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Methacrylsäure

9.6. Bestimmung von <k t > für NaMAA mittels SP–PLP–NIR

Da die Bestimmung des Geschwindigkeitskoeffizienten der Terminierung mittels SPPLPEPR115 nur zu Beginn der Polymerisation erfolgte, wurde zusätzlich die Methode der SPPLPNIR verwendet, um <kt> über einen breiten Umsatzbereich zu bestimmen. Damit können die gefundenen kt -Werte überprüft und eine mögliche Umsatzabhängigkeit untersucht werden.

Bei der SPPLP–NIR-Methode wird der gekoppelte Parameter <kt>/kp aus der relativen Abnahme der Monomerkonzentration nach einem einzelnen Laserpuls mittels Gleichung (48) (Kapitel 4.12) bestimmt.19,20,128,129

Um ein besseres Signal-zu-Rauschen-Verhältnis zu erreichen, wurden die Messungen bei 500 bar durchgeführt. Zur Berechnung von <kt> wird kp aus Kapitel 9.5 benötigt.

Abbildung 60 zeigt die Abnahme der relativen Monomerkonzentration in einem Einzelpulsexperiment für eine wässrige 2,0 mol·L–1 NaMAA-Lösung bei 20 °C, 500 bar mit Darocur1173 als Photoinitiator. Der Laserpuls erfolgt

Kinetik und Modellierung der Homopolymerisation von ionisierter Methacrylsäure

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bei t = 0. Der horizontale Bereich vor dem Puls zeigt, dass das Experiment nicht durch Umsatz infolge eines vorherigen Pulses beeinflusst wurde und keine Hintergrundpolymerisation auftritt. Mehrere nacheinander durchgeführte Einzelpulsexperimente wurden gemittelt, bis ein mittlerer Gesamtumsatz von etwa 4% pro Pulssequenz erreicht wurde. Die Anpassung der Daten zur Bestimmung von <kt>/kp erfolgt über Gleichung (48) und ist als schwarze Linie dargestellt. Die Ergebnisse sind in Abbildung 61 als Funktion des Umsatzes und der Temperatur zusammengefasst.

Da ein Gel-Effekt aufgrund der niedrigen Monomerkonzentration ausgeschlossen werden kann und eine Temperaturabhängigkeit des gekoppelten Parameters im untersuchten Temperaturintervall im Rahmen der Messgenauigkeit nicht sicher festgestellt werden kann, wurden die

<kt>/kp-Werte für alle Temperaturen und über den gesamten untersuchten Umsatzbereich gemittelt. Der Mittelwert ist in Tabelle 14 gelistet, wobei dieser im Rahmen der Messgenauigkeit auch für Normaldruck gilt, da die Druckabhängigkeit des gekoppelten Parameters für ionische Monomere sehr gering ist (vgl. TMAEMA in Kapitel 7.2).

Die kettenlängengemittelten <kt>-Werte liegen um ca. eine Größenordnung unter den kt(1,1)-Werten115 bei den jeweiligen Temperaturen und stimmen damit sehr gut überein, da der Faktor 10 aus der CLD von kt resultiert und auch für kt(1,1) und <kt> von nicht-ionisierter MAA gefunden wurde.20,160

9.6 . Bestimmung von <kt> für NaMAA mittels SP–PLP–NIR

139 -0,2 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

0,996 0,998 1,000 1,002

exp. Daten Fit

c M(t)/c0 M

t / s

Abbildung 60. Relative Monomerkonzentration, cM(t)/c0M als Funktion der Zeit, t, für ein SPPLPNIR-Experiment von 2,0 mol·L–1 NaMAA in wässriger Lösung bei 20 °C, 500 bar und mit Darocur1173 als Photoinitiator. Der Laserpuls erfolgt bei t = 0. Der gekoppelte Parameter <kt>/kp wurde durch Anpassung der experimentellen Daten mittels Gleichung (48) (Kapitel 4.12) bestimmt.

0 5 10 15 20 25 30 35 40 4

6 8 10 12 14

80 °C 50 °C 20 °C

ln(<k t> / k p)

X

Abbildung 61. Der Quotient der Geschwindigkeitskoeffizienten der kettenlängengemittelten Terminierung, <kt>, und Propagation, kp, als Funktion des Umsatzes, X, bestimmt durch SP–PLP–NIR von 2,0 mol·L–1 NaMAA in D2O bei 500 bar im Temperaturintervall 20 bis 80 °C mit Darocur1173 als Photoinitiator (Symbole). Die durchgezogene Linie entspricht dem gemittelten <kt>/kp-Werten bei allen Temperaturen und über den gesamten Umsatzbereich.

Kinetik und Modellierung der Homopolymerisation von ionisierter Methacrylsäure

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Tabelle 14. <kt>, kp und deren Quotient <kt>/kp für die radikalische Polymerisation von 2,0 mol·L–1 NaMAA in D2O im Temperaturintervall 20 bis 80 °C. <kt> wurde aus den über den gesamten Umsatzbereich gemittelten experimentellen Quotienten (Abbildung 61) und den kp-Werten aus Tabelle 13 berechnet.

T / °C ln(<kt> / kp) kp / L·mol–1·s–1 <kt> / L·mol–1·s–1

20 8,7 ± 0,8 620 3,7 × 106

50 8,7 ± 0,8 992 6,0 × 106

80 8,7 ± 0,8 1466 8,8 × 106

Da keine Umsatzabhängigkeit von <kt> im untersuchten Umsatzbereich gefunden wurde, kann davon ausgegangen werden, dass auch kt(1,1) über den gesamten Umsatzbereich der Polymerisation als konstant angenommen werden kann.

Der gemittelte Parameter <kt>/kp zeigt keine Abhängigkeit von der Temperatur, was bedeutet, dass sich die Aktivierungsenergien von kp und

<kt> ähneln müssen. Daraus folgt, dass die Aktivierungsenergie von <kt> im SPPLPNIR-Experiment ca. 12 ± 4 kJ·mol–1 beträgt.

9.7. Fazit

Umsatz-Zeit-Verläufe radikalischer Polymerisationen von 0,6 bis 1,8 mol·L–1 vollständig ionisierter Methacrylsäure in D2O wurden zwischen 30 und 70 °C mittels NIR-Spektroskopie gemessen.

Die Umsatz- und Temperaturabhängigkeit der kettengemittelten Terminierung wurde mittels SPPLPNIR untersucht.

Durch Predici®-Modellierung konnte gezeigt werden, dass die kp-Werte, die durch PLPSEC bestimmt wurden,14 systematisch um einen Faktor zwei zu groß waren. Diese Diskrepanz resultiert vermutlich aus einer falschen Zuordnung der Maxima in den ersten Ableitungen der experimentellen Molmassenverteilungen zu den charakteristischen Kettenlängen.

Die Temperaturabhängigkeit des Geschwindigkeitskoeffizienten der Propagation wurde im Temperaturintervall von 30 bis 80 °C bestimmt.

9.7 . Fazit

141 Weiterhin wurde gezeigt, dass der präexponentielle Faktor, A(kp), unabhängig von der Methode, mit der er bestimmt wurde, dominant von der Konzentration der Gegenionen abhängt, wobei A mit steigendem cNa+ steigt.

Dabei ist es egal, welche Substanz das Gegenion liefert, z.B. Monomer oder Chloridsalz. Diese Abhängigkeit muss zur Modellierung der radikalischen Polymerisation von vollständig ionisierter MAA und, wie in Kapitel 10 gezeigt, auch von vollständig ionisierter AA zwingend berücksichtigt werden.

Dieser sehr starke Effekt der Gegenionen wurde in dieser Arbeit erstmals am Beispiel von vollständig ionisierter MAA und vollständig ionisierter AA beobachtet.

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10. Kinetik und Modellierung der Homopolymerisation von ionisierter Acrylsäure

Teile dieses Kapitels wurden mit Erlaubnis aus Drawe, P.; Buback, M.;

Lacík, I. Macromol. Chem. Phys. 2015, 216, 1333, Copyright 2015 Wiley VCH nachgedruckt.

10.1 Einleitung

Im folgenden Kapitel wird die radikalische Polymerisation von teil- und vollständig ionisierter Acrylsäure bei verschiedenen Ionisationsgraden sowie Monomer- und Gegenionenkonzentrationen mittels NIR, NMR, SPPLPEPR und SPPLPNIR untersucht. Weiterhin wird ein Predici® -Modell entwickelt, um die Einflüsse der individuellen Geschwindigkeits-koeffizienten auf die Polymerisation von ionisierter AA zu beschreiben und zu interpretieren.