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6. ERGEBNISDARSTELLUNG

6.1 D ESKRIPTIVE A NALYSEN IM F ÄCHERVERGLEICH

6.1.5 Beitrag verschiedener Aspekte der Forschungsarbeit für den wissenschaftlichen

Ein-schätzungen der Befragten zum Beitrag der einzelnen Aspekte der Forschungsarbeit für den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn näher analysiert.

6.1.5 Beitrag verschiedener Aspekte der Forschungsarbeit für den wissenschaftli-chen Erkenntnisgewinn

In der Gesamtbetrachtung (vgl. Tabelle 12) fällt zunächst auf, dass auch für den wissen-schaftlichen Erkenntnisgewinn der Beitrag von begutachteten Publikationen (M = 4.02, SD = 0.96) und Publikationen in hochgerankten Zeitschriften (M = 3.67, SD = 1.01) hö-her eingeschätzt wird als der von nicht-begutachteten (M = 2.77, SD = 1.11) und ande-ren Publikationen (M = 3.11, SD = 1.08). Die Diffeande-renzen fallen allerdings nicht so hoch aus wie bei der eingeschätzten Bedeutung der verschiedenen Publikationsformate für den Reputationszuwachs. Der Beitrag von Zitationen für den Erkenntnisgewinn im wis-senschaftlichen Forschungsprozess wird mit einem Wert von M = 2.84 (SD = 1.22) rela-tiv niedrig eingeschätzt. Wenn man davon ausgeht, dass Zitationen durch die Bezug-nahme auf andere Publikationen und der damit einhergehenden Verknüpfung und Bün-delung verschiedener Forschungsergebnisse ein zentrales Element der wissenschaftli-chen Forschungsarbeit darstellen, erscheint dieses Ergebnis überraswissenschaftli-chend. Möglicher-weise spielt hier eine Rolle, dass nicht alle Zitationen Veröffentlichungen betreffen, die

Deskriptive Analysen im Fächervergleich 135 für den Erkenntnisgewinn als besonders relevant anzusehen sind, sondern oft auch we-niger wichtige Arbeiten oder sogar für das bearbeitete Themenfeld nicht relevante Arbei-ten (Stichwort Selbstzitation und Zitationskartelle) zitiert werden. Angenommen werden könnte also, dass aufgrund eines teilweise ‚inflationären‘ Gebrauchs von Zitationen in wissenschaftlichen Publikationen, die wirklich relevanten Zitationen in der Masse von anderen Zitationen untergehen und der Beitrag für den Erkenntnisgewinn im Mittel eher entsprechend gering eingeschätzt wird.

Tabelle 12: Beitrag verschiedener Aspekte der Forschungsarbeit für den Erkenntnisge-winn

n M SD Schiefe Kurtosis

Publikationen in Zeitschriften mit Peer-Review-Verfahren

625 4.02 0.96 -0.92 0.57

Publikationen in Zeitschriften ohne Peer-Review-Verfahren

620 2.77 1.11 0.08 -0.70

Andere Publikationen 620 3.11 1.08 -0.12 -0.53

Publikationen in Zeitschriften mit hohem Impact Factor / in high-ranked journals

622 3.67 1.01 -0.65 -0.17

Zitationen 605 2.84 1.22 0.02 -0.98

Betreuung von Promotionen 600 3.04 1.11 -0.04 -0.66

Durchführung von Drittmittelprojekten der DFG

626 3.55 1.11 -0.47 -0.44

Durchführung von sonstigen Drittmittel-projekten

626 3.24 1.11 -0.26 -0.64

Anmerkung. Die Werte basieren auf einer fünfstufigen Ratingskala mit den Endpolen „sehr gering“ (1) und

„sehr hoch“ (5).

Quelle: eigene Berechnungen

Die Einschätzung der Befragten hinsichtlich der Betreuung von Promotionen liegt mit einem Wert von M = 3.04 (SD = 1.11) im mittleren Bereich der Skala. Mit einer Schiefe von -0.04 ergibt sich eine nahezu vollkommen symmetrische Verteilung der Antworthäu-figkeiten um den Wert 3 der Skala.

Die Durchführung von Drittmittelprojekten wird insgesamt als durchaus bedeutsam für den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn angesehen, wobei auch hier wieder die Relevanz von DFG-Drittmitteln (M = 3.55, SD = 1.11) höher als die der sonstigen Dritt-mittel (M = 3.24, SD = 1.11) eingestuft wird. Dies erscheint nachvollziehbar, da die sons-tigen Drittmittel z. B. auch industrielle Auftragsforschung umfassen können, deren Bei-trag für den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn sicherlich als geringer anzusehen ist als der von Projekten, die z. B. im Bereich der Grundlagenforschung angesiedelt sind.

Deskriptive Analysen im Fächervergleich 136 Als weitere für den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn relevante Aspekte der For-schungsarbeit wurden von den Befragten generell die inhaltliche Qualität der Forschung (n = 4), z. B. die Qualität von Publikationen unabhängig vom Format, sowie – damit wohl verbunden – ausreichend Zeit für die Forschungsarbeit (n = 4) genannt. Auch der Aus-tausch mit Kollegen auf Tagungen und Konferenzen (n = 4) sowie der internationale Austausch (n = 3) wurden von mehreren Befragten erwähnt.

In Tabelle 13 und Abbildung 7 sind nun die Einschätzungen der Befragten im Fächer-vergleich dargestellt. Die Mittelwertunterschiede wurden wieder mit Hilfe von einfaktori-ellen Varianzanalysen auf Signifikanz geprüft und im Anschluss Post-Hoc-Mehrfachver-gleiche (Scheffé-Prozedur bzw. Games-Howell-Test) durchgeführt.

Tabelle 13: Beitrag verschiedener Aspekte der Forschungsarbeit für den Erkenntnisge-winn im Fächervergleich Publikationen in Zeitschriften mit

Peer-Review-Verfahren

Andere Publikationen 3.64

(0.90) Publikationen in Zeitschriften mit hohem

Impact Factor / in high-ranked journals

3.24

Betreuung von Promotionen 3.37

(1.08) Durchführung von Drittmittelprojekten

der DFG Durchführung von sonstigen

Drittmittel-projekten Anmerkung. EZW = Erziehungswissenschaften / Sonderpädagogik, POL = Politikwissenschaften, PSY = Psychologie, SOZ = Soziologie / Sozialwissenschaften, WIWI = Wirtschaftswissenschaften; n je Fach (min – max): nEZW = 146–150, nPOL = 44–53, nPSY = 112–115, nSOZ = 69–75, nWIWI = 211–219.

Quelle: eigene Berechnungen

Zwischen den Fächern ergeben sich bei allen abgefragten Items signifikante Unter-schiede. Diese fallen bei den peer-reviewed Publikationen relativ moderat aus (F(4, 604) = 2.98, p = .019). Ein signifikanter Mittelwertunterschied zeigt sich hier ledig-lich zwischen den Einschätzungen der Erziehungswissenschaftler (M = 3.92, SD = 1.03)

Deskriptive Analysen im Fächervergleich 137 und der Psychologen (M = 4.30, SD = 0.95). Insgesamt wird diesen Publikationen aber über alle Fächer hinweg eine hohe Relevanz für den wissenschaftlichen Erkenntnisge-winn zugesprochen.

Abbildung 7: Beitrag verschiedener Aspekte der Forschungsarbeit für den Erkenntnisge-winn im Fächervergleich

Anmerkung. EZW = Erziehungswissenschaften / Sonderpädagogik, POL = Politikwissenschaften, PSY = Psychologie, SOZ = Soziologie / Sozialwissenschaften, WIWI = Wirtschaftswissenschaften; n je Fach (min – max): nEZW = 146–150, nPOL = 44–53, nPSY = 112–115, nSOZ = 69–75, nWIWI = 211–219.

Quelle: eigene Berechnungen

Deutlichere Unterschiede – und wieder die bereits bekannte fachliche Zweiteilung von Psychologie und Wirtschaftswissenschaften auf der einen und den übrigen Fächern auf der anderen Seite – zeigen sich bei den Publikationen in Zeitschriften ohne Peer-Review-Verfahren (F(4, 599) = 25.06, p < .001). Dass der eingeschätzte Beitrag für den Erkenntnisgewinn in der Psychologie (M = 2.33, SD = 1.00) und den Wirtschaftswissen-schaften (M = 2.40, SD = 1.02) deutlich geringer ausfällt, ist angesichts der bereits be-schriebenen Unterschiede in den Publikationskulturen (starke Fokussierung auf peer-reviewed Zeitschriften und geringere Bedeutung anderer Publikationsformate) wenig verwunderlich. Ähnlich verhält es sich bei den anderen Publikationen (F(4, 599) = 34.03, p < .001), denen in den Erziehungswissenschaften (M = 3.64, SD = 0.90), den Politik-wissenschaften (M = 3.71, SD = 0.97) und der Soziologie (M = 3.48, SD = 1.07) eine recht hohe Relevanz für den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn zugesprochen wird,

3.9 Publikationen in Zeitschriften mit hohem Impact Factor /

in high-ranked journals

Deskriptive Analysen im Fächervergleich 138 während die Psychologie und die Wirtschaftswissenschaften mit Werten von M = 2.64 (SD = 0.97) und M = 2.69 (SD = 1.03) wieder deutlich zurück liegen.

Publikationen in Zeitschriften mit hohem Impact Factor / in high ranked journals wird über alle Fächer hinweg ein relativ hoher Beitrag für den Erkenntnisgewinn zugespro-chen, auch wenn der Wert in den Erziehungswissenschaften mit M = 3.24 (SD = 1.22) etwas geringer ausfällt. In der Psychologie (M = 3.85, SD = 0.95) und den Wirtschafts-wissenschaften (M = 3.99, SD = 0.98) werden dagegen wieder die höchsten Werte er-zielt (F(4, 602) = 12.20, p < .001). Bei den Zitationen folgen die Einschätzungen dersel-ben fachlichen Reihenfolge. Mit Werten zwischen M = 2.51 (SD = 1.18) und M = 3.08 (SD = 1.26) liegen diese nur auf deutlich niedrigerem Niveau (F(4, 585) = 5.15, p < .001).

Der Betreuung von Promotionen wird vor allem in den Erziehungswissenschaften ein hoher Beitrag für den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn zugesprochen (M = 3.37, SD = 1.08), während die Wirtschaftswissenschaften mit M = 2.79 (SD = 1.09) den nied-rigsten Wert erreichen (F(4, 580) = 6.05, p < .001). Auch bei der Beurteilung des Bei-trags von Drittmittelprojekten der DFG und sonstigen Drittmittelprojekten fallen die Werte in den Wirtschaftswissenschaften mit M = 3.09 (SD = 1.04) bzw. M = 2.74 (SD = 1.09) am niedrigsten aus, was vermutlich durch die bereits angesprochene stärkere Verbrei-tung von industrieller Auftragsforschung in diesem Fach begründet ist. Die Werte bei den übrigen Fächern liegen sowohl bei den Drittmittelprojekten der DFG (F(4, 605) = 18.53, p < .001) als auch bei den sonstigen Drittmitteln (F(4, 605) = 21.63, p < .001) signifikant über denen der Wirtschaftswissenschaften.

Für dieses Teilkapitel kann resümiert werden, dass die Befragungsergebnisse zum einen den überraschenden Befund liefern, dass Zitationen nach Einschätzung der be-fragten Professorinnen und Professoren einen nur eher mäßigen Beitrag für den wissen-schaftlichen Erkenntnisgewinn leisten. Zum anderen zeigt sich, dass über alle Fächer hinweg und insbesondere in der Psychologie und den Wirtschaftswissenschaften begut-achteten Publikationen eine höhere Relevanz für den Erkenntnisgewinn als anderen Publikationsformaten attestiert wird. Eine naheliegende Erklärung hierfür ist, dass das akademische Gutachterverfahren anscheinend trotz mancher Kritik als Qualitätskrite-rium anerkannt wird, indem es durch seine Selektionsfunktion einen Beitrag für den wis-senschaftlichen Erkenntnisgewinn leistet. Eine alternative Erklärung hierfür wäre, dass aufgrund einer zunehmenden – auch von außen forcierten – Orientierung an Peer-Review-Formaten, primär versucht wird, Publikationen in eben solchen Zeitschriften zu platzieren. Für andere Veröffentlichungsformate eingereicht oder anderweitig publiziert werden dann nur noch solche Publikationen, die durch das Gutachterverfahren ausse-lektiert wurden bzw. bei denen sich die Autorin oder der Autor von vornherein keine

Aus-Deskriptive Analysen im Fächervergleich 139 sicht auf Erfolg im Gutachterverfahren versprochen hat. Das heißt, nicht primär die Vali-dität des Begutachtungsverfahrens wäre für die Qualität der in den entsprechenden Zeit-schriften erscheinenden Aufsätze verantwortlich, sondern schlicht die Tatsache, dass im Vorfeld durch die Autorinnen und Autoren vorselektiert wird. Die für den wissenschaftli-chen Erkenntnisgewinn bedeutsamen Publikationen finden sich dann entsprewissenschaftli-chend überproportional in peer-reviewed Publikationen wieder.

Nach den Einschätzungen der Befragten zur Bedeutung verschiedener Aspekte der Forschungsarbeit für den Reputationszuwachs in der Scientific Community und deren Beitrag für den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn soll es im nächsten Kapitel nun um den konkreten Stellenwert verschiedener Forschungstätigkeiten in der Forschungsarbeit der Professorinnen und Professoren gehen.

6.1.6 Stellenwert verschiedener Forschungstätigkeiten in der Forschungsarbeit