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Welche Erklärungen und Zusammenhänge sind für Gewaltprävention von Bedeutung?

4.3 Beispiele aus dem Schulalltag

Im Folgenden werden einige Beispiele zur proaktiven und reaktiven Aggression aus dem Schulalltag beschrieben. Bitte nehmen Sie sich für die Beispiele Zeit und beant-worten Sie die dazugehörigen Fragen. Erläuterungen zu den einzelnen Beispielen sind nach der letzten Fallbeschreibung zu finden.

Fallbeschreibungen Beispiel 1: Fabian

Fabian ist 16 Jahre alt. Seine Mitschüler und Mitschülerinnen gehen ihm häufig aus dem Weg, denn Fabian ist für seinen Hitzkopf bekannt. Er ist oft in Streitereien ver-wickelt, die auch manchmal in Handgreiflichkeiten ausarten. Auch während des Unter-richts gelingt es Fabian nicht immer sich zurückzuhalten. Er schimpft laut darauf los, wenn ihm etwas nicht passt. Es gibt während einer Woche mehrere Auseinanderset-zungen mit verschiedenen Mitschüler/innen, sowohl während der Pausen als auch auf dem Schulweg.

> Wie ist das Verhalten von Fabian zu verstehen?

> Um welche Art von aggressivem Verhalten handelt es sich?

> Liegt Mobbing vor?

Beispiel 2: Mario

Mario ist 14 Jahre alt. Er ist ein sehr guter Schüler. Er beschäftigt sich gerne mit Chemie und Physik, liebt es unbekannte Dinge zu erforschen und Experimente zu machen. Er fällt wegen seiner Kleidung auf, sie entspricht nicht dem aktuellen Modetrend. In den Pausen liest er gerne oder führt Gespräche mit den Lehrer/innen. Es passiert aber auch häufig, dass Mario in Rempeleien verwickelt wird. Vor den Lehrpersonen beschul-digen die anderen Schüler/innen Mario, angefangen zu haben. In der letzten Zeit häu-fen sich die Tage, an denen Mario nicht in die Schule kommt.

> Wie ist das Verhalten von Mario zu verstehen?

> Um welche Art von aggressivem Verhalten handelt es sich?

> Liegt Mobbing vor?

Beispiel 3: Tobias

Tobias ist 12 Jahre alt. Er ist ein Jahr älter als seine Schulkameraden. Tobias sieht gut aus, ist sehr sportlich und nimmt erfolgreich an Wettkämpfen im Schwimmen teil. Er ist bei den Lehrer/innen beliebt und hat immer eine Gruppe von Freunden und Freun-dinnen um sich. In die gleiche Klasse geht auch Sven. Er ist von Deutschland zugezo-gen und seit Beginn der AHS in der gleichen Klasse. Sven spricht mit norddeutschem Akzent, erbringt sehr gute Schulleistungen und ist Fußballfan. In den Pausen sieht man ihn mit Fußballzeitschriften und Sammelalben. Manchmal passiert es, dass Sven von mehreren Schülern, deren Anführer Tobias ist, geschubst wird und dann seine Sticker auf dem Boden liegen. An manchen Tagen steht in der Früh ein Spruch oder ein Wort an der Tafel, das Deutsche und/oder Fußball abwertet. Darüber lachen die Schüler/innen, wenn sie den Klassenraum betreten und manchmal auch ein Lehrer/

eine Lehrerin, bevor jemand bestimmt wird, der die Tafel löschen soll.

> Wie ist das Verhalten von Tobias zu verstehen?

> Um welche Art von aggressivem Verhalten handelt es sich?

> Liegt Mobbing vor?

Beispiel 4: Jessica

Jessica ist 9 Jahre alt. Sie hat mittelmäßige Noten und sitzt alleine an einem Tisch in der letzten Reihe. Jessica ist verträumt, starrt oft aus dem Fenster und kann nicht gleich antworten, wenn sie aufgerufen wird. Dann beginnt sie meist zu stottern, die Lehrerin sagt: „Baust du schon wieder Luftschlösser!?“ mit dem Effekt, dass die an-deren Kinder lachen. In den Pausen versteckt sie sich oft auf der Toilette. Bei Wander-tagen und Schulausflügen hat sie bis jetzt immer gefehlt.

> Wie ist das Verhalten von Jessica zu verstehen?

> Um welche Art von aggressivem Verhalten handelt es sich?

> Liegt Mobbing vor?

Beispiel 5: Hanna

Hanna ist 13 Jahre alt. Sie ist während der Pausen am liebsten mit zwei Freundinnen zusammen, Katrin und Andrea. Hanna und Katrin kennen sich schon seit dem Kinder-garten. Einige Mädchen aus der Klasse haben eine Mädchen-Bande gegründet. Sie stehen in den Pausen immer zusammen, tuscheln oder lachen laut auf, wobei sie sich auffällig umschauen. Sie werben intensiv um Katrin und Andrea, indem sie mittels kleiner geschriebener Zettelchen die Kommunikation beginnen. Hanna will sich mit Katrin außerhalb der Schule verabreden, aber Katrin muss immer lernen oder hat Sport und deswegen keine Zeit. Andrea gibt nur ausweichende Antworten und trägt nun auch das Zugehörigkeitszeichen zur Bande an ihrem Schulrucksack. Hanna ist jetzt in den Pausen immer alleine.

> Wie ist das Verhalten von Hanna zu verstehen?

> Um welche Art von aggressivem Verhalten handelt es sich?

> Liegt Mobbing vor?

Beispiel 6: Astrid

Astrid ist 8 Jahre alt. Sie wird oft in der Klasse von ein paar Mädchen gehänselt, weil sie etwas dicklich ist. Besonders im Turnunterricht und danach in der Garderobe wird es lustig: da werden die Anstrengungen von Astrid, Turnübungen zu machen, nachge-ahmt und übertrieben dargestellt. Fast alle Mädchen müssen darüber lachen. Astrid versucht, sich nichts anmerken zu lassen.

> Wie ist das Verhalten von Astrid zu verstehen?

> Um welche Art von aggressivem Verhalten handelt es sich?

> Liegt Mobbing vor?

Erläuterungen zu den Beispielen aus dem Schulalltag Beispiel 1: Fabian

Fabian wird leicht wütend, er kann mit seiner Wut nicht richtig umgehen und wenn er wütend ist, geht er auf alle Mitschüler/innen in gleicher Weise los. Es ist keine syste-matische Täter-Opfer-Beziehung erkennbar.

Fabian ist ein impulsiver Bursche, der auf subjektiv wahrgenommene Störungen und Frustrationen mit aggressivem Verhalten reagiert, er fühlt sich durch fast alles provo-ziert. Sein Verhalten entspricht der reaktiven Aggressivität.Sie wird durch seine Wut ausgelöst, mit der er nicht richtig umgehen kann. Es liegt kein Mobbing vor.

Beispiel 2: Mario

Mario ist wegen seiner Kleidung und seiner Vorlieben ein Außenseiter und wird von seinen Mitschülern/Mitschülerinnen immer wieder gemein behandelt: Er wird von ihnen angerempelt, in Streitigkeiten und Kämpfe hineingezogen, in denen er wehrlos ist und aus denen er versucht, sich zurückzuziehen (lesen, Nähe zu den Lehrer/innen).

Es könnte sein, dass er deshalb in letzter Zeit häufig fehlt. Mario wird von seinen Mit-schülern/Mitschülerinnen gemobbt.

Beispiel 3: Tobias

Tobias ist älter und körperlich trainiert, er hat eine soziale Gruppe von Freunden und Freundinnen und genießt Anerkennung in der Klasse, er ist quasi der Anführer in der Klasse. Er bringt die anderen und auch die Lehrer/innen dazu, Sven zu mobben und mobbt ihn auch selbst. Tobias ist ein Täter, sein Verhalten entspricht derproaktiven Aggressivität. Er möchte Macht über das Opfer und Ansehen in der Peer-Gruppe.

Dieses Verhalten ist von positiven Gefühlen (lachen) begleitet. Tobias fühlt sich in seinem Verhalten auch ermutigt, weil Lehrer/innen mitlachen. Sven wird von seinen Mitschü-lern/Mitschülerinnen auf unterschiedliche Art und Weise gemobbt. Er wird geschubst;

Gegenstände, die ihm gehören, werden zerstört und er wird aufgrund seiner Herkunft beleidigt und beschimpft. Er ist ein Außenseiter und ein Opfer von Mobbing. Die Leh-rer/innen verstärken das Verhalten der Schüler/innen.

Beispiel 4: Jessica

Jessica wird von ihrer Lehrerin gemein behandelt (letzte Bank, wird öffentlich abge-wertet). Vermutlich hat sie deswegen eine schwache Stellung in der Klasse und wird von vielen Mitschüler/innen abgelehnt. Dies setzt einen Teufelskreis in Gang: Jessica fühlt sich in der Klasse nicht wohl, deshalb versteckt sie sich in den Pausen und ist bei Schulausflügen nicht dabei. Jessica ist ein Opfer von verstecktem Mobbing, die Lehrerin ist mitbeteiligt. Vordergründig handelt es sich nicht um Mobbing, da es keine offenen Hinweise auf Täter/innen gibt, die gezielt gegen Jessica vorgehen.

Beispiel 5: Hanna

Hanna ist ein Opfer von Mobbing, das durch das systematische Zerstören von Bezie-hungen ausgeführt wurde. Hannas Freundinnen wurden ihr von der Mädchenbande ausgespannt. Jetzt ist Hanna allein und ausgeschlossen. Hanna wird von ihren beiden Freundinnen gemieden (haben keine freie Zeit mehr), es gibt fast keinen Kontakt mehr.

Die Mädchenbande hat die Freundschaften von Hanna manipuliert und zerstört, um Hanna zu kränken und zu verletzen.

Beispiel 6: Astrid

Astrid ist ein Opfer von Mobbing. Sie wird von ihren Mitschüler/innen wegen ihres Aussehens gemein behandelt. Es ist nicht erkennbar, von wem das Mobbing ausgeht.