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Bespielbarer Straßenraum (Wellingdorfer Straße)

Im Dokument raums (MONASTA) (Seite 67-71)

2 Nachhaltige Stadtmobilität

3.3 Evaluation der Modellstadt Kiel

3.3.1 Bespielbarer Straßenraum (Wellingdorfer Straße)

Die Maßnahme zum bespielbaren Straßenraum wurde durch den Ortsbeirat beschlossen. Zudem ist die Maßnahme ein Teil des Maßnahmenpakets „Fußverkehr“, das in Form einer jährlichen Maßnahmenliste durch den Bauausschuss beschlossen wird.

Finanzierung

Finanziert wurde die Maßnahme zu 70 % aus eigenen Haushaltsmitteln und zu 30 % aus ExWoSt-Fördermitteln.

Beschreibung des Umsetzungsprozesses

Geplant wurde die Maßnahme zunächst als eine temporäre, provisorische Lösung, um mit den gewonnenen Erkenntnissen die dauerhafte Lösung zu planen. Die provisorische Lösung wurde im April 2018 innerhalb von drei bis vier Tagen umgesetzt. Insgesamt konnte der vorgegebene Zeitplan für die temporäre Maßnahme eingehalten werden. Der Zeitplan für die dauerhafte Lö-sung musste jedoch ausgedehnt werden. Die Gründe hierfür waren personelle Engpässe in der Stadtverwaltung sowie Kanalarbeiten einer anderen Abteilung in dem Gebiet, die vor der dauhaften Lösung umgesetzt werden müssen. Die Durchführung der temporären Maßnahme er-folgte durch das Verkehrswege- und Erhaltungsmanagement. Die Anwohnenden sollten vor Bau-beginn noch rechtzeitig über den Start informiert werden. Allerdings begann die Baufirma be-reits mit der Maßnahmenumsetzung, ohne vorher die Anwohnenden zu informieren. Von Seiten der Anwohnenden gab es im Zuge der Maßnahme starken Gegenwind, da zehn Parkplätze entfal-len sind. Der Stadtteilrat stand allerdings zu der Maßnahme und wollte diese beibehalten. Zu-dem wurden auch die Partizipationsprozesse verstärkt durchgeführt, um die Zustimmung der Bevölkerung zu erhöhen. Die Umsetzung der dauerhaften Maßnahme erfolgt voraussichtlich 2022.

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Abbildung 30: Wellingdorfer Straße während der temporären Umsetzung

Quelle: Planersocietät

Aspekte der Wirkungsevaluation

Untersucht wurden mittels Beobachtungen die Aufenthaltsaktivitäten im Vorher-Nachher-Ver-gleich. Dadurch konnten die Veränderungen, die sich durch die temporäre Maßnahmenumset-zungen ergeben, evaluiert werden. Erhoben wurden Aufenthalts- und Spielaktivitäten, Kommu-nikation und Verkehrskonflikte im Straßenraum. Die Beobachtungen erfolgten an zwei Werkta-gen im Mai/Juni 2017 und im Juni 2021 jeweils von 14-18 Uhr an einem Standort in der Welling-dorfer Straße zwischen der Wahlestraße und der Katharinenstraße. Eine Zwischen-Erhebung fand im September 2020 statt. Zudem wurde eine Fuß- und Radverkehrszählung im Vorher-Nachher-Vergleich durchgeführt.

Die Wellingdorfer Straße war in der Vorher-Erhebung durch eine geringe Passantenfrequenz ge-prägt. Gespräche und Aufenthalte waren im Straßenraum sehr unterschiedlich verteilt und vor-wiegend im Bereich der Zugänge zu den Mietwohnungen zu beobachten. Da der öffentliche Raum im Bereich der Wellingdorfer Straße über keine Möblierung (wie beispielsweise Sitzgele-genheiten) verfügte, erfolgten die Gespräche und Aufenthalte ausschließlich stehend und waren durch eine kurze Dauer geprägt. Das Passantenaufkommen war durch einen hohen Anteil an äl-teren Personen geprägt, von denen viele auf Mobilitätshilfen angewiesen waren. Konfliktsituati-onen zeigten sich bei den Seniorinnen und Senioren während der Fahrbahnquerung mit Mobili-tätshilfen bei der Überwindung der Bordsteinhöhe oder mit dem ruhenden Kfz-Verkehr. Spiele-rische Aktivitäten von Kindern und Jugendlichen erfolgten selten und ergaben sich hauptsäch-lich beim Durchqueren der Wellingdorfer Straße. Der Beobachtungsbereich wurde nur in weni-gen Ausnahmefällen von Kindern zum längeren Verweilen oder Spielen weni-genutzt.

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Abbildung 31: Straßenraumbeobachtung in der Wellingdorfer Straße (Vorher-Erhebung)

Quelle: eigene Darstellung, Planersocietät

Abbildung 32: Straßenraumbeobachtung in der Wellingdorfer Straße (Zwischen-Erhebung)

Quelle: eigene Darstellung, Planersocietät

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Auch in der Zwischen-Erhebung zeigte sich ein ähnliches Bild. Sie wurde durch die Laufzeitver-längerung des Projekts möglich und hatte zum Ziel, bereits mögliche Veränderungen in der Nut-zung des Straßenraums durch die temporären Veränderungen zu messen. Zum Zeitpunkt der Erhebung war der nördliche Straßenzug durch Fahrradbügel bereits abgetrennt und die Ein-bahnstraßenregelung in der Wellingdorfer Straße und Katharinenstraße galt bereits. Der ent-standene Platzbereich wurde mit temporären Sitzmöbeln bespielt. Während der Zwischen-Erhe-bung wurde die Wellingdorfer Straße überwiegend von Erwachsenen frequentiert. Gespräche fanden nur vereinzelt statt und überwiegend im Stehen, da die temporären Möbel nur in gerin-gem Maße genutzt wurden. Kinder und Jugendliche waren in dem Straßenraum insgesamt selte-ner zu beobachten. Dies galt sowohl für das reine Durchqueren, wie auch für spielerische Aktivi-täten oder den längeren Aufenthalt. Konkrete Konfliktsituationen konnten während des Bobach-tungszeitraums nicht wahrgenommen werden. Auffällig war hingegen, dass der nördliche Arm der Dreiecksinsel (Katharinenstraße) mehrfach von Kfz entgegen der Fahrtrichtung befahren wurde.

In der Nachher-Erhebung ergab sich ein abweichendes Bild. Die Wellingdorfer Straße wurde zu gleichen Teilen von Erwachsenen, Schulkindern, Senioren und Jugendlichen frequentiert. Ein Großteil der Senioren war auf Mobilitätshilfen angewiesen und nutzte die barrierefreien Absen-kungen des Bordsteins der nördlichen Wellingdorfer Straße. Gespräche fanden meist im Vo-rübergehen oder im Stehen statt. Vereinzelt wurden die temporären Möbel zum Verweilen und Spielen genutzt. Der abgesperrte und umgestaltete Bereich der Wellingdorfer Straße wurde häu-fig als Querungsfläche genutzt. Auffällig war, dass die Wellingdorfer Straße mehrfach von Kfz entgegen der Fahrtrichtung befahren wurde, und auch zuweilen Fahrräder auf den Gehwegen unterwegs waren. Konkrete Konfliktsituationen konnten während des Bobachtungszeitraums allerdings nicht wahrgenommen werden.

Abbildung 33: Straßenraumbeobachtung in der Wellingdorfer Straße (Nachher-Erhebung)

Quelle: eigene Darstellung, Planersocietät

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Im Vergleich der Passantenfrequenzen zwischen den drei Erhebungszeitpunkten zeigt sich ein differenziertes Bild: Auf den Gehsteigen kam es in der Nachher-Erhebung fast durchgängig zu geringeren Fußgänger-Frequenzen als in der Vorher- und Zwischen-Erhebung. Diese könnten durch die sehr hohen Temperaturen während der Nachher-Erhebung sowie die Einschränkun-gen während der Covid-19-Pandemie bedingt sein. In Bezug auf das Querungsverhalten ließ sich eine Verlagerung beobachten. Der vorher viel genutzte Querungsraum im westlichen Bereich der Wellingdorfer Straße wurde nun weniger in Anspruch genommen. Dafür wurde der teil-weise abgesperrte Bereich um das Wellingdorfer Wohnzimmer nun häufiger zum Queren ge-nutzt. Dies spricht dafür, dass die Verkehrsberuhigung in diesem Bereich für ein sichereres Que-rungsgefühl gesorgt hat.

Im umgestalteten Straßenraum ließen sich häufigere Interaktionen, Spielaktivitäten und Aufent-halte beobachten als vor der Absperrung und Gestaltung der Fläche. Eine erneute Verkehrsbe-obachtung nach Abschluss der permanenten Umgestaltungsmaßnahmen scheint sinnvoll, um eine endgültige Bewertung der Wirkungen vorzunehmen.

3.3.2 Verbesserung des Schulwegs (Kieler Kuhle)

Im Dokument raums (MONASTA) (Seite 67-71)