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Bewertung des Bestands

4.5   Schutzgut Tiere – Makrozoobenthos

4.5.3   Beschreibung und Bewertung des Zustands der Umwelt

4.5.3.4   Bewertung des Bestands

Die Bewertung des Bestands erfolgt anhand eines fünfstufigen Bewertungsrahmens (Tabelle 4.5-23) in Anlehnung an den Leitfaden zur Umweltverträglichkeitsprüfung an Bundeswasserstrassen (BMVBS 2007, BfG 2011) und das Bewertungsverfahren der Wasserrahmenrichtlinie zur Beurteilung des

öko-logischen Zustandes der Komponente Makrozoobenthos. Die Zuordnung zu den Wertstufen erfolgt verbal-argumentativ.

Die Herleitung eines projektspezifischen Bewertungsrahmens erfolgt in Anlehnung an die Begriffsbe-stimmungen der Europäischen Wasserrahmen-Richtlinie (EU-WRRL, Anh. V) zur Beurteilung des ökologischen Zustandes von Flüssen, Übergangs- und Küstengewässern anhand der Qualitätskom-ponente Makrozoobenthos. Prinzipiell basiert die Bewertung des ökologischen Zustands auf einer ungestörten Referenzbiozönose, die jedoch bislang für das Emsästuar nicht definiert wurde. Zudem wurden das Übergangsgewässer des Emsästuars und die Ems als HMWB (Heavy Modified Water Body) eingestuft (FGG Ems 2009, NLWKN 2010a,b), so dass gemäß EU-WRRL nicht der "ökologi-sche Zustand" sondern das Erreichen eines "ökologi"ökologi-schen Potentials" zu bewerten ist.

Für die Bewertung der Übergangsgewässer gemäß EU-WRRL existiert für das Makrozoobenthos in Deutschland derzeit kein einheitliches Bewertungsverfahren (Adolph et al. 2007). Krieg (2005, 2006) hat für die Tideelbe den Ästuar-Typie-Index zur Bewertung des ökologischen Zustands der Qualitäts-komponente Makrozoobenthos entwickelt. Der Index bewertet vor allem das Vorhandensein autökologisch eng an das Ästuar gebundener Taxa, nicht den Fehlbetrag im Vergleich zu einer histo-rischen Referenzönose. Jedoch ist der Index nicht ohne eine regionalspezifische Kalibrierung und Testphase auf das Emsästuar übertragbar, da die großen Ästuare Ems, Weser und Elbe einen indivi-duellen Flusscharakter aufweisen, der sich im Vorkommen lokaler Faunenelemente widerspiegelt (Krieg 2006). Ein anderer Ansatz ist die Bewertung bezogen auf eine historische Referenzzönose. Für das Emsästuar liegt jedoch kein historischer Referenzzustand des Makrozoobenthos vor und kann in Ermangelung historischer Daten auch nicht hinreichend beschrieben werden (IBL Umweltplanung 2005, Bioconsult 2008b). IHF (1997) hat eine historische Referenzzönose für das Elbe-Ästuar erstellt.

Eine Übertragbarkeit der historischen Referenzzönose des Elbe-Ästuars auf das Emsästuar ist jedoch in nur sehr begrenztem Umfang möglich. Hierbei ist vor allem zu berücksichtigen, dass die Ems ein deutlich kleineres Gewässer als die Elbe ist. Entsprechend sind in der Ems, besonders im mesohalinen bis limnischen Bereich wahrscheinlich weniger Arten zu erwarten als in der Elbe.

Für das äußere Übergangsgewässer der Ems, also den meso- und polyhalinen Bereich, wird derzeit eine Bewertung mit dem AMBI bzw. M-AMBI vorgeschlagen (BLMP 2010). Beim M-AMBI fließen ne-ben dem AMBI zusätzlich die Artenzahl und die Shannon-Diversität in die Bewertung ein (Muxica et al.

2007). Van der Molen (2004) hat für das Makrozoobenthos der Übergangsgewässer der belgisch-niederländisch-deutschen Region eine Referenzartenliste von insgesamt 117 Arten aufgestellt. Diese Referenzartenliste wird bei Bewertung des Makrozoobenthosbestands berücksichtigt. Der Referenz-zustand sollte gemäß van der Molen (2004) 75% der Arten der Referenzartenliste enthalten. Für die Unterems werden zur Beschreibung der dort zu erwartenden Makrozoobenthoszönose ergänzend ältere Untersuchungen von Arntz et al (1992) und IBL Umweltplanung (1994) und darin zitierte Arbei-ten sowie Ysebaert et al. (1998) herangezogen. In Ysebaert et al. (1998) wurden verschiedene Makrozoobenthoserfassungen, die im Zeitraum 1980 bis 1990 in der Ems erhoben wurden, ausgewer-tet. Weiterhin werden die Untersuchungen von Rhode (1982) berücksichtigt, die sich jedoch auf die Wattflächen der Ems beschränkten.

Das offene Küstengewässer und das Küstenmeer des Ems-Ästuars sind als "natürlich" eingestuft (NLWKN 2010a,b) und entsprechend ist hier der ökologische Zustand bewertungsrelevant. Zur Be-wertung des ökologischen Zustands des Makrozoobenthos der Küstengewässer wird derzeit der AMBI bzw. M-AMBI (Muxica et al. 2007) vorgeschlagen (BLMP 2010). Die Beschreibungen der charakteris-tischen Makrozoobenthosgemeinschaften der offenen Küstengewässer von Grotjahn (2006) und van der Molen (2004) werden bei der Bestandsbewertung ergänzend berücksichtigt.

Weiterhin berücksichtigt der Bewertungsrahmen das Vorkommen genuiner Brackwasserarten ent-sprechend der Salinitätszone, das Vorkommen gefährdeter Arten der Roten Listen sowie die Domi-nanz von Neozoa und den Häufigkeitsanteil sensitiver Arten. Genuine Brackwasserarten sind in Aus-breitung und Reproduktion auf die Brackwasserzone der Übergangsgewässer beschränkt. Entspre-chend ihrer engen Lebensraumbinding sind sie für die Brackwasserzone des Ästuars besonders be-wertungsrelevant (KÜFOG 2006). Das Auftreten von Brackwasserarten wird im Bereich der Küsten-gewässer und der limnischen Teilbereiche nicht zur Bewertung des Makrozoobenthosbestands her-angezogen. Der Nachweis von gefährdeten Arten kann allgemein zu einer Aufwertung des jeweiligen Lebensraumes führen, insbesondere wenn Nachweise von Arten höherer Gefährdungsstufe (Rote Liste 1-3) vorliegen. Eine hohe Dominanz der Neozoa, insbesondere wenn deren Auftreten anthropo-gen bedingt ist (Neozoa actualia), wird allgemein als Zeichen für eine stark veränderte Lebensge-meinschaft angesehen. Entsprechend wird ein hoher Häufigkeitsanteil von Neozoa actualia als nega-tiv bewertet. Auch beim Ästuar-Typie-Verfahren nach Krieg (2005) wird den Neozoa, die in jüngerer Zeit in die Ästuare eingewandert sind (i.e. Neozoa actualia), der geringste Wert zugeordnet. Die Be-wertung sensitiver Arten orientiert sich weitgehend anhand der Klassifizierung nach ökologischen Gruppen gemäß des AMBI-Verfahrens (Borja et al. 2000, Muxica et al. 2005), welche im Wesentlichen auf der Fortpflanzungsstrategie und der Konkurrenzkraft (r- und K-Strategie) des jeweiligen Taxons und seiner Toleranz gegenüber Stress basiert. Bei der Einstufung der einzelnen Bewertungsparame-ter wird auf die Besonderheiten der einzelnen Salinitätszonen bzw. Teilbereiche eingegangen, die z.

T. eine unterschiedliche Gewichtung der einzelnen Bewertungskriterien erfordern.

Tabelle 4.5-23: Bewertungsrahmen – Schutzgut Tiere – Makrozoobenthos Wertstufe Definition der Wertstufe Ausprägung der Leitparameter

5 sehr hoch Bereich mit sehr hoher Bedeutung für das Makro-zoobenthos

Artenzusammensetzung, -zahl und Abundanz entsprechen voll-ständig oder nahezu vollvoll-ständig den Bedingungen bei Abwesenheit störender Einflüsse (d.h. dem ökologischen Referenzzustand bzw.

Potenzial).

Die Anzahl an Brackwasserarten entsprechend der Salinitätszone und die Dominanz sensitiver Arten sind sehr hoch. Die Dominanz der Neozoa19 ist sehr gering.

Der AMBI20 erreicht Werte, die indikativ für einen sehr guten ökolo-gischen Zustand sind, und die Artenzahl und Diversität ist sehr hoch.

Es kommen viele gefährdete bzw. geschützte Arten in zum Teil hoher Dichte vor.

4 hoch Bereich mit hoher Bedeu-tung für das Makrozooben-thos

Aufgrund anthropogener Einflüsse auf die physikalisch-chemischen und hydromorphologischen Qualitätskomponenten weichen Arten-zusammensetzung, -zahl und Abundanzen geringfügig von den typspezifischen Gemeinschaften ab.

Die Anzahl an Brackwasserarten entsprechend der Salinitätszone und die Dominanz sensitiver Arten sind hoch. Die Dominanz der Neozoa19 ist gering.

Der AMBI20 erreicht Werte, die indikativ für einen guten ökologi-schen Zustand sind, und die Artenzahl und Diversität ist hoch.

Es kommen viele gefährdete bzw. geschützte Arten vor, wobei viele davon in nur geringen Dichten auftreten.

3 mittel Bereich mit mittlerer Be-deutung für das Makro-zoobenthos

Aufgrund anthropogener Einflüsse auf die physikalisch-chemischen und hydromorphologischen Qualitätskomponenten weichen die Artenzusammensetzung, -zahl und Abundanzen mäßig von den typspezifischen Gemeinschaften ab.

Es sind eine mittlere Anzahl an Brackwasserarten entsprechend der Salinitätszone und eine mittlere Dominanz sensitiver Arten anzutref-fen. Neozoa19 haben eine mittlere Dominanz.

Der AMBI20 erreicht Werte, die indikativ für einen mäßigen ökologi-schen Zustand sind, und die Artenzahl und Diversität ist mittel.

Gefährdete Arten kommen vor.

2 gering Bereich mit geringer Be-deutung für das Makro-zoobenthos

Aufgrund anthropogener Einflüsse auf die physikalisch-chemischen und hydromorphologischen Qualitätskomponenten weichen die Artenzusammensetzung und Abundanzen deutlich von den typspe-zifischen Gemeinschaften ab.

Die Anzahl an Brackwasserarten entsprechend der Salinitätszone und die Dominanz sensitiver Arten sind gering. Neozoa19 haben eine hohe Dominanz.

Das Makrozoobenthos ist von störungstoleranten Arten und Oppor-tunisten geprägt.

Der AMBI erreicht Werte, die indikativ für einen unbefriedigenden ökologischen Zustand sind, und die Artenzahl und Diversität ist gering.

Gefährdete Arten kommen nur vereinzelt vor.

1 sehr gering Bereich mit sehr geringer Bedeutung für das Makro-zoobenthos

Aufgrund anthropogener Einflüsse auf die physikalisch-chemischen und hydromorphologischen Qualitätskomponenten weichen die Artenzusammensetzung, -zahl und Abundanzen sehr deutlich von den typspezifischen Gemeinschaften ab.

Die Anzahl an Brackwasserarten entsprechend der Salinitätszone und die Dominanz sensitiver Arten sind sehr gering. Das Makro-zoobenthos ist von Opportunisten dominiert. Neozoa19 haben eine sehr hohe Dominanz.

Der AMBI20 erreicht Werte, die indikativ für einen schlechten ökolo-gischen Zustand sind, und die Artenzahl und Diversität ist sehr gering.

Gefährdete Arten fehlen meist.

19 Berücksichtigt werden hierbei ausschließlich Neozoa actualia. D.h. Tierarten, die nach dem Jahr 982 unter direkter oder indirekter Mitwirkung des Menschen in ein bestimmtes Gebiet gelangt sind und dort in einer etablierten Fortpflanzungsge-meinschaft oder über einen längeren Zeitraum bis heute wild leben (Nehring & Leuchs 1999).

20 Das Kriterium AMBI gilt ausschließlich im Bereich der Küstengewässer sowie der Übergangsgewässer.

Teilbereich "offene Küstengewässer des Ems-Ästuars"

Im Teilbereich "offene Küstengewässer des Ems-Ästuars" wurden von 2005 bis 2010 insgesamt 129 Arten nachgewiesen. In den Untersuchungen 2009 bis 2011 wurden in dem Teilbereich 113 Arten erfasst. 2005 bis 2011 wurden 15 Arten und 2009-2011 insgesamt 13 Arten der Roten Liste Deutsch-lands (Rachor 1998) nachgewiesen. Darunter befanden sich (2009/2010) mit Alcyonium digitatum eine stark gefährdete Art (RL 2) und mit Sertularia cupressina eine gefährdete Art (RL 3). Es ist zu berücksichtigen, dass der Fangaufwand in diesem Teilbereich mit zwei Längstransekten (2009/2010) und einem Quertransekt (2010/2011) vergleichsweise niedrig war. Dementsprechend ist davon aus-zugehen, dass nur ein Teil der in dem Teilgebiet vorkommenden Makrozoobenthosarten erfasst wur-de.

Die Neozoa actualia hatten in 2009 – 2011 mit sechs Arten einen Anteil von 5 % am Artenspektrum.

Die nachgewiesenen Arten der Neozoa actualia kamen in geringen Dominanzen von unter 5 % vor.

Nach Grotjahn (2006) werden für die Küstengewässer der Ästuare Ems, Weser und Elbe im Ökotop Sublitoral mit einer Wassertiefe >5 m eine mittlere Artenzahl von 10,7±8,0 Arten und eine mittlere Gesamtbesiedlungsdichte von 377±684 Ind./m² angeben. Der Gewässertyp wurde wie folgt charakte-risiert (Grotjahn 2006): Die Taxa Scoloplos armiger, Nephtys cirrosa, Nephtys spp., Nephtys hombergii und Crangon crangon treten als Leitarten (Stetigkeit des Auftretens >30 %) auf. Als Begleit-arten (Stetigkeit: 20 – 30 %) werden Macoma balthica, Gastrosaccus spinifer, Heteromastus filiformis, Schistomysis kervillei, Mesopodopsis slabberi und Nephtys longosetosa angeben. Weitere 16 Taxa wurden mit einer Stetigkeit >10 % nachgewiesen. Van der Molen (2004) beschreibt für die niederlän-dischen polyhalinen und euhalinen Küstengewässer eine Referenz mit 67 Arten. Darunter wurden 20 Arten, die regelmäßig in höheren Dichten auftraten, als charakteristisch eingestuft.

Im Zeitraum 2005 bis 2011 wurden bezogen auf die Referenz von Grotjahn (2006) alle Leitarten (100 %), vier der sechs Begleitarten (67 %) und 14 (88 %) der 16 Taxa, die mit einer Stetigkeit >10 % in dem Ökotop vorkommen, nachgewiesen. Von den 20 Arten, die nach van der Molen (2004) als Charakterarten des polyhalinen und euhalinen Küstengewässers gelten, wurden 2009 bis 2011 15 Arten (75 %) erfasst. Die mittlere Artenzahl betrug 2009/2010 an den beiden Längstransekten 9,7 Arten/Station (15L) und 21,7 Arten/Station (14L) und 2010/2011 am Quertransekt (16Q) 13,9 Arten/Station und lag damit im Bereich der Referenz von Grotjahn (2006). Auch die mittlere Ge-samtdichte des Makrozoobenthos an den Längstransekten 14L und 15L lag mit 915 Ind./m² im Be-reich des von Grotjahn (2006) ermittelten Referenzwertes. Am Quertransekt 16Q betrug die mittlere Abundanz 1.441 Ind./m² und lag damit über dem Referenzwert von Grotjahn (2006). Demzufolge wei-chen Artenzusammensetzung, -zahl und Abundanzen nur geringfügig von den typspezifiswei-chen Ge-meinschaften ab.

Der mittlere AMBI-Wert lag 2009 bis 2011 zwischen 0,9 bzw. 1,7. Entsprechend ist nach AMBI der Teilbereich insgesamt als "leicht gestört" einzustufen. Der Shannon-Diversitäts-Index (H) war an den Längstransekten 14L und 15L mit H = 4,7 im Herbst 2009 bzw. H = 3.1 im Frühjahr 2010 vergleichs-weise hoch. Am Transekt 16Q wurde 2010/2011 ein geringerer Shannon-Diversitäts-Index (H) von H = 1,9 bzw. H = 1,3 festgestellt. Sensitive Arten (Arten der ökologischen Gruppen I und II) hatten einen hohen Häufigkeitsanteil von 66 % im Bereich der beiden Längstransekte (Mittelwert aus Herbst 2009 und Frühjahr 2010) und 81 % am Quertransekt (Mittelwert aus Herbst 2010 und Frühjahr 2011).

Der mittlere Anteil opportunistischer Arten war an den beiden Längstransekten mit 4 % und am Quertransekt mit 5 % gering.

Zusammenfassend wird der Makrozoobenthosbestand im Teilbereich "offene Küstengewässer des Ems-Ästuars" aufgrund der geringen Abweichung der Artenzusammensetzung, -zahl und Abundanz von der zu erwartenden Zönose, der hohen Dominanz sensitiver Arten, einem AMBI von 0,9 – 1,7

sowie des Vorkommens von 15 Arten der Rote Listen, darunter eine stark gefährdete und eine ge-fährdete Art, als "hoch" bewertet (Wertstufe 4).

Teilbereich "Übergangsgewässer des Emsästuars"

Im Übergangsgewässer des Emsästuars wurden von 2005 bis 2010 insgesamt 137 Arten nachgewie-sen. Zwischen Emden und Eemshaven - Pilsum wurden in den Untersuchungen 2009/2010 insgesamt 99 Arten erfasst. 2005 bis 2010 wurden im Übergangsgewässer des Emsästuars zwölf und 2009/2010 zwischen Emden und Eemshaven - Pilsum insgesamt sieben Arten der Roten Liste Deutschlands (Rachor 1998) nachgewiesen. Unter den Arten der Roten Liste waren eine stark gefährdete Art und zwei gefährdete Arten. Davon wurde mit Sertularia cupressina eine stark gefährdete Art (RL 3) wäh-rend der Erfassungen 2009/2010 nachgewiesen.

Zwischen 2005 und 2010 wurden insgesamt 13 und 2009/2010 neun genuine Brackwasserarten er-fasst. Mit Hydrobia ulvae eine ästuartypische Art des Lebensraumtyps 1130 vor. IBL Umweltplanung (2005) gibt für den gesamten Tidebereich der Ems eine Anzahl von 22 genuinen Brackwasserarten an. Für die Elbe werden in der Referenz nach Krieg (2005) 26 genuine Brackwasserarten und nach IHF (1997) 16 zeitgenössische relevante Brackwasserarten im Polyhalinikum und 22 im Mesohalinikum angegeben. Der Anteil an Brackwasserarten in diesem Teilgebiet wird als mittel einge-stuft.

Mit elf Arten hatten die Neozoa actualia einen Anteil von 11 % am Artenspektrum. Die Neozoa hatten einen geringen Abundanzanteil. Zehn der nachgewiesenen Arten der Neozoa actualia kamen in Do-minanzen <5% vor. Eine Neozoenart, Petricola pholadiformis, hatte eine mittlere Dominanz von 5,7 %.

Van der Molen (2004) führt in der Referenzartenliste der Übergangsgewässer insgesamt 117 Arten an. Von diesen 117 Arten wurden in den Untersuchungen von 2005 bis 2010 insgesamt 57 Arten (49 %) und in den Erfassungen 2009/2010 42 Arten (36 %) nachgewiesen. Die historische Referenzzönose im Elbästuar umfasst gemäß IHF (1997) im polyhalinen Abschnitt insgesamt 120 und im mesohalinen Abschnitt 91 Arten (135 Arten in beiden Abschnitten zusammen). Von den 135 Arten der historischen Referenz der Elbe wurden im Zeitraum 2005 bis 2010 insgesamt 55 Taxa (41 %) und 2009/2010 48 Taxa (36 %) im Emsabschnitt zwischen Emden und Eemshaven – Pilsum erfasst. An-zumerken ist, dass die Referenzartenliste des Elbe-Ästuars lediglich als eine grobe Orientierung die-nen kann, da die Referenz der Elbe nur eingeschränkt auf das Emsästuar übertragbar ist. Insgesamt wird die Abweichung der Artenzusammensetzung von der typspezifischen Lebensgemeinschaft die-ses Teilbereichs als mäßig eingestuft.

Ysebaert et al. (1998) geben für die Ems in der polyhalinen und mesohalinen Zone eine mittlere Abundanz zwischen ca. 7.000 bis 8.000 Ind./m² an. Die mittlere Abundanz mit 988 Ind./m² in den Er-fassungen 2009/2010 ist damit als mittel bis gering einzustufen. Allerdings ist hierbei zu beachten, dass die Abundanzen des Makrozoobenthos allgemein starken interannuellen Schwankungen unter-worfen sind.

Der mittlere AMBI-Wert lag 2009/2010 bei 2,0 bzw. 2,3. Demnach ist der Teilbereich als "leicht ge-stört" einzustufen. Der Shannon-Diversitäts-Index (H) war mit H = 3,7 im Herbst 2009 und H = 3.0 im Frühjahr 2010 vergleichsweise hoch. Die Diversität sowie der Anteil störungsempfindlicher und oppor-tunistischer Arten zeigten starke räumliche Schwankungen innerhalb des Teilbereiches. Der mittlere Abundanzanteil sensitiver Arten (ökologische Gruppe I und II) betrug zusammen 50% (Mittelwert aus Herbst 2009 und Frühjahr 2010) und der Anteil opportunistischer Arten 10%. Damit ist der Anteil sen-sitiver Arten als mittel zu bewerten.

Im Emder Fahrwasser (Ems-km 41- Ems-km 36,5) wurden 2006/2007 insgesamt 26 Arten erfasst. Es wurde mit Assiminea grayana eine gefährdete Art (RL 3) der Roten Liste Deutschlands nachgewiesen.

Es kamen sechs genuine Brackwasserarten21 vor. Mit Hydrobia ulvae kam eine ästuartypische Art des Lebensraumtyps 1130 vor. Die Neozoa actualia hatten mit zwei Arten einen Anteil von 8 % am Arten-spektrum. Beide Neozoa kamen mit geringen Dominanzen (<5 %) vor. Die mittlere Abundanz betrug 189 Ind./m².Der mittlere AMBI-Wert lag 2006/2007 im Emder Fahrwasser bei 2,0 bzw. 2,2. Demnach ist dieser Gewässerabschnitt als "leicht gestört" einzustufen. Der Shannon-Diversitäts-Index erreichte mit H = 1,2 im Herbst 2006 und H = 2.9 im Frühjahr 2007 vergleichsweise geringe bis mittlere Werte.

Im Herbst 2006 zeigte sich eine hohe Dominanz von Arten, die indifferent gegenüber Störungen sind, während im Frühjahr 2007 störungstolerante Arten die höchste Dominanz hatten. Der mittlere Abundanzanteil sensitiver Arten (ökologische Gruppe I und II) betrug zusammen 51 % (Mittelwert aus Herbst 2009 und Frühjahr 2010)

Aufgrund der mäßigen Abweichung der Artenzusammensetzung, -zahl und Abundanz von der zu er-wartenden Zönose, des mittleren Abundanzanteils an sensitiven Arten, der mittleren Anzahl an Brackwasserarten und einem AMBI von 2,0-2,2 sowie des Vorkommens von zehn Arten der Rote Listen, darunter eine stark gefährdete und zwei gefährdete Arten, wird der Makrozoobenthosbestand im Teilbereich "Übergangsgewässer des Emsästuars" zusammenfassend als "mittel" bewertet (Wert-stufe 3).

Teilbereich "Ems Leer bis Dollart"

Im Teilbereich "Ems Leer bis Dollart" wurden von 2005 bis 2011 insgesamt 52 Arten nachgewiesen. In den Untersuchungen in den Jahren 2006/2007 wurden in diesem Emsabschnitt 25 Arten und im Herbst 2010 und Frühjahr 2011 28 Arten erfasst. 2005 bis 2011 wurden sechs, 2006/2007 drei Arten und 2010/2011 keine Art der Roten Liste Deutschlands (Rachor 1998) nachgewiesen. Unter den Arten der Roten Liste waren zwei gefährdete Arten (RL 3). Davon wurde 2006/2007 mit Assiminea grayana eine gefährdete Art erfasst.

Neun Arten des 2010/2011 erfassten Makrozoobenthos sind den genuinen Brackwasserarten22 zuzu-ordnen. Im Zeitraum 2005-2011 wurden insgesamt 13 genuine Brackwasserarten und 13 ästuartypische Arten des Lebensraumtyps 1130 erfasst. In der Ems wurden bisher insgesamt 22 ge-nuine Brackwasserarten nachgewiesen (IBL Umweltplanung 2005). Dieses Teilgebiet umfasst den mesohalinen und oligohalinen Bereich der Ems. Für die Elbe werden in der Referenzzönose 22 zeit-genössische relevante Brackwasserarten im Mesohalinikum und 18 im Oligohalinikum angegeben (IHF 1997). Demzufolge ist die Anzahl genuiner Brackwasserarten als mittel bis gering zu bewerten.

Die Neozoa actualia hatten 2010/2011 mit fünf Arten einen Anteil von 18 % am Artenspektrum. Die nachgewiesenen Arten der Neozoa actualia kamen mit geringen Dominanzen (<5 %) vor.

Untersuchungen aus dem Jahr 1992 in diesem Emsabschnitt haben 24 Arten nachgewiesen (IBL Umweltplanung 1994). Darunter waren vier Taxa der limnischen Insekten und die gefährdete Hydrozoenart Sertularia cupressina. Diese Arten wurden in den Untersuchungen der Jahre 2010 / 2011 sowie 2006 / 2007 (IBL Umweltplanung 2007) nicht mehr erfasst. In Untersuchungen aus dem Jahr 1979 (Rhode 1982) gehörten die genuinen Brackwasserarten Paranais littoralis und Tubifex costatus zu den dominanten Arten in diesem Emsabschnitt und traten in Dichten bis zu 7.000 Ind./m² (Paranais littoralis) bzw. 18.000 Ind./m² (Tubifex costatus) auf. Auch diese beiden Arten wurden in den Erfassungen 2006/2007 nicht nachgewiesen. Die historische Referenzzönose im Elbästuar umfasst gemäß IHF (1997) im mesohalinen Abschnitt 91 und im oligohalinen Abschnitt 106 Arten (143 Arten in beiden Abschnitten zusammen). Von den 143 Arten der Referenzzönose der Elbe wurden im Zeitraum 2005-2011 28 Taxa (20 %) und während der Untersuchungen 2010/2011 19 Taxa (13 %) erfasst.

21 Inklusive Marenzellaria viridis, dessen Status als genuine Brackwasserart fraglich ist.

22 Inklusive Marenzellaria viridis, dessen Status als genuine Brackwasserart fraglich ist.

Allerdings kann die Referenzzönose der Elbe insbesondere für diese Flussabschnitte nur einen gro-ben Eindruck über die potenziell zu erwartende Verteilung der Artenzahl im Ästuar vermitteln. Da die Ems ein deutlich kleineres Gewässer ist, sind dort wahrscheinlich weniger Arten zu erwarten als in der Elbe. Insgesamt wird die Abweichung der Artenzusammensetzung von der typspezifischen Lebens-gemeinschaft dieses Teilbereichs als deutlich eingestuft.

Der Shannon-Diversitäts-Index war 2010/2011 mit H = 0,3 bzw. H = 1,6 und 2006 / 2007 mit H = 0,8 bzw. H = 1,8 vergleichsweise gering. Mit Ausnahme des Frühjahrs 2011 wurde das Makrozoobenthos von störungstolerante Arten (ökologische Gruppe III) mit Häufigkeitsanteilen von 62 – 93 % geprägt.

Im Frühjahr 2011 hatten sensitive Arten (ökologische Gruppe I und II) hingegen eine hohe mittlere Dominanz von 92 %. Dieses war vor allem auf das saisonale Vorkommen der mobilen Krebsarten Gammarus salinus und Arten der Gattung Bathyporeia zurückzuführen. Der mittlere Abundanzanteil sensitiver Arten (ökologische Gruppe I und II) betrug im Herbst 2010 zusammen 0,4 % und 2006/2007 5 % (Mittelwert aus Herbst 2006 und Frühjahr 2007). Im Herbst 2010 sowie im Frühjahr 2007 erreich-ten opportunistische Arerreich-ten, die durch reduzierende Bedingungen im Sediment gefördert werden (öko-logische Gruppe V), Häufigkeitsanteile von 38 % bzw. 25 %. Der Anteil sensitiver Arten wird aufgrund ihres sehr geringen Häufigkeitsanteils während drei der vier Probenahmekampagnen insgesamt als gering bewertet.

Besiedlungsdichte und Biomasse waren sehr heterogen verteilt, viele Gewässerabschnitte waren individuenarm. Die Artenzahl und Abundanz waren zwischen Pogum und Oldersum (Ems-km 36 bis Ems-km 31) höher als zwischen Terborg und Leer (Ems-km 25 bis Ems-km 15).

Zusammenfassend wird der Makrozoobenthosbestand im Teilbereich "Ems Leer bis Dollart“ aufgrund der deutlichen Abweichungen in der Artenzusammensetzung und -zahl von der zu erwartenden Zönose, der mittleren bis geringen Anzahl an Brackwasserarten, der geringen Anzahl an gefährdeten Arten sowie des während der meisten Probenahmetermine sehr geringen Anteils an sensitiven Arten als "gering" bewertet (Wertstufe 2).

Teilbereich "Herbrum bis Leer"

Teilbereich "Herbrum bis Leer"