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Welche Bereiche der psychischen Leistungsfähigkeit Älterer sind im Wandel der Arbeitswelt vorrangig gefordert?

Arbeitswelt im Wandel – Herausforderungen an die geistige Leistungsfähigkeit älter werdender Arbeitender

2. Welche Bereiche der psychischen Leistungsfähigkeit Älterer sind im Wandel der Arbeitswelt vorrangig gefordert?

Mindestens drei Facetten der psychischen Leistungsfähigkeit Älterer sind bei einigen Veränderungen im vielgestaltigen Wandel der Arbeitswelt vorrangig gefordert. Das sind:

Makrokognitive Vorgehensweisen im Sinne fachunspezifischer, also 1.

übertragbarer Strategien der individuellen und kooperativen Bewäl-tigung komplexer Anforderungen jenseits von kompensierbaren Einzelfunktionen wie Gedächtnis- oder Aufmerksamkeitsspannen.

Das sind branchenübergreifende Strategien der rationellen Bewäl-tigung typischer Anforderungen in wissensintensiver Arbeit bei-spielsweise zum Entwickeln und Auswählen von Vorgehensweisen, zum Entscheiden, zur Ablaufplanung, zur Reflexion des eigenen Vorgehens oder zur effizienten Kooperation (Gigerenzer, 2007).

Diese Befähigungen werden auch als Befähigung zum Selbstma-nagement, als Handlungskompetenzen oder non-technical skills bezeichnet (vgl. Sonntag & Stegmaier, 2007; Badke-Schaub, Hofin-ger & Lauche, 2008).

Resilienz (Widerstandsfähigkeit u. a. als Distanzierungsfähigkeit 2.

und darauf fußend realistische Selbstwirksamkeitsüberzeugun-gen) sowie emotionale Stabilität. Diese psychischen Leistungsvo-raussetzungen sind nur denkbar auf der Grundlage einer soliden und übertragbaren Allgemein- und Berufsausbildung, welche die Beschäftigungsfähigkeit sichert. Nur dann kann beispielsweise Arbeitsplatzverlust nicht als deprimierendes Versagen und Demüti-gung erlebt, sondern als Herausforderung bewältigt werden.

Lernbefähigungen und zwar auch unter biologisch ungünstigeren 3.

Lernbedingungen. In der Gesundheitspsychologie werden Lernbefä-higungen als Bewältigungsstrategien den gesundheitsstabilisieren-den Befähigungen zugeordnet.

Dabei ist zu bedenken:

Lernen wird durch Lernen gelernt. Das Fördern intellektueller Fähig-4.

keiten älterer Arbeitnehmer im Arbeitsprozess selbst setzt eine lern-förderliche Arbeitsgestaltung voraus. Es wäre wenig sinnvoll und wenig wirkungsvoll, menschgemachtes Voraltern aufgrund defizi-tärer kognitiver Arbeitsgestaltung durch Zusatztrainings isolierter kognitiver Funktionen aufhalten zu wollen.

An gesundheits- und lernförderlicher Arbeitsgestaltung auch 5.

geistiger und Dienstleistungsarbeit als Bestandteil der

Unterneh-menskultur geht auch bei einem Überangebot von Arbeitskraft kein Weg vorbei. Menschzentrierte Arbeitsgestaltung ist altengerechte Arbeitsgestaltung: Sie verhütet ein menschgemachtes Voraltern, verzögert im idealen Fall das biologische Altern und entlastet damit die Sozialsysteme.

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Dr. Gottfried Richenhagen ist Leiter des Referates „Arbeit und Gesundheit“ sowie stellvertretender Leiter der Gruppe „Beschäftigungsfähigkeit und Berufliche Bildung“

im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW.

Nach dem Studium der Mathematik, Informatik und Didaktik an den Universi-täten Bonn und Bielefeld folgte eine wissenschaftliche Tätigkeit an der Universität Paderborn und eine Tätigkeit als Berater und Regionalleiter der Technologiebera-tungsstelle Oberhausen.

Bekannt wurde er durch zahlreiche Vorträge und Veröffentlichungen zu den The-men demografischer Wandel in der Arbeitswelt, Beschäftigungsfähigkeit sowie Ge-sundheit bei der Arbeit.

Dr. Gottfried Richenhagen

Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen

Fürstenwall 25, 40219 Düsseldorf richenhagen@mags.nrw.de

Dr. Gottfried Richenhagen

Leistungsfähigkeit, Arbeitsfähigkeit, Beschäftigungsfähigkeit