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Fausto Sozzinis Beteiligungen an den Auseinandersetzungen der Ecclesia Minor Neben der Teilnahme an Synoden oder theologischen Konferenzen war die Neben der Teilnahme an Synoden oder theologischen Konferenzen war die

Im Dokument Lutherische Metaphysik im Streit (Seite 111-115)

A. Der Sozinianismus – Gestaltwerdung und Lehrbegriff 1. Italien im Reformationsjahrhundert

7. Fausto Sozzini als Begründer des Sozinianismus 1 Einleitende Bemerkungen 1 Einleitende Bemerkungen

7.4 Fausto Sozzinis Beteiligungen an den Auseinandersetzungen der Ecclesia Minor Neben der Teilnahme an Synoden oder theologischen Konferenzen war die Neben der Teilnahme an Synoden oder theologischen Konferenzen war die

schriftliche Stellungnahme ein wichtiges Mittel, dessen sich Fausto Sozzini bedient hat, um sich an den Auseinandersetzungen um die Lehre der Ecclesia Minor zu beteiligen. In grober Kategorisierung lassen sich seine in Polen entstandenen Schriften einteilen in Lehrauseinandersetzungen, Verteidigungsschriften gegen Angriffe von außen und Zusammenfassungen der unitarischen Lehre mit dogmatischem Anspruch, die besonders in der späten Zeit, nachdem die Lehre weitgehend geklärt war, entstanden.

Seine grundlegenden theologischen Lehraussagen hat Fausto Sozzini in den vier Schriften entwickelt, die er in der Schweiz oder zum Teil noch früher in Italien verfasst hat. Seine in Polen entstandenen Schriften, die weit zahlreicher sind und eine enge Verbindung mit der kirchlichen Situation der Ecclesia Minor besitzen, konturieren und entfalten deren religiöse Ideen.

7.4.1 Auseinandersetzungen in der Lehre 7.4.1.1 Tauffrage

Bereits 1580 bezog Fausto mit der Schrift "De baptismo aquae disputatio"

öffentlich Stellung gegen das im Ritus der Erwachsenentaufe zusammengefasste Taufverständnis der Ecclesia Minor471. Besonders wies er jegliche Relevanz für das Heil im Sinn einer von der ethischen

468 Dazu s. unten S. 131f.

469 Zu Niemojewski vgl. oben Anm. 437.

470 Woidowski (um 1565-1622) war ab Mitte der 1580er Jahre als verdeckter Werber u.a. in Wittenberg, Straßburg und Leiden aktiv. Nach seiner endgültigen Rückkehr nach Polen um 1600 war er Pastor zu Lublin und zu Rakow. Vgl. auch unten S. 155.

471 Sozzini, Fausto: De baptismo aquae disputatio ( = BFP I, S. 709-752). Vgl. in der Folge Williams (Radical Reformation), S. 757-759.

Bewährung unabhängigen 'Umqualifizierung' zurück. Die Führer der Ecclesia Minor reagierten: Ronemberg brieflich mit der Aufforderung an Fausto, seine Haltung zur Taufe, die er doch ohnehin als indifferent ansehe, angesichts der weitreichenden dogmatischen Übereinstimmungen zu überdenken; Czechowicz in einer ausführlichen Widerlegungsschrift472: Äußerlich betrachtet sei der Vollzug der Taufe notwendig, um die von Christus gestiftete Ordnung der Versöhnung aufrecht zu erhalten; zugleich wirke die Taufe innerlich an der Erlösung des Menschen mit. Da ein solches Wirken nicht an der Einsichtsfähigkeit des zu Erlösenden vorbei geschehen könne, sei die Kindertaufe abzulehnen. Die Taufe eines Erwachsenen durch Untertauchen hingegen sei Symbol und Siegel für das Abwaschen der Sünde und das Sterben des Menschen gegenüber der sündhaften Welt sowie seine Auferstehung im Glauben. In persona gegen Fausto Sozzini war der Vorwurf gerichtet, dass die Kritiker der Wiedertaufe sich selbst für rein halten und ihre religiöse Autorität aus dem Empfang von religiösen Sondermitteilungen, Visionen etwa, ableiten.

Die zeitweilig erregt geführte Kontroverse um das Taufverständnis wurde erst 1603 auf der Synode zu Rakow offiziell abgeschlossen. In doktrinaler Hinsicht setzten sich die Befürworter der freieren Ansicht über die Taufe endgültig durch: Die Taufe sei eine äußerliche Handlung, durch welche die Aufnahme in die Gemeinschaft vollzogen werde; im Ritus folgte man Gonesius und Czechowicz und behielt mit der Taufe durch Untertauchen eines der Hauptkennzeichen der Ecclesia Minor im 'Sozinianismus' bei.

7.4.1.2 Amt und Schwert

Die argumentativ stärkste Schrift in der Kontroverse der Polnischen Brüder über die Stellung zur Obrigkeit stammte, wie erwähnt473, von dem 'konservativen' Palaeologus. Wegen der klar staatsbejahenden Aussagen zum öffentlichen Amt, dem Waffentragen und der Kriegführung entbrannte ein jahrelang andauernder Streit unter den stark täuferisch geprägten Antitrinitariern.

Fausto Sozzini verfasste beinahe zeitgleich zu seiner Stellungnahme in der Tauffrage, mit der er sich gegen die Rakower stellte, nun aber im Namen der Rakower die Antwort an Paleologus, die "Ad Palaeologi librum ... pro Racoviensibus responsio."474 Die Teilnahme des Christen an öffentlichen Ämtern wies er in täuferischer Radikalität zurück475 und provozierte damit seinen Weggang aus Krakau. Seine heftigen und einseitigen Äußerungen hat Fausto in der Folgezeit revoziert. Er nahm der Frage, ob der Christ weltliche Ämter bekleiden und Waffen tragen dürfe, im Lauf der Auseinandersetzung die Schärfe, indem er den Vorrang der religiösen gegenüber den staatlichen Vorschriften betonte, den letzteren aber ihre Geltung und ihren moralischen Wert beließ, solange sie den religiösen Vorschriften nicht widersprachen.

472 Czechowicz, Martin: De paedobaptistarum errorum origine. Krakau 1580.

473 Vgl. dazu oben S. 93f.

474 Vgl. dazu Williams (Radical Reformation), S. 760. Sie ist abgedruckt in BFP II, S. 1-114.

475 Dazu Cantimori (Häretiker), S. 400-403.

7.4.1.3 Arianismus und Nonadorantismus

Als Vertreter der Extreme standen in dieser Kontroverse der Nonadorant Budny gegen den Verfechter der Präexistenz, Erasmus Johannis476. Gegen Johannis wandte Fausto ein, dass Lehraussagen über die Präexistenz Christi rein spekulativen Charakters seien; material heilsbedeutsam seien für den Menschen die Lehren und als deren Bekräftigung das irdische Leben, Sterben und Auferstehen des Lehrers und Vorbildes Jesus von Nazareth.

Ausgangspunkt christologischer Aussagen – wenn man diesen dogmatischen Terminus noch gebrauchen will – müsse daher der historische Jesus sein. Im Rahmen einer 1584 in Krakau abgehaltenen öffentlichen Disputation zwischen Fausto und Erasmus Johannis wurde Johannis' Haltung als mit den Lehren der Polnischen Brüder unvereinbar zurückgewiesen477.

In der Auseinandersetzung mit Budny wurden die aus der Siebenbürger Nonadorantismuskontroverse478 zwischen Fausto und Davidis bekannten Argumente erneut vorgetragen. Hier nun gelang es Fausto, sich qua autoritativem Lehrentscheid durchzusetzen: 1596 wurde Budny aufgrund seiner Ablehnung der Anbetung Christi exkommuniziert. Diese Entscheidung der Ecclesia Minor hatte kirchenpolitische Konsequenzen, da zwischen der polnischen und der litauischen Brüderschaft, in der Budny seine Anhänger besaß (sog. Budneisten), ein in den Folgejahren nicht mehr geheilter Schnitt entstand.

7.4.2 Verteidigungsschriften

Fausto Sozzinis Verteidigungsschriften richteten sich gegen Altgläubige und reformatorische Theologen. Von Bedeutung für das Verständnis von Faustos Lehren sind sie wegen der kontrovers-konturierten Erörterung strittiger Lehrinhalte; Calov nutzt sie als Quellen.

In der Sekundärliteratur sind diese Schriften, was die Darstellung der materialen Auseinandersetzungen angeht, gänzlich unbeachtet geblieben.

Wir nennen die später auch von Calov herangezogenen, wichtigen Schriften:

Bereits 1582 erschien eine die christologischen Grundlagen zur Person Christi und zum Verständnis der durch Christus geschaffenen Erlösung erörternde Widerlegung des Andreas Volanus - der Stellung nach Sekretär des Fürsten Radziwil - , eines reformierten Polemikers, der die Ecclesia Minor 1582 angegriffen hatte479.

476 Der aus Salzwedel (Soltquellensis) gebürtige Erasmus Johannis (um 1530-um 1595) hielt sich nach seinem Studium der Theologie in Leipzig in der Schweiz auf, wo er in den Kreisen der Exilitaliener mit trinitätskritischem Gedankengut in Berührung kam. Seine nachmalige Stellung als Hebräischdozent an der Schule von Antwerpen, die er auf Vermittlung Bezas erhalten hatte, musste er wegen seiner arianisierenden Gotteslehre aufgeben. Er hielt sich längere Zeit in Polen auf, bevor er als unitarischer Seelsorger nach Siebenbürgen ging. Vgl. Bock (Historia Antitrinitariorum), T I, P 1, S. 419-423.

477 Der schriftliche Niederschlag der Disputation liegt vor mit der 'De Unigeniti Filii Dei existentia, inter Erasmum Johannis et Faustum Socinum Senensem disputatio' (= BFP II, S. 489 – 528).

478 Dazu oben S. 97f.

479 Volanus' Replik und die beiden Widerlegungen von Fausto sind unter dem Titel 'De Jesu Christi Filii Dei natura sive essentia nec non de peccatorum per ipsum expiatione disputatio adversus Andream Volanum', verfasst 1583, im Druck erschienen 1588 (= BFP II, S. 371-422).

1599 veröffentliche Fausto eine speziell auf die 'Evangelischen' bezogene 'Werbeschrift'480, in der er den Charakter und die Relevanz der doktrinellen Unterschiede zwischen dem Unitarismus und dem evangelischen Lehrbegriff bestimmte: Die Hauptsache des Christentums sei die praktische Frömmigkeit; der evangelische Lehrbegriff hingegen enthält Glaubenssätze, die die Ausübung der praktischen Frömmigkeit gefährden. Daher seien die 'Evangelischen' aufgefordert, sich dem Bekenntnis der Ecclesia Minor anzuschließen481.

Andere Schriften waren gegen katholische Angriffe gerichtet. Die bedeutendsten sind Faustos Entgegnungen auf die Streitschriften Gabriel Eutropius'482, Wujeks483 sowie des Posenschen Jesuitenkollegs gegen die 'neuen Samosatener'484. Diese Widerlegungsschriften, die wiederum Entgegnungen auch von 'Evangelischen' provozierten, enthalten grundlegende Erörterungen zur Trinitätslehre, der Person Christi und der 'Pneumatologie'.

7.4.3 Lehrschriften

Die Schriften der späteren Jahre haben dann lehrhaften Charakter. Hierzu zählen exegetische und didaktische Schriften wie die Auslegung der Bergpredigt485 oder ein Kommentar zum 1. Johannesbrief486.

Gegen Ende der 1580er Jahre hatte Fausto begonnen, seine theologischen Ansichten zusammenzufassen und eine wissenschaftliche Darstellung der Hauptpunkte des 'sozinianischen Systems' zu geben. Zu diesen Werken, die alle unvollendet geblieben sind, zählen als früheste Schrift die Praelectiones theologicae, eine Sammlung seiner Vorlesungen, die erstmals 1592 erschien und in erweiterter Fassung posthum durch Valentin Schmalz herausgegeben wurde487. In populärer Katechismusform war Sozzinis wichtigste Lehrschrift, der kurze Unterricht in der christlichen Religion (Brevissima institutio)488, verfasst. Auch diese Schrift, die dem späteren Rakower Katechismus zugrunde liegt, blieb unvollendet.

480 Sozzini, Fausto: Quod Regni Poloniae et Magni ducatus Lithuaniae homines, vulgo Evangelici dicti, qui solidae pietatis sunt studiosi, omnino deberent se illorum coetui adjungere, qui in iisdem locis falso atque immerito Arriani atque Ebionitae vocantur (= BFP I, S. 691-707).

481 Zu Calovs Auseinandersetzung mit Faustos Bestimmung der doktrinalen Valenz der Lehrunterschiede vgl. unten S. 223-225.

482 Die Lebensdaten des Jesuiten Gabriel Eutropius lassen sich nicht erheben. Er war Domherr am Posenschen Jesuitenkolleg.

483 Jakob Wujek (1540-1597) war Rektor des Posener Jesuitenkollegs von 1571-1578, dann bis 1580 Rektor des 1579 zur Universität erhobenen Kollegs von Vilnius. Wujek, ein Exponent des politisch aktiven Jesuitentums in Polen, war ein Vertrauter des Königs Stephan Batory. Für die polnische Reformationsgeschichte von Bedeutung ist seine posthum 1599 erschienene polnische Bibelübersetzung.

484 Sozzini, Fausto: Assertiones Theologicae de Trino et Uno Deo adversus novos Samosatenicos. Ex praelectionibus Collegii Posnaniensis excerptae. Unum cum animadverisionibus Fausti Socini Senensis (= BFP II, S. 423-438); und Sozzini, Fausto: Defensio animadversionum etc. adversus Gabrielem Eutropium,

Canonicum Posnaniensem (= BFP II, S. 625-708; hinzu kommen 8 unnummerierte Seiten am Ende).

485 Sozzini, Fausto: Concionis Christi, quae habetur capite quinto, sexto et septimo apud Mathaeum Evangelistam, Explicatio (= BFP I, 1-73). Unvollendet; Auslegung bis Mt 6, 21.

486 Sozzini, Fausto: Commentarius in epistolam Johannis Apostoli primam (= BFP I, 157-263).

487 Sozzini, Fausto: Praelectiones Theologicae Fausti Socini Senensis (= BFP I, S. 535-600).

488 Sozzini, Fausto: Christianae Religionis brevissima Institutio, per interrogationes et responsiones, quam catechismum vulgo vocant (= BFP I, S. 651-676); diese Schrift sollte den Katechismus ersetzen, der bei der

Im Dokument Lutherische Metaphysik im Streit (Seite 111-115)

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