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Im Folgenden sollen einige Patientengruppen von besonderem klinischen Interesse betrachtet werden. Diese Betrachtung soll einerseits die Eigenschaften dieser Patienten aufklären, ande-rerseits zur Überprüfung und Validierung im vorangegangenen Kapitel beschriebener Regres-sionsmodelle dienen.

4.3.1 Polytrauma

Polytraumatisierte Patienten sowohl mit oberen (Tabelle 25) als auch mit subaxialen (Tabelle 26) Halswirbelsäulenverletzungen waren tendenziell jünger (p<0,001 bzw. p=0,093), signifi-kant häufiger von intrakraniellen Blutungen (p<0,001 bzw. p=0,006) sowie hochsignifisignifi-kant häufiger von Hochrasanztraumata (p<0,001) betroffen. Sie wiesen eine hochsignifikant bzw.

im Falle subaxialer HWS-Verletzungen tendenziell längere Hospitalisierungszeit als nicht po-lytraumatisierte Patienten (p<0,001 bzw. p=0,07, basierend auf dem Kruskal-Wallis-Test für nichtparametrische Verteilung) auf, die für obere HWS-Verletzungen 2,6-fach (im Median 8 gegenüber 21 Tagen), für subaxiale doppelt (13 gegenüber 26 Tagen) so lang im Vergleich zu Patienten ohne Polytrauma war. Die Operationsdauer war bei oberen HWS-Verletzungen mit der 3,3-fachen Zeit signifikant (p=0,041), bei subaxialen mit der 1,3-fachen Dauer nicht signi-fikant (p=0,56), länger. Bei an der oberen HWS Verletzten war die intensivstationäre Therapie mit der 5,6-fachen Dauer hochsignifikant länger bei den polytraumatisierten Patienten (p<0,001), während dieser Zusammenhang mit der 2,7-fachen Dauer bei subaxialen Halswir-belsäulenverletzungen aufgrund der großen Varianz knapp keine Signifikanz erreichte (p=0,076). Polytraumatisierte mit oberen HWS-Verletzungen hatten signifikant instabilere Frakturen (p=0,007) als nicht Polytraumatisierte sowie hochsignifikant häufiger Rückenmarks-verletzungen (p<0,001). Sie verstarben signifikant häufiger (p=0,009), erlitten signifikant häu-figer ein Delir (p=0,017) sowie tendenziell häuhäu-figer Infektionen (p=0,07). Zudem wurden mit 72,6% gegenüber 19,1% dorsalen Instrumentierungen signifikant andere Operationstechniken gewählt (p=0,006). Bei subaxialen HWS-Verletzungen erwies sich lediglich die Infektrate als schwach tendenziell höher (p=0,061) sowie tiefe Venenthrombosen bzw. Lungenembolien als signifikant häufiger (p=0,019), die anderen für obere Halswirbelsäulenverletzungen bestimm-ten Parameter unterschieden sich nicht signifikant voneinander.

Interessanterweise erwiesen sich die polytraumatisierten Patienten im Vergleich zwischen obe-rer und subaxialer Halswirbelsäule als im Median gleich alt (72 gegenüber 73 Jahren, p=0,94), im Gegensatz zum im vorangegangenen Verhältnis bei den Gesamtgruppen. Gleichwohl waren die Patienten mit oberen HWS-Verletzungen tendenziell schwerer erkrankt (gemessen am ASA-Score, p=0,067), signifikant schwerer verletzt (gemessen am Polytrauma ISS-Score, p=0,02) und verstarben signifikant häufiger (p=0,04), jedoch waren sie tendenziell seltener von Hochrasanztraumata betroffen (p=0,094).

Für Versterben bei polytraumatisierten Patienten mit oberen HWS-Verletzungen wurde ein Re-gressionsmodell erstellt. Polytrauma ISS-Score (OR für 10 zusätzliche Punkte 4,95, p=0,05) sowie Alter (OR für 10 zusätzliche Jahre 36,6, p=0,03) erwiesen sich als signifikant mit höherer Versterbensrate verknüpfte Faktoren. (Tabelle 24, p=0,002 für das gesamte Modell).

Tabelle 24: Logistisches Regressionsmodell für Versterben polytraumatisierter Patienten mit oberen HWS-Verletzungen.

Koeffizient Adj. OR [95%-CI]

(Intercept) -34.20 * 0.00 *

p=0.03 [0.00, 0.02]

Polytrauma ISS-Score 0.16 * 1.17 *

p=0.05 [1.00, 1.37]

Alter in Jahre 0.36 * 1.44 *

p=0.03 [1.03, 1.99]

N 25

AIC 20.77

BIC 24.43

Pseudo R2 0.60

p-Wert des gesamten Modelles 0.002**

*** p < 0.001; ** p < 0.01; * p < 0.05.

Tabelle 25: Daten polytraumatisierter und nicht polytraumatisierter Patienten mit oberen Hals-wirbelsäulenverletzungen im Vergleich.

Verwendete statistische Tests: 1Chi-Square-Test nach Pearson, 2ANOVA für lineare Modelle,

3Trend-Test für ordinalskalierte Variablen, 4Kruskal-Wallis-Rangsummentest für nichtpara-metrische Verteilung.

Dezimalstellen in amerikanischer Schreibweise.

Kein Polytrauma

Kein Polytrauma Dorsale

Schraubenosteo-synthese 31 (66.0%) 1 (9.1%) 32 (55.2%)

dorsoventrale Stabilisier-ung

1 (2.1%) 0 (0.0%) 1 (1.7%) Ventrale monosegmentale

Spondylodese

2 (4.3%) 1 (9.1%) 3 (5.2%) Ventrale

Schraubenosteo-synthese

4 (8.5%) 1 (9.1%) 5 (8.6%)

fehlend 59 14 73

Intensivstation (Tage) <

0.0011

Kein Polytrauma

Exitus letalis 0.0092

FALSE 99 (93.4%) 19 (76.0%) 118 (90.1%)

Infekt (jeder) 0.0702

FALSE 92 (86.8%) 18 (72.0%) 110 (84.0%)

Tabelle 26: Daten polytraumatisierter und nicht polytraumatisierter Patienten mit subaxialen Halswirbelsäulenverletzungen im Vergleich.

Verwendete statistische Tests: 1Chi-Square-Test nach Pearson, 2ANOVA für lineare Modelle,

3Trend-Test für ordinalskalierte Variablen, 4Kruskal-Wallis-Rangsummentest für nichtpara-metrische Verteilung.

Dezimalstellen in amerikanischer Schreibweise.

Kein

Poly-trauma (N=65) Polytrauma

(N=24) Total (N=89)

TRUE 6 (9.2%) 8 (33.3%) 14 (15.7%)

dorsoventrale Stabilisier-ung

5 (12.2%) 0 (0.0%) 5 (9.4%) ventrale bisegmentale

Sta-bilsierung

6 (14.6%) 4 (33.3%) 10 (18.9%) Ventrale monosegmentale

Spondylodese

22 (53.7%) 6 (50.0%) 28 (52.8%)

fehlend 24 12 36

Intensivstation (Tage) 0.0764

Mean (SD) 10.7 (17.1) 14.0 (14.4) 11.8 (16.2)

Exitus letalis 0.2842

FALSE 62 (95.4%) 24 (100.0%) 86 (96.6%)

Infekt (jeder) 0.4222

FALSE 56 (86.2%) 19 (79.2%) 75 (84.3%)

FALSE 65 (100.0%) 22 (91.7%) 87 (97.8%)

TRUE 0 (0.0%) 2 (8.3%) 2 (2.2%)

fehlend 0 0 0

4.3.2 Verstorbene

Da bei der subaxialen Halswirbelsäule lediglich drei Patienten verstarben, wird der folgende Abschnitt über verstorbene Patienten auf die obere HWS beschränkt.

Verstorbene Patienten mit oberen HWS-Verletzungen waren tendenziell älter (84,0 Jahre ge-genüber 78,5 Jahre medianes Alter, p=0,082 basierend auf dem Kruskal-Wallis-Test für nicht-parametrische Daten), signifikant häufiger polytraumatisiert (p=0,009) sowie häufiger nephro-logisch vorerkrankt (p=0,03) als nicht verstorbene Patienten. Zudem wiesen sie auch tendenzi-ell schwerere Allgemeinerkrankungen auf (gemessen am ASA-Score, p=0,054) und zeigten signifikant häufiger Subarachnoidalblutungen (p=0,003) und Rückenmarksverletzungen (p=0,009) (Tabelle 27).

Tabelle 27: Daten verstorbener und nicht verstorbener Patienten mit oberen Halswirbelsäulen-verletzungen im Vergleich.

Verwendete statistische Tests: 1Chi-Square-Test nach Pearson, 2ANOVA für lineare Modelle,

3Trend-Test für ordinalskalierte Variablen, 4Kruskal-Wallis-Rangsummentest für nichtpara-metrische Verteilung

Dezimalstellen in amerikanischer Schreibweise.

Nicht verstorben

Nicht verstorben

Patienten mit oberen Halswirbelsäulenverletzungen, die ein Delir entwickelten, waren im Me-dian mit 78 Jahren ähnlich alt wie nicht delirante mit 79 Jahren (p=0,599), wiesen jedoch sig-nifikant häufiger rheumatologische (p=0,022) und neurologische Erkrankungen (p=0,046) auf.

Sie erlitten signifikant häufiger ein Polytrauma (p=0,009), Hochrasanztraumen (p=0,019) und Subarachnoidalblutungen (p=0,015). Ihre Operationsdauer war signifikant länger (p=0,005), so war die mediane Operationszeit mit 116min gegenüber 50,5min mehr als doppelt so lang. Sie

waren signifikant häufiger von Infektionen (p=0,021), insbesondere von Pneumonien (p=0,045) betroffen. Zudem wiesen sie tendenziell häufiger bekannten Alkoholabusus oder er-höhten Blutalkohol bei Einweisung auf (p=0,096). Ihre Liegedauer war mit im Median 20 Ta-gen signifikant länger als bei nicht Deliranten (p=0,004).

Delirante Patienten mit subaxialen HWS-Frakturen wiesen mit im Median 72 Jahren gegenüber 75 Jahren bei nicht deliranten Patienten sogar ein etwas jüngeres Alter auf (p=0,443). Sie hatten signifikant häufiger nephrologische Erkrankungen (p=0,007) und erlitten signifikant häufiger Lungenembolien sowie tiefe Venenthrombosen (p=0,014). Ihre Operationsdauer war mit im Median 321,5min knapp 3 Mal so lang und damit hochsignifikant länger als die von nicht de-liranten Patienten mit 109min (p<0,001). Dabei wurden signifikant unterschiedliche Operati-onstechniken gewählt (p=0,019), so waren die dorsoventrale Stabilisierung bei den deliranten Patienten mit 50% gefolgt von der ventralen bisegmentalen Spondylodese und der dorsalen Instrumentierung mit je 25% die häufigsten Techniken. Hochrasanz- sowie Polytraumata waren vergleichbar häufig (p=0,722 bzw. p=0,716).

4.3.4 Therapiekonversion

Patienten, die nach einer initial konservativen Therapie operativ behandelt werden mussten, sind besonders im geriatrischen Patientenkollektiv von großem Interesse, um dem jeweiligen Patienten bereits initial die richtige Therapie anbieten zu können. Da im vorliegenden Kollektiv lediglich bei oberen Halswirbelsäulenverletzungen eine Therapiekonversion erfolgte, sollen Patienten mit Therapiekonversion mit konservativ behandelten Patienten dieser Gruppe vergli-chen werden.

Patienten, die eine Therapiekonversion benötigten, waren signifikant jünger als rein konserva-tiv behandelte Patienten (medianes Alter 76 gegenüber 83, p=0,007) und hatten signifikant häu-figer Lungen- und Infektionserkrankungen (p=0,003 bzw. p=0,007) sowie tendenziell häuhäu-figer psychiatrische Erkrankungen (p=0,1) und wiesen signifikant häufiger bekannten Alkoholabu-sus bzw. Alkohol im Blut bei Aufnahme auf (p=0,01). In der Gruppe der Patienten mit Thera-piekonversion waren Hochrasanztraumata signifikant seltener (p=0,049) und es wurden keine hochgradig instabilen Verletzungen vom Typ C beobachtet. Sie verzeichneten hochsignifikant häufiger persistierende Schmerzen nach initialer Therapie (p<0,001) sowie signifikant häufiger

Interessanter Weise waren die Patienten mit Therapiekonversion signifikant häufiger und stär-ker antikoaguliert als operativ behandelte Patienten (p=0,047), jedoch mit im Median 76 Jahren (gegenüber 77 Jahren bei den operativ behandelten) ähnlich alt (p=0,594). Auch verzeichneten sie hochsignifikant häufiger Lungenerkrankungen (p<0,001), signifikant häufiger Infektionser-krankungen (p=0,034) und tendenziell häufiger psychiatrische ErInfektionser-krankungen (p=0,092) in Übereinstimmung zu den vorgenannten Unterschieden im Vergleich zu konservativ behandel-ten Patienbehandel-ten. 88,9% der Patienbehandel-ten waren schwer oder sogar lebensgefährlich allgemeiner-krankt, während dies lediglich bei 65,9% der operativ behandelten Patienten zutraf, was jedoch aufgrund limitierter Stichprobengröße keine Signifikanz erreichte(p=0,175).

5 Diskussion

5.1 Allgemeine Eigenschaften des