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Basis und Dimension

Im Dokument 1.1 Mathematische Sprache (Seite 126-131)

Es hat sich gezeigt, dass man durch das Bilden der linearen Hülle einer Familie an Vektoren einen Vektorraum aufspannen kann, d.h. man kann gewisse Vektoren angeben, aus denen sich alle Vektoren des Vektorraums linear kombinieren lassen. Zudem hat sich gezeigt, dass manchmal schon selbst innerhalb dieser Familien einige Vektoren davon durch die anderen darstellbar sind - dies gilt, wenn die Familie linear abhängig ist - und die Darstellung der Vektoren des Raums durch die Familie daher nicht eindeutig ist. An dieser Stelle lässt sich fragen, ob immer eine Darstellung eines Vektorraums durch einen Span existiert, ob sich eine Familie mit eindeutiger Darstellung finden lässt und ob dabei eine möglichst effiziente Beschreibung des Vektorraums möglich ist, d.h. eine Darstellung durch die linear Hülle einer möglichst kleinen Familie an Vektoren. Dies führt auf den Begriff der Basis.

Definition 7.29 (Erzeugenensystem, Basis) Sei V ein Vektorraum.

(i) Eine Familie B= (vi)i∈I heißt Erzeugendensystem von V, wenn V = span(vi)i∈I

ist, d.h. jedes v∈V ist eine (endliche) Linearkombination der (vi)i∈I.

(ii) Eine Familie B = (vi)iI heißt Basis von V, wenn sie eine linear unabhängiges Erzeugendensystem ist, d.h. jedes v∈V ist eineeindeutige (endliche) Linearkom-bination der (vi)iI.

Existiert ein endliches Erzeugendensystem(v1, . . . ,vn), so nennt manV endlich erzeugt.

Eine Basis heißt endlich, falls sie eine endliche Familie (v1, . . . ,vn)ist.

Beispiele 7.30

(i) Für V =Rn, n ∈N,ist die kanonische Basis (oder Standardbasis) gegeben durch ei := (0, . . . ,0,1,0, . . . ,0),

wobei die 1 an der i-ten Stelle steht. Damit ist span(ei)i={1,...,n} =Rn.

7.5 Basis und Dimension

(ii) Für V =R[x]n, n∈N,ist die kanonische Basis gegeben durch (1, x, x2, . . . , xn).

(iii) Für V =R[x] ist die kanonische Basis gegeben durch (1, x, x2, . . .).

Dieser Raum ist nicht endlich erzeugt.

(iv) Für V =C(aufgefasst als R-Vektorraum) ist diekanonische Basis gegeben durch (1, i).

Hat man zu einem Vektorraum eine endliche Basis (ein linear unabhängiges Erzeugen-densystem) gefunden, so hat diese in folgendem Sinne eine optimale Länge: Fügt man nämlich nur einen Vektor zur Familie hinzu oder entfernt einen Vektor aus der Familie, so verliert diese die Basiseigenschaft.

Satz 7.31 (Äquivalenzen zu einer endlichen Basis)

Für eine endliche Familie B= (v1, . . . ,vn)von Vektoren sind äquivalent:

(i) B ist Basis (d.h. ein linear unabhängiges Erzeugendensystem).

(ii) B ist ein unverkürzbares Erzeugendensystem, d.h. für jedes k ∈ {1, . . . , n} ist (v1, . . . ,vk1,vk+1, . . . ,vn) kein Erzeugendensystem mehr.

(iii) B ist ein Erzeugendensystem mit Eindeutigkeit der Darstellung, d.h. jedes v∈ V lässt sich eindeutig als Linearkombination v=λ1v1+. . .+λnvn schreiben.

(iv) B ist unverlängerbar linear unabhängig, d.h. für jedes v ∈ V ist (v1, . . . ,vn,v) nicht mehr linear unabhängig.

Beweis. (i) ⇒ (ii): Angenommen, B wäre um vk verkürzbar und weiterhin Erzeugen-densystem. Dann lässt sichvk1v1+. . .+λk−1vk−1k+1vk+1+. . .+λnvndarstellen und nach Umstellung gilt 0=λ1v1+. . .+λk1vk1+ (−1)vkk+1vk+1+. . .+λnvn. Somit wäre(v1, . . . ,vn)linear abhängig im Widerspruch zur Unabhängigkeit einer Basis.

(ii) ⇒(iii): Angenommen es existiert zu einem unverkürzbaren Erzeugendensystem eine nicht eindeutige Darstellung zu einem Element v∈V. Dann

∃v∈V : v=λ1v1+. . .+λnvn1v1+. . .+µnvn.

O.B.d.A. λ1 6=µ1 (die vi können stets entsprechend umsortiert werden). Dann folgt 0= (λ1−µ1)v1+...+ (λn−µn)vn

⇔v1 = µ2 −λ2

λ1−µ1

v2+. . .+µn−λn

λ1−µ1

⇒vi linear abhängig ⇒ B verkürzbar. Widerspruch!

(iii) ⇒ (iv): B ist linear unabhängig auf Grund der eindeutigen Darstellbarkeit. Fügt man noch einen weiteren Vektorv=λ1v1+. . .+λnvn zur Familie hinzu, so wird diese wegen 0=λ1v1+. . .+λnvn+ (−1)v linear abhängig.

(iv) ⇒ (i): Ist B unverlängerbar linear unabhängig, so gibt es für jedes v ∈ V Koeffi-zienten λ1, . . . , λn, λ∈ K, so dass 0 =λ1v1 +. . .+λnvn+λv, wobei mindestens eines der λ1, . . . , λn, λ6= 0. Da (v1, . . . ,vn) linear unabhängig sind, muss folglichλ6= 0 gelten und somit gilt

v=−λ1

λv1−. . .− λn

λ vn.

Somit ist B ein Erzeugendensystem und linear unabhängig, d.h. eine Basis.

Daraus folgt direkt die Existenz einer Basis für endliche Vektorräume.

Satz 7.32 (Basisauswahlsatz)

Sei V ein endlich erzeugter Vektorraum. Dann kann man aus dem endlichen Erzeugen-densystem eine endliche Basis auswählen.

Beweis. Sei das endliche Erzeugendensystem gegeben. Aus diesem entfernt man solange Vektoren, bis es kein Erzeugendensystem mehr ist, d.h. bis es unverkürzbar ist. Damit

ist die so entstanden Familie eine Basis.

Allgemeiner lässt sich zeigen, dass sogar jeder Vektorraum eine Basis besitzt. Dieser Beweis ist aufwändiger und wir daher weggelassen.

Eine Basis zu einem Vektorraum ist nicht eindeutig. Vielmehr kann man viele verschie-denen Basen wählen. Man kann bei einer vorgegebenen Basis sogar geeignet Vektoren austauschen und erhält erneut eine Basis. Betrachtet man zunächst nur den Austausch eines Vektors, so findet man die folgende Aussage.

Satz 7.33 (Austauschlemma)

Sie V ein Vektorraum mit Basis B= (v1, . . . ,vn) und w=λ1v1+. . .+λnvn∈V. Gilt λk 6= 0für k∈ {1, . . . , n}, so ist auchB0 = (v1, . . . ,vk1,w,vk+1, . . . ,vn)eine Basis von V.

Beweis. Zu zeigen ist, dassB0 eine Basis ist.

Erzeugendensystem: Wegenλk 6= 0 gilt für vk die Darstellung vk= 1

λk

w− λ1

λk

v1 −. . .− λk1

λk

vk−1− λk+1

λk

vk+1−. . .− λn

λk

vn. und somit für einen beliebigen Vektor v=µ1v1+. . .+µnvn die Darstellung

v= µ1 v1 +. . . + µk−1vk−1 + µk+1vk+1 +. . . + µnvn

µλkλk1 v1 +. . . − µkλλkk−1vk1 +µλk

kw − µkλλk+1k vk+1 +. . . − µkλλknvn.

7.5 Basis und Dimension Somit lässt sich ein beliebiger Vektor v ∈ V auch als Linearkombination der Familie (v1, . . . ,vk−1,w,vk+1, . . . ,vn) darstellen und B0 ist ein Erzeugendensystem.

Lineare Unabhängigkeit: Sei µ1v1+. . .+µk−1vk−1+µw+µk+1vk+1+. . .+µnvn =0 mit Koeffizienten µ, µ1, . . . , µn. Durch Einsetzen vonw=λ1v1+. . .+λnvn findet man

0= µ1 v1 +. . . + µk1vk1 + µk+1vk+1 +. . . + µnvn +µλ1 v1 +. . . + µλk−1vk−1 +µλkvk + µλk+1vk+1 +. . . + µλnvn und, daBlinear unabhängig ist, folglich für die Koeffizientenµλk= 0sowie(µi+µλi) = 0 für i6=k. Daλk6= 0 folgt zunächst µ= 0 und damitµi = 0 für i6=k. Möchte man gleich mehrere Vektoren austauschen, so findet man den Basisaustauschs-satz von Steinitz.

Satz 7.34 (Basisaustauschsatz)

Sei V ein Vektorraum,B= (v1, . . . ,vn)eine endliche Basis und(w1, . . . ,wr)eine linear unabhängige Familie von Vektoren.

Dann folgt:

(i) r≤n.

(ii) Man kann r Vektoren aus B durch w1, . . . ,wr austauschen, so dass man erneut eine Basis erhält, d.h. nach evtl. Umnummerierung der (vi)1,...,n ist auch

(w1, . . . ,wr,vr+1, . . . ,vn) eine Basis von V.

Beweis. Induktion über r:

Für r = 1: Sei ein linear unabhäniger Vektor w1 6=0 gegeben. Die Basis enthält somit auch mindestens einen Vektor (es gilt also1≤n) und gemäß des Austauschlemmas lässt sich w1 für einen Vektor in der Basis ersetzen und erhält wieder eine Basis.

Sei nun r ≥ 2 und per Induktionsannahme die Aussage bewiesen für r−1. Es müssen zwei Dinge gezeigt werden.

(i) ”r≤n”: Nach Induktionsannahme gilt bereitsr−1≤n. Damit bleibt noch zu zeigen, dass der Fallr−1 =nnicht eintreten kann. Dazu ein Widerspruchsbeweis: Angenommen, es gälter−1 = n. Entsprechend sind die Vektoren(w1, . . . ,wr1)linear unabhängig und nach Induktionsvoraussetzung kann man alle n Elemente der Basis (v1, . . . ,vn) durch dier−1Vektoren(wi)1≤i≤r−1 ersetzen und erhält wieder eine Basis(w1, . . . ,wr−1). Eine Basis ist aber unverlängerbar linear unabhängig und daher ist (w1, . . . ,wr1,wr)linear abhängig. Widerspruch.

(ii) ”(w1, . . . ,wr,vr+1, . . . ,vn) eine Basis”: Nach Induktionsvorausssetzung lassen sich die (w1, . . . ,wr1) derart austauschen, dass (nach evtl. Umnummerierung) auch

(w1, . . . ,wr1,vr, . . . ,vn)

eine Basis bilden. Somit kann man auch wr durch diese Basis als Linearkombination wr1w1+. . .+λr1wr1rvr+. . .+λnvn

ausdrücken. Dabei muss einer der Koeffizienten λr, . . . , λn nicht 0 sein, denn andern-falls wäre 0 = −wr + λ1w1 +. . . + λr−1wr−1 im Widerspruch zur linearen Unab-hängigkeit. Gemäß dem Austauschlemma lässt sich der zugehörige Vektor durch wr ersetzen. Nach geeigneter Umnummerierung sei dieser Vektor vr und somit ist auch (w1, . . . ,wr,vr+1, . . . ,vn) eine Basis.

Die Aussage dieses Satzes lässt sich auch so verstehen, dass man linear unabhängige Familien zu einer Basis auffüllen kann.

Satz 7.35 (Basisergänzungssatz)

SeiV ein endlich erzeugter Vektorraum. Dann lässt sich jede linear unabhängige Familie (w1, . . . ,wr) durch Hinzunahme geeigneter Vektoren zu einer Basis

(w1, . . . ,wr,vr+1, . . . ,vn) ergänzen.

Beweis. Man wählt eine Basis (diese existiert gemäß Basisauswahlsatz) und wendet

den Basisaustauschsatz an.

Durch den Basisaustauschsatz ist auch geklärt, dass für jeden endlichen Vektorraum alle Basen dieselbe Länge haben.

Satz 7.36 (Länge endlicher Basen)

Je zwei Basen eines endlichen Vektorraums haben gleiche Länge.

Beweis. Hat man zwei Basen der Längen undm, so kann man den Basisaustauschsatz zweimal anwenden und erhältn ≤m und m≤n, also n=m. Somit lässt sich mittels der Länge der Basis die Dimension eines Vektorraums sinnvoll definieren.

Definition 7.37 (Dimension) Für einen K-Vektorraum V heißt

dimKV :=

(n, falls V eine Basis der Länge n∈N besitzt,

∞, falls V keine endliche Basis besitzt, die Dimension von V überK.

Beispiele 7.38

(i) Der Vektorraum Rn hat Dimension dimRRn=n.

(ii) Die Vektorraum der Polynome hat Dimension dimRR[x] =∞.

(iii) Der VektorraumC, aufgefasst als Vektorraum über R, hat DimensiondimRC= 2.

Literaturverzeichnis

[Braunß] H.-A. Braunß, H. Junek, T. Krainer: Grundkurs Mathematik in den Biowissenschaften, Wirkhäuser Verlag (Basel, Boston, Berlin), 2007

[Ebbinghaus] H.-D. Ebbinghaus et. al, Zahlen, Springer Verlag (Berlin, Hei-delberg), 3. Auflage, 1992 (ISBN 3-540-55654-0)

[Fischer] G. Fischer: Lineare Algebra, Springer Spektrum (Wiesbaden), 2014 (ISBN 3-658-03944-8)

[Forster] O. Forster:Analysis 1 (Differential- und Integralrechnung einer Veränderlichen), Vieweg Verlag (Wiesbaden), 2008 (ISBN 3-528-67224-2)

[Jänich] K. Jänich:Lineare Algebra, Springer (Berlin, Heidelberg), 2008 (ISBN 3-540-75501-2)

[Königsberger] K. Königsberger: Analysis 1, Springer Verlag (Berlin, Heidel-berg), 2004 (ISBN 3-540-58876-0)

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