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Behandlung und Gesundheitspflege des Pferdes

Futtergattungen.

Das Pferd kann durch Gräser, Kräuter, Saamenkör- ner und einigen Wurzelarten ernährt werden. Im Allgemeinen theilt man die Futtergattungen in Hart- und Rauhfutter ein. Die vorzüglichste Nahrung ist die Waide und soll deshalb von ihr zu- erst die Rede sein.

Die Waideplätze müssen trocken und hochgelegene Wiesen sein, die ein kurzes und nahrhaftes Gras erzeugen, wogegen sumpfige und niedrige Wie- sen, ein langes ungesundes mit Schilf gemischtes Gras liefern. Will man das Gras zu Stallfütterung benutzen, so darf es nicht vor Sonnen auf- oder nach Sonnenuntergang geschnitten werden. Und die Auf- bewahrung muß in geringen Massen und an

kühlen Orten stattfinden. Man stecke dem Pferden nie mehr Gras auf die Raufe als sie fressen können.

Des Pferdes vorzüglichste Nahrung sind Körner, un- ter ihnen verdient der Hafer den Vorzug. Die

Vermengung der Körner mit Hechsel (bei der Seite 70

Friedensration 2 Pfd.) nöthigt das Pferd die Körner ge- horig zu kauen und befördert das Verdauungsgeschäft [.]

Zu frischer Hafer verursacht beim Füttern leicht Druse und Verstopfungskoliken. Guter Hafer kann gelb oder schwärzlich aussehen, muß großkörnig, dünn- hülsig, schwer, trocken, rein und geruchlos sein, wobei angenommen wird, daß der Berliner Scheffel im Durchschnitt 46- 50 Pfd. wiegt. Neu, angefeuchtet ausgewachsen, dumpfig, schimlich, unrein und von beißenden Geschmack wird er nicht angenommen.

Schlechter Hafer wird im Nothfalle unschädlicher gemacht werden, wenn man ihn wäscht, trocknet und mit

etwas Salz vermengt. Statt des Hafers muß man sich im Felde auch andere Getreidearten bedienen.

1. Gerste ist im südlichen Europa und Orient das ge- wöhnliche Futter, doch nicht so gut wie Hafer, obgleich sie schwerer ist. Man läßt sie grob schroten und etwas angefeuchtet mit Hechsel füttern, oder weicht sie in

Wasser auf und reicht sie mit Hechsel vermischt. Bei Mangel an Zeit muß sie wenigstens sehr naß ge- füttert werden. Im letzten Falle müssen die Pfer- de eine Stunde vor, und 2 Stunden nach dem Fütter gedrängt100 werden. Der Scheffel Gerste wiegt im Durch- schnitt 75 Pfd.

2. Der Roggen wiegt 80-86 Pfd. ist weniger

gesund als Hafer und Gerste und sojar fähig, mehrere Krank- heits-Anlagen zu erzeugen, in dem er leicht

säuert, schwer zu verdauen ist und deshalb leicht Koliken verursacht. Er nährt kräftiger als Hafer erzeugt viel mehr Blut und macht zum Dumm- koller geneigt. Im Übrigen wird er wie Gerste gefüttert.

3. Der Weizen wiegt 86-90 Pfd., ist nachtheiliger als Gerste. Die Pferde erschlucken ihn gierig, kauen ihn nicht gehörig und er geht zum Theil unverdaut ab.

Man füttert ihn wie Korn; frisch und in zu großer Menge ist er sehr gefährlich.

Buchweizen und Wicken101 sind gedeihliche Futterar- ten; sie werden mit Spreu, Kleie oder Hechsel

vermengt.

Die reifen Kerne der Garten [-] oder Saubohne ge- spalten oder grob geschroten, mit Hechsel oder Kleie vermischt sind kein schlechtes Futter.

Erbsen, Linsen und Feldbohnen [sind] dagegen nicht räthlich. Unausgedroschenes Getreide, mit Aus- nahme von Bohnen und Wicken, ist nicht beson- ders schädlich. Ausgelagertes Mehl ist besser als frisches. Kleie von Weizen und Roggen mit Wasser aufgequellt, ins Getränk gemischt, ist Seite 71

bei Krankheiten ein Schärfe linderndes, erweichendes und kühlendes Mittel. Es darf nur nach dem Bedarf bereitet werden und die Gefäße müssen nach dem Gebrauch stets sorgsam gereinigt werden. Brod ist nahrhaft; einige Tage alt, jedoch besser als frisch;

es wird die Beschaffung zu viel Schwierigkeiten machen. Unter den Wurzelarten sind die Mohr- rüben als blutreinigend bei Krankheiten und der Merrettig bei Magel an Freßlust zu emp- fehlen.

Der gemeine Mangold die Burgunderrübe, die

Kohlrübe mit Spreu, Keie [sic!]102 oder Hechsel vermengt

100 Gemeint ist „getränkt“.

101 „Wicke“ ist auch ein anderes Wort für Platterbse (Lathўrus), eine „Gattung der Leguminosen“

(Meyer 1908, 225).

102 Gemeint ist „Kleie“.

und die Kartoffel gekocht, gestampft mit Hech- sel und Salz verabreicht, sind unschädliche Nah- rungsmittel, geben aber wenig Nahrungsstoff.

Alle Wurzelarten werden vor dem Futtern in Würfeln geschnitten.

Das Stroh soll eine gelbe gesunde Farbe haben, sei- ne Ähren noch besitzen und bei gehöriger Trocken- heit noch einen reinen Geruch haben. Man hält das Haferstroh für das gesündeste, Gerstenstroh für das am meisten; Roggenstroh für das am wenigstens nahrhafte. Erbsen [-] und Bohnenstroh sind schädlich.

Das Heu muß eine blaß grüne Farbe haben, fein, wohlriechend und gehorig trocken sein. Neu, schilfig sauer, unrein, dumpfig, voll Staub, oder gar schimm- lich ist das schädlichste Futter.

Ist man gezwungen schlechtes Heu zu füttern, so muß man dasselbe, wenn es staubig ist, durch Klopfen und Ausschütteln reinigen. Ist es dump- fig und multrig103, wird es mit Wasser begossen, getrocknet und mit Salzwasser gemengt gereicht.

Ist Heu, oder andere trockne Futterkräuter nicht 6 Wochen gelagert, so sollen sie nicht gefüttert

werden. Grummet104 ist unschädlich, aber weniger nahr- haft. Bei theilweisen Mangel an Heu vermengt

man das Vorhandene mit dem besten Stroh.

Wird dem Pferde als Gesundheitsfutter Gras, gereicht, so muß der Wechsel von trockenen und frischen Futter und umgekehrt allmählig und vorsichtig geschehen.

Unvorsichtiges Füttern von frischen Futter und grünem Futterkräutern, kann gefährliche Krank- heiten und plötzlichen Tod des Pferdes herbeifüh- ren. Das Tränken vor dem Füttern, das Ver- theilen in kleine Portionen und die Vermeng- ung des geschnittenen Getreides pp mit trocke- nem Hechsel vermindert die Gefahr. Vor der Blüthe der Getreidearten wird der ganze Halm Seite 72

nach derselben, wenn die Körner schon angesetzt sind nur die Hälfte des Halms geschnitten. Die Wicke und der Hafer verdienen unter den grünen Futtergattungen den Vorzug.

Der rothblühende Klee darf nicht eher gefutert werden, bis daß er abgeblühet hat. Es werden auch Eicheln und Kastanien geschroten und mit

103 „multrig“ ist ebenfalls ein Ausdruck für „muffig“ (vgl. Meyer 1909, 352-353).

104 Als „Grummet“ wird der zweite Schnitt bei der Heuernte bezeichnet (Meyer 1907, 442).

Hechsel vermengt gefuttert.

Birn-, Eschen- und Eichenlaub können im Nothfal- le als Futter benutzt werden. Die Distel ist sehr gesund und nahrhaft.

Quell- Brunnen- und Flußwasser ist gut; das Wasser aus großen Landseen, Teichen und sehr tiefen Brunnen mittelmäßig, aber was in

Pfützen, Bächen, Gruben und stehenden Teichen zusammen läuft die keinen Zu- und Abfluß

haben, so wie Schneewasser und Eis ist sehr schäd- lich. Warmes Wasser gewährt dem Pferde kei- ne Erquickung, sondern schwächt. Mittelmä- ßiges Wasser kann verbessert werden, wenn man es in großen Gefäßen der Einwirkung der Luft ausgesetzt, es nach hinreichender Ab- klärung abzapft und ihm einen Beisatz von Salz oder Salpeter giebt. S [?]

Ration nennt man den Futterbedarf eines Pferdes, sie theilen sich in schwere Rationen (für Zugpferde) und leichte Rationen (für Reitpfer- de) nach ihrer Zusammensetzung und Stärke in Friedensstand, Friedensmarsch und Feld-Ration.

Rationssätze .

Friedensration Friedensmarsch Feldration Für Mtz.

Bei Mangel an vorschriftsmäßiger Fourage106 haben denselben Werth 16 Mtz Hafer = 13 Mtz Gerste

oder Buchweizen = 11 Metzen Wicken, = 9 Metz. Roggen.

= 8 ¾ Mtz. Weizen.

Ein Schffl. Hafer wiegt 50-60 Pfd. (Magazin Gewicht,) mindestens 45 Pfd. 1 Schfl. Gerste 69 Pfd. Roggen 80 Pfd.

1 Pfd. Stroh giebt eine Mtz Hechsel.

Bei dem theilweisen Mangel an Rauhfutter können

für 8 Pfd. Heu 16 Pfd. Stroh, oder 2 Pfd. zermalmten Zwieback

105 Unter einem Metzen (Mtz.) versteht man ein Getreidemaß:

1 Mtz. ≙ 3,435 Liter (http://de.wikipedia.org/wiki/Metzen_%28Hohlma%C3%9F%29).

In dieser Tabelle werden wieder die Kürzel für die Maßeinheiten ausgeschrieben.

106 Die „Furage (franz. fourrage, spr. furāsch', vom deutschen »Futter« abzuleiten)“ bezeichnet

„Pferdefutter“ wie beispielsweise „Hafer, Heu“ und „Stroh“ (Meyer 1907, 213).