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Es steht allgemein fest, dass der Fremdsprachenunterricht ohne landeskundliches Wissen kaum möglich und erfolgreich ist. Eine Erläuterung des Begriffs Landeskunde ist daher erforderlich, weil Landeskunde in den Fremdsprachenunterricht integriert ist.

Knapp und klar beschreibt Landeskunde Buttjes (1989:142): „Landeskunde meint alle Bezüge auf die Gesellschaft, deren Sprache im Fremdsprachenunterricht gelernt wird.“

„Landeskunde ist eine Disziplin, die überwiegend in Verbindung mit Sprache, Sprachstudium und Sprachunterricht auftritt. Sie ist die Kunde über diejenigen Länder, in denen die zu lernende Sprache gesprochen wird“ (Erdmenger 1996:21).

Laut Pütz (1998:352) ist „Landeskunde als Wissenschaft die Erforschung eines Landes, einer Region oder eines Ortes in historischer, wirtschaftlicher sozialer und kultureller Hinsicht.“

8 In „Landeskunde und Literaturdidaktik“ wird Landeskunde folgendermaβen definiert:

„Landeskunde umfasst mehr als Vermittlung von Faktenwissen. Es geht darum, Einblick in geschichtliche, politische und soziale Zusammenhänge und in das Denken, Handeln und Wahrnehmen von Menschen der Zielkultur zu gewinnen“(Bischof/Kesslin/Krechel 1999:16).

Wegen der Begriffsverwirrung, was den Landeskundebegriff betrifft, kommen weitere Schwierigkeiten vor. Das Bild von dem Zielsprachenland, das die Lernenden als auch die Lehrenden im Kopf haben, ist höchst differenziert und unterschiedlich, denn jeder hat verschiedenes Wissen und Vorwissen über das Land, Erfahrungen mit dem Land oder noch Vorurteile. Der Gegenstand von Landeskunde verändert sich ständig (vgl.

Zeuner 2001:5).

In diesem Kontext vertritt auch Lüsebrink die Meinung, dass Landeskunde und Kulturwissenschaft in den modernen Fremdsprachenphilologien eine wesentliche Stellung einnehmen. Seit dem 19. Jahrhundert spielt die Kenntnis nicht nur der Sprache und Literatur, sondern auch der Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur eines anderen Landes eine bedeutsame Rolle (vgl. Lüsebrink 2003:60).

Im Fremdsprachenunterricht versteht man unter Landeskunde die Vermittlung von kulturellen und materiellen Informationen über das Land, die Region, die Sprache, die man lernt. Nicht immer war der Begriff Landeskunde im Fremdsprachunterricht das, was wir heute als Landeskunde bezeichnen können. Bevor es um die Darstellung von Landeskunde im heutigen Rahmen des DaF-Unterrichts geht, sollte man zurückblicken, welchen Stellenwert Landeskunde früher hatte und in welcher Form sie vermittelt wurde. Um die Entwicklung beschreiben zu können, muss man auf die letzten hundert Jahre zurückblicken. Im Fachlexikon Deutsch als Fremd und Zweitsprache erklärt Bettermann (2010:180), dass Landeskunde „zunächst als Realienkunde verstanden wurde und sich seit den 1920er Jahren zu einer Kulturkunde entwickelte“. Was den Begriff Kulturkunde betrifft, geht es hier um das komplexe Wahrnehmen und Verstehen einer Kultur, um Informationen über Geschichte, Kultur, Philosophie und Kunst eines jeweiligen Landes. Es geht um positivistisches Wissensverständnis, um die Vermittlung nützlichen Faktenwissens über Land und Leute (vgl. Lüger 1991:22) (vgl. Koreik/ Pietzuch 2010:1445).

9 Nach Lüsebrink (2003:60) sind die Ursprünge der Kulturwissenschaft in den Fremdsprachenphilologien eng mit der Funktion der Landeskunde in einem national orientierten Bildungssystem verbunden, in dem das Wissen um andere, fremde Kulturen auch eine kulturpsychologische Wesenskunde umfasste. Er betont, dass die fremde Kultur immer aus der Perspektive der eigenen Kultur gelernt und erfahren wird.

Die Landeskunde im Fremdsprachenunterricht ist ein Versuch, die Vermittlung von Sprache mit der Vermittlung von kulturellen Informationen zu verknüpfen. Die Lernenden sollen dabei im souveränen Umgang mit fremden Kulturen geschult und sensibilisiert werden, um letztendlich auch Vorurteile abzubauen. Die Landeskunde fördert damit den kulturellen Austausch und die Verständigung zwischen den Menschen. Die Lehrenden sollten daher mögliche Strategien zur kulturellen Auseinandersetzung vermitteln. Um dieses Ziel möglichst mit Erfolg zu erreichen, ist es notwendig, den Unterricht lebendig und somit begreifbarer für den Einzelnen zu gestalten. Dabei sollten die Lehrenden auf die unterschiedlichen Sichtweisen der Lernenden Rücksicht nehmen und deren spezifische Emotionen und Standpunkte in den Unterricht mit einbinden. Ziel der Landeskunde ist es, die Lernenden aktiv mit der für sie fremden Kultur auseinanderzusetzen (vgl. Biechele/Padrós 2003:8).

Die Vermittlung landeskundlicher Kenntnisse ist ein wichtiges Lernziel, damit die Lernenden die nötigen Kenntnissen bekommen, um sich in einem fremden Land zurechtzufinden und die Sprache angemessen zu verwenden, also erfolgreich sprachlich handeln zu können. Dafür braucht man sowohl Wissen, als auch die Entwicklung von kommunikativer Kompetenz.

Nach Barkowski (2010:180) umfasst Landeskunde im DaF-Unterricht Lehr- und Lernkonzepte, die sich mit landes- und kulturspezifischen Inhalten des Deutschunterrichts sowie Methoden und Strategien ihrer Darstellung, Vermittlung, Aneignung und Anwendung befassen.

10 1.3 Vermittlung von Landeskunde im FSU

Im Jahr 1988 trafen sich Vertreter aus den damaligen vier deutschsprachigen Staaten Österreich, Bundesrepublik Deutschland, Schweiz und DDR. Sie bildeten eine Arbeitsgruppe, die sich mit dem Themenkomplex Landeskunde der deutschsprachigen Staaten befasste. Das Resultat dieser Arbeitsgruppe aus Vertreten der vier genannten Länder sind die ABCD-Thesen. Aus den ABCD-Thesen, entwickelte sich das so genannte DACH(L) Konzept, also die Bundesrepublik Deutschland, Schweiz, Österreich und Lichtenstein, alle deutschsprachigen Länder werden einbezogen. Das DACH(L) Konzept fordert einen Landeskunde-Unterricht, der die deutschsprachige Wirklichkeit nicht eindimensional, sondern multiperspektivisch und vielfältig darstellt. Dieses Konzept bezieht sich auch auf die Möglichkeiten der Zusammenarbeit im Bereich der Landeskunde (vgl.

Biechele/Padros 2003:78).

In den zitierten ABCD Thesen heißt es: „Primäre Aufgabe der Landeskunde ist nicht die Information, sondern die Sensibilisierung sowie die Entwicklung von Fähigkeiten, Strategien und Fertigkeiten im Umgang mit fremden Kulturen. Damit sollen fremdkulturelle Erscheinungen besser eingeschätzt, relativiert und in Bezug zur eigenen Realität gestellt werden. So können Vorurteile und Klischees sichtbar und abgebaut sowie eine kritische Toleranz entwickelt werden (ABCD Thesen 1990:60)”.

Darüber hinaus wurde in den ABCD-Thesen (1990) Landeskunde charakterisiert:

„Landeskunde im Fremdsprachenunterricht ist ein Prinzip, das sich durch die Kombination von Sprachvermittlung und kultureller Information konkretisiert und durch besondere Aktivitäten über den Deutschunterricht hinaus wirken soll, z. B.

durch Austausch und Begegnung. Insofern ist Landeskunde kein eigenes Fach.

Landeskunde ist nicht auf Staatenkunde und Institutionenkunde zu reduzieren, sondern bezieht sich exemplarisch und kontrastiv auf den deutschsprachigen Raum mit seinen nicht nur nationalen, sondern auch regionalen und grenzübergreifenden Phänomenen (ABCD-Thesen zur Rolle der Landeskunde im Deutschunterricht 1990:60)“.

Die vier Hauptansätze zur Vermittlung der Landeskunde im Fremdsprachenunterricht sind der kognitive, der kommunikative, der interkulturelle Ansatz und der

11 kulturreflexive (nach Schweiger, bzw. nach Altmayer diskursive Landeskunde). Man findet diese Ansätze meistens mehr oder weniger gemischt im praktischen landeskundlichen Unterricht. Wichtig ist auch nach Biechele/ Padros (2003:11) die erlebte Landeskunde also die Möglichkeit, die Lernenden in ihren Heimatländern konkrete landeskundliche Erfahrungen machen zu lassen.

Heute ist auch die Rede von kulturreflexiver (nach Schweiger) und diskursiver Landeskunde (nach Altmayer), denn die Ziele und Inhalte des landeskundlichen Lernens verändern sich immer wieder und werden immer neu bestimmt.

Was die Aufgabe der Landeskunde im FSU betrifft, besteht sie dann insbesondere darin, beim Lernen des Deutschen als Fremdsprache durch die Auseinandersetzung mit deutschsprachigen Diskursen Prozesse des kulturellen Lernens in Gang zu setzen, d.h. Prozesse der Bewusstmachung, Reflexion, Überprüfung und auch der Korrektur, Weiterentwicklung und Umstrukturierung der vertrauten Muster oder deren Ersetzen durch andere (vgl. Altmayer 2007:20).

Was die Themenwahl der landeskundlichen Texte-Materialen angeht, gibt es drei mögliche und unterschiedliche Varianten der Themenwahl. Die paternalistische, die autonome und die partizipatorische Auswahl. Auf der einen Seite, was die paternalistische Auswahl angeht, entscheidet sich hier die Lehrkraft darüber, welche Themen im Unterricht präsentiert werden sollen, ausgehend von einer Einschätzung, was für Lernende von Interesse sein könnte. Auf der anderen Seite, was die autonome Auswahl angeht, wählen die Lernenden aus, welche Themen sie zusammen mit dem Lehrer im Unterricht bearbeiten werden. Schließlich gibt es auch die partizipatorische Auswahl, bei der nicht nur die Lehrenden, sondern auch die Lernenden Themenbereichen auswählen (vgl. Schweiger/ Hägi/ Döll 2015:4). Dabei ist wichtig zu betonen, dass der Fremdsprachenunterricht und die Fremdsprachenlandeskunde ohne die Auseinandersetzung mit authentischen zielsprachlichen Texten nicht auskommen können.

Daraus lässt sich schließen, dass die Auswahl der Themen für den Fremdsprachenunterricht sowohl paternalistisch, als auch partizipatorisch autonom erfolgt. Ebenfalls fördert die Auseinandersetzung mit zielsprachlichen Texten, nicht nur die Entwicklung der einzelnen Fertigkeiten wie Hörverstehen, Leseverstehen oder

12 Wortschatzkenntnisse, was die Zielsprache angeht, sondern auch das landeskundliche und interkulturelle Lernen. Die Kultur des Zielsprachenlandes kann mit Hilfe von Texten erkennbar sein. Auf diese Art und Weise kann die Beschäftigung mit Texten im Unterricht zur Entwicklung landeskundlicher oder interkultureller Kompetenzen beitragen. Die Rezeption von Texten aus einer kulturellen Perspektive liegt heutzutage im Schwerpunkt. Es gibt also einen Zusammenhang zwischen Text und Kultur im Rahmen des Sprachenlernens. Eine kulturwissenschaftliche Textanalyse im Fach Deutsch als Fremdsprache hat das Ziel, die in einem Text erkennbaren kulturellen Deutungsmuster sichtbar zu machen (vgl. Altmayer 2002:11).

1.3.1 Kognitive Landeskunde

Der erste landeskundliche Ansatz ist der kognitive Ansatz und ist heute auch noch in Anwendung. Dieser Ansatz ist historisch der älteste. Der faktologische, kognitive oder informationsbezogene Ansatz bietet Wissen, Informationen über Kultur und Gesellschaft. In diesem Ansatz geht es vor allem um die Vermittlung der Informationen und Daten aus vielen und unterschiedlichen Bereichen wie Politologie, Geschichte, Gesellschaft, Geographie, Literatur und Soziologie. Also Gegenstand ist die Vermittlung von Kenntnissen über die Kultur und Gesellschaft der Zielsprachenländer in Form von Fakten und Daten (vgl. Biechele/Padros 2003).

Die Themen der Landeskunde werden dann von Wissenschaften abgeleitet und mit Hilfe von Sachtexten, Tabellen oder Statistiken präsentiert. Lernziel ist die Aneignung von Wissen, Fakten und Daten über ein Land. Heute nimmt die faktische Landeskunde eine nachgeordnete oder begleitende Rolle im FSU ein. Sie ist additiv, zusätzlich und nicht in den Sprachunterricht integriert. Viele Lehrmaterialien werden völlig unabhängig von einem Lehrwerk produziert. Es geht hier um Themen zu Geschichte, Soziologie, Politikwissenschaft, Literaturwissenschaft. Zielsetzung ist das Wissen über die Zielsprachenkultur (vgl.Biechele/Padros 2003).

Darüber hinaus sind die Lerninhalte des kognitiven Ansatzes von Landeskunde Realien und Institutionen. Mit dem Begriff Realien werden z.B Haustypen in Deutschland und Landschaftsformen gemeint. Was die Institutionen betrifft, geht es hier z.B. um den deutsche Bundestag und das Wahlsystem in Deutschland. Zu den

13 Lerninhalten gehören auch Geschichte und Kultur. Es geht also dieser Landeskunde um Tatsachen und Fakten aus den genannten und anderen Bereichen, mit deren Hilfe die Lernenden sich ein Bild von der Gesellschaft des Zielsprachenlandes bilden (vgl.

Zeuner 1999).

1.3.2 Kommunikative Landeskunde

Was den kommunikativen Ansatz betrifft, geht es hier um die Alltagssituationen im anderen Land. Ein anderes Land kennen lernen, heißt vor allem seine Menschen kennenzulernen. Alle Lernenden sollen das notwendige Wissen für das Verstehen und das angemessene sprachliche Verhalten in Alltagssituationen im anderen Land erwerben(vgl. Pauldrach 1992:6).

Dabei wäre eine genaue Klärung des Begriffs kommunikative Kompetenz von großer Bedeutung. Kommunikative Kompetenz heißt in der Lage zu sein, sich ohne Missverständnisse zu verständigen. Dafür ist notwendig zu erfahren, wie Leute wohnen, welche Sitten und Bräuche und welche Konventionen sie haben, wie sich erholen, miteinander in Verbindung treten, am Gemeinwesen teilnehmen. Es hat mit Alltagskultur und Gesprächsthemen zu tun(Pauldrach 1992:6).

Dieser Ansatz, der als kommunikativer Ansatz bezeichnet wird, fördert Wissen über die Zielsprachenländer und Handlungskompetenz in Alltagssituationen. Der kommunikative Ansatz bezieht sich auf die Alltagskultur und hat als Ziel die Vermittlung von Kontextwissen und Kompetenzen für die Bewältigung alltagsprachlicher Situationen ab. Hier wird Landeskunde als sprachliches Handeln verstanden. In diesem Ansatz geht es nicht nur um die Informationen, die die Lernenden erfahren und lernen sollen, sondern auch um die Anwendung der fremden Sprache in der Praxis also im Alltag. Themen wie Wohnen, Erholung, Freizeit, Unterhaltung und Bildung können daraus abgeleitet werden. Die Alltagskultur spielt eine wesentliche Rolle bei der Themenfindung und das Umfeld der Kommunikation ist von großer Bedeutung. Textsorten sind Dialoge in Alltagssituationen, Sachtexte, in denen Sprachgebrauch in Alltagssituationen thematisiert werden z.B Begrüßungsformen und Rituale (vgl.Biechele/Padros 2003:43).

14 Zusätzlich ist nach Biechele/Padros Lernziel die Berücksichtigung des Alltags und des Weltwissens der Lernenden, die Vermittlung von Kontextwissen und Kompetenzen für die Bewältigung alltagssprachlicher Situationen. Im Vordergrund stehen Erfahrungen, Kenntnisse und Einstellungen der Lernenden d.h., dass die Lernenden akzeptieren sollen, was sie vom Zielsprachenland über Alltag und Lebensgewohnheiten erfahren und kennen lernen. Die wichtigste Zielsetzung ist die Befähigung zur Kommunikation in Alltagssituationen. Die kommunikative Landeskunde orientiert sich an den Interessen und Kommunikationsbedürfnissen der Lernenden, also an den Situationen der fremden Alltagskultur, mit denen die Lernenden wahrscheinlich in Kontakt kommen werden. Die Kenntnis der Alltagskultur der Zielsprache dient als Referenzwissen, um sich in der Alltagskultur sprachlich angemessen verhalten zu können (vgl. Biechele/Padros 2003:43).

Nach Krumm (2003:120) schließt auch die kommunikative Kompetenz im Rahmen des landeskundlichen Fremdspracheunterrichts ein, in der Begegnung mit einer anderen Kultur die Grenzen eigensprachlichen Verhaltens zu erkennen und sich auf andere sprachliche wie auch nichtsprachliche Verhaltensweisen einzulassen.

1.3.3 Interkulturelle Landeskunde

Der interkulturelle Ansatz ist eine Weiterentwicklung des kommunikativen Ansatzes.

In diesem Ansatz handelt es sich um die Entwicklung von Fähigkeiten, Fertigkeiten und Strategien im Umgang mit fremden Kulturen. Ebenfalls sollen die Lernenden auf diese Art und Weise fähig werden, also in der Lage sein, sich in andere Menschen hineinzuversetzen, Empathie entwickeln und mit ihnen mitzufühlen. Die Lehrenden wählen interdisziplinären Lehrstoff aus. Stereotype werden thematisiert, Vorurteile sollen abgebaut werden.

Nach Bleyhl (1994:9) ist jedes fremdsprachliche Lernen interkulturell. Also Sprache ist in dieser Hinsicht Kulturträger. Es gibt eine eindeutige Beziehung zwischen einer fremden Sprache und der ihr zugehörigen Kultur. Beim interkulturellen Ansatz geht es um den Vergleich von Gemeinsamkeiten und Differenzen zwischen eigenkulturellen und fremdkulturellen Inhalten.

15 Eine weitere Definition wird von Krumm (1995:158) erstellt. Demnach betrifft interkulturelles Lernen die Zielsetzungen des Fremdsprachenunterrichts insgesamt wie auch die individuelle Entwicklung der Lernenden und Lehrenden. Krumm betont auch, dass interkulturelle Kompetenz bis zur Jahrtausendwende als ein Lernziel interkulturellen Lernens betrachtet wurde. Das Wahrnehmen, Denken, Fühlen, das Kommunikationsverhalten, die Werte und die Tabus der Menschen werden bestimmt durch jede Kultur und durch Sprache geprägt. In multikulturellen Gesellschaften sind solche Kontaktsituationen so alltäglich, vielfältig und unvorhersehbar. Interkulturelle Kompetenz heißt die Fähigkeit, sich mit Angehörigen einer anderen Kultur möglichst sensibel, respektvoll und konfliktfrei zu engagieren. Es geht also hier um eine Persönlichkeitsbildung, die Bereitschaft, die eigenen Maßstäbe und Vorurteile zu reflektieren, das eigene Selbst und Fremdbild zu überdenken, andere Kulturen als ebenbürtig und mit Toleranz anzuerkennen. Interkulturelles Lernen heißt die deskriptive und analytische Beschäftigung mit Lernprozessen und Lernprogrammen in multikulturellen, mehrsprachigen Gesellschaften. Als grundlegendes Ziel des interkulturellen Lernens wird das friedliche Zusammenleben unterschiedlicher Ethnien, Religions- und Sprachgemeinschaften sowie sozialer Gruppen in multiplen Gesellschaften formuliert (vgl. Krumm 1995:159).

Nach Beneke (1996:40) beinhaltet die interkulturelle Dimension des Fremdsprachenlernens die Fähigkeit zur aktiven Gestaltung der Kommunikationsprozesse unter Einbeziehung der kulturspezifischen Variation in Bezug auf Kommunikationsregeln, Arbeitsstile, Wertvorstellungen mit dem Ziel, möglichst große Synergie-Affekte in der internationalen Zusammenarbeit zu erreichen.

Der interkulturelle Ansatz bezieht sich auf Erfahrungen, Kenntnisse und Einstellungen der Lernenden, die im Vordergrund stehen. Die Lerninhalte werden nicht mehr aus Gegenständen der Zielkultur gewonnen. Themen werden aus sogenannten „Grunddaseinsfunktionen menschlichen Lebens” gewonnen (Zeuner 1999:10).

Hieraus ergibt sich, dass der interkulturelle Fremdsprachenunterricht seine Bedeutung dadurch gewinnt, dass die Lernenden aus der Vergangenheit in der eigenen Kultur heraustreten. Ebenfalls sind sie in der Lage, jedenfalls bis zu einem gewissen Grade,

16 die Erlebnisse und Erfahrungen anderer nachzuvollziehen (Bredella/Delanoy 1999:30).

Die Kommunikationsfähigkeit wird als übergreifendes, insbesondere auch interkulturell zu interpretierendes Lernziel des Fremdsprachenunterrichts verstanden.

Es wurde heutzutage beobachtet, dass Schulklassen, in denen fremdsprachliches Lernen stattfindet, in den modernen multikulturellen Gesellschaften aus Kindern oder Jugendlichen mit höchst unterschiedlichen sprachlich-kulturellen Vorerfahrungen zusammengesetzt sind. Hier geht es also vielmehr darum, Differenzerfahrungen explizit zu machen.

Welche sind aber die Lehr- und Lernziele im Bereich der interkulturellen Kommunikation? Nach Knapp-Potthoff (1997) sind:

a) affektive Ziele wie Empathiefähigkeit und Toleranz Voraussetzung dafür, in eine Kοmmunikation mit Angehörigen einer anderen Kultur einzutreten und die Grundlagen für eine neue Kommunikationsbasis auszuhandeln.

b) Kulturspezifisches Wissen dient als Basis für eine adäquatere Deutung von kommunikativen Akten der Angehörigen anderer Kulturgemeinschaften und zur Reparatur von Missverständnissen.

c) Allgemeines Wissen über Kultur und Kommunikation zu erwerben.

d) Strategien zu entwickeln, d.h konkrete sprachliche und nichtsprachliche Verfahren der Bewältigung von Kommunikationssituationen mit Partnern aus einer anderen Sprach- und Kulturgemeinschaft sind dafür nötig. Diese von Knapp-Potthoff schon 1991 formulierten Zielsetzungen haben ihre Gültigkeit nicht verloren.

Zunächst sind nach Zeuner Lernziele die sprachliche und kulturelle Handlungsfähigkeit in der Zielsprache und Zielkultur und die Entwicklung von Einstellungen wie Offenheit, Toleranz und Kommunikationsbereitschaft gegenüber der Zielkultur. Es geht um das Gelingen sprachlicher Handlungen im Alltag und um das Verstehen alltagskultureller Phänomene (vgl. Zeuner 1999:11).

Bredella und Delanoy (1999:11) verstehen die Situation des Fremdsprachenunterrichts als interkulturell, denn es müsse darauf Rücksicht

17 genommen werden, „dass die Lernenden die fremde Sprache und Kultur aus ihrer eigenen Perspektive wahrnehmen und dass es daher darauf ankommt, diese Differenz nicht zu überspielen, sondern ins Bewusstsein zu heben“.

Während des Fremdspracheunterrichts erweitern die Lernenden ihre Handlungskompetenz in der Fremdsprache durch die Landeskunde, indem sie sich in einer deutschsprachigen Umgebung bewegen. Ein Landeskundeunterricht ist ein Unterricht mit authentischen Materialien und hier spielt die Recherche die wichtigste Rolle, denn sie ist ein grundlegender Baustein einer zeitgemäßen Landeskundedidaktik. Landeskunde orientiert sich auch am DACH (L)Prinzip, denn auf diese Art und Weise wird die Vermittlung der deutschen Sprache, nicht nur auf ein Land, sondern auch auf den gesamten deutschsprachigen Raum erweitern (vgl.

Schweiger/Haegi 2015).

Ebenfalls spielt bei der Themenfindung die Alltagskultur eine sehr wichtige Rolle.

Landeskunde soll vor allem den Alltag der Menschen des Zielsprachenlandes zeigen.

Darüber hinaus ergibt sich, dass Gefühle, Empathie und Akzeptanz gegenüber anderen von zentraler Wichtigkeit sind. Es geht um Alltagserfahrungen und universale Lebensbedürfnisse z.B. Essen, Wohnen, Liebe, Streit. Alle diese Themen sollen die Brücke von Eigenem zum Fremden bilden. Landeskunde wird in diesem Ansatz „Leutekunde“. Im Kontext von Sprachenlernen und -lehren geht es um den Vergleich zwischen Phänomenen der eigenen, bekannten und der neuen Kulturräume, wobei es zu bedenken gilt, dass der Kulturvergleich immer von einem kulturellen Standtort aus stattfindet. Eine bewusste Reflexion muss immer im Fremdsprachenunterricht stattfinden, damit der Lerner/die Lernerin seine/ihre interkulturelle Kompetenz entwickeln kann (vgl. Barkowski/Krumm 2010:178).

Gemäß dem Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen (2001:51) ist die interkulturelle Kompetenz die Fähigkeit, in der sich Fremdsprachenlernende von monolingualen Muttersprachlern unterscheiden. Dabei geht es um die Vermittlung von Empathiefähigkeit und den Vergleich zwischen eigener und fremder Kultur. Das Beste ist, Homogenisierungen und Essentialisierungen zu vermeiden. Die Lernenden sollen sich auf interkulturelle Begegnungen im Sprachraum sozial vorbereiten.

18 Nach Röttger (2004:26) wird interkulturelles Lernen als übergeordnetes fremdsprachendidaktisches Konzept gesehen. Hier steht der Wissenserwerb über die fremde Kultur neben der Reflexion und Relativierung eigenkultureller Wissensbestände im Vordergrund.

Eine weitere Definition wird von Treichel/Mayer (2011:272) erstellt. Die interkulturelle Kompetenz beinhaltet kognitive, affektive, persönliche und soziale Fähigkeiten zur Nutzung kultureller Ressourcen. Es handelt sich um den Vergleich zwischen Kulturen und Werte, Kulturen, Lebensweisen und Einstellungen. Man sollte in der Lage sein, die Ähnlichkeiten und die Unterschiede zu erkennen und zu verstehen, also die Gemeinsamkeiten und Differenzen zur eigener Kultur und zu eigenen Ressourcen und Interessen definieren, Methoden und Techniken entwickeln, um sich in anderen Kulturen und Handlungen engagieren zu können.

1.3.4 Kulturreflexive - Diskursive Landeskunde

Die interkulturelle Landeskunde genügt diesen Ansprüchen eines zeitgemäßen Fremdsprachenunterrichts nicht, weil sie von einem homogenen, nationalen Kulturbegriff ausgeht. Aus diesem Grund entwickelte sich ein weiterer Ansatz der Landeskunde, die kulturreflexive (nach Schweiger, bzw. nach Altmayer diskursive

Die interkulturelle Landeskunde genügt diesen Ansprüchen eines zeitgemäßen Fremdsprachenunterrichts nicht, weil sie von einem homogenen, nationalen Kulturbegriff ausgeht. Aus diesem Grund entwickelte sich ein weiterer Ansatz der Landeskunde, die kulturreflexive (nach Schweiger, bzw. nach Altmayer diskursive