegenden Studie nur ein Separationszyklus für die Lymphozytenisolierung durchgeführt, zumal durch weitere Separationszyklen keine signifikante Erhöhung des Reinheitsgrades zu erzielen war. Auf mögliche Zellschäden durch den Separationsprozess weisen auch HELLMAN et al. (1997) hin. Die „Kontamination“ der Lymphozytenfraktion mit durchschnittlich 24% anderen Blutzellen konnte dabei offensichtlich bedenkenlos in Kauf genommen werden, da keine signifikante Korrelation zwischen dem Anteil verschiedener Zellen und dem Ergebnis nachweisbar war. Diese Befunde passen zu identischen Angaben in den Studien von McKELVEY-MARTIN et al. (1993) und HELLMAN et al. (1997) und lassen sich auch daran ablesen, dass die Heterogenität der DNA-Schäden heterogener Populationen mit Variationskoeffizienten unter 20% relativ klein ist, sofern die Bedingungen der Lyse und Elektrophorese optimiert sind (McKELVEY-MARTIN et al., 1993).

Andererseits kann nach WATERS et al. (2007) sogar die Sensitivität der einzelnen Lymphozyten unterschiedlich sein.

Einfluss der Lagerung des Blutes auf Eis auf das Ergebnis des Komet-Tests

Entgegen der Originalvorschrift für den Menschen, die eine mögliche Lagerung der Blutproben für den Komet-Test für bis zu eine Stunde auf Eis angeben (JENKINSON et al., 1999), muss nach den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung beim Hund hiervon dringend abgeraten werden. Auch hier deutet sich eine höhere Empfindlichkeit caniner Lymphozyten an. Allerdings empfehlen auch TICE et al. (2000) generell und spezies-übergreifend eine frische Verarbeitung von Proben. Bereits beim gesunden Hund lag nach einstündiger Lagerung auf Eis eine hochgradige Zunahme der DNA-Schädigungen (Mittelwert von 7,8% auf 79,4%) festzustellen, womit eine sichere Erkennung von pathologischen Zuständen kaum möglich erscheint. Ursächlich verantwortlich für die DNA-Schädigungen könnte eine Kristallisation der flüssigen Bestandteile der Blutzellen sein, wodurch Zellbestandteile geschädigt werden. Ein Faktor könnte die Exposition des auf Eis

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gelagerten Röhrchens gegenüber UV-Licht darstellen, das die Lymphozyten-DNA schädigen kann (De WITH et al., 1994).

5.2 Einfluss der Narkose

Der hier im Rahmen von Narkosen beschriebene geringfügige MDA-Anstieg im Plasma stimmt sehr gut mit diversen Literaturangaben (Hund: El-BASSIOUNI et al., 1998;

NAZIROGLU und GÜNAY, 1999; Ratte: KIM et al., 2006) überein. KIM et al. (2006), die einen signifikanten MDA-Anstieg nach 60 Min Narkose mit Isofluran im Plasma und in der Leber von Ratten feststellen, erklären diesen Befund mit dem gentoxischen Effekt des Isoflurans. Nach El-BASSIOUNI et al. (1998) ist der Hypoxie-bedingte Anstieg an freien Radikalen, der die antioxidativen Abwehrmechanismen der Leber (u.a. SOD) übersteigt, der primäre Grund für den MDA-Anstieg in Plasma und Leber. Die weiterhin mit dem Komet-Test nach einstündiger Narkose festgestellten DNA-Schäden in den Lymphozyten deckten sich ebenfalls mit den Ergebnissen aus Studien beim Menschen nach Narkose mit Sevofluran (ALLEVA et al., 2003) bzw. vergleichend Sevofluran oder Isofluran bei Patienten mit leichter Bauchoperation (KARABIYIK et al., 2001) und der Ratte mit Isofluran (KIM et al., 2006).

Hierzu passt, dass für Isofluran in vitro eine dosierungs- und zeitabhängige Induktion von Apoptose in peripheren Lymphozyten gezeigt wurde (KIM et al., 2006). DNA-Schädigungen können auch mit dem gentoxischen Effekt des Isoflurans in Verbindung gebracht werden (KIM et al., 2006). Das bei verschiedenen klinisch-chemischen und hämatologischen Messgrößen beobachtete signifikante, gleichwohl absolut gesehen allenfalls moderate Absinken kann wahrscheinlich mit der Infusions-Versorgung der Patienten während der Narkose, bei den hämatologischen Veränderungen zudem mit Umverteilungen (vermehrter Milzspeicher von Erythrozyten, erhöhter marginaler Pool von Neutrophilen) erklärt werden.

Inhalationsanästhetika verursachen wegen ihrer negativen Inotropie bzw. vasodilatativen Wirkung generell eine Hypotonie. Während nahezu jeder Anästhesieart kommt es zu einem Absinken des Blutdruckes und der Konzentration der Blutzellen. Während der Narkose wird das Blut besonders beim Hund in der Milz und in der Leber gespeichert (ERHARDT et al., 2004). In anderen Studien wird teilweise keine Veränderung von klinisch-chemischen und hämatologischen Messwerten während einer Inhalationsnarkose beim Hund gefunden. Die

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Differenz könnte dadurch zustande gekommen sein, dass möglicherweise hier – im Gegensatz zur vorliegenden Studie – keine Infusion erfolgte. Letzteres lässt sich jedoch nicht genau nachvollziehen, da hierzu in den zitierten Studien keine Angabe erfolgte. APAYDIN und KOC (2005) finden bei gesunden Hunden z.B. keine Auswirkungen einer einstündigen Isofluran-Narkose auf die Leberenzyme und Blutwerte bei Hunden und KRAMER et al.

(2008) berichtet, dass sich die Plasmaaktivitäten von ALT, GLDH und AP vor und nach der Narkose mit Sevofluran nicht nennenswert unterschieden. DÜZGÜN und PERK (1998) finden nach einer Narkose mit Isofluran und Ketamin ebenfalls keine signifikanten Unterschiede für verschiedene Labormessgrößen (ALT, AP, Aspartat Aminotransferase und Leukozyt, Erythrozyt oder Hämatokrit) zwischen der Kontrollgruppe und einer Gruppe von Hunden mit unterschiedlichen Erkrankungen. Auch NAZIROGLU und GÜNAY (1999) messen nach 30-minütiger Inhalation-Narkose mit Enfluran (Prämedikation: Xylazin und Penthotal) keine signifikanten Veränderungen von Cholesterol, Gesamteiweiß, Triglyzeriden und Erythrozyten, jedoch eine Erniedrigung der Leukozytenzahl und einen Anstieg von

Aspartat Aminotransferase, ALT und Albumin. Bei dem fehlenden kurzzeitigen Enzymanstieg

als Messgröße einer Leberzellschädigung zeigte sich die geringe Metabolisierung des Isoflurans durch mikrosomale Enzyme der Leber sowie durch Zytochrom P450 im Vergleich zu anderen Inhalationsanästhetika (APAYDIN und KOC, 2005). Nur 0,2% des Isoflurans werden metabolisiert, zum Vergleich: bei Sevofluran werden 2%, bei Halothan 20%

metabolisiert (ROSENAK et al., 1989; APAYDIN und KOC, 2005). Nicht untersucht wurden in der vorliegenden Studie hingegen mögliche längerfristige Folgen der Isoflurannarkose. So wird in verschiedenen Studien von einem Anstieg der Leberenzyme im Zeitraum von 2–7 Tagen nach der Isofluran-Narkose berichtet (YAMAZOE et al., 1998; TOPAL et al., 2003), die vermutlich zumindest teilweise auf eine Enzyminduktion zurückzuführen sein dürfte.

Weitere Ergebnisse der Probenauswertung ergaben, dass der NEFA-Mittelwert von 1,34 µmol/ml auf 0,47 µmol/ml gesunken war. Verantwortlich für diesen Unterschied war in erster Linie der außergewöhnlich hohe Ausgangswert, der deutlich über den Referenzwerten lag.

Hierin kann einerseits zum Ausdruck kommen, dass sich die Patienten bei der ersten Blutentnahme vor Einleitung der Narkose in einer Stresssituation befanden und somit kurzzeitig vermehrt NEFA ausgeschüttet wurden. Diese These stimmt mit einer Vielzahl anderer Berichte überein, in denen erwähnt wird, dass körperliche Belastung, Hunger und

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Stress die NEFA-Konzentration im Plasma erhöhen können (FRAYN et al., 1997; HAYAT, 2001; HONG et al., 2008). Überdies wird die Annahme durch die Aussage von HONG et al.

(2008) bekräftigt, wonach Adrenalin ein Lipolyse-stimulierendes Agens ist, das in Stresssituationen eingesetzt wird und daher für die Erhöhung der NEFA verantwortlich sein kann. Andererseits trägt zu dem vor der Narkose hohen NEFA-Ausgangswert sicherlich bei, dass die Tiere vor der Narkose gefastet haben, was sich mit Ergebnissen aus Studien von FRAYN et al. (1997) (Mensch) und McCLELLAND et al. (1995) (Hund) deckt, in denen nachgewiesen wird, dass die Plasma- NEFA-Konzentration bei gesunden Individuen nach einem Fasten über Nacht am höchsten liegt, da der Körper in dieser Situation seine gespeicherten Energiereserven beansprucht. Laut FRAYN et al. (1997) könnte der Anstieg der NEFA-Konzentration während des Fastens die Mobilisation von Fettgewebe-NEFA widerspiegeln, die durch das Absinken des Insulins und Wegfall von dessen anti-lipolytischem Effekt vermittelt wird. Ein wichtiger Aspekt, der bisher noch nicht erwähnt wurde, ist die nach LEAF (2001) und OTTON et al. (2007) generell toxische Wirkung von NEFA. Unter Betrachtung dieses Aspekts könnte schlussfolgernd eine Beteiligung von NEFA (neben Narkosemittel und Hypoxie) an den akuten DNA-Schäden und der MDA-Erhöhung nach einstündiger Narkose angenommen werden. In diesem Kontext ist es z.B. OTTON et al.

(2007) gelungen, in isolierten humanen Lymphozyten durch Zusatz von freien Fettsäuren zum Kulturmedium eine intrazellulär und extrazellulär vermehrte RSS-Produktion nachzuweisen.

Überraschenderweise war im Hinblick auf die Auswirkung der Narkose auf Messgrößen des oxidativen Stresses kein Unterschied zwischen gesunden Tieren und erkrankten Tieren (vier Hunde mit Kreuzbandriss, drei mit Weichteilerkrankung) festzustellen, wo durch die Vorbelastung durch Krankheit eventuell deutlichere Effekte zu erwarten gewesen wären.

Inwieweit die Anzahl der Proben von erkrankten Tieren nicht ausgereicht und/oder die unterschiedlichen Erkrankungen verschiedenartige Effekte in Bezug auf die Narkose gehabt haben könnten, ist unklar. Analoge Studien lassen sich der zugänglichen Literatur nicht entnehmen.

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