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Baubedingte Auswirkungen

4.5   Schutzgut Tiere – Makrozoobenthos

4.5.4   Beschreibung und Bewertung vorhabensbedingter Auswirkungen

4.5.4.1   Baubedingte Auswirkungen

4.5.4.1.1 Baggertätigkeiten im Zuge der Erstherstellung

Die Ausbaumaßnahmen sind in der Außenems von Ems-km 40,7 (Emden) bis Ems-km 74,6 (Eemshaven) vorgesehen (s. Kap. F 2.5.1). In diesem Abschnitt soll die Fahrrinne um bis zu 1 m (Be-zugshorizont Emder Fahrwasser) vertieft werden. Das Baggervolumen umfasst ca. 3,56 Mio. m³ und besteht aus Schlick und Sand. Der Schwerpunkt der Baggermaßnahmen zur Herstellung der Solltiefe liegt im Bereich des Emder Fahrwassers zwischen km 40,7 und 52,0. Von km 52,0 bis Ems-km 74,6 sind nur partielle Baggermaßnahmen erforderlich, da in diesem Bereich zahlreiche natürliche Übertiefen vorhanden sind. Die vorhandenen Fahrrinnenbreiten und der vorhandene Trassenverlauf bleiben im gesamten Vorhabensbereich unverändert (s. Unterlage B). Zusätzliche Baggertätigkeiten fallen bei der Herstellung der geplanten 340 m breiten und 900 m langen Wendestelle auf Höhe der Emspier (Ems-km 41,3 bis 42,2) an.

Da die grundsätzlichen Wirkpfade der Baggerungen in der Bauphase und in der Betriebsphase weit-gehend vergleichbar sind, wird bei der Beschreibung der betriebsbedingten Auswirkungen (Kap. F 4.5.4.3.1) auf die hier dargestellten Ausführungen – sofern möglich und sinnvoll – verwiesen.

Einen Überblick über die Auswirkungen von Baggerungen auf das Makrozoobenthos und dessen nachfolgende Regeneration geben die Arbeiten von Newell et al. (1998), Hagendorff et al. (1996) und Birklund & Wijsman (2005). Mögliche Auswirkungen auf das Makrozoobenthos durch die vorhabensbedingten Baggerungen sind anhand der folgenden Wirkpfade zu betrachten:

• Entnahme des Makrozoobenthos im Bereich der Baggerstrecken und der Wendestelle

• Beeinträchtigung durch baggerungsbedingt erhöhte Schwebstoffgehalte/Trübung

• Störung des benthischen Lebensraums durch passive Böschungsanpassung (ausschließlich in der Bauphase)

4.5.4.1.1.1 Beschreibung der Wirkzusammenhänge und der Auswirkungen der Baggertä-tigkeiten

Entnahme des Makrozoobenthos im Bereich der Baggerstrecken und der Wendestelle

Durch die Baggerungen werden mit dem Sediment auch die dort lebenden benthischen Organismen entnommen, es kommt zu einer deutlichen Reduktion des Makrozoobenthos. Direkt nach Abschluss der Baggerungen wird eine Wiederbesiedlung der gebaggerten Abschnitte einsetzten. Je nach Sub-strattyp und bisheriger Häufigkeit der Unterhaltungsbaggerungen im Ist-Zustand werden die Auswir-kungen von unterschiedlicher Intensität und Dauer sein. Nachfolgend werden AuswirAuswir-kungen durch die Baggertätigkeiten unter Berücksichtigung der im Ist-Zustand gegebenen Unterhaltungsbaggerungen betrachtet.

Allgemein ist das ästuarine Makrozoobenthos feinsedimentgeprägter Standorte durch Arten geprägt, die an häufige Störungen angepasst sind und gestörte Bereiche rasch wiederbesiedeln können (Ne-well et al. 1998). Weitere Erläuterungen zur Regenerationsfähigkeit des Makrozoobenthos werden in Kap. F 4.5.4.1.2 gegeben.

Ausbaubaggerungen in der im Ist-Zustand regelmäßig unterhaltenen Fahrrinne

Im Emsabschnitt zwischen Ems-km 40,7 und Ems-km 51,5 ist im Ist-Zustand von einer nahezu flä-chendeckenden Unterhaltung der Fahrrinne auszugehen. Häufig gebaggerte Fahrrinnenabschnitte sind allgemein von benthischen Lebensgemeinschaften besiedelt, die an baggerungsbedingte Störun-gen angepasst sind. Dieses zeigt sich u.a. an der hohen Dominanz von vagilen Krebsarten, wie Neomysis integer, in der Fahrrinne des Emder Fahrwassers. Neomysis integer hat aufgrund seiner hohen Mobilität und kurzen Entwicklungsdauer ein sehr hohes Wiederbesiedlungspotenzial, so dass unmittelbar nach Beendigung der Baggerarbeiten bereits die Wiederbesiedlung einsetzt bzw. einset-zen wird.

Bioconsult (2011a) hat die Auswirkungen von Unterhaltungsbaggerungen in der Außenems auf das Makrozoobenthos anhand eines räumlichen (Fahrrinne und Seitenbereiche) und zeitlichen Vergleichs der Makrozoobenthosbesiedlung untersucht, um folgende Hypothese zu testen:

„Unterhaltungsbaggerungen führen auch in einem durch Ausbaumaßnahmen bereits stark veränder-ten System zu einer räumlich begrenzveränder-ten Beeinträchtigung (Fahrrinne) der bodenlebenden Wirbellosengemeinschaften. Die Beeinträchtigung des Teilbereichs Fahrrinne verstärkt sich durch die im Rahmen der Unterhaltung andauernden Baggerungen (aufgrund der permanenten Störungen und Entnahme von Organismen) fortschreitend, da vermutlich auch partielle „Wiederbesiedlungen“ zu-nehmend eingeschränkt werden.“ Die Hypothese konnte durch die Ergebnisse der Auswertungen nicht bestätigt werden. Es wurde kein deutlicher Zusammenhang zwischen der Intensität der Unterhaltungsbaggerungen und den Besiedlungskennwerten (Artenzahlen, Abundanzen) des Makro-zoobenthos festgestellt. Auch die Untersuchungen zur Beweissicherung der Fahrrinnenanpassung der Elbe 1999/2000 (WSA Hamburg & HPA 2007) ergaben keine Reduktionen der Artenzahlen und der Besiedlungsdichten des Makrozoobenthos durch vermehrte Baggertätigkeiten im Rahmen der Ausbaubaggerungen sowie der nachfolgenden Unterhaltung der Fahrrinne. Allerdings zeichnete sich bei den Polychaeten in der Tendenz ein geringer Rückgang der Besiedlungszahlen in intensiv gebag-gerten Bereichen ab, während die Besiedlungsdichten von Krebsen der Gattung Bathyporeia dort deutlich zunahmen.

Zusammenfassend ist durch die baubedingten Baggerungen in den im Ist-Zustand regelmäßig unter-haltenen Fahrrinnenabschnitten mit einer temporären Reduktion des Makrozoobenthos zu rechnen.

Die Auswirkungen werden vorübergehend sein, da sich das Makrozoobenthos nach Beendigung der Ausbaubaggerungen schnell regenerieren kann.

Ausbaubaggerungen in der im Ist-Zustand nicht regelmäßig unterhaltenen Fahrrinne

In den bisher nicht regelmäßig unterhaltenen Abschnitten der Fahrrinne, v.a. im Abschnitt Ems-km 57,0 – 74,6 sowie bei Ems-Ems-km 51,5 – 52,5 (WSA Emden 2012a), ist davon auszugehen, dass die dortigen Makrozoobenthosgemeinschaften nicht bzw. weniger an baggerungsbedingte Störungen angepasst sind. So wurden im Abschnitt Ems-km 57,0 – 74,6 der Fahrrinne an einzelnen Stationen (8Q3 und 12Q3) höhere Abundanzen des Polychaeten Ophelia limacina festgestellt, der aufgrund seiner räumlich beschränkten Mobilität und höheren Lebensdauer lediglich ein moderates Regenerati-onspotenzial aufweist (MES 2008). In diesem Emsabschnitt sind aufgrund der zahlreichen natürlichen Übertiefen nur partielle Ausbaubaggerungen erforderlich. Demzufolge ist hier lediglich in Teilen der Fahrrinne eine Verschiebung der Dominanzen zu erwarten, d.h. eine Abnahme der Abundanzen der weniger mobilen Polychaeten (v.a. Ophelia limacina) zugunsten der mobileren Krebse (v.a.

Bathyporeia spp.). Eine derartige Verschiebung der Dominanzverhältnisse führt zu keiner deutlichen Veränderung des AMBI (s. Kap. F 4.5.3.1), da die dominanten Taxa Ophelia limacina und die Arten der Gattung Bathyporeia der gleichen ökologischen Gruppe (Gruppe I) angehören.

Zur weiteren Beurteilung möglicher Auswirkungen der Ausbaubaggerungen auf das Makrozoobenthos in den bisher nicht regelmäßig gebaggerten Fahrrinnenabschnitten werden ergänzend die Ergebnisse der Makrozoobenthoserfassungen (2009 - 2011) im Nahbereich der Flächen, in denen Ausbaubaggerungen in der Fahrrinne erforderlich sind, herangezogen. Hierzu werden im Bereich zwischen Ems-km 57,0 – 74,6 die Erfassungsergebnisse der Fahrrinnenstationen 10Q3 (Ems-km 64) und 16Q3 km 71,5) sowie im Gatjebogen die Ergebnisse der Station 6Q3 herangezogen (Ems-km 52). Zur Beurteilung der Empfindlichkeit der festgestellten Arten gegenüber Baggerungen werden vor allem die Einstufungen des "Marine Life Information Networks" (

"Marine Macrofauna Genus Trait Handbooks" (MES 2008) übernommen. Das "Marine Macrofauna Genus Trait Handbook" (MES 2008) beurteilt die Empfindlichkeit häufiger Gattungen des marinen Makrozoobenthos gegenüber Baggerungen anhand ihrer relevanten biologischen Charakteristika, wie Ausbreitungsfähigkeit, Lebensdauer und Fertilität. Der Benthosbestand in der Fahrrinne der Quertransekte 16Q, 10Q und 6Q wird von Arten dominiert, die robust gegenüber Baggerungen sind bzw. ein hohes Regenerationsvermögen haben, v.a. von mobilen Krebsarten der Gattung Bathyporeia (Dominanz von Bathyporeia: 16Q3: >99% im Herbst und 74% im Frühjahr; 10Q3: 82% im Herbst und 78% im Frühjahr; 6Q: 76% im Herbst und 57% im Frühjahr). In geringen Abundanzen traten aber auch Arten auf, die eine hohe bis mittlere Empfindlichkeit gegenüber Baggerungen haben:

An der Station 10Q3 (Fahrrinnenmitte) wurde mit der Muschel Ensis directus eine Art in geringer Abundanz festgestellt, die u.a. aufgrund ihres geringen Regenerationspotenzials als empfindlich ge-genüber Baggerungen eingestuft wird. Weiterhin wurden in den Greiferproben dieser Station mit der Muschel Macoma balthica, den Polychaeten Eteone longe, Ophelia limacina und Scoloplos armiger vier Arten erfasst, für die eine mittlere Empfindlichkeit gegenüber Baggerungen angegeben wird, wo-bei die Art Macoma balthica auch in der Fahrrinne des im Ist-Zustand flächendeckend unterhaltenen Abschnitts des Emder Fahrwassers (an der Station 1Q3, im Herbst 2009) festgestellt wurde. Eine geringe Sensitivität bzw. ein hohes Regenerationsvermögen von Macoma balthica gegenüber Baggerungen ist auch anhand einer Untersuchung zu den Auswirkungen großflächiger Baggerungen in der Ostsee in Estland abzuleiten, in der sogar eine Zunahme der Biomasse von Macoma balthica durch Baggerungen festgestellt wurde (Kotta et al. 2009).

An der Station 16Q3 wurden keine Arten festgestellt, die besonders empfindlich gegenüber Baggerungen sind. Mit der Muschel Macoma balthica und dem Polychaeten Eteone longe wurden zwei Arten, die nach MES (2008) mit einer mittleren Empfindlichkeit gegenüber Baggerungen

einge-stuft werden, in geringer Abundanz erfasst, wobei, wie vorangehend erläutert, für Macoma balthica von einer eher geringen Sensitivität gegenüber Baggerungen auszugehen ist.

An der Station 6Q3 im Bereich des Gatjebogens wurde mit dem Polychaeten Caulleriella killariensis eine Art festgestellt, die als empfindlich gegenüber Baggerungen gilt. Zudem kamen mit der Muschel Macoma balthica, den Polychaeten Eteone longe und Polydora cornuta und dem Krebs Corophium volutator einige Arten vor, für die eine mittlere Empfindlichkeit gegenüber Baggerungen angegeben wird (MES 2008), wobei die Arten Macoma balthica und Corophium volutator auch in der im Ist-Zustand regelmäßig unterhaltenen Fahrrinne des Emder Fahrwassers vorkamen (Macoma balthica:

1Q3, Corophium volutator: 1Q3, 2Q3 und 4Q3). An der Station 6Q3 wurden zudem mit den Hydrozoa Obelia longissima und Coryne pulsilla sowie der Anthozoe Actinia equina auch sessile epibenthische Arten erfasst, die allgemein als empfindlich gegenüber Baggerungen gelten. Allerdings ist für Obelia longissima ein hohes Regenerationspotenzial anzunehmen, da die Art, wie auch andere Hydrozoen, Überdauerungsstadien ausbilden kann, die sehr tolerant gegenüber Veränderungen der Umweltbe-dingungen sind (Tyler-Walters 2003). Dieses zusammen mit einem schnellen Wachstum und einer hohen Reproduktionsrate ermöglicht eine rasche Wiederbesiedlung/Erholung des Bestands aus un-mittelbar angrenzenden Flächen (Tyler-Walters 2003). Unter den an den Stationen 16Q3, 10Q3 und 6Q3 festgestellten Arten war keine Art der Roten Listen Deutschlands (Rachor 1998, Rachor et al.

1995) vertreten.

Insgesamt sind aufgrund der hohen Dominanzen störungstoleranter Arten im Benthosbestand der Fahrrinne durch die Ausbaubaggerungen keine deutlichen Änderungen in den Abundanzen und Do-minanzverhältnissen des Makrozoobenthos zu erwarten. Temporäre Verluste einzelner baggerungssensitiver Arten sind jedoch nicht auszuschließen. Da eine potenzielle Regeneration durch die Möglichkeit der kleinräumigen Wiederbesiedlung des Makrozoobenthos aus benachbarten nicht gebaggerten Bereichen begünstigt wird, ist eine Regenerationsdauer von ≤2 Jahren anzunehmen.

Ausbaubaggerungen in der Wendestelle, außerhalb der Fahrrinne

Im Bereich der geplanten Wendestelle erfolgen vorhabensbedingt Ausbaubaggerungen auf einer Flä-che von ca. 27,5 ha (Wendestelle einschließlich der Herstellung einer neuen Böschung) außerhalb der Fahrrinne (s. Kap. F 2). Da diese Fläche bisher keiner Unterhaltung unterlag, stellen die Ausbaubaggerungen eine neuartige Störung für das dort vorkommende Makrozoobenthos dar. Um die möglichen Auswirkungen der Baggerungen auf das Makrozoobenthos zu prognostizieren, wird das im Bereich der Wendestelle am Quertransekt 1Q (Ems-km 41,7) erfasste Makrozoobenthos näher be-trachtet. Das Quertransekt 1Q umfasst die im Ist-Zustand intensiv unterhaltene Fahrrinne (Station 1Q3) und die bisher nicht unterhaltenen Gewässerrandbereiche. Für die Arten, die auch innerhalb der intensiv unterhaltenen Fahrrinne festgestellt wurden, ist von einer geringen Sensitivität gegenüber Baggerungen auszugehen.

Am Transekt 1Q wurden 2009/2010 insgesamt 21 Arten des Makrozoobenthos erfasst, davon wurden zehn Arten auch in der Fahrrinnenmitte des Transekts (1Q3) festgestellt. Von den elf Arten, die dort nicht in der Fahrrinne auftraten, wurden vier Arten in der Fahrrinne des bereits flächendeckend unter-haltenen Emsabschnitts Ems-km 44 - 50,0 (Stationen 2Q3 und 4Q3) festgestellt. Bei den insgesamt 14 Arten, die in der Fahrrinne (Ems-km 41,7 - 50,0) vorkamen, wird von einer geringen Sensitivität gegenüber Baggerungen bzw. von einem hohen Regenerationspotenzial ausgegangen. Von den übri-gen sieben Arten (Alitta succinea, Eteone longa, Marenzelleria viridis, Scoloplos armiger, Tellimya ferruginosa, Gammarus tigrinus und Palaemon macrodactylus), die nicht in der regelmäßig unterhal-tenen Fahrrinne erfasst wurden, gehört keine Art einer Gattung an, die gemäß des Marine Macrofauna Genus Trait Handbook (MES 2008) als besonders empfindlich („vulnerable“) gegenüber Baggerungen eingestuft ist. Die festgestellten vagilen neozooischen Krebse Gammarus tigrinus und Palaemon

macrodactylus haben eine hohe Wiederbesiedlungsfähigkeit. Auch den Arten der Gattung Nereis (Alitta) wird ein hohes Regenerationspotenzial zugeordnet, da sie eine hohe Ausbreitungsfähigkeit, eine kurze Entwicklungsdauer und eine hohe Fertilität haben. Den Gattungen Scoloplos und Eteone wird eine mittlere Empfindlichkeit gegenüber Baggerungen zugeordnet. Die Muschelgattung Tellimya ist nicht eingeordnet. Allerdings ist, wie bei der verwandten Gattung Mya, aufgrund der hohen Le-bensdauer und der geringen Mobilität der adulten Muscheln von einer eher geringen Regenerations-fähigkeit auszugehen. Baggerungsbedingte Verluste einzelner sensitiver Arten sind demnach nicht auszuschließen.

Die Besiedlungsdichten des Makrozoobenthos am Quertransekt 1Q waren am linksseitigen (südli-chen) Gewässerrandbereich (Station 1Q1) sowie im Herbst 2009 am linksseitigen Fahrrinnenrand (Station 1Q2) am höchsten. Das Makrozoobenthos am linksseitigen Gewässerrandbereich war im Herbst 2009 von Neomysis integer und dem Polychaeten Pygiospio elegans (linksseitiger Gewässer-randbereich: 41% bzw. 21%) und im Frühjahr vom Schlickkrebs Corophium volutator (76%) dominiert.

Die hohen herbstlichen Besiedlungsdichten am linksseitigen Fahrrinnenrand waren zu 90 % auf das Vorkommen der vagilen Krebsarten der Gattung Bathyporeia zurückzuführen. Die vagilen Krebse der Gattungen Bathyporeia und Neomysis haben eine geringe und Corophium eine moderate Sensitivität gegenüber Baggerungen (MES 2008). Durch die Ausbaubaggerungen ist eine Reduktion der Besied-lungsdichte von Corophium volutator nicht auszuschließen. Da Corophium volutator der ökologischen Gruppe III (störungstolerante Arten) angehört, sind bei einer Reduktion der Besiedlungsdichte dieser Art keine negativen Auswirkungen auf den AMBI zu erwarten (s. Kap. F 4.5.3.1).

Anzumerken ist zudem, dass es sich bei dem Makrozoobenthos im Bereich der geplanten Wendestel-le vorwiegend um weitverbreitete Arten handelt. Mit Ausnahme eines Fundes des Neozoons Gamma-rus tigrinus wurden alle anderen Arten auch an anderen Stationen im Übergangsgewässer des Ems-Ästuars festgestellt. Keine der im Bereich der Wendestelle vorkommenden Arten ist gefährdet gemäß der Roten Listen Deutschlands (Rachor 1998, Rachor et al. 1995).

Insgesamt wird durch die vorhabensbedingte Ausbaubaggerung in der Wendestelle außerhalb der Fahrrinne eine Reduktion der Besiedlungsdichten sowie ein temporärer Verlust weniger sensitiver Makrozoobenthosarten prognostiziert. Da eine potenzielle Regeneration durch die Möglichkeit der kleinräumigen Wiederbesiedlung des Makrozoobenthos aus benachbarten nicht gebaggerten Berei-chen begünstigt wird, ist nach einer Beendigung der Baggerungen eine Regenerationsdauer von

≤2 Jahren anzunehmen.

Erhöhung der Schwebstoffgehalte

Baggertätigkeiten können, abhängig vom vorherrschenden Sedimenttyp, der Baggertechnik, den loka-len hydrodynamischen Bedingungen und den natürlichen Schwebstoffgehalten im System, zu einer räumlich begrenzten Erhöhung der Schwebstoffkonzentrationen und Trübung führen.

Vorhabensbedingt werden die Baggerungen vorwiegend mittels Hopperbagger durchgeführt. Punktu-ell werden, wo dichter gelagerte Sedimentschichten (Kleibänke, Lauenburger Ton) vorkommen (z. B.

im südlichen Seitenbereich der Wendestelle), ggf. auch Schneidkopfsaugbagger eingesetzt (s. Kap. F 2.5.2). Untersuchungen der BfG (2006) zu den Auswirkungen von Unterhaltungsbaggerungen auf die Schwebstoffdynamik der Unterems zeigten, dass der Einfluss von Baggerkampagnen auf die Varianz der Schwebstoffgehalte in der Unterems zu vernachlässigen ist.

Auch exemplarische Trübungsmessungen im Nahbereich eines tätigen Hopperbaggers im Januar 2011 in der Außenems bei Ems-km 50,0 – 52,7 haben, vor dem Hintergrund der hohen tidebedingten Schwankungen der Trübung, keine deutlichen baggerbedingten Auswirkungen auf die Trübung im Nahbereich eines Hopperbaggers festgestellt (IBL & IMS 2011).

Aufgrund der im Ist-Zustand vergleichsweise hohen Schwebstoffgehalte und des Vorkommens von Fluid Mud im Emder Fahrwasser (s. Kap. F 8.2.3.3.1.3), ist der Wirkpfad einer möglichen temporären baggerbedingten Erhöhung der Schwebstoffgehalte und nachfolgenden Sedimentation in diesem Be-reich zu vernachlässigen und wird in der weiteren Prognose von Auswirkungen auf das Makrozooben-thos nicht weiter betrachtet. Unterhalb des Emder Fahrwassers, wo die Trübung der Ems allmählich abnimmt, ist das Sediment der Fahrrinne von Sanden dominiert und aufgrund der natürlichen Übertie-fen sind hier nur partielle Ausbaggerungen notwendig (s. Unterlage B). Da Sande allgemein schnell sedimentieren, sind hier lediglich punktuelle temporäre Erhöhungen der Schwebstoffgehalte und eine Sedimentation im Nahbereich des Baggers zu erwarten. Da die Weichbodengemeinschaften der Ästuare auch natürlichen hohen Schwankungen der Schwebstoffgehalte unterliegen und im Randbe-reich der Fahrrinne keine Makrozoobenthosgemeinschaften vorkommen, die besonders sensibel auf Trübungen und Überdeckungen sind, wie z.B. Miesmuschelbänke, ist mit keinen Veränderungen des Makrozoobenthosbestands durch die temporär erhöhten Schwebstoffgehalte während der Ausbaubaggerungen zu rechnen.

Passive Böschungsanpassung

Unmittelbar nach Ende der Baggerungen wird es zu passiven, kurzfristigen morphologischen Anpas-sungen der Böschungen entlang der vertieften Fahrrinne kommen. Die Böschungsbereiche "rutschen nach" und nehmen flachere Neigungswinkel an. Insgesamt wird die Böschungsreaktion eine Fläche von ca. 28,5 ha betreffen.

Durch die Sedimentumlagerungen kann es zur Freisetzung und zur Zerstörung von Wohnröhren inbenthischer sowie zur Überdeckung insbesondere epibenthischer Arten kommen. Epibenthische Arten wurden in den Fahrrinnenrandbereichen nur vereinzelt festgestellt. Darunter waren, mit Aus-nahme der Hydrozoenart Eudendrium rameum (ausschließlich am Transekt 16Q), die in der Roten Liste Deutschlands als eine Art mit geographischer Restriktion geführt ist, keine weiteren gefährdeten Arten gemäß der Roten Listen (Rachor 1998, Rachor et al. 1995).

Die Böschungsreaktion ist ein gemäßigt ablaufender Vorgang, der nicht überall gleichzeitig stattfindet, so dass immer nur lokale Bereiche betroffen sind. Punktuelle kurzzeitige Reduktionen der Besied-lungsdichten des Makrozoobenthos und temporäre Verluste von überdeckungsempfindlichen Arten sind jedoch nicht auszuschließen. Da die Böschungsreaktion auf die Bauphase beschränkt ist und eine kleinräumige Wiederbesiedlung aus benachbarten Bereichen erfolgen kann, ist von einer kurzzei-tigen Regeneration (≤ 2 Jahre) des Makrozoobenthos auszugehen.

4.5.4.1.1.2 Bewertung der baubedingten Auswirkungen der Baggertätigkeiten

In den Fahrrinnenabschnitten, die im Ist-Zustand bereits einer regelmäßigen Unterhaltungsbaggerung unterliegen (Ems-km 40,7 – 51,5) wird die baubedingte Auswirkung auf das Schutzgut Tiere – Makrozoobenthos durch die Ausbaubaggerungen äußerst gering negativ (Veränderungsgrad <<-1), punktuell und vorübergehend sein. Diese baubedingte Auswirkung ist als unerheblich nachteilig zu bewerten. Längerfristige Auswirkungen der anschließenden betriebsbedingten Baggeraktivitäten wer-den in Kap. F 4.5.4.3.1 besprochen.

In den bisher nicht regelmäßig unterhaltenen Abschnitten der Fahrrinne (Abschnitte zwischen Ems-km 57,0 – 74,6 sowie im Bereich Ems-Ems-km 51,5 – 52,5) sowie in der Wendestelle (einschließlich der Böschung) außerhalb der Fahrrinne, werden die baubedingten Auswirkungen auf das Schutzgut Tie-re – Makrozoobenthos durch Ausbaubaggerungen sehr gering bis gering negativ (= Veränderungsgrad -1), punktuell und vorübergehend bis kurzzeitig sein. Diese baubedingten

Aus-wirkungen sind aufgrund ihrer kurzen Dauer als unerheblich nachteilig zu bewerten. Zu beachten ist, dass die vollständige Regeneration des Makrozoobenthos z.T. durch die anschließenden betriebsbe-dingten Baggeraktivitäten verhindert wird. Die längerfristigen Auswirkungen der betriebsbebetriebsbe-dingten Unterhaltungsbaggerungen werden in Kap. F 4.5.4.3.1 besprochen.

Die baubedingten Auswirkungen auf das Schutzgut Tiere – Makrozoobenthos durch die Böschungs-anpassung werden sehr gering bis gering negativ (= Veränderungsgrad -1) punktuell und kurzzeitig sein. Diese baubedingten Auswirkungen sind aufgrund ihrer kurzen Dauer als unerheblich nachteilig zu bewerten.

4.5.4.1.2 Verbringung des Baggerguts im Zuge der Erstherstellung

Eine baubedingte Verbringung von Baggergut ist wasserseitig auf den Klappstellen 2, 4, 5, 7 und K2 Dollartmund geplant. Das Nutzungspotenzial der Klappstelle K2 Dollartmund ist in Bioconsult (2012) umweltbezogen gesondert untersucht worden und insofern nicht Gegenstand der vorliegenden Um-weltverträglichkeitsuntersuchung.

Während des Ausbaujahres werden zusätzlich (d.h. über die bisher übliche Nutzung hinaus) ca.1,4 Mio. m³ Baggergut auf die eingerichteten und regelmäßig genutzten Klappstellen 2, 5 und 7 und die bisher nicht regelmäßig genutzte Klappstelle 4 verbracht (s. Kap. F 2 und Unterlage J 2).

Da die grundsätzlichen Wirkpfade der Verbringung von Baggergut in der Bauphase und in der Be-triebsphase vergleichbar sind, wird bei der Beschreibung der betriebsbedingten Auswirkungen (Kap. F 4.5.4.3.2) auf die hier dargestellten Ausführungen verwiesen.

Einen Überblick über die Auswirkungen von Baggergutverbringungen und erhöhter Sedimentation auf das Makrozoobenthos geben die Arbeiten von Essink (1996, 1999) und der BfG (1996). Die Überde-ckung des Makrozoobenthos durch das abgelagerte Baggergut sowie die Erhöhung der Schwebstoff-konzentration sind die wesentlichen physikalischen Wirkfaktoren der Baggergutverbringungen auf das Makrozoobenthos. Eine erhöhte Schwebstoffkonzentration ist vor allem bei der Verbringung von Schlick zu erwarten. Allgemein kann es durch Baggergutverbringungen auch zu einer Änderung des Sohlsubstrates im Bereich des Unterbringungsorts kommen, wenn sich die Zusammensetzung des Baggerguts (Korngrößen) von der Sedimentbeschaffenheit der Verbringstelle deutlich unterscheidet.

Im Rahmen des geplanten Vorhabens ist damit jedoch nicht zu rechnen.

Mögliche Auswirkungen auf das Makrozoobenthos durch die baubedingte Umlagerung des Bagger-guts sind anhand der folgenden zwei Wirkpfade zu betrachten:

• Überdeckung des Makrozoobenthos

• Beeinträchtigung durch erhöhte Schwebstoffgehalte/Trübung

4.5.4.1.2.1 Beschreibung der Wirkzusammenhänge und der Auswirkungen der Baggergut-verbringungen

Eine erhöhte Überdeckung des Makrozoobenthos kann dazu führen, dass einzelne Arten/Individuen ersticken, wenn sie das überstehende Wasser durch Freigraben nicht mehr erreichen können. Die Toleranz des Makrozoobenthos gegenüber Überdeckungen ist artspezifisch sehr unterschiedlich und abhängig von der Mobilität der Art bzw. ihrer Fähigkeit nach oben durch das Sediment zu kriechen sowie ihrer Toleranz gegenüber Sauerstoffmangel. Als wenig tolerant gelten sessile epibenthische Arten z.B. die Anthozoa und Hydrozoa sowie die Miesmuschel (Mytilus edulis), die schon von gerin-gen Sedimentauflagerungerin-gen (ca. 1 cm) beeinträchtigt werden können. Allerdings liegerin-gen hierzu nur

wenig quantitative Erkenntnisse vor. Für die sessile epibenthische Art Sagartia spp. (Anthozoa) hat

wenig quantitative Erkenntnisse vor. Für die sessile epibenthische Art Sagartia spp. (Anthozoa) hat