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Begrifflichkeit und Aufgabengebiete des Asset Managements

Institutionelle Investoren nutzen im Rahmen der Kapitalanlage schon seit Lan-gem das Fachwissen von spezialisierten, teilweise externen Asset Managern bzw. Asset Management-Abteilungen. Den Ausgangspunkt der Betrachtung stellt daher zunächst die allgemeine Betrachtung des Asset Managements dar, bevor im anschließenden Kapitel eine Anwendung auf das immobilienbezogene Asset Management erfolgt.

2.3.1 Begriff des Asset Managements

Das originäre Gebiet des Asset Managements ist dem Bereich der Finanz-dienstleistung zuzuordnen97 und bezeichnet ganz allgemein die professionelle Kapitalanlage für Dritte98 und den damit verbunden Kapitalanlage- bzw. Invest-mentprozess.99 Dabei geht die Theorie von Vorteilen einer professionellen Geldanlage für private und institutionelle Investoren gegenüber der individuellen Kapitalanlage aus,100 weshalb erste Ansätze im Bereich des Asset Manage-ments bzw. des VermögensmanageManage-ments auch aus der Bankwirtschaft stam-men.101 Das Asset Management gewann in den 1960er-Jahren mit dem An-wachsen der Pensionskassenvermögen und einer zunehmenden Performanceorientierung an Bedeutung102, wobei sich in den letzten Jahren der Markt für Asset Management-Leistungen – dank immer steigender Anlagevolu-mina – erheblich vergrößert hat.103

Ursprünglich bestand die Aufgabe des Asset Managements dabei in der Ver-mögensverwaltung bzw. der Verwaltung der Wertpapierportfolien durch die Bank, mit dem Ziel, die Rendite-/ Risiko-Position zu optimieren.104 Daher wer-den in dem finanzwirtschaftlich weiter fortgeschrittenen angloamerikanischen

97 Vgl. Zieschang (2000), S. 12.

98 Das heißt die Verwaltung von institutionellen und privaten Vermögen.

99 Vgl. Albrecht (2003), S. 42; Frauenlob (1998), S. 40; Achleitner (2001), S . 510; Riess/

Frank (2002), S. 276.

100 Vgl. Hockmann (2003), S. 4

101 Vgl. Brauer (2005), S. 13.

102 Vgl. Ellis (1992), S. 16.

103 Vgl. Zieschang (2000), S. 3, 34ff.

104 Anbieter von Asset Management-Leistungen stammen vor allem aus der Gruppe der Banken- und Versicherungskonzerne, vgl. Hockmann (2003), S. 15.

Raum die Begriffe „Asset Management“, „Investment Management“ und „Money Management“ oft synonym gebraucht.105 Gleichwohl wird der Begriff „Asset Management“ in der Literatur unterschiedlich definiert, u. a. von Fabozzi: „The job of planning, implementing, and overseeing the funds of an individual inves-tor or an institution is referred to as investment management.”106, Makin ver-steht es als „[the] management of assets for third parties for a fee“107 und Emch et al. definieren Asset Management „als die globale Verwaltung von Vermö-genswerten”108. Für den BVI – Bundesverband Investment und Asset Manage-ment e. V. bedeutet Asset ManageManage-ment „die Steuerung eines Anlageportfolios (zum Beispiel aus Aktien, verzinslichen Wertpapieren und/ oder Immobilien) nach Risiko- und Ertragsgesichtspunkten. Zu dieser Dienstleistung gehören die Vorbereitung und Umsetzung von Anlageentscheidungen hinsichtlich des Geld-vermögens Dritter.“109 Gemeinsam ist den unterschiedlichen Definitionsansät-zen, dass das Asset Management eine Dienstleistung darstellt, die die (gebüh-rengenerierende) Verwaltung und Anlage von Vermögenswerten110 Dritter (institutioneller oder privater Kunden) zum Ziel hat.111

Asset Management-Dienstleistungen können dabei verschiedenen Kategorien zugeordnet werden, wie u. a. nach der Herkunft der Vermögen (bspw. institutio-nelle Kunden oder private Kunden), der Größe des Vermögens, der Eigentü-merverhältnisse (bspw. Versicherung, unabhängige Asset Manager), der Pro-duktorientierung (bspw. geographische Orientierung), dem Managementansatz (bspw. aktiv vs. passiv) oder der Investmentphilosophie (bspw. top down vs.

bottom up).112 Im Rahmen des Asset Managements kann darüber hinaus

105 Vgl. Zieschang (2000), S. 3; ferner Independent Financial Advisors, Financial Advisors, Port-folio Management, Fund Manager und Investor Advisors.

106 Fabozzi (1995), S. xxvii.

107 Makin (1997), S. 79.

108 Emch et al. (1993), S. 483.

109 BVI (2009), Lexikon des BVI (online). Der BVI – Bundesverband Investment und Asset Ma-nagement e. V. ist der Repräsentant bzw. die Interessenvertretung der Investmentbranche in Deutschland.

110 Kapitalanlagen sind nicht generell mit Aktiva/ Assets/ Investitionen gleichzusetzen. Asset Management ist somit klar vom Global Custody zu unterscheiden, das nur die administrative bzw. technische Verwahrung von Wertschriften umfasst.

111 Vgl. Zieschang (2000), S. 11; Emch et al. (1993), S. 483. Der Bereich des Asset Managements für wohlhabende Kunden wird häufig auch unter den Synonymen „Private Banking” und „Wealth Management” zusammengefasst.

112 Vgl. Zieschang (2000), S. 13ff.; John (2003), S. 520ff.

Begrifflicher und theoretischer Bezugsrahmen 37

schen „Single-Asset-Portfolien“ mit gleichartigen Vermögenswerten und „Multi-Asset-Portfolien“ mit heterogenen Vermögenswerten unterschieden werden.113

2.3.2 Aufgabengebiete im Asset Management

Das Aufgabengebiet des Asset Managements lässt sich nach zwei Sichtweisen bezüglich seiner Zielsetzungen und Aufgabenbereiche unterscheiden: die ma-nagementorientierte Perspektive und die instrumentelle Perspektive (vgl. Abb.

2-15).

Die Zielsetzung der hier betrachteten managementorientierten Sichtweise be-ruht auf den Fragestellungen und der Optimierung der Unternehmensführung für einen nachhaltigen Erfolg des Asset Managers. Den Schwerpunkt dieser Sichtweise des Asset Managements bilden demnach organisationstheoretische Bereiche u. a. der Strategieentwicklung und der Mitarbeiterbindung sowie deren Lösungsansätze.114

Vielschichtige Fragestellungen der Unternehmensführung, die für einen

nachhaltigen Erfolg des Asset Managers optimal bewältigt

werden müssen, u. a.

Strategie

(u. a. welche Kunden, Produkte, Regionen;

internes vs. externes Wachstum) Marketing

(u. a. Distribution, Branding, Service, Produktentwicklung)

Mitarbeiterbindung

Konzepte, Methoden und Instrumente, die das technische Know-How für die Lösung von Problemstellungen im Gebiet

Asset Management bilden, u.a.

Finanzmarkttheoretische Aspekte (u. a. Portfoliotheorie, CAPM, Performancemessung, Investmentstyle

Informationstechnologie (spezifische Hard- und Softwareanwendungen)

Managementorientierte Perspektive Instrumentelle Perspektive

Abbildung 2-15: Perspektiven des Asset Managements

Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an Jacob (1996), S. 35 aus Zie-schang (2000), S. 12

113 Vgl. Brauer (2005), S. 13; vgl. hierzu auch die Darstellungen in Kap. 2.2.

114 Daher wird nachfolgend insbesondere auch auf das Wissen aus den Bereichen der Organi-sationstheorien zurückgegriffen.

Die sog. instrumentelle Sichtweise konzentriert sich auf das technische, u. a.

auch das mathematische Know-How zur Lösung von Problemstellungen im As-set Management. Hierbei stehen methodische Ansätze und Instrumente, wie etwa die Nutzung der benötigten Infrastruktur, d. h. der Informationstechnologie, im Vordergrund der Untersuchungen. Weiterhin gehören zu diesem Bereich aber auch die finanzmarkttheoretische Sichtweise des Asset Managements und damit die bereits beschriebene, ursprüngliche Fragestellung nach der Struktur der Assets und des Rendite-/ Risiko-Profils bzw. der Mischung von verschiede-nen Assetklassen mit dem Ziel der Optimierung des (Immobilien-) Portfolios.

Durch eine Kombination verschiedener Assetklassen bzw. durch die Verteilung der Investitionsmittel innerhalb einer Assetklasse auf verschiedene Anlagen, d.

h. durch die Integration von Immobilien in die Investitionsstrategie, lässt sich das Verhältnis zwischen Rendite und Risiko optimieren, was in der geringen Korrelation der Immobilienanlagen zu anderen Anlageklassen begründet liegt sowie in der geringen Volatilität zu anderen Assetklassen und Anlageprodukten, wie bspw. Aktien.115 Für zahlreiche empirische Erhebungen, die diesen Effekt nachweisen konnten, seinen hier stellvertretend Markowitz sowie Hoesli et al.

genannt. Durch diese Eigenschaft ermöglichen Investitionen in Immobilien in-sbesondere unter Diversifikationsgesichtspunkten eine Erhöhung der Sicher-heit, d. h. eine Risikominimierung116, und stellen somit für die untersuchte Gruppe der Lebensversicherungen, Pensionskassen bzw. Versorgungskassen und Berufsständischen Versorgungswerke ein geeignetes Anlagevehikel dar, zumal diese Gruppe der Kapitalanleger dem Sicherheitsziel sowie einer ange-messenen Rendite aufgrund ihres Geschäftsmodells eine hohe Bedeutung beimessen. Das primäre Ziel des Asset Managements für diese Gruppe der

115 Vgl. allgemein zur Portfoliotheorie Markowitz (1952), S. 77-91, Ableitung eines Minimum-Varianz-Portfolios. Auf die Portfoliotheorie wird hier nicht näher eingegangen, sondern auf zahlreiche empirische Untersuchungen verwiesen. In den vergangenen Jahren wurde analy-siert, ob und wie sich das Markowitz-Modell – ursprünglich für das Asset Management von Wertpapieren vorgesehen – auf die Analyse der Rendite-Risiko-Eigenschaften von Immobi-lienportfolios anwenden lässt, wobei dieses grundsätzlich möglich ist, jedoch durch die man-gelnde Verfügbarkeit von Daten erschwert wird, vgl. Geipel-Faber (2002), S. 728. Exempla-risch für die Durchführung einer Analyse vgl. Hoesli/ Lekander/ Witkiewicz (2004), S. 162ff.;

ferner zur Anwendung vgl. Kloess (1999), S. 69; Hübner/ Schwaiger/ Winkler (2004), S. 181;

Bone-Winkel/ Müller (2005), S. 38; Ibbotson/ Kaplan (2000); für weitere aktuelle Ergebnisse vgl. Sebastian/ Schätz (2009), S. 4ff.

116 Vgl. Feldmann (2003), S. 113.

Begrifflicher und theoretischer Bezugsrahmen 39

stitutionellen Investoren besteht daher in der Optimierung des Bestandes der Vermögenswerte insgesamt bzw. des einzelnen Vermögenswertes im Interesse des jeweiligen Eigentümers durch eine Optimierung der Rendite-/ Risiko-Struktur sowie der Liquiditätsverfügbarkeit.117

Bei den betrachteten Zielgruppen wird Asset Management i. d. R. zudem auch mit dem Terminus „Asset-/ Liability“-Management in Verbindung gebracht, das die zielgerichtete Koordination und Steuerung der Gesamtheit der versiche-rungstechnischen Verpflichtungen eines Unternehmens einerseits (Liability Portfolio) und der Gesamtheit der Kapitalanlage des Unternehmens (Asset Port-folio) andererseits zum Ziel hat, um eine finanzielle Stabilität und Profitabilität sicherzustellen.118

Nach dem modernen Verständnis von „Asset-/ Liability“-Management kann die-ses als Teilsystem der finanziellen Unternehmenssteuerung angesehen wer-den, die die Liquiditätsanalyse, die Produktanalyse, das Kapitalmanagement, die Evaluierung und die Optimierung von Unternehmensstrategien in diesen Be-reichen vornimmt. Assets werden dabei als Erfüllung der Zahlungsversprechen des Versicherers inkl. Verzinsungsvereinbarungen gesehen, während Liabilities zukünftige Zahlungsverpflichtungen darstellen.119 Die bisherige Vernachlässi-gung des Real Estate Asset Managements bei Immobilien lässt sich möglicher-weise auch durch seine Sonderstellung in Unternehmen erklären, die eine Ein-bindung in das Asset-/ Liability-Management erschwert.120

Im Gegensatz zu anderen Assetklassen, wie bspw. dem traditionellen Asset Management von Wertpapieren, weisen, wie bereits dargelegt, Investitionen in Immobilien zahlreiche Besonderheiten auf, die eine Anwendung bzw. Übertra-gung des hier beschriebenen Verständnisses des originären Asset Manage-ments erschweren, denn im Unterschied zu Wertpapieren/ Aktien entwickeln sich Immobilien im Portfolio nicht von selbst, sondern die Umsetzung der Inves-titionsziele ist mit zusätzlichen Managementaufgaben verbunden.121

117 Vgl. Michaud/ Michaud (2008), S. 4 ff.; Brauer (2005), S. 13.

118 Vgl. Albrecht (2003), S. 428; Berg/ Deisenrieder (2007), S. 473.

119 Vgl. Berg/ Deisenrieder (2007), S. 474.

120 Vgl. Bierbaum (2003), S. 601.

121 Vgl. Gondring/ Wagner (2007), S. 26.

Der Konzeption und Einordnung des Real Estate Asset Managements bei Le-bensversicherungen, Pensionskassen bzw. Versorgungskassen und berufs-ständischen Versorgungswerken widmet sich das nächste Kapitel.